Verkehrsrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis wegen nicht beigebrachten Fahreignungsgutachtens, gelegentlicher Cannabiskonsum

Aktenzeichen  11 ZB 21.2744

Datum:
11.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 211
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FeV § 11 Abs. 8, § 14 Abs. 1 S. 3, § 46 Abs. 1
FeV Nr. 9.2.2 Anlage 4 zur
BayVwVfG Art. 3 Abs. 3

 

Leitsatz

Verfahrensgang

W 6 K 21.25 2021-10-01 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A1, AM, B und L.
Nach einem Aktenvermerk des Polizeipräsidiums Koblenz vom 3. Januar 2018 wurde der Kläger an diesem Tag gegen 12:10 Uhr auf der Bundesautobahn einer Verkehrskontrolle unterzogen. Er habe einen lethargischen Eindruck gemacht und gerötete und wässrige Augen gehabt. Nach Einnahme von Alkohol und Betäubungsmitteln befragt habe der Kläger angegeben, er habe vor ca. einer Woche Cannabis konsumiert und sei gelegentlicher Konsument. Ein freiwilliger Drogenschnelltest habe positiv auf THC reagiert. Bei der Durchsuchung der Person und des Fahrzeugs des Klägers seien Konsumutensilien (Longpapers) aufgefunden worden. Die um 12.50 Uhr entnommene Blutprobe enthielt nach der toxikologischen Untersuchung des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Mainz vom 23. Februar 2018 1,4 ng/ml THC, 1,4 ng/ml Hydroxy-THC und 49 ng/ml THC-Carbonsäure. Die in der Blutprobe festgestellten Cannabinoidkonzentrationen wiesen auf eine „engerfristige“ Cannabisaufnahme hin.
Mit seit 5. April 2019 rechtskräftigem Urteil vom 21. März 2019 verhängte das Amtsgericht Linz am Rhein gegen den Kläger eine Geldbuße wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung eines berauschenden Mittels (§ 24a Abs. 2, 3 StVG). In der Verhandlung erklärte der Kläger, er habe das Cannabis nicht wissentlich zu sich genommen. Vielmehr sei er am 27. Dezember 2017 auf einer Party gewesen, auf der es einen Kuchen gegeben habe, der Betäubungsmittel enthalten habe. Sein Freund habe ihm das erst am nächsten Morgen gesagt. Er sei auf den Führerschein beruflich angewiesen.
Der Vorfall wurde dem Landratsamt Aschaffenburg im November 2019 bekannt. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2019 forderte es den Kläger gestützt auf § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV auf, spätestens zum 10. Februar 2020 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zu der Frage vorzulegen, ob insbesondere nicht zu erwarten sei, dass er zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Cannabis oder dessen Nachwirkungen führen werde. Durch das Gutachten sei nicht zu klären, ob er seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiedererlangt habe, sondern ob er derzeit zum Führen von Kraftfahrzeugen noch geeignet sei.
Mit Schreiben vom 8. Januar 2020 erklärte der Kläger, sich der Begutachtung zu unterziehen, die am 3. März 2020 stattfinden sollte. Nach einer erstmaligen Verlängerung der Beibringungsfrist bis zum 25. März 2020 verlängerte das Landratsamt die Frist nochmals bis zum 7. Mai 2020. Nachdem kein Gutachten vorgelegt worden war, hörte es den Kläger mit Schreiben vom 12. Mai 2020 zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis an.
Am 28. Mai 2020 meldete der Kläger seinen Wohnsitz mit Wirkung vom 1. März 2020 in der Stadt Augsburg an.
Mit Bescheid vom 3. Juni 2020 entzog ihm das Landratsamt gestützt auf § 11 Abs. 8 FeV die Fahrerlaubnis und forderte ihn unter Androhung eines Zwangsgelds auf, seinen Führerschein unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheids abzuliefern. Des Weiteren wurde die sofortige Vollziehung dieser Verfügungen angeordnet.
Am 17. Juni 2020 legte der Kläger unter Verweis auf seinen Umzug und die örtliche Unzuständigkeit der Behörde Widerspruch gegen diesen Bescheid ein und beantragte „die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung“ sowie die Erstattung der im Verwaltungsverfahren entstandenen Kosten.
Mit Schreiben vom 18. Juni 2020 erklärte die Stadt Augsburg, es bestünden nach § 73 Abs. 2 FeV keine Bedenken. Die Zustimmung nach § 73 Abs. 2 FeV werde hiermit erteilt.
