Versicherungsrecht

Anspruch auf Leistung aus der Haftpflichtversicherung für den Fall eines Forderungsausfalls

Aktenzeichen  22 O 133/18

Datum:
21.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 57735
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Coburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 273, § 280 Abs. 1, Abs. 2, § 286, § 288, §§ 305 ff., § 305c Abs. 2
VVG § 1 S. 1
ZPO § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 4, § 138 Abs. 3, § 331 Abs. 2, §§ 688 ff., § 802c Abs. 3

 

Leitsatz

In der der Haftpflichtversicherung gilt das so genannte Trennungsprinzip. Danach ist das Haftpflichtverhältnis, das zwischen dem geschädigten Dritten und dem haftpflichtigen Versicherungsnehmer besteht, von dem Deckungsverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Haftpflichtversicherer zu trennen. Grundsätzlich ist im Haftpflichtprozess zu entscheiden, ob und in welcher Höhe der Versicherungsnehmer dem Dritten gegenüber haftet; ob der Versicherer dafür eintrittspflichtig ist, wird im Deckungsprozess geklärt. Notwendige Ergänzung des Trennungsprinzips ist die Bindungswirkung des rechtskräftigen Haftpflichturteils für den nachfolgenden Deckungsrechtsstreit.  (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 26.355,64 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.02.2018 Zug-um-Zug gegen Abtretung des Anspruchs gegen … aus dem schädigenden Ereignis vom 04.10.2015 in Höhe von 26.355,64 EUR und gegen Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Versäumnisurteils vom 12.09.2016 (AZ.: (84) 1 O 361/16) zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 26.605,64 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet. Im Übrigen war die Klage als unbegründet abzuweisen.
A. Hauptentscheidung
I. Hauptforderung
Dem Kläger steht aus der Forderungsausfallversicherung bei der Beklagten gemäß § 1 Satz 1 VVG ein Zahlungsanspruch in Höhe von 26.355,64 EUR Zug-um-Zug gegen Abtretung des Anspruchs gegen den ursprünglichen Schuldner sowie Aushändigung der vollstreckbaren Ausfertigung des Versäumnisurteils vom 12.09.2016 zu.
1. Versicherungsschutzbereich
Der Schutzbereich ist entgegen der Ansicht der Beklagten eröffnet. Im Rahmen des besonderen Falls des Forderungsausfalls sind die Versicherungsbedingungen so auszulegen, dass der Versicherungsnehmer so zu stellen ist, als sei sein Schädiger und Schuldner selbst Versicherungsnehmer (OLG Karlsruhe VersR 2016, 1556). Danach kommt es darauf an, ob dessen Handeln unter den Schutzbereich der Versicherung fällt. Vorliegend hat der ursprüngliche Schuldner das Wohnmobil des Klägers durch unsachgemäßes Hantieren mit einer Gasflasche in Brand gesetzt. Somit geht es gerade nicht um spezifische Gefahren aus dem Bereich von Wohnungen im Sinne der Versicherungsbedingungen 1.3 RBH, sondern um eine Tätigkeit des Anspruchsgegners (Hantieren mit einer Gasflasche), die als allgemeine Gefahr des täglichen Lebens von den Bedingungen erfasst ist.
Darüber hinaus ist das umgebaute Wohnmobil des Klägers auch als Wochenendhaus im Sinne der Ziffer 1.3.c RBH anzusehen und damit auch hiernach von dem Schutzbereich umfasst. Wie dem insoweit unstreitigen Klägervortrag sowie den in der beigezogenen Akte 1 O 361/16 des Landgerichts Meiningen enthaltenen Lichtbildern entnommen werden konnte, wurden die Räder des Wohnmobils abmontiert und dieses wurde mit feststehenden Anbauten verbunden, so dass es den mobilen Charakter vollends verloren hatte und nur noch ortsgebunden als Wochenendhaus genutzt wurde.
