Verkehrsrecht

Zumutbarkeit der Kosten für die Beibringung eines Fahreignungsgutachtens

Aktenzeichen  11 ZB 20.2025

Datum:
14.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 38198
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVG § 6a Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Abs. 2
FeV § 4 Abs. 1 S. 1, § 11 Abs. 6 S. 2, § 14 Abs. 2 Nr. 3 S. 1, § 46 Abs. 3

 

Leitsatz

1. Die Beibringungsaufforderung ist so zu begründen, dass dem Betroffenen eine fundierte Entscheidung darüber ermöglicht wird, ob er dieser Aufforderung nachkommt (BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15, BeckRS 2016, 11839). Er muss der Anordnung entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist, ob das dort Mitgeteilte die behördlichen Zweifel an der Fahreignung rechtfertigen kann und welche Problematik in welcher Weise geklärt werden soll (BVerwG, U.v. 5.7.2001 – 3 C 13.01,  BeckRS 2001, 30191412; B.v. 5.2.2015 – 3 B 16.14, BeckRS 2015, 42542; BayVGH, B.v. 5.7.2017 – 11 CS 17.1066,  BeckRS 2017, 120240 ; B.v. 2.4.2020 – 11 CS 19.1733,  BeckRS 2020, 9472; B.v. 25.8.2020 – 11 ZB 20.1137, BeckRS 2020, 24656). Die Anforderungen an eine formell und materiell rechtmäßige Aufforderung können auch nicht durch Überlegungen des Inhalts relativiert werden, der Betroffene werde schon wissen, worum es gehe (BVerwG, U.v. 17.11.2016, BeckRS 2016, 11839 ). (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Fehlende finanzielle Mittel stehen der Beibringung eines medizinisch-psychologische Gutachtens nicht grundsätzlich entgegen (vgl. auch BayVGH, B.v. 12.3.2019 – 11 CS 18.2278, BeckRS 2019, 4381 und 11 C 19.504, BeckRS 2019, 4381). (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 7 K 19.1964 2020-06-22 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 28,36 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Kosten für die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens.
Dem 1996 geborenen Kläger wurde am 15. Januar 2014 die Fahrerlaubnis der Klassen A und A1 (jeweils mit den Schlüsselzahlen 79.03 und 79.04), AM, B und L erteilt. Wegen einer Fahrt mit einem Kraftfahrzeug unter der Wirkung von Cannabis (9,6 ng/ml THC, 2,8 ng/ml 11-Hydroxy-THC und 51,1 ng/ml THC-Carbonsäure im Blut laut rechtsmedizinischem Gutachten) am 19. Mai 2015 erließ das Bayerische Polizeiverwaltungsamt gegen ihn einen Bußgeldbescheid vom 27. Juli 2015 (rechtskräftig seit 6.11.2015). Nach Aufforderung des Landratsamts Augsburg legte der Kläger ein ärztliches Gutachten der pima-mpu GmbH vom 2. Dezember 2015 (Versandtag) vor, demzufolge sein Cannabiskonsum als mindestens gelegentlich zu bewerten sei. Außerdem sei bei einem Drogenscreening in einer Urinprobe Morphin deutlich oberhalb des Cut-off-Werts festgestellt worden.
Mit Bescheid vom 26. Januar 2016 entzog das Landratsamt dem Kläger die Fahrerlaubnis. Im Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Augsburg (Az. Au 7 K 16.162) schlossen die Parteien in der mündlichen Verhandlung am 11. April 2016 einen Vergleich, in dem sich der Kläger zu einer Haaranalyse und der Beklagte zur Aufhebung des Fahrerlaubnisentziehungsbescheids verpflichtete, falls die Haaranalyse negativ ausfalle. Nach Vorlage eines Zertifikats über die Durchführung einer Haaranalyse mit negativem Ergebnis (Versandtag 7.6.2016) hob das Landratsamt den Entziehungsbescheid auf (Bescheid vom 8.7.2016).