Am 20. Juni 2020 gab der Kläger den Führerschein bei der Fahrerlaubnisbehörde ab.
Am 4. Januar 2021 erhob er Anfechtungsklage gegen den Ausgangsbescheid zum Verwaltungsgericht Würzburg und beantragte die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes, was das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. Januar 2021 ablehnte. Eine Beschwerde (11 CS 21.515) hatte keinen Erfolg (Beschluss vom 23.7.2021).
Mit Urteil vom 1. Oktober 2021 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Diese sei als Untätigkeitsklage zulässig, auch wenn die Widerspruchsbehörde die Sachprüfung abgeschlossen und das Verfahren zur Abhilfe an das Landratsamt zurückgegeben habe. Hierbei handle es sich um ein Verwaltungsinternum, das nichts daran ändere, dass eine Sachentscheidung in angemessener Zeit und ohne sachlichen Grund nicht ergangen sei. Zudem habe die Widerspruchsbehörde erkennen lassen, dass eine Entscheidung nicht zu erwarten sei. Die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Aufforderung zur Beibringung des Fahreignungsgutachtens seien rechtmäßig. Die nach dem Umzug des Klägers zuständige Behörde habe ausdrücklich gemäß Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG der Fortführung des Verwaltungsverfahrens durch das Landratsamt zugestimmt. Unschädlich sei, dass die Zustimmung erst nach Erlass des Bescheids erfolgt sei. Sie habe nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 5, Art. 44 Abs. 3 Nr. 1 BayVwVfG nachgeholt werden können. Selbst wenn man keine Mitwirkungshandlung annehme, sei das Verfahren durch Erhebung des Widerspruchs fortgeführt worden, sodass die örtlich zuständige Behörde ihre Zustimmung habe erklären können. Die Voraussetzungen für die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV hätten vorgelegen, weil der Antragsteller nach eigener Angabe gegenüber der Polizei am 3. Januar 2018 gelegentlich Cannabis konsumiert und mit seiner Fahrt unter Cannabiseinfluss gegen das Trennungsgebot der Nr. 9.2.2 Anlage 4 zur FeV verstoßen habe, was Zweifel an seiner Fahreignung begründe. Er habe bei der Fahrt unstreitig THC und dessen Metabolite im Blut gehabt, was eine Einnahme kurz vor der Fahrt nachweise. Darüber hinaus müsse er sich an seiner zu keinem Zeitpunkt im Verwaltungs- oder erstinstanzlichen Gerichtsverfahren bestrittenen Aussage gegenüber der Polizei festhalten lassen. Soweit anzunehmen sei, dass er die Aussage im Beschwerdeverfahren widerrufen habe, schließe sich das Gericht jedenfalls der Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs an. Unerheblich sei, dass der Kläger seiner Meinung nach zum Zeitpunkt der Angaben unter THC-Einfluss gestanden habe. Der THC-Wert habe lediglich bei 1,4 ng/ml gelegen. Der Kläger sei offenbar leistungsfähig genug gewesen, um am Straßenverkehr teilzunehmen und sogar auf einer Bundesautobahn unterwegs zu sein. Sein späteres Aussageverhalten im Ordnungswidrigkeitenverfahren sei als Schutzbehauptung einzuordnen, insbesondere weil es nicht mit den nachgewiesenen Cannabinoiden in seinem Blut und den drogentypischen Auffälligkeiten bei der Polizeikontrolle zu vereinbaren sei. Entgegen seiner Auffassung schaffe der bloße Zeitablauf keinen Vertrauenstatbestand. Dies gelte umso mehr, als das Urteil gegen den Kläger erst im April 2019 rechtskräftig geworden sei. Für die Frage der Fahreignung spiele keine Rolle, dass das Amtsgericht kein Fahrverbot verhängt habe. Die Gutachtensanordnung sei anlassbezogen. Das Landratsamt habe in der Anordnung die Umstände im Zusammenhang mit dem Vorfall vom 3. Januar 2018 vollumfänglich wiedergegeben, als Anknüpfungspunkt herangezogen und die sich daraus ergebenden Zweifel für den Kläger eindeutig erkennbar ausgeführt. Aus der Anordnung ergebe sich bereits indirekt, dass die spätere Einlassung des Klägers für eine Schutzbehauptung und damit für irrelevant gehalten werde. Es sei nicht erforderlich, sich bereits im Rahmen der Anordnung mit jedem Vorbringen des Betroffenen dezidiert auseinanderzusetzen. Im Übrigen sei im Rahmen der Beweiswürdigung die Annahme gerechtfertigt, dass ohne substantiierte und plausible Darlegung des Gegenteils nicht von einem einmaligen Konsum ausgegangen werden müsse. Die Fragestellung sei auch verhältnismäßig und zutreffend formuliert. Das Gericht teile nicht die Bedenken der Widerspruchsbehörde gegen den Hinweis in der Gutachtensanordnung, wonach