2. Voraussetzungen nach XXVII.3 RBH
Die Voraussetzungen für die Zahlung der Versicherungsleistung sind nach der Ziffer XXVII.3 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen RHB gegeben.
a) Rechtskräftiges Urteil nach streitigem Urteil oder Vergleich
Nach der Ziffer XXVII.3.a) der Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten liegt ein Versicherungsfall vor, wenn „der Schadenersatzpflichtige zahlungs-/leistungsunfähig ist“.
Hierfür wird in den Versicherungsbedingungen zunächst „ein rechtskräftiges Urteil (Titel) nach einem streitigen Verfahren oder ein Vergleich vor einem ordentlichen Gericht in der Bundesrepublik Deutschland“ verlangt.
Diese Voraussetzung für eine Leistung der Beklagten ist mit der Erwirkung eines Versäumnisurteils gegen den Schädiger erfüllt.
Bei der Auslegung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen, die Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB darstellen, ist auf das laienhafte Verständnis des Versicherungsnehmers als objektiver Empfängerhorizont abzustellen.
Kommen dabei mehrere Auslegungen in Betracht, kann unter Umständen auf § 305 c Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden.
Für dessen Anwendung genügt es zwar nicht, dass Streit zwischen den Parteien über die Auslegung besteht; vielmehr müssen nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden nicht behebbare Zweifel bleiben und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar sein (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 77. Aufl., 2018, § 305 c Rn. 15 m.w.N.).
Ein ausschließliches Verständnis von Ziffer XXVII.3 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen zu Gunsten der Beklagten dahingehend, dass mit der Bezugnahme auf die Erwirkung eines Titels „im streitigen Verfahren vor einem Gericht“ ein Versäumnisurteil jedenfalls nicht gemeint sein kann, lässt sich nach Auslegung der Bedingung unter allen Gesichtspunkten nicht begründen.
Der Wortlaut selbst lässt keinen eindeutigen Schluss zu, ob die Erwirkung eines Versäumnisurteils durch den Versicherungsnehmer der Beklagten als Leistungsvoraussetzung ausreichend ist oder nicht. Der Begriff des „streitigen Verfahrens“ wird in vielfachem Kontext genutzt und setzt deshalb nicht zwingend eine Gegenwehr des Anspruchsgegners voraus. Beispielsweise in §§ 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4, 688 ff. ZPO wird der Begriff allein zur Abgrenzung von dem alternativ möglichen beziehungsweise jenem vorgeschalteten gerichtlichen Mahnverfahren verwendet.
Begleitumstände, die Rückschlüsse auf den Willen der Parteien bei Vertragsschluss zulassen, sind nicht erkennbar.
Ebenso wenig führt eine zweck- und interessengerechte Auslegung dazu, dass ein Versäumnisurteil nicht als ausreichend anzusehen ist.
Als Sinn und Zweck der Erwirkung eines gerichtlichen Vollstreckungstitels durch den Versicherungsnehmer ist der Schutz der Beklagten zu sehen, dass der Versicherungsnehmer ohne gerichtliche Prüfung oder Beteiligung des dritten Schädigers unberechtigte Forderungen bestätigt bekommt. Auf dieser Grundlage kann es jedoch nicht erheblich sein, ob der Versicherungsnehmer einen Vergleich mit dem Schädiger beibringt oder ein gerichtliches Versäumnisurteil gegen diesen erwirkt. Wird ein Vergleich, bei dem sich die Parteien einigen und gerade nicht mehr streitig gegenüber stehen, sondern zusammenwirken, dem in. Ziffer XXVII. 3 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen „im streitigen Verfahren vor einem Gericht erwirkten rechtskräftigen Urteil“ gleichgesetzt, erschließt sich nicht, warum hiervon ein Versäumnisurteil nicht erfasst sein soll.
Der Versicherer ist hier gegen eine Titulierung unberechtigter Ansprüche jedenfalls insoweit geschützt, als aufgrund der Schlüssigkeitsprüfung gemäß § 331 Abs. 2 ZPO nach dem Klageantrag zu erkennen ist, soweit das Vorbringen des Klägers diesen rechtfertigt, und die Klage abzuweisen, soweit es daran fehlt. Danach erfolgt gerade keine ungeprüfte Titulierung, sondern es findet gerade eine gerichtliche Überprüfung statt.
