Verkehrsrecht

Haftungsverteilung bei Kollision zwischen Sattelschlepper und Traktorgespann

Aktenzeichen  19 O 9964/18

Datum:
30.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 17836
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StVO § 3 Abs. 1 S. 2
StVG § 7, § 17, § 18
VVG § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

Zur Haftungsverteilung nach einer Kollision zwischen einem mit Beton beladenen Sattelschlepper, dessen Fahrer auf einer 6 m breiten und unübersichtlichen Straße die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 20 km/h überschreitet, und einem entgegenkommenden Traktorgespann (hier Haftung von 80% zu 20% zulasten des Lkw mit Blick auf die Betriebsgefahr des Traktorgespanns). (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 9.760,55 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 09.05.2018 sowie weitere 745,40 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.08.2018 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 80% und die Beklagten als Gesamtschuldner 20% zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leisten.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 49.240,73 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten gemäß den §§ 7, 18 StVG, 115 VVG einen Anspruch auf Ersatz von 20% des ihr aus dem Verkehrsunfall entstandenen Schadens. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 StVG liegen vor, ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG haben die Beklagten nicht beweisen können. Ebenfalls haftet auch die Klägerin gemäß § 7 Abs. 1 StVG für die Folgen des Unfalls. Auch sie hat ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG nicht nachweisen können.
Mithin richtet sich die Haftungsverteilung nach § 17 Abs. 1, 2 StVG, für den das Maß der gegenseitigen Verursachung maßgeblich ist.
Das Gericht hält daher ein Haftungsverteilung von 80 zu 20 zu Lasten der Klagepartei für angemessen.
I.
Der Unfall im Begegnungsverkehr beruht auf der massiv überhöhten Geschwindigkeit des klägerischen Fahrzeuges und insofern dem schuldhaften Verstoß des Fahrers des klägerischen Fahrzeuges gegen § 3 StVO, während auf Seiten des beklagten Traktoren-Gespannes lediglich die Betriebsgefahr zum Tragen kommt.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stets Überzeugung des Gerichtes folgender Sachverhalt fest: Das klägerische Fahrzeug mit einer Breite von 2,5 m befuhr die Staatsstraße in Richtung Z. mit über 80 km/h, während das 3 m breite Beklagten-Gespann die Straße in entgegengesetzte Richtung mit ca. 25 km/h befuhr. An der Unfallörtlichkeit ist die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 60 km/h begrenzt. Das Beklagten-Gespann befuhr die Fahrbahn hart am rechten Fahrbahnrand. Als sich die beiden Fahrzeuge entgegen kamen, leitete der Beklagte zu 1 eine Vollbremsung ein, was zur Folge hatte, dass der Holzhäcksler die Zugmaschine überschob und deren Hinterachse nach links auf die Gegenfahrbahn geschoben wurde. Es kam zur Kollision zwischen Traktor und Betonmischer. Zum Zeitpunkt der Kollision befand sich der Traktor der Beklagtenseite einen halben bis dreiviertel Meter jenseits der Fahrbahnmitte. Es kam zur Kollision zwischen den beteiligten Fahrzeugen bei einer Kollisionsgeschwindigkeit des klägerischen Betonmischer von 75 km/h und des Beklagten-Traktors von 20 km/h. Der Betonmischer kam in der Folge von der Fahrbahn ab und überschlug sich.
II.
Der Beklagte zu 1 hat auf ausgeführt, mit dem Traktor mit Anhänger mit 25 km/h auf der Straße in Richtung Palzing gefahren zu sein. Der Schlepper seit ca. 3 m breit, der Traktor etwa 2,70 m. Er habe eine Luftdruckbremse. Er sei so gefahren, dass er schätze, dass er mit den linken Reedern etwa auf Höhe der gedachten Mittellinie der Straße gefahren sei. Kurz vor einer Rechtskurve sei ihm der klägerische Lkw entgegengekommen, wobei dieser seine Fahrspur mitbenutzt habe. Der Lkw sei ziemlich mittig auf der Straße gefahren, das habe sich ihm eingeprägt. Er habe sofort eine Notbremsung gemacht. Durch die Notbremsung hätten am Schlepper alle Reifen blockiert und das Heck des Gespanns seien nach links ausgebrochen. Die Kollision mit dem Betonmischer habe hinten links an seinem Schlepper stattgefunden.