vorliegend nicht zu prüfen sei, ob der Kläger die Fahreignung wiedererlangt habe. Zwar habe die Behörde im Entziehungsverfahren grundsätzlich auch zu prüfen, ob ein Fahrerlaubnisinhaber seine Fahreignung möglicherweise wiedererlangt habe. Dies setze aber denknotwendig voraus, dass es zumindest möglich erscheine, dass er seine Fahreignung verloren haben könnte. Hierfür bestünden keine Anhaltspunkte. Es sei lediglich bekannt, dass der Kläger als gelegentlicher Konsument einmal gegen das Trennungsgebot verstoßen habe. Hieraus lasse sich nicht in feststehender Weise ableiten, dass er seine Fahreignung in der Vergangenheit verloren haben könnte. Denn es bestünden weder Anhaltspunkte für einen regelmäßigen Konsum von Cannabis oder einen Mischkonsum oder den Konsum von sonstigen Drogen. Der ergänzende Hinweis solle – was nicht zu beanstanden sei – offenkundig der Klarstellung dienen, dass es ausschließlich auf die Frage des Trennvermögens ankomme, und damit der Eingrenzung des Untersuchungsumfangs. Die Anordnung leide auch nicht an einem formalen Mangel, weil das Landratsamt nur eine konkrete Begutachtungsstelle benannt habe. Aus § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV folge nicht, dass sämtliche in näherer Umgebung des Betroffenen liegenden und in Betracht kommenden Stellen anzugeben seien. Ebenso wenig lasse sich dem Wortlaut eine ausreichende Anzahl der Stellen entnehmen. Es sei davon auszugehen, dass so gut wie jeder Bürger ausreichenden Zugang zu weiteren Informationen habe. Sollte ein Kraftfahrer tatsächlich über keinen Internetzugang verfügen, könne er sich an die Behörde wenden, die ihm dann eine aktuelle Liste oder einen Auszug aus der Sammlung verfügbarer Begutachtungsstellen ausdrucken könne. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, es sei ihm nicht möglich gewesen, eine anerkannte Begutachtungsstelle zu finden. Vielmehr habe er den TÜV Hessen ausfindig gemacht und beauftragt. Entscheidend sei, dass aus der Begutachtungsanordnung klar hervorgehe, dass der Betroffene gerade nicht an die von der Behörde genannte Stelle gebunden sei. Dies sei hier erfüllt.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung macht der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten und eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie Verfahrensfehler geltend. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei fehlerhaft und könne keinen Bestand haben. Die Ausgangsbehörde sei unzuständig gewesen. Der Beklagte habe die formelle Rechtswidrigkeit des Bescheids eingeräumt. Inhaltlich gehe es neben anderem hauptsächlich um Vertrauensschutz, was jedoch im summarischen Verfahren nicht habe aufgeklärt werden können. Die Behörde habe ihren Anspruch überdies verwirkt. Nach weit über 30 Monaten könne von einer Eilbedürftigkeit nicht mehr ausgegangen werden, zumal bisher unstreitig keine weiteren Eintragungen hinzugekommen seien. Soweit das Verwaltungsgericht darauf abstelle, dass die Unzuständigkeit sich nicht auf das Verfahren ausgewirkt habe, übersehe es, dass die zuständige Behörde nicht ausschließbar anders entschieden hätte. Gerade weil die Zustimmung erst nach der Ausgangsentscheidung erklärt worden sei, hätte das Verwaltungsgericht dies berücksichtigen müssen. Es habe dadurch das rechtliche Gehör des Klägers verletzt. Zu Unrecht nehme das Verwaltungsgericht an, dass die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angesichts der Verurteilung durch das Strafgericht rechtmäßig gewesen sei. Zur Angabe gelegentlichen Konsums und zur Bedeutung fehlten nach wie vor jegliche Ausführungen, da Art und Umfang sowie das Verständnis der nur sinngemäß zusammenfassenden Beamten völlig unklar sei. Das Verwaltungsgericht und die Behörde hätten die Beamten zum Sachverhalt und zum Verständnis eines gelegentlichen Konsums befragen müssen und damit die Beweiswürdigung vorweggenommen. Die Häufigkeit des Konsums, welche auf die Schlussfolgerung „gelegentlich“ schließen lasse, sei daher bereits nicht ausreichend klar. Allein die Feststellung von THC reiche nicht für die Beibringungsanordnung oder Entziehung der Fahrerlaubnis, insbesondere dann nicht, wenn die Angabe offenbar unter dem Einfluss von THC gemacht worden sein solle, d.h. nicht erkennbar sei, ob die Angabe zutreffend gewesen sei. Der Konsum solle Anfang Januar 2018 erfolgt sein. Neuere Tatsachen