In einem von dem „streitigen Verfahren“ abzugrenzenden gerichtlichen Mahnverfahren wird dagegen als Preis für die mit einem solchen einhergehende Vereinfachung auf eine auch nur oberflächliche Schlüssigkeitsprüfung verzichtet (vgl. Musielak/Voit-Voit, ZPO, 14. Aufl., 2017, § 688 Rn. 1 m.w.N.).
Auch die Tatsache, dass ein Vergleich wenigstens auf einer ausdrücklichen Erklärung des dritten Schädigers beruht, welcher sich davor mit dem gegen ihn gerichteten Anspruch befasst haben muss, während einem Versäumnisurteil Untätigkeit zugrunde liegt, muss keine abweichende Bewertung rechtfertigen. Anders als in einem gerichtlichen Mahnverfahren bekommt der Schädiger in einem Verfahren vor dem Streitgericht eine Klage- oder Anspruchsbegründung zugestellt, an Hand derer er die Berechtigung des gegen ihn erhobenen Anspruches prüfen und anschließend entscheiden kann, ob er sich (überhaupt) zur Wehr setzt. Fragen eines Rechtsmissbrauchs des Versicherungsnehmers oder einer Kollusion mit dem Schädiger spielen dagegen erst im Hinblick auf die im Folgenden noch zu erörternde Bindungswirkung der im Haftpflichtprozess erwirkten Entscheidung für den Deckungsprozess eine Rolle (OLG Rostock, Beschluss vom 12.02.2018, 4 U 100/16, Rn. 11)
Lässt man das Versäumnisurteil nicht als „rechtskräftiges Urteil im Rahmen eines streitigen Verfahrens“ ausreichen, würde dies auch den Interessen der Versicherungsnehmer nicht gerecht werden. Denn der Versicherungsnehmer könnte im Einzelfall ohne eigene Einflussmöglichkeiten daran gehindert sein, die entsprechende Voraussetzung eines Leistungsanspruches aus der Forderungsausfallversicherung herbeizuführen. So kann der Beklagte eines Zivilprozesses nicht zu einer streitigen Verhandlung zur Sache, aufgrund derer allein ein streitiges Urteil ergehen könnte, gezwungen werden (OLG Rostock, Beschluss vom 12.02.2018, 4 U 100/16, Rn. 12).
Bereits aus den oben genannten Erwägungen sind die Versicherungsbedingungen derart auszulegen, dass auch ein Versäumnisurteil ausreichend ist.
Und selbst wenn insoweit nicht behebbare Auslegungszweifel bestehen bleiben, ist auf die Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB abzustellen, so dass die Auslegung zu Lasten der Beklagten erfolgen muss und auch hiernach ein Versäumnisurteil erfasst ist.
Danach genügt die Erwirkung eines Versäumnisurteils durch den Kläger als Voraussetzung eines Leistungsanspruches gegen die Beklagte.
b) Fehlgeschlagene Befriedigung beim Schuldner
Neben dem Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils bedarf es für den Eintritt der Versicherungsleitung nach XXVII.3. a) Alternative 2, dass eine Zwangsvollstreckung aussichtslos erscheint, da der Schadenersatzpflichtige in den letzten drei Jahren die eidesstattliche Versicherung über seine Vermögensverhältnisse („Offenbarungseid“) abgegeben hat.
Das vom Kläger als Anlage K 2 vorgelegte Vermögensverzeichnis des Schuldners ist auf den 08.01.2018 datiert. Nach § 802 c Abs. 3 ZPO sind die darin angegebenen Vermögensverhältnisse eidesstattlich zu versichern. Danach liegt eine hinreichende eidesstattliche Versicherung vor, so dass es zur Erfüllung dieser Leistungsvoraussetzung keiner weiteren Vollstreckungsversuche mehr bedurfte.
c) Höhe
Bezüglich der geltend gemachten Schadenshöhe ist auch insoweit aufgrund der Bindungswirkung des Haftpflichtprozesses die im Versäumnisurteil festgestellte Höhe für den vorliegenden Prozess bestimmend.
