Verkehrsrecht

Wegeunfall

Aktenzeichen  M 5 K 18.4598

Datum:
15.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 26152
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBG Art. 98 Abs. 2
VV-BeamtR Abschnitt 13 Nr. 1.3
RDGEG § 3, § 5
VwGO § 113 Abs. 5, § 124, § 124 a Abs. 4, § 154 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

1. Zunächst geht das Gericht davon aus, dass es sich bei den anfangs mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2018 geltend gemachten 740,18 EUR bzw. hilfsweise 300 EUR Sachschadensersatz um ein Versehen aufgrund eines Missverständnisses zwischen dem Kläger und seiner Bevollmächtigten gehandelt hat. Der Kläger selbst hat in seinen ursprünglichen Anträgen vom … Juni 2018 jeweils nur die Selbstbeteiligung in Höhe von 150 EUR geltend gemacht. In der Reduzierung auf eben diese 150 EUR im Schriftsatz vom 21. November 2018 ist nur eine Richtigstellung zu sehen, nicht hingegen eine konkludent erklärte teilweise Klagerücknahme.
2. Die so verstandene Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO), ist zulässig, aber unbegründet.
Die Bescheide des Landesamtes vom … Juli 2018 und … August 2018 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf den begehrten Sachschadensersatz (§ 113 Abs. 5 VwGO).
a) Werden in Ausübung oder infolge des Dienstes eines Beamten Kleidungsstücke oder sonstige Gegenstände, die üblicherweise oder aus dienstlichem Grund im Dienst mitgeführt werden, durch einen Unfall beschädigt oder verloren, so kann der Dienstherr nach Art. 98 Abs. 2 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) dafür Ersatz leisten, sofern der Beamte oder die Beamtin den Schaden nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat.
Nach dem vom Bayerischen Staatsministerium der Finanzen hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften (VV-BeamtR) vom 13. Juli 2009 kann Sachschadensersatz für die Beschädigung eines mitgeführten Kraftfahrzeugs der Beamtin oder des Beamten unter bestimmten Voraussetzungen gewährt werden; für dessen Benutzung müssen allerdings schwerwiegende Gründe vorgelegen haben. Der Sachschadensersatz ist in solchen Fällen auf einen Betrag von höchstens 300,00 EUR der nicht gedeckten Kosten beschränkt (Abschnitt 13, Nrn. 2.1, 2.4, 2.5 VV-BeamtR).
Abschnitt 13 Nr. 1.3 VV-BeamtR bestimmt allerdings einen Leistungsausschluss über den Fall der vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Herbeiführung des Unfalls durch die Beamtin oder den Beamten (Satz 1) hinaus dahingehend, dass Sachschadensersatz auch dann nicht gewährt wird, wenn mit dem Unfall keine körperliche Gefährdung verbunden war, es sei denn, der Schaden ist an einem Arbeitsmittel entstanden (Satz 2).
Nach dem rechtssystematischen Zusammenhang zwischen der Regelung des Sachschadensersatzes und der den Schadensersatz bei einem Dienstunfall regelnden Vorschriften soll die Gewährung von Sachschadensersatz in Fällen, in denen der Beamte keinen Körperschaden erlitten hat, auf Ereignisse beschränkt werden, bei denen bis auf den Körperschaden alle Merkmale eines Dienstunfalls vorgelegen haben und eine unmittelbare körperliche Gefährdung des Beamten bestanden hat. Ob eine solche unmittelbare körperliche Gefahr bestanden hat, beurteilt sich nach dem Ereignis, so wie es sich abgespielt hat. Entscheidend ist daher bei Ereignissen im Straßenverkehr die konkret gegebene Verkehrssituation zum Unfallzeitpunkt. Nicht relevant ist hingegen, wie sich das Ereignis hätte abspielen können (vgl. VG Regensburg, U.v. 15.2.2013 – RO 1 K 11.2172 – juris Rn. 30 ff. und VG Augsburg, U.v. 20.6.2012 – Au 2 K 10.1634 – juris Rn. 16 f. jeweils unter Verweis auf BayVGH, U.v. 2.4.2001 – 3 B 98.2694 – juris Rn. 12 f. und BVerwG, U.v. 25.8.1977 – II C 27.74 – juris Rn. 25 ff, 33).
b) Im hier zu entscheidenden Fall ist bei realistischer Betrachtung eine Gefährdung des Klägers, einen Körperschaden zu erleiden, durch den Steinschlag nicht bewirkt worden. Denn der Aufprall des Steins auf die Frontscheibe des Kraftfahrzeugs des Klägers war nicht kräftig genug, um einen unmittelbaren Personenschaden herbeizuführen. Dazu hätte der Stein die Scheibe nämlich durchschlagen müssen, was nicht geschehen ist. Bei diesem Sachverhalt war die körperliche Integrität des Klägers zu keinem Zeitpunkt während des Unfalls gefährdet. Auf einen hypothetischen Geschehensablauf, den der Kläger auch gar nicht geltend macht, kommt es dabei nicht an. Entscheidend ist vielmehr nur die konkret gegebene Verkehrssituation. Es ist daher nicht von Bedeutung, dass es Fälle geben mag, in denen der Fahrer, vom Geräusch des Steinschlags erschreckt, fehlerhaft reagiert und das Fahrzeug dadurch aus der Spur gerät; dies war hier nämlich nach den Angaben des Klägers zum Unfallereignis in seinen Anträgen vom … Juni 2018 nicht der Fall. Es war nicht die Rede davon, dass der Kläger sein Fahrzeug wegen des Steinschlags nicht mehr sicher beherrscht hätte (zu einem vergleichbaren Fall einer durch Steinschlag beschädigten Windschutzscheibe: VG Augsburg, U.v. 20.6.2012, a.a.O.).
c) Ob überhaupt ein schwerwiegender Grund im Sinne Abschnitt 13 Nrn. 2.1, 2.4 VV-BeamtR für die Benutzung seines privaten Kraftfahrzeugs bei der Fahrt zur Dienststelle am 19. April 2018 bei Kläger vorgelegen hat, kann ebenso offen bleiben wie die Frage, ob im konkreten Einzelfall des Klägers die Wohnung seiner Lebenspartnerin in A als (weitere) Familienwohnung angesehen werden kann. Die Angaben des Klägers zum Umfang der Nutzung der Wohnung in C, die der Kläger in seinen Anträgen als Familienwohnung bezeichnet hat, im Verhältnis zur Nutzung der Wohnung seiner Lebenspartnerin in A sind insgesamt jedoch sehr vage.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).


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