gebe es nicht. Die Behörde habe sehenden Auges zugewartet und einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Der Kläger sei nur wegen fahrlässigen Führens eines Pkw unter der Einwirkung von Cannabis verurteilt worden, da ihm der Konsum nicht klar gewesen sei. Im Zeitpunkt des Konsums habe er keine genaue Kenntnis gehabt, weil sich das Betäubungsmittel in Backwaren befunden habe, die auf einer Feierlichkeit ohne Hinweis herumgestanden seien. Auch habe das Amtsgericht kein Fahrverbot verhängt. Der drohende Verlust der Fahrerlaubnis habe den Kläger wie ein Schlag aus heiterem Himmel getroffen. Rechtlich bedeute dies, dass die einem kurzfristigen Fahrverbot innewohnende Warnfunktion sich nie habe erfüllen können und daher der direkte Entzug des Führerscheins unverhältnismäßig sowie nicht notwendig wäre. Dies habe das Verwaltungsgericht übersehen. Der Kläger sei auf seine Fahrerlaubnis angewiesen. Darauf sei das Verwaltungsgericht nicht eingegangen und habe somit das rechtliche Gehör des Klägers verletzt. Es gehöre zu den für einen fairen Prozess und einen wirkungsvollen Rechtsschutz unerlässlichen Verfahrensregeln, dass das Gericht über die Richtigkeit von Tatsachenbehauptungen nicht ohne hinreichende Prüfung entscheide. Es müsse zudem die tatsächliche und rechtliche Seite des Rechtsstreits erörtern. Dies ergebe sich auch aus dem Grundsatz des fairen Verfahrens und der Unzulässigkeit von Überraschungsentscheidungen. Die Gewährung rechtlichen Gehörs setze auch voraus, dass der Beteiligte bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt zu erkennen vermöge, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen könne. Ein Gericht verstoße gegen Art. 103 Abs. 1 GG und das Gebot des fairen Verfahrens, wenn es überraschend ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stelle und auf rechtliche Gesichtspunkte abstelle, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligten nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht habe rechnen müssen. So sei es hier. Dies müsse auch für die Verwaltungsbehörde gelten. Das Angebot zur Einsicht in den Mietvertrag sei niemals wahrgenommen worden. Stattdessen habe man auf dem medizinisch-psychologischen Gutachten bestanden. Eine derartige Begutachtung greife in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein. Der Kläger biete bereits jetzt weiterhin freiwillig eine medizinisch-psychologische Begutachtung im Gerichtsverfahren an. Dieses Angebot könne nicht ohne Gewicht sein. Das Gutachten würde bestätigen, dass keinerlei körperliche oder/und geistige Beeinträchtigungen vorlägen. Zur Eignung sei auszuführen, dass nach § 11 Abs. 3 Nr. 4 FeV Bewerber um eine Fahrerlaubnis die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen müssten. Auch sei die Unberechenbarkeit der „Mindestverbotsfrist“ verfassungswidrig. Die Behörde wolle die Fahrerlaubnis wohl unendlich lange entziehen, sofern kein Gutachten beigebracht werde. Somit liege de facto eine nicht mit Art. 19 Abs. 4 GG zu vereinbarende Rechtsverletzung dadurch vor, dass die Ausgangsbehörde im Ergebnis bis heute ohne zureichenden Grund untätig bleibe. Vermeintliche Aussagen gegenüber der Polizei seien ausdrücklich widerrufen worden. Auch dies habe das Verwaltungsgericht übersehen und damit das rechtliche Gehör des Klägers verletzt. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass Angaben bei THC-Intoxikation nicht einfach als ernsthaft entäußert unterstellt werden könnten; ferner, dass ein Rauschzustand auch bei niedrigen THC-Werten nicht auszuschließen sei, weil insbesondere die Wirkung von THC hochgradig unterschiedlich sei und somit keinerlei Anhaltspunkte dazu vorlägen, inwiefern sich die konkrete Intoxikation beim Kläger mit welchen Folgen ausgewirkt habe; dies gerade auch dann, wenn ein schuldloser Konsum durch Backwaren im Raum stehe. Diesbezüglich habe das Verwaltungsgericht ins Blaue hinein eine Schutzbehauptung angenommen, obwohl es keine eigene Expertise zur Frage besitze, ob die vom Kläger abgegebene negative Urinprobe tatsächlich keine Rückschlüsse zum Beweis der behaupteten Drogenfreiheit zulasse. Auch hierdurch werden der Grundsatz des fairen Verfahrens und das rechtliche Gehör des Klägers verletzt. Im Übrigen beruhe das Urteil auf den vorgenannten Fehlern, da es andernfalls insbesondere Beweis über die vermeintliche Aussage zum Konsum des