Verkehrsrecht

Ersatzfähige Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall

Aktenzeichen  2 C 671/16

Datum:
9.11.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Schwabach
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 249

 

Leitsatz

1 Liegen zwischen dem Unfalltag und dem Tag der Inreparaturgabe des beschädigten Fahrzeugs fünf Arbeitstage, so steht dieser Zeitraum der Ersatzfähigkeit von auf die Zeit der Reparatur entfallenden Mietwagenkosten jedenfalls dann nicht entgegen, wenn es sich beim Geschädigten um einen technischen Laien handelt, für den die nur bedingte Fahrfähigkeit des beschädigten Fahrzeugs bis zur Werkstatt nicht erkennbar war. (redaktioneller Leitsatz)
2 Kommt es infolge Urlaubs eines Mitarbeiters der vom Geschädigten beauftragten Werkstatt zu einer länger andauernden Reparaturunterbrechung (hier: 14 Tage) und wird deshalb der Mietwagen entsprechend länger benötigt, so gehört dies zum grundsätzlich vom Schädiger zu tragenden Reparatur- bzw. Werkstattrisiko. (redaktioneller Leitsatz)
3 Im Einzelfall (hier insbesondere: Berufsfeuerwehrmann mit Rufbereitschaft auch außerhalb der regulären Dienstzeit) kann die Notwendigkeit der ständigen Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeugs die Anmietung eines Mietwagens auch dann rechtfertigen, wenn die tägliche Fahrleistung des Geschädigten mit unter 20 Kilometern gering ist. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 965,09 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.09.2014 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 965,09 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Ersatz der vollen Mietwagenkosten für die Zeit vom 27.12.2013 bis 25.01.2014, also 30 Tage. Dem Kläger sind für diese Zeit Mietwagenkosten in Höhe von insgesamt 1.930,18 € entstanden, auf die die Beklagte 965,09 € bezahlt hat, so dass ein restlicher Anspruch in Höhe von 965,09 € besteht.
Dem Kläger kann kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vorgeworfen werden. Unbestritten hat dem Kläger die Polizei es gestattet, das beschädigte Fahrzeug nach dem Unfall weiter zu benutzen. Bei dem Kläger handelt es sich um einen technischen Laien, für den nicht erkennbar war, dass das Fahrzeug nur – wie es der Sachverständige in seinem Gutachten niedergelegt hat – bedingt fahrfähig bis zur Werkstatt war. Zudem ist auch nicht ersichtlich, wodurch bei einem Werkstattauftrag bereits am Unfalltag sich die Anmietdauer verringert hätte. Zwischen dem Unfalltag und dem Tag der Inreparaturgabe lagen nur 5 Arbeitstage, wo bei der 23.12.2013 ein Montag war, und nicht davon ausgegangen werden kann, dass an diesem Tag in einer Kfz-Werkstatt Arbeiten durchgeführt werden. Ein Auswahlverschulden kann dem Kläger ebenfalls nicht angelastet werden; denn bei der beauftragten Werkstatt handelt es sich um ein Autohaus das für den VW-Konzern tätig ist und damit um eine sog. Fachwerkstatt. Der Kläger musste nicht damit rechnen, dass es hier zu einer längerandauernden Reparaturunterbrechung wegen des Urlaubs eines Mitarbeiters kommen würde. Grundsätzlich hat der Schädiger auch das sog. Reparaturrisiko oder Werkstattrisiko zu tragen. Das hat sich hier verwirklicht, Besonderheiten liegen nicht vor, die eine Ausnahme von den von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätzen rechtfertigen würde. Die Beklagte sollte bedenken, dass der Unfall unmittelbar vor den Weihnachtsfeiertagen und Neujahr geschah und dass bekanntermaßen in der Zeit zwischen 24. Dezember und 6. Januar in vielen Firmen und Betrieben nur eingeschränkt gearbeitet wird.
Zwar trifft es zu, dass der Kläger mit dem gemieteten Fahrzeug nur 563 km zurückgelegt hat und somit durchschnittlich täglich 18,77 km. Jedoch hat er schlüssig und für das Gericht nachvollziehbar dargetan, dass er das Auto schon allein deshalb benötigt, weil er Berufsfeuerwehrmann ist und als solcher auch außerhalb der regulären Dienstzeit in einer Rufbereitschaft sich befindet und dann Innerhalb kürzester Zeit sich zur Feuerwache begeben muss. Dem Gericht sind aus eigener Anschauung und Kenntnis die Verhältnisse in einer Feuerwache bekannt und es hat ihm ausgereicht, aufgrund der eigenen Angaben des Klägers bei seiner persönlichen Anhörung es als wahr zu unterstellen, dass er sich in einer derartigen Rufbereitschaft befindet, wenn er in Mannheim vor Ort ist. Die Beklagte hat auch nicht bestritten, dass die 79jährige Mutter des Klägers bei ihm im Haushalt wohnt. Die psychische Belastung der Ehefrau ist vom Kläger ebenfalls glaubhaft dargestellt worden bei seiner informatorischen Anhörung. Zwar kann unter Umständen ein nur geringer Fahrbedarf des Geschädigten die Anmietung eines Mietwagens unzweckmäßig und deshalb gem. § 249 BGB nicht erforderlich erscheinen lassen. Die Grenze für einen solchen geringen Fahrbedarf wird im Allgemeinen bei einer Tageskilometerleistung von 20 Kilometern gesehen. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine starre Grenze. Denn es kann im Einzelfall durchaus allein die Notwendigkeit der ständigen Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeuges die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges rechtfertigen, ohne dass es auf die gefahrene Kilometerleistung ankommt. So liegt der Fall hier. Die Kosten des angemieteten Fahrzeuges waren auch nicht unverhältnismäßig hoch, so dass der Kläger ersatzweise auf ein Taxi hätte verwiesen werden müssen.
Der Anspruch auf Ersatz von Zinsen ergibt sich aus §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB; denn die Beklagte befand sich spätestens seit 16.09.2014 in Verzug:
Der Klage ist daher in vollem Umfang statt zu geben.


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