Der am Unfall unbeteiligte Zeuge … hat angegeben, dass er einige 100 m hinter dem Traktorgespann hinterher gefahren sei. Er habe nicht überholen wollen, da die Unfallörtlichkeit nicht überlegt sichtlich genug gewesen sei. Plötzlich sei ein Lkw nach einer Rechtskurve hinter einer Kuppe aufgetaucht. Er habe noch kurz gedacht, dass es knapp werden könnte mit dem Gespann vor ihm, da sei der Unfall allerdings auch schon geschehen gewesen. Der Traktor habe vor dem Unfall gebremst. Der Lkw habe den Hinterreifen des Traktors berührt, woraus er schließe, dass das Gespann zum Kollisionszeitpunkt bereits gestanden sein müsse. Der Lkw sei dann umgekippt.
Der Zeuge … hat angegeben, dass er damals in Richtung Z. unterwegs gewesen sei. Er sei unmittelbar nach der Kollision wohl an die Unfallstelle gekommen. Der Betonmischer habe sich bereits neben der Fahrbahn befunden. Er sodann die Böschung heruntergegangen und habe zusammen mit dem Beklagten zu 1 und dem Zeugen … den Fahrer des Betonmischers aus dem Fahrzeug befreit. Er habe sodann den Rettungsdienst verständigt. Welche Geschwindigkeitsbegrenzung an der Unfallstelle gelte, könne er nicht sagen.
Der Zeuge … bei welchem es sich um den Fahrer des klägerischen Betonmischer handelt, hat angegeben, dass ihm ein Traktor mit Anhänger mit hoher Geschwindigkeit entgegen gekommen sei. Es habe geregnet und die Fahrbahn sei nass gewesen. Der Traktor sei ihm auf seiner Spur entgegengekommen und habe dann angefangen zu bremsen, habe aber den Anhänger nicht führen können. Der Anhänger habe den Traktor vorangeschoben, sodass der Anhänger auf seine Spur gekommen sei. Die Polizei habe festgestellt, dass er mit 70 KM H gefahren sei. Er habe bestimmt die Geschwindigkeit überschritten, er habe dafür auch ein Bußgeld bekommen. Bei der Beladung des Fahrzeuges habe er auch Pausen gehabt, dort habe er auch etwas essen und trinken können. Also den Traktor zum 1. Mal gesehen habe, sei dieser ca. 80 m weit entfernt gewesen. Die Geschwindigkeit sei auf 60 km/h begrenzt gewesen. Der Traktor sei in der Mitte der Fahrbahn gefahren. Als er angefangen habe zu bremsen, sei er höchstens 50 m von dem Traktor entfernt gewesen. Das Fahrzeug habe jedoch nicht gebremst, weil es rutschig gewesen sei, er habe sodann mit dem Getriebe gebremst. Dies sei jedoch schwierig gewesen, ihm sei es nicht gelungen den 3. Gang einzulegen. Er habe also nicht gebremst.
Das Landratsamt Freising hat die schriftliche Auskunft erteilt, dass am Unfalltag im fraglichen Bereich der Staatsstraße … zwischen P. und Z. die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 60 km/h beschränkt gewesen ist.
Der Sachverständige Professor … hat in seinem mündlichen Gutachten ausgeführt, dass der Traktor der Beklagtenseite vor der Kollision nicht auf der Gegenfahrbahn gefahren sein könne. Dies erkläre sich dadurch, dass der Traktor durch sein Gespann mit seiner Hinterachse nach links weggeschoben wird, weil der Anhänger, wenn gebremst wird, geradeaus weiterläuft und durch den Kurvenverlauf nach rechts dann aufschiebt. Der Traktor werde also nach links weggeschoben. Wenn der Traktor zuvor schon unter Mitbenutzung der Gegenfahrbahn unterwegs gewesen wäre, würde der Traktor in Richtung rechten Fahrbahnrands des LKWs geschoben werden und die beiden Fahrzeuge würden frontal miteinander verunfallen.