Am 27. Oktober 2016 Uhr stellte die Polizei im Rahmen einer Verkehrskontrolle beim Kläger als Fahrzeugführer drogentypische Auffälligkeiten fest. Außerdem führte er in seiner Hosentasche ein leeres Druckverschlusstütchen mit sich. Die Analyse des entnommenen Bluts ergab laut Gutachten vom 11. November 2016 eine Konzentration von 1,56 ng/ml THC, 0,56 ng/ml 11-Hydroxy-THC sowie 17,7 ng/ml THC-Carbonsäure. Gegen den Kläger erging ein Bußgeldbescheid vom 24. Januar 2017 (rechtskräftig seit 12.4.2017).
Mit Bescheid vom 25. Januar 2017 entzog das Landratsamt dem Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis und verpflichtete ihn zur Abgabe des Führerscheins. Er sei aufgrund der beiden Fahrten unter der Wirkung von Cannabis ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Ein medizinisch-psychologisches Gutachten sei nicht einzuholen.
Hiergegen ließ der Kläger beim Verwaltungsgericht Augsburg Klage erheben und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragen. Mit Beschluss vom 31. Mai 2017 (Az. 11 CS 17.803) stellte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdeverfahren unter teilweiser Aufhebung der erstinstanzlichen Antragsablehnung (Beschluss vom 17.3.2017, Az. Au 7 S 17.274) die aufschiebende Wirkung der Klage wieder her. Trotz gelegentlichen Cannabiskonsums und zweimaligen Verstoßes gegen das Trennungsverbot könne ohne medizinisch-psychologische Untersuchung nicht von der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgegangen werden. Im Hinblick auf die seinerzeit beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Revisionsverfahren in ähnlich gelagerten Fällen ordnete das Verwaltungsgericht daraufhin mit Beschluss vom 10. Oktober 2017 auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Klageverfahrens an.
Mit Bescheid vom 18. September 2019 hob das Landratsamt den Bescheid vom 25. Januar 2017 auf. Der einmalige Verstoß gegen das Trennungsverbot reiche nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts für die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht aus. Im Fall des hier vorliegenden zweimaligen Verstoßes sei gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV i.V.m. § 24a StVG die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen. Das Verwaltungsgericht stellte daraufhin das unter dem Aktenzeichen Au 7 K 19.1662 fortgeführte Klageverfahren aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärungen der Beteiligten mit Beschluss vom 15. November 2019 ein.
Mit Schreiben vom 9. Oktober 2019 forderte das Landratsamt den Kläger auf, bis zum 9. Dezember 2019 ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen, und erhob für die Anordnung eine Gebühr in Höhe von 25,60 Euro und Auslagen in Höhe von 2,76 Euro. Mit Schreiben vom 16. Oktober 2019 erließ es eine „Änderungsanordnung“, die im Unterschied zur Anordnung vom 9. Oktober 2019 keine Ausführungen zur Ermessensausübung mehr enthält und die Frist zur Gutachtensvorlage auf den 16. Dezember 2019 festlegt.
Der Kläger ließ am 14. November 2019 Klage gegen die Kostenentscheidung erheben mit dem Antrag, den Kostenbescheid vom 9. Oktober 2019 aufzuheben. Nach Ablauf von fast drei Jahren dürfe das Landratsamt ohne neue Erkenntnisse keine medizinisch-psychologische Untersuchung verlangen. Der Kläger sei als Student auch finanziell nicht in der Lage, der Anordnung nachzukommen und die Kosten für die Untersuchung aufzubringen.
