Verkehrsrecht

straßenverkehrsrechtliche Anordnung, Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h an einer innerörtlichen Hauptverkehrsstraße, besondere Gefahrenlage (verneint)

Aktenzeichen  11 ZB 21.585

Datum:
18.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 6511
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, 124a Abs. 4 S. 4
StVO § 45 Abs. 1 S. 1, Abs. 9 S. 1 und 3
Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO Zeichen 274

 

Leitsatz

Verfahrensgang

B 1 K 19.1259 2021-01-19 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin begehrt von der beklagten Gemeinde den Erlass einer straßenverkehrsrechtlichen Anordnung, mit der die Geschwindigkeit im Bereich ihres Wohnanwesens auf 30 km/h beschränkt wird.
Das Wohngrundstück der Klägerin, das im Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche ausgewiesen ist, grenzt an der stadteinwärts führenden Fahrbahnseite an eine gemeindliche Haupterschließungs- und Hauptverkehrs straße an, auf der die zulässige Höchstgeschwindigkeit 50 km/h beträgt. An die 7,50 m breite Fahrbahn dieser Straße schließen sich ca. 2 m breite Längsparkbuchten und ein Gehweg an. Vor dem Grundstück der Klägerin verläuft die Straße in einer leichten Rechtskurve, die von der Mitte der Grundstückszufahrt ca. 54 m entfernt ist, und fällt in Richtung Nordwesten ab.
Nachdem sich die Klägerin am 2. April 2016 erhebliche Verletzungen zugezogen hatte, als sie den Straßenrand gekehrt und ein um die Kurve kommendes Fahrzeug ihren Besen erfasst hatte, stellte sie mit Schreiben vom 12. Juli 2016 erstmals den Antrag auf Einrichtung einer „dauerhaften Zone 30 km/h“ in einem bestimmten Streckenabschnitt der M. H2. Straße (im Folgenden: M. Straße).
Dies lehnte die Beklagte nach Einholung einer Stellungnahme der Polizei und unter Hinweis auf die Funktion der Straße und die Ergebnisse von Geschwindigkeitsmessungen vom 28. Juni bis 5. Juli 2016 mit Schreiben vom 23. August 2016 ab.
Mit am 27. Februar 2017 eingegangenem Schreiben vom 8. November 2016 beantragten etliche Anwohner der M. Straße die Einrichtung einer „Tempo 30 Zone“ und eine Beschränkung des Güterkraftverkehrs auf 7,5 t. Vor allem an einigen Ausfahrten sei die Straße schwer einsehbar. Es sei schon zu kleineren Unfällen gekommen. Eingetretene Personenschäden hätten bei einer Geschwindigkeitsbeschränkung vermieden werden können. Schulkinder und Fußgänger seien einem hohen Risiko ausgesetzt.
Zwischen dem 19. und 25. April 2017 nahm die Polizei Geschwindigkeitsmessungen und eine Verkehrszählung vor, wonach 85% der Verkehrsteilnehmer an den einzelnen Tagen zwischen 44 bis 50 km/h gefahren sind und die Durchschnittsgeschwindigkeit aller Verkehrsteilnehmer zwischen 34 und 37 km/h gelegen hat.
Mit Schreiben vom 19. Mai 2017 nahm die Straßenverkehrsbehörde des Landratsamts Hof auf Bitte der Beklagten dahingehend Stellung, dass die zulässigen Geschwindigkeiten aufgrund des Ausbauzustands der M. Straße gut ausgenutzt würden. Andererseits sei die Straße übersichtlich und breit. Auffälligkeiten/Unfälle seien der Polizei in der Vergangenheit nicht bekannt geworden. Die Einrichtung einer Tempo-30-Zone würde die Einbeziehung mehrerer Straßen in einem Quartier unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse (baulich und verkehrlich) erfordern. Nur diese eine Straße könne nicht als Zone ausgewiesen werden. Die Fahrbahnbreite müsste reduziert werden und es würde „rechts vor links“ gelten.
Der Stadtrat der Beklagten war in seiner Sitzung am 30. Mai 2017 der Meinung, dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 StVO aufgrund des Ausbauzustands nicht gegeben seien.
Anlässlich eines Bürgerinformationsgesprächs am 7. August 2017 berichtete die Polizei von vier Unfällen in vier Jahren. Es gebe keine signifikanten Geschwindigkeitsüberschreitungen.