Zutreffenderweise gilt in der Haftpflichtversicherung das so genannte Trennungsprinzip. Danach ist das Haftpflichtverhältnis, das zwischen dem geschädigten Dritten und dem haftpflichtigen Versicherungsnehmer besteht, von dem Deckungsverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Haftpflichtversicherer zu trennen. Grundsätzlich ist im Haftpflichtprozess zu entscheiden, ob und in welcher Höhe der Versicherungsnehmer dem Dritten gegenüber haftet; ob der Versicherer dafür eintrittspflichtig ist, wird im Deckungsprozess geklärt. Notwendige Ergänzung des Trennungsprinzips ist die Bindungswirkung des rechtskräftigen Haftpflichturteils für den nachfolgenden Deckungsrechtsstreit. Die Bindungswirkung folgt nicht aus der Rechtskraft des Haftpflichturteils, da der Versicherer am Haftpflichtprozess nicht beteiligt ist. Vielmehr ist sie dem Leistungsversprechen, das der Haftpflichtversicherer dem Versicherungsnehmer im Versicherungsvertrag gegeben hat, zu entnehmen. Sie bedeutet, dass das Ergebnis des vorangegangenen Haftpflichtprozesses für die Deckungsfrage verbindlich ist. Damit wird verhindert, dass die im Haftpflichtprozess getroffene Entscheidung und die zugrundeliegenden Feststellungen im Deckungsprozess erneut überprüft werden können (vgl. BGH, Urteil vom 20.06.2001, Az.: IV ZR 101/00, Rn. 16 f. m.w.N.).
Diese Bindungswirkung muss auch dann, wenn – wie hier – im Haftpflichtprozess lediglich ein Versäumnisurteil ergangen ist, gelten; in diesen Fällen ist dann auf den Inhalt der Klageschrift und der weiteren anspruchsbegründenden Schriftsätze zurückzugreifen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.09.2009, Az.: 12 U 47/09, – zitiert nach juris -, Rn. 21 m.w.N.).
Dies ist auch auf den Fall der Forderungsausfallversicherung anzuwenden, in dem die Rollen derart vertauscht sind, dass der Versicherungsnehmer so zu stellen ist, als sei sein Schädiger und Schuldner selbst Versicherungsnehmer.
Zwar soll im Falle einer Forderungsausfallversicherung nach einer Ansicht die zuvor als notwendig erläuterte Voraussetzungsidentität nicht gegeben sein, weil bei der Ausfalldeckung bereits keine Parallelität zwischen dem Haftungs- und dem Deckungsverhältnis vorliege. Der Versicherer habe hier weder tatsächlich noch rechtlich die Möglichkeit, unabhängig von der Frage, ob er von dem Vorprozess Kenntnis habe, auf diesen in irgendeiner Weise Einfluss zu nehmen. Der wesentliche Unterschied bestehe darin, dass in einem Haftpflichtprozess das wesentliche Interesse des Haftpflichtversicherers darin liege, seinen als Schädiger in Anspruch genommenen Versicherungsnehmer zu unterstützen. Demgegenüber seien die Interessen in der Forderungsausfallversicherung zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer, der seinerseits Ansprüche gegen einen Schädiger geltend mache, gegenläufig (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 19.03.2015, Az.: 10 U 964/14, Rn. 35).