Mit Urteil vom 22. Juni 2020 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Kostenerhebung und die ihr zugrundeliegende, inzident zu prüfende Anordnung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens seien rechtmäßig. Die Kostenerhebung sei hinsichtlich ihrer Höhe nicht zu beanstanden. Die Gutachtensanordnung erfülle die formellen und materiellen Voraussetzungen. Die maßgeblichen Tatsachen seien ausreichend wiedergegeben; die Fragestellung sei nicht zu beanstanden. Mit der Benachrichtigung über die zweite Drogenfahrt vom 27. Oktober 2016 sei dem Landratsamt eine neue Tatsache bekannt geworden, die Eignungszweifel begründe und nach der Rücknahme des Entziehungsbescheids noch keine abschließende Maßnahme nach sich gezogen habe. Im Vergleich zur aufgehobenen Entziehung der Fahrerlaubnis stelle die Anordnung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens keine unzulässige Verböserung dar. Das Landratsamt habe seine frühere Praxis an die neuere Rechtsprechung angepasst und gehe nicht mehr von einer feststehenden Ungeeignetheit des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen aus, sondern von einer erst zu überprüfenden Fahreignung. Der Kläger habe nach der zweiten Drogenfahrt noch keinen Nachweis über das (Fort-)Bestehen seiner Fahreignung erbracht. Das Landratsamt habe die Anordnung zu Recht auf § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV gestützt. Der Kläger habe wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a StVG begangen. Es sei irrelevant, dass er seit den Fahrten in den Jahren 2015 und 2016 nicht mehr drogenauffällig geworden sei. Im Übrigen habe sich der Zeitablauf nicht aus einem Zuwarten oder einer Untätigkeit des Landratsamts ergeben, sondern aus dem von den Beteiligten beantragten Ruhen des Verfahrens vor dem Hintergrund des erwarteten Urteils des Bundesverwaltungsgerichts. Dem Kläger könnten seine Fahrten bis zur Tilgungsreife im Fahreignungsregister nach jeweils fünf Jahren vorgehalten werden, die im Zeitpunkt der Gutachtensanordnung noch nicht abgelaufen gewesen seien. Für eine einzelfallbezogene Prüfung sei daneben im Hinblick auf die vom Gesetzgeber festgelegten, ausdifferenzierten Tilgungs- und Verwertungsfristen in aller Regel kein Raum. Das Landratsamt habe in der Änderungsanordnung auch zutreffend zugrunde gelegt, dass die Anordnung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV eine gebundene Entscheidung sei, und die Ermessenserwägungen der zunächst ergangenen Anordnung daher zu Recht gestrichen. Der Kläger könne gegen die Anordnung nicht einwenden, er sei nicht in der Lage, die Kosten für das Gutachten aufzubringen. Auf die wirtschaftlichen Verhältnisse komme es bei Maßnahmen, die im Interesse der Verkehrssicherheit erforderlich seien, nicht an. Allenfalls unter ganz besonderen Umständen, die hier jedoch nicht ersichtlich seien, könne der Betroffene der Aufforderung entgegenhalten, es sei ihm unzumutbar, für die Kosten der Untersuchung aus eigenen Mitteln oder mit fremder Hilfe aufzukommen.
Zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil, dem der Beklagte entgegentritt, macht der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung geltend. Das Landratsamt habe die ursprüngliche Anordnung zur Beibringung des Gutachtens durch die Änderungsanordnung vom 16. Oktober 2019 beseitigt und ersetzt. Es habe jedoch den Kostenbescheid vom 9. Oktober 2019 nicht abgeändert oder zurückgezogen und auch keinen neuen Kostenbescheid erlassen. Der Kostenbescheid beruhe daher auf einer nicht mehr existierenden Amtshandlung. Für diese fielen jedoch keine Gebühren an. Das Landratsamt habe die Anordnung vom 16. Oktober 2019 auch nicht ordnungsgemäß begründet. Es hätte detaillierter ausführen müssen, weshalb sich der Kläger so lange Zeit nach den bereits abgehandelten Ordnungswidrigkeiten einer medizinisch-psychologischen Untersuchung unterziehen solle. Der Kläger habe auch nicht erkennen können, welche Anordnung gelte und was das Landratsamt von ihm verlange. Außerdem sei die an den Gutachter gerichtete Frage fehlerhaft formuliert, weil sie von einem bisherigen Konsum spreche. Die Anordnung verstoße auch gegen materielles Recht. Sie stelle gegenüber der Rücknahme des rechtswidrigen Entziehungsbescheids eine unzulässige Verböserung dar. Die medizinisch-psychologische Untersuchung belaste den Kläger im Gegensatz zur Entziehung der Fahrerlaubnis mit erheblichen Kosten. Er habe auf den zunächst ergangenen, rechtswidrigen Entziehungsbescheid vertraut, der in dem hierzu anhängigen Rechtsstreit aufgehoben worden