Aufgrund einer Vereinbarung u.a. mit der Klägerin zur Beruhigung des Verkehrs- und Lärmaufkommens stellte die Beklagte im Mai 2018 an der M. Straße, aus der Richtung stadteinwärts betrachtet am linken Fahrstreifen, ca. 15 bis 20 m vom klägerischen Grundstück entfernt, zwei digitale Messanlagen auf. Die Durchschnittsgeschwindigkeit im Jahr 2018 betrug an keinem Tag 50 km/h. Die Geschwindigkeit von 85% der Verkehrsteilnehmer betrug 53 km/h. Auch in den Messzeiträumen des Jahres 2019 erreichte die Durchschnittsgeschwindigkeit stadteinwärts nie 50 km/h. Die Geschwindigkeit von 85% der Verkehrsteilnehmer betrug zwischen 43 und 53 km/h.
Am 7. Februar 2019 beantragte die Klägerin erneut, eine Tempo-30-Zone bzw. eine streckenbezogene Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h anzuordnen.
Mit Schreiben vom 21. Juni 2019 blieb das Landratsamt bei seiner Einschätzung vom 19. Mai 2017. Bei der M. Straße handle es sich um eine Hauptverkehrs straße, die Strecke sei weiterhin nicht auffällig, was Unfälle betreffe; eine Gefahrenlage, die das normale Maß erheblich übersteige, sei nicht erkennbar.
Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 2. August 2019 ließ die Klägerin die Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h durch das Verkehrszeichen 274 auf einem näher bezeichneten Abschnitt der M. Straße beantragen, hilfsweise sonstige straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen, um der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit durch etwa ein Drittel der Kraftfahrzeuge entgegenzuwirken. Mit anwaltlichen Schreiben vom 7. Oktober 2019 bat sie auch darum, ein Durchfahrverbot für Lkw und Motorräder, städtische Geschwindigkeitskontrollen, das Aufstellen eines Warn- und Hinweisschildes auf ihre Grundstücksausfahrt, das Anbringen einer Fahrbahnmarkierung und die Verengung der Fahrbahn durch Fahrbahnteiler in Erwägung zu ziehen.
Mit Beschluss vom 29. Oktober 2019 lehnte der Stadtrat der Beklagten diese Anträge wegen Fehlens einer konkreten Gefahr im Sinne von § 45 Abs. 9 StVO ab. Dies teilte der erste Bürgermeister der Beklagten der Klägerin mit Schreiben vom 31. Oktober 2019 mit.
Am 30. Dezember 2019 ließ die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth erheben mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, für die M. Straße im Bereich zwischen der Kreuzung R. H3. Straße/R. … und der Einmündung in den S. H2.weg eine streckenbezogene Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h durch das Verkehrszeichen 274 anzuordnen, hilfsweise, über diesen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, weiter hilfsweise, 150 m von der südlichen Ecke des Grundstücks der Klägerin in Richtung Südosten und 150 m von der westlichen Ecke ihres Grundstücks in Richtung Nordwesten eine durchgezogene Linie als Fahrbahnmarkierung anzubringen und die Fahrbahn durch drei ellipsenförmige Fahrbahnteiler zu verengen.
Auch im Jahr 2020 erreichte die Durchschnittsgeschwindigkeit in den Messzeiträumen bis 1. Oktober 2020 stadteinwärts keine 50 km/h. Die Geschwindigkeit von 85% der Verkehrsteilnehmer lag jeweils bei 53 km/h.