Zum Kollisionszeitpunkt habe sich der Beklagten-Traktor größenordnungsmäßig jedoch einen halben bis dreiviertel Meter jenseits der Fahrbahnmitte befunden.
Der Traktor müsse in der Annäherung an den späteren Kollisionsort in seinem Fahrbahnbereich hart rechts orientiert unterwegs gewesen sein, so dass die Fluchtreflex-Situation für den Beklagten zu 1) letztlich die Notbremsung war.
Der LKW selbst müsse nicht zwingend auf der Gegenfahrbahn unterwegs gewesen sein. Dies sei jedoch durchaus möglich.
Der Sachverständige hat jedoch ausgeführt, dass sich über die Kollisionsanalyse ergebe, dass der LKW zum Kollisionszeitpunkt 75 km/h schnell gewesen sei und der Traktor 20 km/h gefahren sei. Aus dem Diagrammaufschrieb des klägerischen Betonmischers ergebe sich, dass der LKW vor der Kollision auch noch rund 10 km/h verzögert habe. Der klägerische LKW sei also tatsächlich schneller als 80 km/h gefahren, als der LKW-Fahrer eine Notbremsung mit Ausweichlenken nach rechts gemacht habe, was dann auch dazu geführt habe, dass er nach der Kollision die Böschung hinuntergestürzt und nach rechts weggekippt sei.
Der Sachverständige hat weiter ausgeführt, dass der Fluchtreflex des Beklagten zu 1) aus seiner Sicht im wesentlichen dadurch ausgelöst worden sei, dass ein mehr als 80 km/h schneller LKW die Serpentinenkurven heruntergefahren sei und der Beklagte zu 1 damit rechnen musste, dass es zur Kollision komme, da bei diesen Geschwindigkeiten ein gegenseitiges Vorbeifahren extrem schwierig werde. Er hat insofern ausgeführt, dass die Fahrbahn selbst nur rund 6 m breit sei, das Gespann des Beklagten zu 1) habe 3 m Breite, so dass insgesamt ein Befahren der rechten Richtungsfahrbahn möglich wäre. Der LKW selbst habe 2,5 m Breite. Wenn dieser nun mittig auf seinem Fahrbahnbereich unterwegs ist, verbleiben nur noch 25 cm rechts und links, so dass dadurch die Krisensituation ausgelöst werde, wenn derartige hohe Geschwindigkeiten gefahren werden. Dies sei nicht der Fall, wenn der LKW mit 60 km/h unterwegs sei. Aus seiner Sicht müsse der LKW gar nicht auf der Gegenfahrbahn unterwegs sein, um den Fluchtreflex des Beklagten zu 1) auszulösen. Seiner Ansicht nach liege die Problematik in der Übergeschwindigkeit des LKWs, die ohne Weiteres im hier vorliegenden Fall bei 20-25 km/h – in Bezugnahme auf die 60 km/h – gelegen hat.
III.
Das Gericht geht aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen, der dem Gericht aus einer Vielzahl von Verfahren als überaus erfahren und kompetent bekannt ist, davon aus, dass der klägerische Betonmischer vor der streitgegenständlichen Kollision mit einer Geschwindigkeit von über 80 km/h die unübersichtliche und kurvenreiche Straße befuhr. Das Gericht hat an den Ausführungen des Sachverständigen zur Geschwindigkeit des klägerischen Betonmischer keinerlei Zweifel. Der Sachverständige hat insofern ausgeführt, dass sich aus dem Diagrammaufschrieb des klägerischen Betonmischer ergebe, dass dieser um 10 km/h verzögert habe, bevor es zur Kollision gekommen sei. Die Kollisionsgeschwindigkeit hat der Sachverständige mit 70 km/h berechnet. Der Fahrer des klägerischen Betonmischer, der Zeuge … hat im Übrigen eingeräumt, die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten zu haben.