Klägers hätte erheben müssen. Hilfsweise hätte sich das Gericht mit dem Verhältnis des Bestreitens und den vermeintlichen Angaben vor Ort widerspruchsfrei auseinandersetzen müssen. Abschließend werde auf das gesamte erstinstanzliche Vorbringen des Klägers samt Beweisantritten Bezug genommen und dieses zum Gegenstand des Vortrags der Berufungsinstanz gemacht. Die Verkehrssicherheit möge ein hohes Gut sein. Aber die bisherige Rechtsprechung in diesem schwierigen Thema lasse den Bürger nahezu schutzlos zurück und überschätze seit Jahren die Gefährlichkeit von Cannabis, weswegen die neue Bundesregierung wohl weitere Legalisierung umsetzen werde. Überdies unterscheide diese nicht zwischen einmaligen Verstößen, die nicht eine dauerhafte Gefahr für den Straßenverkehr sein könnten.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO; BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 – Vf. 133-VI 04 – VerfGHE 59, 47/52; E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 54), nicht hinreichend dargelegt sind (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) bzw. nicht vorliegen.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind anzunehmen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – BVerf-GE 151, 173 Rn. 32 m.w.N.; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16 m.w.N.) und dies zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründet (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9). Dies ist hier nicht der Fall.
Die Begründung des Zulassungsantrags erschöpft sich über weite Strecken in der Wiederholung des Vortrags aus dem erstinstanzlichen Klageverfahren und dem vorausgegangen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, ohne dass sich der Kläger mit den diesbezüglichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts und des Senats auseinandersetzt. Teils werden die gerichtlichen Ausführungen schlicht ignoriert, teils werden sie einfach in Abrede gestellt. Insoweit ist schon zweifelhaft, ob dem Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügt wird, das eine rechtliche Durchdringung und Aufbereitung des Streitstoffs erfordert (zu den Darlegungsanforderungen vgl. Rudisile in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Juli 2021, § 124a Rn. 100; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 194; Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 59, 63).
Das gilt u.a. für den Einwand, die Ausgangsbehörde sei unzuständig gewesen; der Beklagte habe eingeräumt, dass der Bescheid formell rechtswidrig gewesen sei. Mit den tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG setzt sich der Kläger ebenso wenig auseinander wie damit, dass die nunmehr örtlich zuständige Fahrerlaubnisbehörde ihre Zustimmung zur Verfahrensfortführung durch das örtlich unzuständig gewordene Landratsamt wirksam bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids erklären konnte (vgl. den Beschluss des Senats im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vom 23.7.2021 – 11 CS 21.515 – juris Rn. 18). Nachdem das vormals zuständige Landratsamt die Beibringungsanordnung bereits erlassen und nach Verlängerung der Beibringungsfrist den Kläger zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis angehört hatte, diente das Vorgehen der Fahrerlaubnisbehörden hier unter Wahrung der Interessen der Beteiligten der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens im Sinne von Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG. Je nach Ergebnis des Gutachtens bzw. ggf. der verspäteten Erfüllung der Mitwirkungspflicht durch den Kläger stand nur noch die Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis aus. Nach Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG ist das Einverständnis des Betroffenen mit der Fortführung des Verfahrens nicht erforderlich (Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 3 Rn. 40). Darauf, ob die nunmehr zuständige Behörde unter den gegebenen Umständen ebenso entschieden hätte wie die das Verfahren fortführende Behörde, kommt es rechtlich nicht an. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Beklagte seinen Bescheid (unzutreffend) als „aus formellrechtlichen Gründen rechtswidrig“ bezeichnet hat. Insofern wird zur Begründung gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf den zitierten Eilbeschluss des Senats vom 23. Juli 2021 (juris Rn. 18) Bezug genommen.