Am 21. Oktober 2020 nahm das Verwaltungsgericht einen Augenschein ein. Mit Urteil vom 19. Januar 2021 wies es die Klage ab. Die Versagungsgegenklage sei zwar zulässig, jedoch unbegründet, da das Ermessen der Beklagten nicht auf Null reduziert sei und sie den Anspruch der Klägerin auf ermessensfehlerfreie Entscheidung rechtsfehlerfrei erfüllt habe. Das Ermessen werde durch die hohen Anforderungen an die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 Satz 1 und 3 StVO stark eingeschränkt. Für die Annahme einer eine Verkehrsbeschränkung rechtfertigenden qualifizierten Gefährdungslage reiche es aus, dass eine entsprechende konkrete Gefahr bestehe, die sich aus den besonderen örtlichen Verhältnissen ergebe. Insoweit genüge nach der obergerichtlichen Rechtsprechung eine das allgemeine Risiko deutlich übersteigende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Ausweislich der Begründung zur Änderungsverordnung vom 30. November 2016 seien für eine solche Gefahrenlage bislang z.B. Nachweise für Unfallraten erforderlich, die ca. 30% über denen bei vergleichbaren Strecken andernorts lägen. Jedoch bedürfe es zur Bejahung einer das allgemeine Risiko übersteigenden Gefahrenlage nicht der Feststellung, dass die Strecke als Unfallhäufungsstelle zu klassifizieren sei, da nicht vorausgesetzt werden dürfe, dass sich die Gefahr bereits realisiert habe. Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 StVO lägen nicht vor. Dabei sei die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung zu Zeichen 274, durch die das Ermessen der Straßenverkehrsbehörde gelenkt und gebunden werde, nicht zu beanstanden. Nach Ziffer I. Rn. 1 der VwV-StVO zu Zeichen 274 sollten Geschwindigkeitsbeschränkungen aus Sicherheitsgründen auf bestehenden Straßen nur angeordnet werden, wenn Unfalluntersuchungen ergeben hätten, dass häufig geschwindigkeitsbedingte Unfälle aufgetreten seien, sofern die geltende Höchstgeschwindigkeit von der Mehrheit der Kraftfahrer eingehalten werde. Im anderen Fall müsse die geltende zulässige Höchstgeschwindigkeit durchgesetzt werden. Eine Auswertung der Geschwindigkeitsmessungen der Beklagten ergebe in der Gesamtschau, dass 85% der Verkehrsteilnehmer stadteinwärts am klägerischen Grundstück vorbei geringfügig zu schnell fahren würden, sich der berechnete zu schnell fahrende Anteil aber um die 25% einpendele, da das Gericht davon ausgehe, dass ein großer Anteil der Fahrzeuge genau 50 km/h fahre. Stadtauswärts werde auf eine dezidierte Darstellung der Prozentanteile verzichtet, da diese weit geringer seien als stadteinwärts und sogar 85% der Verkehrsteilnehmer mit Ausnahme des Zeitraums vom 30. August bis 27. September 2018 eine Geschwindigkeit von nicht mehr als 50 km/h gefahren seien. Aus diesen Zahlen ziehe das Gericht den Schluss, dass die geltende Höchstgeschwindigkeit von der Mehrheit der Kraftfahrer eingehalten werde. Dies beruhe auch auf dem Umkehrschluss aus VwV-StVO zu Zeichen 274 II. Rn. 2 und 3. Es erscheine sachgerecht, für die Bestimmung der „Mehrheit der Kraftfahrer“ nicht auf die von 85% der Verkehrsteilnehmer gefahrene Geschwindigkeit abzustellen, sondern auf die Anzahl der Verkehrsteilnehmer, die 50 km/h überschritten. Es sei davon auszugehen, dass die Verwaltungsvorschrift bewusst zwischen der Mehrheit der Kraftfahrer (Rn. 1) und „85% der Fahrzeugführer“ (Rn. 2 und 3) unterscheide. Das Gericht halte eine solche (geringe) Geschwindigkeitsüberschreitung von 85% der Verkehrsteilnehmer ohnehin nicht allein für ausreichend, um eine besondere Gefahrenlage anzunehmen, die die Anordnung einer Geschwindigkeit von 50 auf 30 km/h rechtfertige. Bei 3 km/h könne nicht von einem erheblichen Übersteigen des allgemeinen Risikos gesprochen werden. Insofern sei zu berücksichtigen, dass eine Messtoleranz von +/- 2 km/h unter 100 km/h und +/- 2% über 100 km/h bestehe und die Geschwindigkeit von 85% der Verkehrsteilnehmer auch bei nur 51 km/h anzusiedeln sein könne. Darüber hinaus sehe die Verwaltungsvorschrift nur vor, dass die geltende zulässige Höchstgeschwindigkeit durchgesetzt werden müsse. Überschreite