Verkehrsrecht

Schadensersatz wegen des Erwerbs eines mit einer unzulässigen Abschaltautomatik ausgestatteten PKWs VW Tiguan

Aktenzeichen  18 U 2526/19

Datum:
18.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 42780
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 3, § 97 Abs. 1, § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, § 524 Abs. 4, § 708 Nr. 10, § 711

 

Leitsatz

Die Kausalität der Täuschungshandlung bezüglich der Abgasmanipulation kann auch für einen Fahrzeugkauf nach Herbst 2015 bejaht werden, wenn nach Vernehmung des klagenden Käufers als Partei zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass dieser trotz der Medienberichterstattung keine Kenntnis davon hatte, dass das Fahrzeug vom Dieselskandal betroffen war. (Rn. 11 – 13) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

18 U 2526/19 2019-08-28 Hinweisbeschluss OLGMUENCHEN OLG München

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 18.4.2019, Aktenzeichen 3 O 735/18, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Traunstein ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 27.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen des Erwerbs eines mit einer unzulässigen Abschaltautomatik ausgestatteten PKWs VW Tiguan im Dezember 2015. Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Traunstein vom 18.4.2019 Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 26.4.2019 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 21.5.2019, bei Gericht eingegangen am 22.5.2019, Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis 26.8.2019 mit Schriftsatz vom 26.8.2019, eingegangen am selben Tag, begründet.
Wegen des Berufungsvorbringens des Klägers wird auf die Schriftsätze vom 26.8.2019 (Bl. 181/185 d. A.) und vom 16.10.2019 (Bl. 201/207 d. A.) verwiesen.
Der Kläger stellt die Anträge gemäß Schriftsätzen vom 26.8.2019 (Bl. 182 d. A.) und vom 16.10.2019 (Bl. 203 d. A.).
Die Beklagte stellt den Antrag gemäß Schriftsatz vom 28.5.2019 (Bl. 176 d. A.).
Der Senat hat mit Beschluss vom 28.8.2019 (Bl. 188/193 d.A.), der Beklagten zugestellt am 29.8.2019, auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO hingewiesen.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 18.4.2019, Aktenzeichen 3 O 735/18, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
1. Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen. Auch die Ausführungen in der Gegenerklärung geben zu einer Änderung keinen Anlass. Entgegen der Ansicht des Klägers ist eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss nicht nach § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen.
1) Unterschiedliche Auffassungen, zu denen zwei Berufungsgerichte in Parallelprozessen gelangt sind, schließen für sich allein eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss nicht unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung aus, da die genannte Vorschrift nur eingreift, wenn Fehler in einer Berufungsentscheidung die Rechtsprechung im Ganzen berühren (vgl. zur Revisionszulassung BGH, Beschluss vom 16.9.2003 – XI ZR 238/02 – NJW 2004, 1167; BGHZ 152, 182, 186 ff.).
1) Nach dem Vorbringen des Klägers wie auch nach Kenntnis des Senats gibt es derzeit nur eine obergerichtliche Entscheidung, in der die Kausalität der streitgegenständlichen Täuschungshandlung der Beklagten für einen Fahrzeugkauf nach Herbst 2015 bejaht wurde, nämlich das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 10.9.2019 (Az. 13 U 149/18, zit. nach juris). Dieses beruht jedoch ersichtlich auf der Beweiswürdigung im dort zu entscheidenden konkreten Einzelfall.
Ausweislich der Urteilsgründe (Tz. 42 – 45) hat der dortige Senat die Klägerin als Partei vernommen und sich auf Grund ihrer Angaben, die er für glaubhaft hielt, die Überzeugung gebildet, dass die Klägerin keine Kenntnis davon hatte, dass das von ihr erworbene Fahrzeug von dem „Dieselskandal“ betroffen war, und dass sie andernfalls das Fahrzeug nicht gekauft hätte. Im vorliegenden Fall enthalten die protokollierten Angaben des Klägers bei seiner Anhörung vor dem Landgericht (Bl. 117/120 d.A.) diese Aussagen gerade nicht.
Im Übrigen stützt der erkennende Senat seine Ansicht, dass die im Hinweisbeschluss dargestellten, möglichen Erleichterungen für den Kausalitätsbeweis im vorliegenden Fall wegen Kenntnis des Klägers von den Abgasmanipulationen nicht eingreifen, nicht in erster Linie auf die Ad-Hoc-Mitteilung der Beklagten vom 22.9.2015, sondern vor allem auf die anschließende Erörterung des Themas in den Medien und auf die eigenen Angaben des Klägers bei seiner Anhörung.
2. Die im Schriftsatz vom 16.10.2019 enthaltene Klageerweiterung um eine zusätzliche Zinsforderung schließt die Zurückweisung der Berufung durch Beschluss nicht aus. Sie wird entsprechend § 524 Abs. 4 ZPO mit diesem Zurückweisungsbeschluss wirkungslos (Zöller/Heßler ZPO 32. Aufl. § 522 Rn. 37 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG, § 3 ZPO bestimmt.


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