Auch soweit der Kläger erneut rügt, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht von einem gelegentlichen Cannabiskonsum ausgegangen, hat der Senat bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ausgeführt, dass hierfür zwei oder mehr selbstständige Konsumvorgänge genügen, wenn sie einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (vgl. BVerwG, U.v. 23.10.2014 – 3 C 3.13 – NJW 2015, 2439 = juris Rn. 20 f.; BayVGH, B.v. 23.3.2021 – 11 CS 20.2643 – juris Rn. 22 m.w.N.). Das Verwaltungsgericht hat von dem durch das toxikologische Gutachten und den Befundbericht des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Mainz vom 23. Februar 2018 nachgewiesenen Konsum kurz vor der Fahrt und von der Angabe des Klägers im Rahmen der polizeilichen Verkehrskontrolle am 3. Januar 2018, gelegentlich Cannabis zu konsumieren, zuletzt vor ca. einer Woche, auf einen mindestens zweimaligen, in Zusammenhang stehenden Konsum geschlossen. Nachdem der Cannabiskonsum kurz vor der Fahrt und der Konsum etwa eine Woche vorher insofern ausreichen, um das Tatbestandsmerkmal „gelegentlich“ in § 14 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Dezember 2019 (BGBl I S. 2008), zu erfüllen, kam es nicht darauf an, was der aufnehmende Polizeibeamte oder der Kläger unter dem unbestimmten Begriff „gelegentlich“ verstanden. Auch im Hinblick auf die den Kläger treffende Darlegungslast (vgl. BayVGH, B.v. 23.7.2021 a.a.O. Rn. 26) waren weitere Feststellungen insoweit nicht erforderlich. Wie der Senat bereits ausgeführt hat, ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht den Kläger an seinen Aussagen festgehalten hat (vgl. BayVGH, B.v. 23.7.2021 a.a.O. Rn. 26). In Anbetracht des in seinem Blut festgestellten, relativ niedrigen bzw. nahe an der Erheblichkeitsgrenze von 1,0 ng/ml liegenden Wirkstoffgehalts von 1,4 ng/ml THC spricht nichts dafür, dass er nicht wusste, was er während der Polizeikontrolle erklärt hat, und dass er sich selbst grundlos des gelegentlichen Betäubungsmittelkonsums bezichtigt hat. Die spätere Einlassung des Klägers, er habe unbewusst in Backwaren eingebrachtes Cannabis konsumiert, hat das Verwaltungsgericht nachvollziehbar – auch im Hinblick auf die ihn treffende Darlegungslast – und im Ergebnis überzeugend als Schutzbehauptung gewertet. Hieran war es weder durch einen „Widerruf“ früherer Angaben noch die Angaben des Klägers vor dem Amtsgericht gehindert.
Ein etwaiges Vertrauen des Klägers, nach der seit 5. April 2019 rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit werde keine Maßnahme der Fahrerlaubnisbehörde mehr folgen, ist ohne weiteres rechtlich nicht geschützt. Dies gilt auch bei Berücksichtigung des Umstands, dass im Ordnungswidrigkeitenverfahren kein Fahrverbot verhängt worden ist. Der Senat hat im Eilbeschluss vom 23. Juli 2021 (a.a.O. Rn. 27; vgl. auch § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG) bereits ausgeführt, dass damit nicht die Fahreignung mittelbar oder schlüssig festgestellt ist. Beim Fahrverbot gemäß § 44 StGB handelt es sich um eine Nebenstrafe, die nicht der präventiven Gefahrenabwehr dient (vgl. v. Heintschel-Heinegg/Huber in MK zum StGB, 4. Aufl. 2020, § 44 Rn. 1). Eine Bindungswirkung hinsichtlich des von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV vorausgesetzten gelegentlichen Cannabiskonsums konnte das Urteil im Ordnungswidrigkeitenverfahren, dessen Gegenstand die vorsätzliche oder fahrlässige Fahrt unter der Wirkung von THC (§ 24a Abs. 2, 3 StVG) war, nicht entfalten. Nachdem die Voraussetzungen von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV vorlagen, durfte das Landratsamt ohne Rücksicht auf das nicht verhängte Fahrverbot sein Ermessen im Sinne einer Beibringungsaufforderung ausüben. Dass die Voraussetzungen einer Verwirkung erfüllt sind (vgl. BVerwG, B.v. 11.9.2018 – 4 B 34.18 – BauR 2019, 511 = juris Rn. 15, BayVGH, B.v. 8.4.2020 – 11 ZB 19.2337 – juris Rn. 19 jeweils m.w.N.) hat der Kläger – ungeachtet der offenen Frage, ob dieses Rechtsinstitut im Rahmen sicherheitsrechtlicher Befugnisse, die nicht im Ermessen der Behörde stehen, überhaupt anzuwenden ist – nicht dargelegt. Abgesehen davon hat das Landratsamt, dem der Vorfall erst im November 2019 bekannt geworden ist, das Verwaltungsverfahren zügig betrieben und den Kläger mit Schreiben vom 2. Dezember 2019 aufgefordert, ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen. Die vom Kläger beantragten und in seinem Interesse gewährten Verlängerungen der Beibringungsfrist bis 7. Mai 2020 waren nicht geeignet, einen Vertrauenstatbestand zu schaffen.