Zwar scheidet eine Einflussnahme des Versicherers auf den Haftpflichtprozess nach der Natur der Sache bereits deshalb aus, weil der Versicherungsfall erst eintritt, wenn die Vollstreckung aus dem dort erwirkten Titel für den Versicherungsnehmer erfolglos geblieben ist. Übernimmt der Versicherer jedoch dennoch das Risiko für einen derartigen Forderungsausfall, kann er sich jedenfalls dann nicht auf eine mangelnde Bindungswirkung des Urteils aus dem Haftpflichtprozess für das Deckungsverhältnis berufen, wenn er dessen Erwirkung wie in dem vorliegenden Fall in seinen Allgemeinen Versicherungsbedingungen gerade zu einer Leistungsvoraussetzung gemacht hat. Soll nämlich nach dem oben Gesagten auf diesem Wege einerseits der (unter den Umständen weitestgehend mögliche) Schutz des Versicherers gegen einen Ausgang des Haftpflichtprozesses zu seinem Nachteil erreicht werden, kann er dem Versicherungsnehmer andererseits nicht eine fehlende Bindungswirkung dieses Vollstreckungstitels entgegenhalten, wenn er letzterem als Anspruchsbedingung doch die Herbeiführung eines solchen auferlegt. Sinn und Zweck dieser Obliegenheit umgekehrt für den Versicherungsnehmer blieben ansonsten offen, wenn der Versicherer trotz ihrer Erfüllung immer noch eine von den gerichtlichen Feststellungen in dem Haftpflichtprozess unabhängige Leistungsprüfung vornehmen könnte. Dabei ist nicht zuletzt zu berücksichtigen, dass ansonsten in der Forderungsausfallversicherung nicht nur einem Versäumnisurteil, sondern auch jedem streitigen Urteil aus dem Haftpflichtprozess die Bindungswirkung für den Deckungsprozess abzusprechen wäre, weil der Versicherer schlichtweg nie in ersteren eingreifen kann (OLG Rostock, Beschluss vom 12.02.2018, 4 U 100/16, Rn. 20).
Danach bleiben der Beklagten auch im Deckungsprozess eines Forderungsausfalls lediglich etwaige versicherungsrechtliche Einwendungen erhalten. So kann sie sich auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung oder aufgrund eines Risikoausschlusses berufen. Ferner muss es der Beklagten unbenommen bleiben, sich im Deckungsprozess auf eine Kollusion zwischen Versicherungsnehmer und Drittem berufen zu können, wobei sie hierfür aber die Darlegungs- und Beweislast trifft (vgl. OLG Celle, Urteil vom 30.04.2009, Az.: 8 U 11/09, Rn. 31 m.w.N.).
Ein entsprechender Sachvortrag zu einem kollusiven Zusammenwirken oder sonstigem rechtsmissbräuchlichem Verhalten ist seitens der Beklagten jedoch nicht erfolgt.
Letztlich bestimmt sich die Anspruchshöhe demnach nach dem von dem Kläger erwirkten Versäumnisurteil und beträgt 26.605, 64 EUR.
d) Selbstbehalt
Nach Ziffer XXVII. 2. RBH liegt eine Selbstbeteiligung von 250 EUR vor, die in Abzug zu bringen ist. Danach ergibt sich eine Anspruchshöhe von 26.355, 64 EUR.
e) Zug-um-Zug-Leistung
Nach XXIIV. 3.c) RBH hat der Versicherungsnehmer die Ansprüche gegen den Schadenersatzpflichtigen in Höhe der Versicherungsleistung abzutreten, die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils auszuhändigen und an der Umschreibung auf den Versicherer mitzuwirken.
Da die Zahlung der Versicherungsleistung von diesen Handlungen des Versicherungsnehmers abhängig gemacht wird, stehen sie als gegenseitige Verpflichtung der Zahlung gegenüber, so dass dies als Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB der Beklagten zu verstehen ist.
In der Klageerwiderung vom 07.05.2018 wird zwar der Anspruch an sich bestritten, jedoch wird durch die Beklagte auch darauf verwiesen, dass eine Zahlung wenn nur Zug-um-Zug gegen Abtretung und Aushändigung des Urteils möglich sei. Bei verständiger Auslegung ist dies als Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts zu verstehen. Insbesondere reicht eine konkludente oder hilfsweise Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts aus (Krüger, Münchner Kommentar, 7. Auflage 2016, § 273, Rn. 88).
Danach konnte nur eine Verurteilung Zug-um-Zug erfolgen.