die Mehrheit der Kraftfahrer die Höchstgeschwindigkeit, bedürfe es also nicht der Anordnung von 30 km/h. Die Kammer gehe nach den beim Augenschein festgestellten besonderen örtlichen Verhältnissen unter Berücksichtigung der Zahlen nicht von einer qualifizierten Gefahrenlage aus. Die M. Straße sei unstreitig sehr gut ausgebaut und biete aufgrund ihrer Breite und der angrenzenden Gehwege ausreichend Fläche für den Fahrzeug- und Fußgängerverkehr. Die Parkbuchten sorgten auf der Straße selbst für Übersichtlichkeit. Auch für den Bus gebe es einen Parkstreifen, sodass die Passagiere nicht auf der Straße warten müssten. In dem streitgegenständlichen Bereich befinde sich weder eine Schule, eine Kindertagesstätte noch anderweitige besonders schutzwürdige Nutzungen. Das Verkehrsaufkommen sei mit maximal 1.500 Verkehrsteilnehmern/24 h pro Fahrstreifen durchschnittlich eher niedrig. Zwar weise die Straße eine Kurve auf und falle in Richtung Innenstadt ab, sodass das Teilstück Richtung R. H3. Straße/R. … vom Grundstück der Klägerin bzw. das andere Teilstück für von dort kommende Verkehrsteilnehmer aus der Gegenrichtung bei der klägerischen Grundstücksausfahrt schwer einsehbar sei. Allerdings sei die klägerische Ausfahrt ausreichend vom uneinsehbaren Teil der Kurve entfernt, nämlich unstreitig ca. 54 m vom Beginn der Kurve und noch weiter vom uneinsehbaren Teil. Dies gelte insbesondere für einen Bremsvorgang. Fahrzeugführer seien stets gehalten, sich beim Ausfahren auf eine Vorfahrtstraße vorzutasten. Dies begründe keine von anderen Ausfahrten sich unterscheidende, das allgemeine Risiko übersteigende Gefahrenlage, noch dazu keine erhebliche. Hinzu komme, dass vor dem Grundstück der Klägerin eine breite Überfahrt auf die Straße führe und es sich nicht um einen direkten Zugang zur Straße handle. Auf der M. Straße hätten sich laut Bürgerinformationsgespräch vom 17. August 2017 vier Unfälle in vier Jahren ereignet, aus der Ausfahrt der Klägerin bislang keiner. Dies sei zumindest ein weiteres Indiz gegen eine besondere Gefahrenlage. Die von der Klägerin im Februar 2017 vorgetragenen „kleineren Unfälle“ bei Ausfahrten seien weder damals noch im gerichtlichen Verfahren konkretisiert worden, ebenso wenig der Vortrag, es würden ähnliche Situationen wie die im Frühjahr 2016 regelmäßig vorkommen. Auf gerichtliche Nachfrage hätten sich diesbezüglich auch keine aktuelleren Erkenntnisse ergeben. Insbesondere habe sich ein während des Augenscheins vorgetragener Vorfall zulasten der Nachbarin der Klägerin nicht bei der Ausfahrt aus dem Grundstück ereignet. Auf die stadtauswärts verlaufende Fahrbahn werde insoweit eingegangen, als die Gefahrenlage auf den örtlichen Besonderheiten beruhen müsse. Verkehrsrechtswidriges Verhalten von (ungeduldigen) Kraftfahrern sei hierunter nicht zu subsumieren. Die Klägerin habe selbst angegeben, die Problematik bei der Einfahrt von der rechten Fahrbahnseite Richtung Kirche bestehe nicht darin, dass sie von entgegenkommenden Fahrzeugen übersehen werde, sondern links von drängelnden Fahrzeugen überholt werde. Dies komme nicht regelmäßig, sondern zeitweise vor. Der erste Hilfsantrag sei ebenfalls unbegründet, da die Beklagte ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt habe. Die Rechte der Klägerin beschränkten sich darauf, dass ihre über die an der bloßen Straßenbenutzung hinausgehenden Interessen ohne Rechtsfehler mit denen der Allgemeinheit und anderer Betroffener, die für die Verkehrsbeschränkung sprächen, abgewogen würden. Insbesondere seien die Belange des Straßenverkehrs und der Verkehrsteilnehmer und die Interessen anderer Anlieger zu würdigen. Dazu gehöre auch die Prüfung der Frage, ob es zu einer Verkehrsverlagerung zulasten der Anwohner an anderen Straßen und insbesondere zulasten von Wohngebieten komme. Die Beklagte sei auch an die Grundentscheidung in § 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO gebunden, wonach innerorts eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 50 km/h und nicht von 30 km/h gelte. Die Beklagte habe den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet und die betroffenen Interessen gegeneinander abgewogen. Den Einwand der Klägerin, dass nicht dargelegt worden sei, auf welcher Grundlage und nach welchen Maßstäben sie ihr Ermessen ausgeübt habe, teile das Gericht mit Blick auf die Vorgeschichte seit 2017 nicht. Aus dieser ergebe sich, dass die Beklagte die zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen, die gesetzlichen Vorgaben, die beantragten Maßnahmen und somit die Interessen der Klägerin in ihre Entscheidung einbezogen habe. Schlussendlich gehöre es zum Kernbereich des Ermessensspielraums, bei sich widersprechenden Zielen Prioritäten zu setzen. Den sachlichen Konflikt zwischen einer zügigen Fortbewegung einerseits und der Sicherheit der schwächeren Verkehrsteilnehmer andererseits habe die Straßenverkehrsbehörde bei ihrer Ermessensentscheidung abwägend zu bewältigen. Dies habe die Beklagte hier getan, indem sie der Bedeutung der Straße, ihrer Erschließungsfunktion und dem fließenden Verkehr Vorrang eingeräumt habe. Auch der zweite Hilfsantrag sei unbegründet, da auch hier eine Ermessensreduktion auf Null erforderlich gewesen wäre, die Auswahl der Mittel im Ermessen der Behörde stehe und die vom Gericht voll überprüfbaren Voraussetzungen des § 49 Abs. 9 Satz 3 StVO nicht vorlägen. Es erscheine bereits fragwürdig, dass der inhaltlich weitergehende zweite Hilfsantrag nach dem Neuverbescheidungsantrag gestellt worden sei.
Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte entgegentritt, macht die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend und trägt zur Begründung vor, das Verwaltungsgericht habe gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung gemäß § 108 Abs. 1 VwGO verstoßen, da es seinem Urteil einen unzutreffenden bzw. unvollständig ermittelten Sachverhalt zugrunde gelegt habe. Die Interpretation der Messergebnisse begegne durchgreifenden Bedenken. Das Gericht rechne aus den Fahrzeugzahlen nur die Geschwindigkeiten < 10 km/h als Fußgänger oder Radfahrer heraus. Es sei aber wirklichkeitsfremd, dass die erfassten Bewegungen im Bereich < 15 km/h bis weniger als 30 km/h Kraftfahrzeuge seien. Mit großer Wahrscheinlichkeit handle es sich dabei auch um Radfahrer oder Mopeds, die aber bei weitem nicht das Gefahrenpotenzial aufwiesen wie Pkw oder Lkw. In dem betreffenden Geschwindigkeitsbereich seien auch Elektroroller und Jogger unterwegs. Die Klägerin beobachte in den Sommermonaten regelmäßig Jugendliche, die mit Skateboards auf dem Gehsteig bergab fahren und damit von dem Messgerät erfasst würden. Ziehe man beispielsweise bei den Zahlen für das erste Quartal 2019 Fahrzeugbewegungen < 30 km/h von der Gesamtzahl ab, komme man auf 56.630 gemessene Bewegungen. Setze man hier alle Fahrzeuge, die 50 km/h und schneller gefahren seien, ins Verhältnis, komme man auf eine Zahl von 29% an Fahrzeugen, die die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreiten würden. In diesem Zusammenhang gehe das Verwaltungsgericht von einer weiteren falschen Annahme aus: Es unterstelle, dass die meisten Fahrzeuge, die im Bereich < 55 km/h gemessen worden seien, sich an die Höchstgeschwindigkeit gehalten hätten. Statistisch sei dies aber falsch. Vielmehr müsse man davon ausgehen, dass gleich viele Fahrzeuge 50 km/h, 51 km/h, 52 km/h usw. gefahren seien. Wenn man die Messtoleranz von 2 km/h berücksichtige, lägen alle Fahrzeuge, die 50 km/h, 51 km/h und 52 km/h gefahren seien, im Normbereich, die übrigen Fahrzeuge darüber. Unter dieser Voraussetzung errechne man 10.211 Fahrzeuge, die 53 km/h und schneller unterwegs gewesen seien. Im Verhältnis zur Gesamtzahl von 56.630 Bewegungen bewegten sich somit ca. 18% der Fahrzeuge mit einer als Ordnungswidrigkeit zu ahndenden Geschwindigkeit. Damit begehe fast jedes fünfte stadteinwärts fahrende Fahrzeug eigentlich eine Verkehrsordnungswidrigkeit. Außerdem dürfe man das Gefahrenpotenzial nicht anhand loser Prozentzahlen ermitteln, sondern müsse auch die absoluten Zahlen würdigen. Jeder Verkehrsteilnehmer, der stadteinwärts mit überhöhter Geschwindigkeit um die Kurve vor der Zufahrt