Ferner tritt – wie der Senat ebenfalls im Eilverfahren ausgeführt hat (B.v. 23.7.2021 a.a.O. Rn. 28) – die Rechtsfolge des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV zwingend ein, wenn die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind. Die Formulierung „darf“ eröffnet der Fahrerlaubnisbehörde keinen Entscheidungsspielraum (vgl. BayVGH, B.v. 5.2.2021 – 11 ZB 20.2611 – juris Rn. 28; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 11 FeV Rn. 51 jeweils m.w.N.), sodass auch in Härtefällen oder bei „Angewiesenheit auf den Führerschein“ nicht von der Entziehung abgesehen werden kann. Fehlt dem Betroffenen die Fahreignung, muss er anderweitig für seine Mobilität sorgen. Ob die Entziehung der Fahrerlaubnis eilbedürftig ist, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.
Auch auf eine gegenwärtige Bereitschaft des Klägers, sich begutachten zu lassen, kommt es nicht entscheidungserheblich an. Im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der Entziehung der Fahrerlaubnis hatte er das geforderte Gutachten nicht fristgerecht, d.h. nicht bis 7. Mai 2020, beigebracht. Somit durfte das Landratsamt gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV darauf schließen, dass ihm die Fahreignung fehlt.
Der Vortrag zur „Unberechenbarkeit der `Mindestverbotsfrist´“ ist nicht nachvollziehbar. Die in diesem Zusammenhang zitierte Vorschrift des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV ist im Fall des Klägers nicht einschlägig, weil die Gutachtensanordnung auf die vorgehende Spezialvorschrift (vgl. § 11 Abs. 3 Satz 2 FeV; BayVGH, U.v. 10.4.2018 – 11 BV 18.259 – juris Rn. 34) des § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV gestützt worden ist.
Die Angewiesenheit auf die Fahrerlaubnis und das Mobilitätsbedürfnis des Klägers kann im Hinblick auf den hohen Rang der zu schützenden Rechtsgüter, die Gesundheit und das Leben der anderen Verkehrsteilnehmer, nicht zu einem Absehen von der gesetzlich vorgesehenen Maßnahme führen. Bei einem Fehlen der Fahreignung ist die daran anknüpfende Entziehung der Fahrerlaubnis verhältnismäßig.
Die Kritik an der Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 3 VwGO) geht ins Leere, weil diese Anordnung nicht Gegenstand des Klageverfahrens war, sondern Gegenstand des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO.
2. Auch ein die Zulassung der Berufung rechtfertigender Verfahrensmangel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ist nicht dargelegt. Soweit der Kläger seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO i.V.m. Art. 103 Abs. 1 GG) dadurch als verletzt ansieht, dass das Verwaltungsgericht mehrfach eine andere Rechtsauffassung vertritt als er, kann dies von vornherein keine Gehörsrüge begründen.
Die Verfahrensgarantie gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO verpflichtet die Gerichte dazu, jedem Verfahrensbeteiligten die Gelegenheit zu geben, sich zu dem gesamten, nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblichen Stoff des gerichtlichen Verfahrens in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern, und die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, jedoch weder, sich mit jedem Vorbringen in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu befassen, noch, diesem bzw. der Rechtsansicht eines Beteiligten in der Sache zu folgen (stRspr vgl. BVerwG, B.v. 21.1.2020 – 5 PB 26.19 – juris Rn. 6 f.; B.v. 29.4.2014 – 10 B 15.14 – juris Rn. 8; BVerfG, B.v. 13.12.1994 – 2 BvR 894/94 – NJW 1995, 2839 = juris Rn. 7). Mängel in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung sind grundsätzlich dem materiellen Recht zuzuordnen und damit kein Verfahrensfehler (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 12.3.2014 – 5 B 48.13 – juris Rn. 22; B.v. 2.11.1995 – 9 B 710.94 – juris Rn. 4). Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist von vornherein nicht geeignet, eine – vermeintlich – fehlerhafte Feststellung und Bewertung des Sachverhaltes einschließlich seiner rechtlichen Würdigung zu beanstanden. Auch die bloße Behauptung, das Gericht habe einem tatsächlichen Umstand nicht die richtige Bedeutung für weitere tatsächliche oder rechtliche Folgerungen beigemessen oder es habe versäumt, Beweis zu erheben, vermag einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO nicht zu begründen (BVerfG, B.v. 15.2.2017 – 2 BvR 395/16 – juris Rn. 5).