Aus dem Schreiben des Landratsamtes Freising ergibt sich zu Überzeugung des Gerichtes, dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit, wie dies auch der Beklagte zu 1 selbst, als auch der Fahrer des klägerischen Betonmischers angegeben haben, zum Unfallzeitpunkt auf 60 km/h beschränkt gewesen ist. Allein auf Basis der behördlich angeordneten zulässigen Höchstgeschwindigkeit ergibt sich daher eine Geschwindigkeitsüberschreitung durch das klägerische Fahrzeug. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit nur unter günstigsten Umständen gilt und die beteiligten Fahrer nicht von den Grundregeln des § 3 Abs. 1 StVO entbindet. Dabei ist vorliegend zu berücksichtigen, dass auf der unübersichtlichen und kurvenreichen Straße mit einem derart großen und schweren Fahrzeug wie dem klägerischen Betonmischer ohnehin nicht die zulässige Höchstgeschwindigkeit hätte ausgeschöpft werden dürfen. Wie der Sachverständige insbesondere durch die Lichtbildtafel Nummer 13 und auch der Zeuge … in seiner Vernehmung dargelegt haben, näherte sich das klägerische Fahrzeug aus Sicht des Fahrers des Beklagtengespanns aus einer Rechtskurve, wobei es über eine Kuppe kam. Wie der Fahrer des klägerischen Betonmischer selbst ausführt, gelang es ihm nicht, bei Erkennen des Traktorengespannes rechtzeitig anzuhalten. Angesichts der sachverständigerseits ermittelten Kollisionsgeschwindigkeit von 70 km/h und eine Ausgangsgeschwindigkeit von über 80 km/h in Verbindung mit den Angaben des Fahrers des klägerischen LKWs, kann von einem Fahren auf Sicht im Sinne des § 3 Abs. 1 StVO, so dass der Fahrer innerhalb der unübersehbaren Strecke anhalten kann (König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 3, Rn. 14) nicht die Rede sein. Die Strecke war nicht unübersehbar. Dies ergibt sich aus den vorgelegten Lichtbildern, als auch aus der Aussage des Zeugen … welcher selbst von einem Überholmanöver aufgrund der Unübersichtlichkeit der Strecke abgesehen hat. Zudem geht das Gericht davon aus, dass der Fahrer des klägerischen Betonmischers durchaus bremste. Dies ergibt sich aus der vom Sachverständigen analysierten Diagrammscheibe, nach der eine Verzögerung um 10 km/h stattgefunden hat. Dies war jedoch nicht ausreichend.
Zudem ist vorliegend auch das Eigengewicht des klägerischen Betonmischer zu berücksichtigen, der unstreitig Beton geladen hatte. Dieser Faktor begrenzt zusätzlich, da das Gewicht Einfluss auf den Anhalteweg hat, die zulässige und angemessene Geschwindigkeit.
Vorliegend war weiter zu berücksichtigen, dass die Straße angesichts der Breite des klägerischen Betonmischer von 2,5 m für den Fall des Entgegenkommens eines Fahrzeuges keinen großen Spielraum zum Ausweichen bot.