wäre, ohne dass der Kläger irgendwelche Kosten hätte tragen müssen. Außerdem habe das Landratsamt bezüglich beider Drogenfahrten zuvor bereits fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen getroffen. Eine erneute Verwertung sei wegen der hierdurch eingetretenen Sperrwirkung nicht zulässig. Dem Landratsamt seien auch keine neuen Tatsachen bekannt geworden, die Zweifel an der Fahreignung des Klägers begründen würden. Im Übrigen habe das Landratsamt mit dem Kläger bezüglich der ersten Drogenfahrt einen Vergleich geschlossen, zu dessen Erfüllung der Kläger eine Begutachtung über sich habe ergehen lassen. Schließlich könne nicht jeder beliebig weit in der Vergangenheit liegende Drogenkonsum für die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung herangezogen werden. Die Anordnung vom 16. Oktober 2019 sei aufgrund des Zeitablaufs zumindest unverhältnismäßig. Für den noch studierenden Kläger, der über kein eigenes Einkommen verfüge, sei die Anordnung wegen der Kosten der medizinisch-psychologischen Untersuchung auch finanziell unzumutbar. Weil das Verwaltungsgericht hierzu keine Feststellungen getroffen habe, liege auch ein Verfahrensmangel in Form einer Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes und der Aufklärungspflicht vor, auf dem das Urteil beruhe. Außerdem sei die Berufung wegen besonderer rechtlicher und tatsächlicher Schwierigkeiten und grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache sowie wegen Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der Oberverwaltungsgerichte zuzulassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils liegen (nur) vor, wenn der Rechtsmittelführer einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 Rn. 16; B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587.17 – DVBl 2019, 1400 Rn. 32 m.w.N.).
a) Die Aufforderung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens ist als vorbereitende Maßnahme zur Sachverhaltsaufklärung unanfechtbar (stRspr, vgl. nur BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – BVerwGE 156, 293 Rn. 17). Gegen die damit verbundene Kostenentscheidung ist jedoch Rechtsschutz zu gewähren. Der Senat hat bisher offengelassen, inwieweit die Rechtmäßigkeit der Beibringungsanordnung im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen die damit einhergehende Kostenentscheidung inzident zu prüfen ist (vgl. BayVGH, B.v. 12.8.2020 – 11 CS 20.1518 – juris Rn. 11 m.w.N.). Diese Frage kann auch hier offenbleiben, da sich aus der Antragsbegründung, auf die sich gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Prüfung im Zulassungsverfahren beschränkt (BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 – Vf. 133-VI-04 – VerfGH 59, 47/52; E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 124a Rn. 54), keine ernstlichen Zweifel hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Kostenerhebung und der ihr zugrundeliegenden Anordnung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ergeben.
aa) Die Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids bemisst sich nach den im Zeitpunkt ihrer Erhebung geltenden Vorschriften. Maßgeblich sind somit das Straßenverkehrsgesetz (StVG) vom 5. März 2003 (BGBl I S. 310), geändert durch das am 12. April 2019 in Kraft getretene Gesetz vom 8. April 2019 (BGBl I S. 430), die Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV) vom 13. Oktober 2010 (BGBl I S. 2100), geändert durch die am 16. Juli 2019 in Kraft getretene Verordnung vom 4. Juli 2019 (BGBl I S. 1056) und die Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) vom 25. Januar 2011 (BGBl I S. 98), zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. März 2019 (BGBl I S. 382).
Gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StVG werden Kosten (Gebühren und Auslagen) für Amtshandlungen einschließlich Begutachtungen und Untersuchungen nach dem Straßenverkehrsgesetz und den auf diesem Gesetz beruhenden Rechtsvorschriften erhoben. § 6a Abs. 2 StVG ermächtigt dazu, die gebührenpflichtigen Amtshandlungen sowie die Gebührensätze für die einzelnen Amtshandlungen durch Rechtsverordnung zu bestimmen. Gegen die Höhe der erhobenen Gebühren und Auslagen als solche (vgl. dazu § 1 Abs. 1 Satz 2, § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt und Nr. 208 des Gebührentarifs) hat der Kläger keine Einwendungen geltend gemacht.
bb) Aus seinem Vorbringen ergibt sich auch nicht, dass die Anordnung des Landratsamts vom 9. Oktober 2019 in der Fassung der Änderungsanordnung vom 16. Oktober 2019 zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtswidrig wäre.