der Klägerin unterwegs sei, könne einen schweren Unfall verursachen. Dazu komme noch die erhebliche Lärmbelästigung (Schall/Nachschall), die insbesondere von vorbeifahrenden Motorrädern ausgehe. Auch sonst verharmlose das Verwaltungsgericht das Gefahrenpotenzial, indem es die Straße als übersichtlich bezeichne und den Bremsweg bis zur Einfahrt der Klägerin als ausreichend lang. Diese Annahme gelte tatsächlich nur für Fahrzeuge, die maximal 50 km/h fahren würden. Das Verwaltungsgericht hätte den Sachverhalt weiter aufklären und ggf. einen Verkehrssachverständigen beauftragen müssen, wenn es aus eigener Sachkunde die Zahlen nicht fachkundig interpretieren könne. Das Urteil sei somit auf einer unzutreffenden tatsächlichen Grundlage ergangen. Mit Schreiben vom 26. Oktober 2021 trug die Klägerin weiter vor, jüngste Geschwindigkeitsmessungen zeigten, dass auch im laufenden Jahr ein erheblicher Anteil der Fahrzeugführer mit mehr als 50 km/h unterwegs sei. Häufig würden nachfolgende Kraftfahrzeuge die in ihre Grundstücke einfahrenden Fahrzeuge sogar anhupen, wenn sie vor dem Einbiegen bremsten. Das sei auch einem Nachbarn der Klägerin unlängst passiert. Die Beklagte habe ihr Ermessen auch insoweit fehlerhaft ausgeübt, als sie nicht in Betracht gezogen habe, eine stationäre Messsäule zur Kontrolle der Höchstgeschwindigkeit („Blitzer“) zu errichten. Derartige Kontrolleinrichtungen, die beide Fahrspuren überwachen könnten, seien mittlerweile Stand der Technik und hätten sich als sehr wirksam gegenüber Rasern erwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.
Aus dem Zulassungsvorbringen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Diese sind anzunehmen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – BVerf-GE 151, 173 Rn. 32 m.w.N.; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16 m.w.N.) und dies zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründet (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9).
Die gegen die erstinstanzliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) erhobenen Bedenken sind nicht berechtigt, da sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht ergibt, dass das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich von einem fehlerhaften Sachverhalt ausgegangen ist.
Nicht angegriffen hat die Klägerin den zutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts, wonach ein Anspruch auf Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung gemäß der im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 1.9.2017 – 3 B 50.16 – NVwZ-RR 2018, 12 = juris Rn. 8) anwendbaren Fassung des § 45 Abs. 1 Satz 1 der Straßenverkehrs-Ordnung vom 6. März 2013 (StVO, BGBl I S. 367), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Juli 2021 (BGBl I S. 3091), eine konkrete Gefahrenlage im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO voraussetzt, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs erheblich übersteigt. Diese Gefahrenlage sieht das Verwaltungsgericht in einer das allgemeine Risiko deutlich übersteigenden Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, welche es zunächst unter den Maßgaben der Ziffer I. Rn. 1 zu Zeichen 274 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung – VwV-StVO – vom 26. Januar 2001 in der Fassung vom 8. November 2021 (BAnz AT 15.11.2021 B1) verneint, dass häufig geschwindigkeitsbedingte Unfälle aufgetreten seien, sofern die Mehrheit der Kraftfahrer die geltende Höchstgeschwindigkeit eingehalten habe. Nur letzteres bejaht das Verwaltungsgericht, wobei es im Gegensatz zu dem ebenfalls in der VwV-StVO benutzten Begriff „85% der Fahrzeugführer“ in nicht zu beanstandender Weise auf die Mehrheit der Kraftfahrer abstellt. Für eine Unfallhäufung ist nach Aktenlage und dem Zulassungsvorbringen nichts ersichtlich. Sodann verneint das Verwaltungsgericht eine besondere Gefahrenlage in Anbetracht der konkreten örtlichen Verhältnisse, nämlich insbesondere des relativ niedrigen Verkehrsaufkommens, des guten Ausbauzustands und der Funktion des streitgegenständlichen Straßenabschnitts sowie der Messergebnisse.