Der Fahrer des klägerischen Fahrzeuges war daher vorliegend mitnichten berechtigt, die im günstigsten Fall geltende Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h auszunutzen. Vorliegend spielten zahlreiche individuelle Faktoren eine Rolle, die selbst bei einem Fahren von 60 km/h einen Verstoß gegen § 3 Abs. 1 StVO begründet hätten. Der klägerische Betonmischer war voll beladen und hatte daher ein Eigengewicht, welches zu einem erweiterten Anhalteweg führte. Der klägerische Betonmischer brachte zudem aufgrund seiner Abmessungen für die nur rund 6 m breite Straße ein gewisses Gefahrenpotenzial mit sich. Dabei kann vorliegend noch dahingestellt bleiben, ob die Straße tatsächlich, so wie das der Fahrer des klägerischen Fahrzeuges angibt, regennass gewesen sei und auch, wie sich aus dem Aktenvermerk der VPI F. ergibt, ob die Bereifung des klägerischen Fahrzeuges im Heckbereich gegebenenfalls unterhalb des Grenzwertes lag. Denn jedenfalls hat der Fahrer des klägerischen Fahrzeuges die Straße mit einer Geschwindigkeit befahren, die nicht nur deutlich oberhalb der per Verkehrsschild angezeigten Höchstgeschwindigkeit gelegen ist, sondern in jeglicher Hinsicht nicht den örtlichen Straßen- und Verkehrsverhältnissen, insbesondere nicht der Besonderheiten seines Fahrzeuges angepasst gewesen ist. Damit liegt ein ganz massives Verschulden an dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall auf Seiten der Klagepartei vor.
Dabei geht das Gericht nicht davon aus, dass der Klagepartei auch ein Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot zur Last zu legen ist. Ein derartiger Verstoß ist nicht zu Überzeugung des Gerichtes nachgewiesen. Der Sachverständige hat insofern ausgeführt, dass es zwar durchaus möglich ist, dass der klägerischen Betonmischer die Straße mittig und somit unter Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot befuhr, aus technischer Sicht sei dies jedoch nicht nachzuweisen. Insofern stehen sich die Angaben des Beklagten zu 1 und des Zeugen … diametral entgegen. Auch wenn das Gericht angesichts des Umstandes, dass das Gericht die Angaben des Zeugen …, der, obwohl dies sachverständigerseits widerlegt ist, angegeben hat, dass das Beklagten-Gespann ihm mittig entgegengekommen sei, während er selber auf seiner Fahrbahn gefahren sei, nicht für glaubwürdig hält, so vermag es nicht, daraus zu schlussfolgern, dass die Angaben des Beklagten zu 1 hinsichtlich des Verstoßes gegen das Rechtsfahrgebot der Wahrheit entsprechen. Der Grad an Gewissheit, der für eine Überzeugung des Gerichtes von einem Verstoß des klägerischen Fahrers gegen das Rechtsfahrgebot erforderlich wäre, ist nicht erreicht. Dies beruht insbesondere auf den Angaben des Sachverständigen, der dies aus technischer Sicht anhand der auf der Fahrbahn vorhandenen Spuren nicht klären konnte, als auch auf den Angaben des Zeugen …, der sich gar nicht dazu eingelassen hat, in welchem Bereich der Fahrbahn der klägerische Betonmischer entgegenkam. Angesichts des Umstandes, dass das klägerische Fahrzeug aus Sicht des Beklagten zu 1 und des Zeugen … kurz zuvor über eine Kuppe und aus einer Rechtskurve kam, war die Erkennbarkeit der Fahrweise des Betonmischer auch nicht ohne weiteres gegeben.
Hingegen fällt zu Lasten der Beklagtenseite lediglich die Betriebsgefahr des Traktorengespannes ins Gewicht.
Ein Verschulden kann dem Beklagten zu 1 nicht zur Last gelegt werden. Insbesondere hat der Beklagte zu 1 nicht gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen. Der Sachverständige hat diesbezüglich ausgeführt, dass aus der Endstellung des Traktors 50-70 cm jenseits der Mittelfahrspur und aus dem Umstand, dass der Traktor durch seine Notbremsung aufgeschoben wurde, geschlossen werden kann, dass der Traktor vor Einleitung der Notbremsung noch auf seiner Richtungsfahrbahn gewesen sein muss. Der Sachverständige hat dabei zu Überzeugung des Gerichtes ausgeführt, dass aufgrund der Breite des Gefährte von 3 m das Gespann zuvor hart an der Mittelmarkierung gefahren sein muss. Aufgrund des Umstandes, dass der Anhänger, wenn er gebremst wird, geradeaus weiter läuft und durch den Kurvenverlauf nach rechts auf den Traktor aufschob, wurde der Traktor bei der Bremsung nach links geschoben. Der Sachverständige hat plausibel dargelegt, dass, wenn der Traktor zuvor schon jenseits der gedachten Mittellinie gefahren wäre, die Fahrzeuge frontal miteinander verunfallt wären.