(1) Der Kläger kann die Aufhebung des Kostenbescheids nicht deswegen verlangen, weil die Änderungsanordnung vom 16. Oktober 2019 zur Frage der Kosten für die Beibringungsanordnung keine Ausführungen enthält und ihr auch kein neuer Kostenbescheid beigefügt ist.
Für die Auslegung von Bescheiden und sonstigen behördlichen Willenserklärungen ist nicht der innere, sondern der erklärte Wille der Behörde maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Unklarheiten gehen zu Lasten der Verwaltung (vgl. BVerwG, B.v. 19.9.2013 – 9 B 20.13 – juris Rn. 11; U.v. 28.11.2019 – 5 A 4/18 – BVerwGE 167, 163 Rn. 22; BayVGH, B.v. 30.7.2020 – 1 ZB 20.789 – juris Rn. 9).
Hiervon ausgehend konnte der anwaltlich vertretene Kläger aufgrund der Änderungsanordnung nicht annehmen, dass das Landratsamt davon absieht, für die Anordnung zur Beibringung des medizinisch-psychologischen Gutachtens Kosten zu erheben. Zwar werden im Unterschied zu ursprünglichen Anordnung vom 9. Oktober 2019 die Gebühr in Höhe von 25,60 Euro und die Auslagen in Höhe von 2,76 Euro in der Änderungsanordnung vom 16. Oktober 2019 weder erwähnt noch lag dieser ein erneuter Kostenbescheid oder eine Rechnung bei. Das spricht aber auch aus Sicht eines verständigen Empfängers nicht dafür, dass die Kostenerhebung mit Erlass der Änderungsanordnung aufgehoben oder gegenstandslos wäre. Vielmehr galt die zunächst erlassene Anordnung vom 9. Oktober 2019 einschließlich der Kostenerhebung mit den Änderungen fort, die sie durch die Änderungsanordnung vom 16. Oktober 2019 erfahren hat. Diese betraf insbesondere die Streichung der Ermessenserwägungen aufgrund des Umstands, dass es sich – wie das Landratsamt nach Erlass der ursprünglichen Anordnung erkannt hat – bei der auf § 14 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 FeV gestützten Beibringungsanordnung um eine gebundene Entscheidung handelt. Außerdem hat das Landratsamt die Fristen für die Benennung des Gutachters (30. statt 23.10.2019) und für die Vorlage des Gutachtens (16. statt 9.12.2019) an den Zeitpunkt des Erlasses der Änderungsanordnung angepasst, um dem Kläger ausreichend Zeit für die Vorlage des Gutachtens einzuräumen. Darüber hinaus enthielt die Anordnung vom 16. Oktober 2019 keine weiteren Änderungen gegenüber der ursprünglichen Anordnung. Das Landratsamt hat ersichtlich keine neue Beibringungsanordnung unter vollständiger Aufhebung der Anordnung vom 9. Oktober 2019 erlassen wollen, sondern diese lediglich in Teilen modifiziert.
(2) Die Beibringungsanordnung vom 9. Oktober 2019 in Gestalt der Änderungsanordnung vom 16. Oktober 2019 leidet auch nicht an einem Begründungsmangel.