Die Kritik an der Interpretation der Messergebnisse durch das Verwaltungsgericht führt nicht weiter. Selbst wenn ein größerer Anteil der Kraftfahrer als vom Verwaltungsgericht angenommen die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten hätte, würde dies der Klägerin keinen Anspruch auf Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h vermitteln. Wie das Gericht ausgeführt hat, müsste dann die zulässige Höchstgeschwindigkeit durchgesetzt, jedoch nicht diese auf 30 km/h beschränkt werden. Verkehrsrechtswidriges Verhalten der Verkehrsteilnehmer beruht nicht auf örtlichen Besonderheiten (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht. 46. Aufl. 2021, § 45 StVO Rn. 28a). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass besondere örtliche Verhältnisse im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO bei verkehrsbehördlichen Maßnahmen insbesondere in der Streckenführung, dem Ausbauzustand der Strecke, witterungsbedingten Einflüssen (z.B. Nebel, Schnee- und Eisglätte), der dort anzutreffenden Verkehrsbelastung und den daraus resultierenden Unfallzahlen begründet sein können (vgl. BVerwG, B.v. 3.1.2018 – 3 B 58.16 – juris Rn. 21 m.w.N.). Eine größere Anzahl an Geschwindigkeitsverstößen ändert auch nichts daran, dass für den streitgegenständlichen Streckenabschnitt keine Häufung geschwindigkeitsbedingter Unfälle zu verzeichnen ist. Zudem ergibt sich aus dem Vorbringen der Klägerin nicht, dass die Mehrheit der Kraftfahrer sich nicht an die zulässige Höchstgeschwindigkeit gehalten hätte. Vielmehr ist auch danach im ersten Quartal 2019 (nur) ein Anteil von 29% schneller als zulässig gefahren, wenn man – wie sie es für zutreffend hält – für die Berechnung der Mehrheit der Kraftfahrer alle Fahrzeuge herausrechnet, die mit weniger als 30 km/h unterwegs waren. Darüber hinaus ist die in diesem Zusammenhang aufgestellte Behauptung, mit Geschwindigkeiten zwischen < 15 und < 30 km/h seien nicht Kraftfahrzeuge, sondern vor allem Radfahrer, Mopeds, Elektroroller oder Jogger unterwegs, zum einen nicht hinreichend substantiiert und zum andern teilweise unrichtig bzw. nicht entscheidungserheblich. Denn auch Mopeds und Elektroroller sind als durch Maschinenkraft bewegte und nicht dauerhaft spurgeführte Landfahrzeuge (vgl. § 1 Abs. 2 StVG, § 2 Nr. 1 FZV) sowie Elektrokleinstfahrzeuge gemäß § 1 Abs. 1 eKFV Kraftfahrzeuge. Bei der Frage, ob die geltende Höchstgeschwindigkeit von der Mehrheit der Kraftfahrer eingehalten wird, spielt eine Differenzierung nach gefährlicheren und weniger gefährlicheren Kraftfahrern nach der VwV-StVO keine Rolle. Auch das Verwaltungsgericht hat nicht darauf abgestellt. Weiter stellt auch der von der Klägerin an anderer Stelle - ohne Bezug zu einem bestimmten Messzeitraum - angegebene Anteil von 18% der Kraftfahrer, die die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten hätten, keine Mehrheit dar. Außerdem war für die gerichtliche Bewertung der Gefahrenlage kein bestimmter Prozentsatz einer mehr oder weniger großen Minderheit zu schnell fahrender Kraftfahrer ausschlaggebend, sondern, dass sich die Durchschnittsgeschwindigkeiten in den Jahren 2017 bis 2020 im Rahmen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit hielten und die Geschwindigkeit von 85% der Verkehrsteilnehmer jeweils nur geringfügig darüber lag.