Ein Verschulden des Beklagten zu 1 lässt sich auch nicht mit dem von ihm vorgenommene Notbremsmanöver und dem daraus resultierenden Aufschieben des Anhängers auf den Traktor begründen. Insofern hat der Sachverständige ausgeführt, dass das Bremsmanöver des Beklagten zu 1 einen legitimen Fluchtreflex angesichts des ihm mit derart überhöhter Geschwindigkeit entgegenkommenden LKWs darstellte. Der Sachverständige hat dargelegt – und das Gericht schließt sich diesen Ausführungen vollumfänglich an – dass der Beklagte zu 1 angesichts des sich ihm mit mehr als 80 km/h auf den Serpentinenkurven nähernden Betonmischer davon ausgehen musste, dass ein gegenseitiges aneinander vorbeifahren extrem schwierig werde. Angesichts der Fahrbahnbreite von rund 6 m, der Breite des Traktorengespannes von 3 m und der Breite des Betonmischer von 2,50 m, verblieben, unterstellt, dass der Betonmischer mittig auf seiner Spur fuhr (und nicht noch weiter links), lediglich 25 cm als Abstand zwischen den beteiligten Fahrzeugen. Da der Fahrer des Traktorengespannes nachgewiesenermaßen auch nicht weiter rechts fahren konnte, war die von ihm durchgeführte Notbremsung auch die einzige ihm zur Verfügung stehende Abwehrmaßnahme. Ein Verschulden in dem Versuch, einen drohenden Unfall noch zu vermeiden kann bereits nicht in einfachem Fehlverhalten desjenigen gesehen werden, der versucht, eine Kollision zu verhindern, noch weniger kann es in einer legitimen – und der einzigen – Abwehrmaßnahme liegen. Hier ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte zu 1 völlig unverschuldet in diese besondere Gefahrensituation gelangt ist. Aus rechtlicher Sicht kann von dem Beklagten zu 1, selbst wenn ihn erst das Bremsmanöver jenseits der gedachten Mittellinie der Fahrbahn brachte, nicht verlangt werden, dass er keinerlei Abwehrmaßnahmen ergreift, um die Kollision zu verhindern. Hierbei muss zudem erwähnt werden, dass es durchaus möglich ist, dass das klägerische Fahrzeug dem Beklagten zu 1 auch bereits auf dessen Spur entgegenkam. Die Gefahrensituation, die zum Unfall geführt hat, beruht einzig und allein auf einem Verschulden seitens des Fahrers des klägerischen Fahrzeuges.
IV.
Im Rahmen der Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge gemäß § 17 Abs. 2 StVG hält das Gericht daher eine Haftungsverteilung von 80:20 zu Lasten der Klagepartei für angemessen. Zwar hat das ganz überwiegende und massive Verschulden des Fahrers des klägerischen Fahrzeuges vorliegend zum Unfall geführt, das Gericht hält es dennoch nicht für gerechtfertigt, angesichts dessen die Betriebsgefahr des Beklagten-Gespannes zurücktreten zu lassen. Der Traktor der Beklagten wies eine Breite von 2,6 m auf, während der angehängte Holzhäcksler eine Breite von 3 m aufwies. Einem derart breiten Gespann ist insbesondere auf einer lediglich rund 6 m breiten und unübersichtlichen Straße ein massives Gefahrenpotenzial immanent, welches sich vorliegend auch ausgewirkt hat. Der Umstand, dass der Anhänger bei der Bremsung nachschob, ist für derartige Gespanne typisch. Auch die Breite des Fahrzeuges bzw. des Anhängers war mit maßgeblich für den streitgegenständlichen Unfall. Diese besondere, derartigen Gespanne innewohnende Gefährlichkeit ist Grund für die Betriebsgefahr. Diesen Grundgedanken der Gefährdungshaftung vorliegend entfallen zu lassen, hätte das Gericht angesichts des Umstandes, dass sich gerade die besonderen Gefahren des Anhängergespannes im Unfall niedergeschlagen haben, nicht für angemessen.