3. Kein Ausschluss nach XXVII.4. RBH
Die Leistungspflicht der Beklagten ist nicht nach Ziffer XXVII.4 RBH der Allgemeinen Versicherungsbedingungen ausgeschlossen, soweit danach kein Versicherungsschutz besteht für Ansprüche, die darauf beruhen, dass ein berechtigter Einwand oder ein begründetes Rechtsmittel nicht oder nicht rechtzeitig vorgebracht oder eingelegt wurde.
Dies zielt ersichtlich allein auf eine Obliegenheit des Versicherungsnehmer ab, im Sinne einer Schadensabwendungs- oder -minderungspflicht die Entstehung von Ansprüchen zu seinen Lasten zu verhindern. Die Obliegenheit kann sich zwangsläufig nur an den Versicherungsnehmer der Beklagten, nicht aber an den dritten Schädiger richten, der nicht in das Vertragsverhältnis involviert ist (OLG Rostock, Beschluss vom 12.02.2018, 4 U 100/16, Rn. 5).
Zudem beziehen sich die übrigen Fallgruppen der Ziffer XXIIV.4 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für einen Ausschluss des Versicherungsschutzes durchweg auf Umstände aus beziehungsweise in der Sphäre des Versicherungsnehmers, so dass auch eine Auslegung nach dem Zusammenhang für ein entsprechendes Verständnis spricht.
Selbst wenn man die Klausel dahingehend verstehen könnte, dass der dritte Schädiger berechtigte Einwendungen geltend machen muss, ergibt sich spätestens aufgrund einer Anwendung der Unklarheitenregelung nach § 305 c Abs. 2 BGB, nach welcher Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen, dass es nur auf Einwendungen des Versicherungsnehmers selbst ankommen kann.
Solche sind hier jedoch gerade nicht von der Beklagten vorgetragen oder ersichtlich. Danach bleibt es bei dem Anspruch des Klägers gegen die Beklagte.
II. Verzugszinsen
Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf die Zahlung von Verzugszinsen ab dem 06.02.2018 ergibt sich gemäß §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 288 BGB.
Mit Schreiben vom 22.01.2018 hat der Kläger der Beklagten eine Frist zur Zahlung bis 05.02.2018 gesetzt. Diese ließ die Beklagte ohne Zahlung verstreichen.
Zwar wird der Anspruch auf Verzugszinsen von der Beklagten allgemein bestritten, jedoch ohne Angabe von Gründen. Danach gilt der Zugang des Schreibens vom 22.01.2018 sowie das Vorliegen der erforderlichen Nachweise des Schadensfalls nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden.
Es ist somit davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt des Schreibens vom 22.01.2018 der Anspruch gegenüber der Beklagte bereits fällig war.
Auch das Zurückbehaltungsrecht der Beklagten im Hinblick auf die Abtretung der Forderung ändert nichts an dem Verzugseintritt. Allein das Bestehen eines Zurückbehaltungsrecht hindert den Verzugseintritt nicht, vielmehr muss das Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden und die eigene Leistung Zug-um Zug angeboten werden (Palandt-Grüneberg, BGB, 77. Aufl., 2018, § 286 Rn. 38). Dies ist durch die Beklagte jedoch nicht erfolgt.
B. Nebenentscheidungen
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 2 ZPO. Diese Kostenentscheidung hat sich an der wirtschaftlichen Tragweite des eingeschränkten Obsiegens des Klägers auszurichten. Die Abtretung des Anspruchs gegen den zahlungsunfähigen Schädiger ist für den Kläger wirtschaftlich bedeutungslos. Gerade der Ausfall des Schädigers ist Grund für die Inanspruchnahme der Versicherung, so dass der Abtretung kein wirtschaftlicher Wert beigemessen werden kann. Zudem wurde der Anspruch auf Abtretung durch den Kläger unstreitig anerkannt und diese entsprechend im Schriftsatz vom 29.05.2018 angekündigt. Der Selbstbehalt von 250 EUR entspricht etwa 1 % der Klageforderung und hat keine höheren Kosten veranlasst, so dass auch dies in der Kostenentscheidung nicht zu berücksichtigen war.
Demnach hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.


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