Nach ständiger Rechtsprechung ist die Beibringungsaufforderung so zu begründen, dass dem Betroffenen eine fundierte Entscheidung darüber ermöglicht wird, ob er dieser Aufforderung nachkommt (BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – BVerwGE 156, 293 Rn. 36 f.). Er muss der Anordnung entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist, ob das dort Mitgeteilte die behördlichen Zweifel an der Fahreignung rechtfertigen kann und welche Problematik in welcher Weise geklärt werden soll (BVerwG, U.v. 5.7.2001 – 3 C 13.01 – NJW 2002, 78 = juris Rn. 25; B.v. 5.2.2015 – 3 B 16.14 – NJW 2016, 179 Rn. 9; BayVGH, B.v. 5.7.2017 – 11 CS 17.1066 – juris Rn. 13; B.v. 2.4.2020 – 11 CS 19.1733 – juris Rn. 18; B.v. 25.8.2020 – 11 ZB 20.1137 – juris Rn. 19). Die Anforderungen an eine formell und materiell rechtmäßige Aufforderung können auch nicht durch Überlegungen des Inhalts relativiert werden, der Betroffene werde schon wissen, worum es gehe (BVerwG, U.v. 17.11.2016 a.a.O. Rn. 21, 30).
Diesen Anforderungen wird die Begründung des Landratsamts in der Anordnung vom 9. Oktober 2019 in der geänderten Fassung vom 16. Oktober 2019 gerecht. Nicht nachvollziehbar ist der Einwand, der Kläger habe nicht erkennen können, welche Anordnung gelte und was das Landratsamt von ihm verlange. Die Änderungsanordnung vom 16. Oktober 2019 fordert ihn unter Modifikation der ursprünglichen Anordnung auf, bis zum 16. Dezember 2019 ein medizinisch-psychologisches Gutachten über die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen unter Beantwortung der in der Anordnung formulierten Fragen vorzulegen und dem Landratsamt bis zum 30. Oktober 2019 den Gutachter zu benennen. Es erschließt sich nicht, welche Unklarheiten für den Kläger bestanden haben sollen.
Die Begründung der Änderungsanordnung legt auch ausreichend dar, auf welchen Sachverhalt sie sich stützt und weshalb das Landratsamt trotz des Zeitablaufs eine medizinisch-psychologische Untersuchung für erforderlich hält. Ausschlaggebend für die Verzögerung war nicht etwa eine Untätigkeit des Landratsamts, sondern die zwischen den Beteiligten abgestimmte und sachgerechte Vorgehensweise, das Klageverfahren hinsichtlich des zunächst ergangenen Entziehungsbescheids vom 25. Januar 2017 ruhend zu stellen und die Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in ähnlich gelagerten Fällen abzuwarten. Diese erging am 11. April 2019, lag aber mit den vollständigen schriftlichen Entscheidungsgründen erst mehrere Wochen nach diesem Zeitpunkt vor. Darauf hat das Landratsamt am 18. September 2019 mit der Aufhebung des Entziehungsbescheids vom 25. Januar 2017 und der alsbaldigen Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens reagiert und den Verfahrensablauf auf S. 2 der Änderungsanordnung nochmals dargestellt. Ein Begründungsmangel oder eine sachlich nicht gerechtfertigte und daher erläuterungsbedürftige Untätigkeit ist dem Landratsamt insoweit nicht vorzuwerfen.
(3) Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die an den Gutachter gerichtete Fragestellung hinsichtlich der Formulierung „bisher konsumierte Betäubungsmittel (hier: Cannabis)“. Selbst wenn der zuletzt bekannte Konsum des Klägers im Zeitpunkt der Beibringungsanordnung etwa drei Jahre zurücklag, handelt es sich hierbei ohne Zweifel um einen bisherigen Konsum.
(4) Die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens stellt entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten auch keine unzulässige „Verböserung“ im Vergleich zur ursprünglichen Entziehung der Fahrerlaubnis dar. Vielmehr erweist sich letztere als den Kläger wesentlich belastendere Maßnahme. Während die Entziehung der Fahrerlaubnis unmittelbar zur Folge hat, dass der Betreffende kein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr mehr führen darf (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 46 Abs. 6 Satz 1 FeV), hat er im Falle der Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens noch die Möglichkeit, die Zweifel durch Vorlage eines positiven Gutachtens auszuräumen und damit weiterhin am motorisierten Straßenverkehr teilzunehmen. Etwas Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beibringung des Gutachtens mit Kosten verbunden ist, die der Betreffende zu tragen hat (§ 11 Abs. 6 Satz 2 FeV). Das Gesetz mutet dem Betreffenden diese Kosten ebenso zu wie es ihm zumutet, die zum verkehrssicheren Führen eines Fahrzeugs notwendigen Kosten aufzubringen. Kann oder will der Betreffende diese nicht aufbringen, besteht auch die Möglichkeit, zur Vermeidung von Kosten auf die Fahrerlaubnis zu verzichten (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Auflage 2019, § 2 StVG Rn. 25).
