Verkehrsrecht

Fahrerlaubnisentziehung wegen Trunkenheit im Verkehr

Aktenzeichen  M 6 K 17.3175

Datum:
11.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 30651
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FeV § 20 Abs. 1
StVG § 2 Abs. 2 Nr. 3

 

Leitsatz

Eine – vom Gutachten als notwendig eingeschätzte – eingehende und glaubhafte Auseinandersetzung des Klägers mit seiner Trinkgeschichte fehlt weiterhin, wenn der Kläger im Gerichtsverfahren nur behauptet, die eingetretene Veränderung seiner Lebensführung und Lebensziele würde es problemlos ermöglichen, ihm eine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

1. Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung am 11. Juli 2018 entschieden werden, obwohl der Kläger nicht erschienen ist. Er wurde ausweislich der Postzustellungsurkunde am 26. Juni 2018 zum Termin ordnungsgemäß geladen und hat die Ladung ausweislich seines Schreibens vom selben Tag auch erhalten. In der Ladung ist gemäß § 102 Abs. 2 VwGO darauf hingewiesen worden, dass im Falle des Ausbleibens eines der Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden könne. Der Kläger hat gegenüber dem Gericht keine Gründe mitgeteilt, die eine Verlegung des Termins erforderlich gemacht hätten, insbesondere hat er nicht erklärt, weshalb es ihm nicht möglich sein sollte, seine Reise nach Süd-Frankreich zu verschieben. Er hat auch nicht glaubhaft gemacht oder sonst belegt, ob zwischen ihm und dem … eine auf Arbeitsvertrag beruhende Verpflichtung zur Anwesenheit genau zum Termin am 11. Juli 2018 besteht und darüber hinaus nichts dazu vorgetragen, weshalb seine Anwesenheit im Termin erforderlich sein sollte. Das Gericht sah sich daher nicht veranlasst, den anberaumten Termin zu verlegen.
2. Die Klage ist zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 9. Juni 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO analog). Zur Begründung nimmt das Gericht voll inhaltlich Bezug auf die zutreffenden rechtlichen Ausführungen der Beklagten im Bescheid vom 9. Juni 2018 (dort ab S. 3) und macht diese zum Gegenstand der Begründung des vorliegenden Urteils (§ 117 Abs. 5 VwGO). Der Beklagten ist insbesondere in ihrer Einschätzung zuzustimmen, das Gutachten der … vom 3. Februar 2017 sei insgesamt schlüssig und nachvollziehbar und komme zutreffend zu einem für den Kläger negativen Ergebnis. Die vom Gutachter angesprochenen und kritisierten Punkte insbesondere in Bezug auf eine eingehende und glaubhafte Auseinandersetzung des Klägers mit seiner Trinkgeschichte setzen sich im vorliegenden Gerichtsverfahren fort, wo der Kläger hierauf mit keinem Wort eingeht, sondern glauben machen will, die eingetretene Veränderung seiner Lebensführung und Lebensziele würde es problemlos ermöglichen, ihm eine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Dabei ist zunächst festzustellen, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage vorliegend im Falle einer Anfechtungsklage derjenige der Zustellung der letzten Behördenentscheidung ist, somit der 13. Juni 2017, sodass Tatsachen, die nach diesem Zeitpunkt liegen, bei der vorliegenden Entscheidung keine Berücksichtigung finden dürfen. Ob es dem Kläger gelingen könnte, im Rahmen einer neuen Begutachtung glaubhaft und schlüssig darzulegen, er habe sein Leben und seinen Lebensstil grundlegend geändert, was zugleich bedeute, auf Alkoholkonsum entweder ganz zu verzichten oder allenfalls sehr selten Alkohol in kleinen Mengen zu konsumieren, erscheint zwar grundsätzlich nicht völlig ausgeschlossen. Andererseits würde das für sich genommen voraussichtlich nicht genügen, ein positives Gutachtensergebnis zu erzielen, solange sich der Kläger noch nicht eingehend und glaubhaft mit seiner Trinkgeschichte auseinandergesetzt und hieraus die notwendigen Schlussfolgerungen für die Zukunft gezogen hat.
Wollte man – was selbst bei Anlegen des Maßstabs des § 88 VwGO einer Überdehnung des Wortlauts der Klageschrift samt ihrer Begründung gleichkäme – vorliegend annehmen, der Kläger habe nicht nur die Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids, sondern zugleich die begehrte Neuerteilung einer Fahrerlaubnis im Klagewege erreichen wollen, ändert das im Ergebnis nichts. Denn auch dann gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Solange es dem Kläger noch nicht gelungen ist, ein für ihn positives Fahreignungsgutachten beizubringen, kann und wird ihm die Behörde die begehrte Fahrerlaubnis nicht erteilten. Darüber hinaus ist fraglich, ob es bei der bisherigen behördlichen Fragestellung sein Bewenden haben kann oder ob im vorliegenden Fall auch der Gesichtspunkt noch näherer Betrachtung bedarf, dass der Kläger nach Entziehung seiner Fahrerlaubnis vorsätzlich am motorisierten Straßenverkehr teilgenommen hat, ohne im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis zu sein und das auch noch unter fahreignungsrelevantem Alkoholeinfluss. Selbst bei Annahme einer Verpflichtungsklage wäre die Sache somit nicht entscheidungsreif, es bliebe im Ergebnis bei der vorliegenden Klageabweisung, weil die Voraussetzungen für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis vom insoweit beibringungspflichtigen Kläger bislang nicht erbracht sind.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung ZPO.


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