V. Die Klägerin kann daher lediglich 20% des ihr entstandenen Schadens ersetzt verlangen.
Der grundsätzlich ersatzfähige Schaden umfasst den Wiederbeschaffungswert von 49.000 € abzüglich des Restwertes von 18.672,27 €, die Betonladung von 1020 € sowie den Feuerwehreinsatz von 1478,50 € und die Außerbetriebsetzung des Betonmischer in Höhe von 10,40 €.
Die Klägerin kann zudem lediglich eine Auslagenpauschale in Höhe von 25 € ersetzt verlangen. Die Höhe der Auslagenpauschale entspricht ständiger Rechtsprechung des OLG München.
Die Klägerin kann auch die ihr für die Beseitigung des ausgetretenen Betons angefallenen Kosten in Höhe von 15.941,10 € ersetzt verlangen. Grundsätzlich sind die zur Reinigung und Wiederherstellung mit der gefahrlosen Benutzbarkeit der Straße erforderlichen Aufwendungen zu ersetzen (Jahnke in Burmann/HeßHühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 25. Aufl., § 249 BGB, Rn. 279). Dabei ist durch die Anlagen K12 und K 13 zur Überzeugung des Gerichtes hinreichend nachgewiesen, dass die Firma K. KG der Klägerin die Kosten für die Bergung des Betonmischer als auch für die Reinigung der Unfallstelle in Höhe von netto 15.941,10 € in Rechnung gestellt hat und diese von der Klägerin per Überweisung bezahlt wurde. Dabei ist die mit der Straßenreinigung beauftragte Firma nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten. Es gilt die subjektive Schadensbetrachtung. Die Beklagtenseite hat nicht hinreichend dargelegt, warum der Klägerin die Überhöhung oder mangelnde Erforderlichkeit einzelner Rechnungsposten erkennbar gewesen sein sollte. Auch aus dem Gebührenbescheid der Anlage K8 für die Inanspruchnahme der Freiwilligen Feuerwehr ergibt sich nichts anderes. Zwar ergibt sich aus den Gründen des Gebührenbescheides dass die Freiwillige Feuerwehr unter Vollsperrung der Staatsstraße die „Straßenreinigung und (…) die auslaufenden Betriebsmittel“ aufgenommen hat. Dies muss der Laie aber nicht ohne weiteres und selbstverständlich auch auf die Reinigung der Straße von dem ausgelaufenen Beton beziehen. Dies gilt insbesondere, zumal die Feuerwehr im Rahmen ihrer Pflichtaufgaben im Bezug auf das Feuerlöschwesen lediglich zur Aufnahme der ausgelaufenen Betriebsmittel verpflichtet ist. Der Gebührenbescheid der Feuerwehr bezog sich daher auch auf den Vollzug des Bayerischen Feuerwehrgesetzes und nicht auf die Straßenreinigung per se. Die Klägerin ist zudem nicht mit der Straßenreinigung befasst, dass sie einen genaueren Einblick in die Erforderlichkeit einzelner Positionen der abgerechneten Straßenreinigung gehabt hätte, ist nicht nachgewiesen.
Die Kosten für das Sachverständigengutachten der Dekra Automobil GmbH sind nicht ersatzfähig. Insofern hat die Beklagte durch Vorlage der Anlage B1 Überzeugung des Gerichtes nachgewiesen, dass diese beklagtenseits direkt an die D. Automobil GmbH bezahlt wurden.
VI.
Von einem grundsätzlich ersatzfähigen Schaden in Höhe von 48.802,73 € stehen der Klägerin 20% und somit 9760,55 € zu. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
V.
Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten waren aus dem geringeren Gegenstandswert zu bestimmen und betragen daher lediglich 745,40 €.
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf dem eingeklagten Betrag.


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