(5) Die Anordnung stellt auch keine unzulässige Doppelverwertung fahrerlaubnisrelevanter Tatsachen dar. Zunächst hatte das Landratsamt dem Kläger wegen der beiden Fahrten unter der Wirkung von Cannabis die Fahrerlaubnis entzogen, wogegen der Kläger jedoch Klage erhoben hat. Eine Bindungswirkung zwischen den Beteiligten gemäß § 121 Nr. 1 VwGO wäre lediglich von einer insoweit zu Gunsten des Klägers ergangenen erstinstanzlichen rechtskräftigen Entscheidung ausgegangen mit der Folge, dass das Landratsamt ohne Änderung der Sach- oder Rechtslage keinen inhaltsgleichen neuen Verwaltungsakt hätte erlassen dürfen (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, § 121 Rn. 27). Das Landratsamt hat jedoch den Entziehungsbescheid vom 25. Januar 2017 nach Bekanntwerden der Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts selbst aufgehoben und geht nunmehr entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung gestuft vor, indem es den Kläger zunächst zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV auffordert. Der frühere, nie bestandskräftig gewordene Bescheid entfaltet insoweit weder eine Sperrwirkung noch verlangt § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV für die Beibringungsanordnung, dass zu den beiden Vorkommnissen weitere neue Tatsachen hinzukommen müssten, die Bedenken hinsichtlich der Fahreignung des Klägers begründen. Es bestand auch kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers dahingehend, dass das Landratsamt die Sache nach der höchstrichterlichen Klärung der Grundsatzfrage auf sich beruhen lassen und den Zweifeln an der Fahreignung nicht mehr nachgehen werde.
Auch der zwischen den Beteiligten geschlossene Vergleich nach der ersten Fahrt unter der Wirkung von Cannabis führt nicht dazu, dass das Landratsamt hierdurch gehindert wäre, bei Bekanntwerden weiterer Tatsachen (hier die Fahrt vom 26.10.2016) auch die erste Fahrt zu berücksichtigen. Schließlich ist die Beibringungsanordnung auch nicht unverhältnismäßig im Hinblick auf den Zeitablauf bis zur Beinbringungsanordnung, der in erster Linie dem zwischen den Beteiligten abgestimmten Zuwarten auf die Klärung der Frage geschuldet ist, ob die Fahrerlaubnis unmittelbar entzogen werden kann oder ob die Frage der Fahreignung zunächst durch Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu klären ist. Die Zulässigkeit der Verwertung von Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, die im Fahreignungs-Register eingetragen sind, richtet sich ausschließlich nach den hierfür geltenden Tilgungs- und Überliegefristen (§ 29 StVG; vgl. für eine ähnliche Fallgestaltung zuletzt BayVGH, B.v. 24.9.2020 – 11 CS 20.1234 – juris Rn. 18 ff. m.w.N.).
(6) Schließlich kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er die Kosten für die medizinisch-psychologische Untersuchung nicht aufbringen könne. Abgesehen davon, dass er diese Behauptung im Klageverfahren nicht näher belegt hat und allein der Studentenstatus nicht zwingend bedeutet, dass die Kosten unzumutbar wären, stehen – wie ausgeführt – angeblich fehlende finanzielle Mittel der Beibringungsanordnung nicht grundsätzlich entgegen (vgl. auch BayVGH, B.v. 12.3.2019 – 11 CS 18.2278 und 11 C 19.504 – juris Rn. 16).