Mit dem Zulassungsvorbringen werden auch keine ernstlichen Zweifel an der gerichtlichen Feststellung dargelegt, dass in Anbetracht der konkreten örtlichen Verhältnisse keine besondere Gefahrenlage zu erkennen sei. Die Klägerin wendet sich weder gegen die Feststellungen zum Ausbauzustand der M. Straße noch zum Verkehrsaufkommen oder zum Unfallgeschehen oder zu den Nutzungen im Umfeld des streitgegenständlichen Straßenabschnitts, sondern widersprecht lediglich der nach dem Akteninhalt einschließlich Luftbild nachvollziehbaren gerichtlichen Wertung, dass die M. Straße an dieser Stelle übersichtlich sei, ohne darzulegen, weshalb dies anders zu sehen ist. Es genügt indes nicht, einer vertretbaren Sachverhaltsbewertung des Gerichts nur eine eigene abweichende Sachverhaltsbewertung entgegenzustellen (Rudisile in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Juli 2021, § 124 Rn. 100). Auch die Behauptung, der Bremsweg bis zur Grundstückszufahrt der Klägerin sei nur ausreichend, wenn ein Fahrzeug maximal 50 km/h fahre, ist nicht nachvollziehbar, da hierzu nichts weiter dargelegt wurde und der Bremsweg nach den üblichen Berechnungsformeln (vgl. https://www.bussgeldkatalog.org/bremsweg/) bei einer Geschwindigkeit von zum Beispiel 70 km/h 49 m (einfache Bremsung) bzw. 24,5 m (Gefahrenbremsung) beträgt und selbst bei 90 km/h für eine Gefahrenbremsung nur 40,5 m benötigt werden. Ansonsten führt die Klägerin ausschließlich die Anzahl zu schnell fahrender Kraftfahrer sowie die Ungeduld der einem einbiegenden Anliegerfahrzeug folgenden Kraftfahrer und die von diesen ausgehenden Gefahren an. Insoweit hat das Verwaltungsgericht jedoch zu Recht darauf verwiesen, dass verkehrsrechtswidriges Verhalten Dritter nicht auf örtlichen Besonderheiten beruht, also keine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h rechtfertigen kann. Die aus verkehrsrechtswidrigem Verhalten resultierenden Gefahren werden nicht durch eine Geschwindigkeitsbeschränkung, sondern vor allem durch das Unterbinden solchen Verhaltens beseitigt.
Das Verwaltungsgericht war daher auch nicht gehalten, in Richtung Geschwindigkeitsverstöße weitere Ermittlungen anzustellen; zumal die Klägerin auch nicht dargetan hat, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts aufklärungsbedürftig gewesen wären, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese zu einer für sie günstigeren Entscheidung hätten führen können. Die Gründe, aus denen heraus bei einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung bestehen, können zwar auch aus einer unzureichenden Ermittlung und Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts resultieren (vgl. Kopp/ Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 124 Rn. 7b m.w.N.). Werden die ernstlichen Zweifel mit einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht begründet, so gelten allerdings die Grundsätze für die Darlegung eines Verfahrensmangels (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 67 a.E.; Rudisile in Schoch/Schneider, VwGO, § 124 Rn. 26g). Hiernach kann eine Verletzung der Aufklärungspflicht nur dann mit Erfolg gerügt werden, wenn ein anwaltlich vertretener Beteiligter entweder bereits durch Stellen eines Beweisantrags auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt hatte oder sich dem Verwaltungsgericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 3.11.2021 – 2 B 39.21 – juris Rn. 15 f.). Die Aufklärungsrüge dient nicht dazu, Beweisanträge zu ersetzen, die ein Beteiligter in zumutbarer Weise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (stRspr des BVerwG, vgl. B.v. 13.12.2021 – 2 B 1.21 – juris Rn. 21; B.v. 3.11.2021 a.a.O.; Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 75 a.E.).
Soweit sich die Klägerin auf den Lärm vorbeifahrender Motorräder beruft, hat sie nicht ansatzweise dargelegt, dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO erfüllt sind (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 7.7.2021 – 11 ZB 19.749 – juris Rn. 23) und das Ermessen der Beklagten hinsichtlich der Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h auf Null reduziert wäre bzw. ihr diesbezüglich ein Anspruch auf Neuverbescheidung gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zustehen könnte.
Soweit sie die Ausübung des Ermessens durch die Beklagte betreffend alternative Maßnahmen bemängelt, wurde diese Kritik nicht innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgetragen und ist daher unbeachtlich (Rudisile in Schoch/Schneider, VwGO, § 124a Rn. 116; Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 53). Abgesehen davon hat die Klägerin mit ihrer Klage nicht die Aufstellung eines „Blitzers“ verfolgt, sondern (hilfsweise) eine bauliche Verengung der Fahrbahn sowie eine Fahrbahnmarkierung. Insoweit hat sie die Urteilsausführungen (S. 18) jedoch nicht angegriffen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, 2 GKG i.V.m. der Empfehlung in Nr. 46.15 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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