Daher können die Einwände des Klägers, das Verwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt oder sei nicht darauf eingegangen, dass die neu zuständige Fahrerlaubnisbehörde möglicherweise anders entschieden hätte, die Fahrerlaubnisentziehung unverhältnismäßig bzw. nicht notwendig gewesen und der Kläger auf seine Fahrerlaubnis angewiesen sei, keine Verfahrensrüge begründen. Dasselbe gilt für den Einwand, das Verwaltungsgericht habe in dem Vortrag des Klägers, schuldlos THChaltige Backwaren konsumiert zu haben, zu Unrecht eine Schutzbehauptung gesehen.
Auf den Vortrag des Klägers zu einem Härtefall bzw. seiner Angewiesenheit auf den Führerschein und auf das Ergebnis des Ordnungswidrigkeitenverfahrens kam es – wie sich aus den Erwägungen unter 1. ergibt – nicht entscheidungserheblich an. Auch die Entscheidungserheblichkeit des Inhalts des Mietvertrags, dessen Vorlage der Kläger angeboten hat, ist weder dargelegt noch ersichtlich.
Nachdem sich das Verwaltungsgericht und der Senat bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ausführlich mit den Einwänden des Klägers befasst hatten, ist ferner der Vorwurf einer unzulässigen Überraschungsentscheidung nicht nachvollziehbar. Eine solche liegt vor, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten oder sonst hervorgetretenen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens auch unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchten, und die Beteiligten sich dazu nicht äußern konnten (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 27.7.2015 – 9 B 33.15 – NJW 2015, 3386 = juris Rn. 8; B.v. 19.7.2010 – 6 B 20.10 – NVwZ 2011, 372 = juris Rn. 4). Dies ist vorliegend nicht erkennbar. Von einer Überraschungsentscheidung kann nicht gesprochen werden, wenn das Gericht Tatsachen, zu denen sich die Beteiligten – wie hier – äußern konnten, in einer Weise würdigt, die nicht den subjektiven Erwartungen eines Prozessbeteiligten entspricht oder die von ihm für unrichtig gehalten werden (BVerwG, B.v. 25.5.2017 – 5 B 75.15 D – juris Rn. 11).
Welche Rüge der Kläger mit seiner Kritik, die Wertung seiner Angaben zum gelegentlichen Cannabiskonsum stelle eine vorweggenommene Beweiswürdigung dar, erheben möchte, ist nicht dargelegt. Einen förmlichen Beweisantrag hat er nicht gestellt, sondern sich durch seinen Verzicht auf eine mündliche Verhandlung selbst der Möglichkeit begeben, entsprechende Beweisanträge zu stellen sowie persönlich vor dem Verwaltungsgericht zu seinen divergierenden Angaben Stellung zu nehmen, obwohl er nach dem Beschluss des Senats im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hätte wissen können und müssen, wie seine Angaben voraussichtlich gewertet werden würden. Das Verwaltungsgericht hat seiner späteren Einlassung schlicht keinen Glauben geschenkt, wozu es auch nicht aufgrund der Würdigung des Sachverhalts durch den Amtsrichter verpflichtet war, der offenbar davon ausging, dem Kläger keinen Vorsatz nachweisen zu können. Eine Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO hätte jedenfalls die substanziierte Darlegung erfordert, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich oder geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätten führen können. Die Aufklärungsrüge stellt zudem kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Beteiligten zu kompensieren, vor allem wenn er es unterlassen hat, einen Beweisantrag zu stellen. Deshalb muss entweder dargelegt werden, dass bereits im erstinstanzlichen Verfahren, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 15.1.2020 – 2 B 29.19 – juris Rn. 11). Dem genügt der Zulassungsvortrag nicht.
2. Zum Vorliegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) fehlt es an jeder Darlegung.
3. Als unterlegener Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG und der Empfehlung in Nr. 46.2 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
4. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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