2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) oder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Überdurchschnittliche Schwierigkeiten in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht weist die Sache nicht auf. Dies gilt auch für die (zu bejahende) Frage, ob die Fahrten des Klägers unter der Wirkung von Cannabis nach Aufhebung des nicht bestandskräftigen Entziehungsbescheids noch gemäß § 46 Abs. 3 FeV für die Beibringungsanordnung herangezogen werden konnten. Insoweit ist auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügend dargelegt. Hierzu hätte der Klägerbevollmächtigte eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formulieren und aufzeigen müssen, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und klärungsfähig, insbesondere entscheidungserheblich, ist; ferner, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 72). Die Frage, „wie § 46 Abs. 3 FeV zu verstehen ist und welche Tatsachen wann und wie oft seitens der Behörden verwertet werden dürfen“, ist so allgemein formuliert, dass sie sich ohnehin nicht im Wege einer Grundsatzentscheidung beantworten ließe.
4. Auch den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) legt die Antragsbegründung nicht hinreichend dar. Die vom Klägerbevollmächtigten bezeichnete Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Juni 2005 (3 C 25.04 – NJW 2005, 3081) betrifft eine andere Fallgestaltung, nämlich Betäubungsmittelkonsum außerhalb des Straßenverkehrs, für den nicht die Tilgungsfristen des § 29 StVG gelten. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof, dessen Urteil vom 24. November 2010 (2 B 2190/10 – NJW 2011, 1691) im Übrigen ebenfalls den Betäubungsmittelkonsum außerhalb des Straßenverkehrs betraf, ist ebenso wie das Verwaltungsgericht Lüneburg kein dem Verwaltungsgericht Augsburg übergeordnetes Gericht und damit kein Divergenzgericht im vorliegenden Verfahren (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 45). Außerdem fehlt es an der erforderlichen Gegenüberstellung divergierender fallübergreifender Rechtssätze (vgl. Happ in Eyermann, § 124a Rn. 73).
5. Schließlich ist die Berufung auch nicht gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 5 VwGO wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Aus der Antragsbegründung ergibt sich nicht, dass das Ausgangsgericht seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) verletzt hätte.
Der Klägerbevollmächtigte wirft dem Verwaltungsgericht vor, keine Untersuchung oder Aufklärung zur Frage durchgeführt zu haben, ob der Kläger die Kosten für die medizinisch-psychologische Untersuchung aufbringen kann. Das Verwaltungsgericht war jedoch nicht verpflichtet, insoweit von Amts wegen weitere Ermittlungen durchzuführen. Der von Beginn des Gerichtsverfahrens an anwaltlich vertretene Kläger hat insoweit unter Vorlage einer Immatrikulationsbescheinigung lediglich kurz vortragen lassen (Klagebegründung vom 13.12.2019, S. 6), er sei Student, verfüge über kein eigenes Einkommen und lebe von dem ihm zur Verfügung gestellten Kindergeld. Da jedoch fehlende finanzielle Mittel der Beibringungsanordnung nicht grundsätzlich entgegenstehen, ergab sich daraus keine Verpflichtung des Verwaltungsgerichts, dieser Frage weiter nachzugehen. Aus dem Sitzungsprotokoll über die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2020 geht auch nicht hervor, dass der Klägerbevollmächtigte dies angeregt oder dass er hierzu einen Beweisantrag gestellt hätte. Er hat den insoweit sehr oberflächlichen Vortrag auch nicht weiter vertieft oder erläutert. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachaufklärung grundsätzlich nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat. Der Beweisantrag ist förmlich spätestens in der mündlichen Verhandlung zu stellen. Die Aufklärungsrüge dient nicht dazu, Versäumnisse eines anwaltlich vertretenen Verfahrensbeteiligten wie etwa das Stellen von Beweisanträgen oder die Anregung weiterer Ermittlungen zu kompensieren. Etwas Anderes gilt allenfalls dann, wenn sich dem Gericht von seinem materiell-rechtlichen Standpunkt ausgehend eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 21.12.2017 – 4 BN 16.17 – juris Rn. 7 m.w.N.). Dies war hier jedoch nach dem Gesagten nicht der Fall.
6. Als unterlegener Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).
7. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 52 Abs. 3 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes.
8. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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