Versicherungsrecht

Auszahlungsbetrag aus fondgebundener Kapital-Rentenversicherung ist kapitalmarktgebunden

Aktenzeichen  5 C 1009/16

Datum:
27.2.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 156376
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Hersbruck
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 256

 

Leitsatz

Eine Klausel, die besagt, dass kein Rechtsschutz für Streitigkeiten aus Kapitalanlagegeschäfte aller Art besteht, erfasst Klagen auf Rückzahlung von Prämien für eine fondsgebundene Kapital-Rentenversicherung jedenfalls dann, wenn sie auf Gewinnerzielung und Kapitalbildung angelegt ist und nicht allein auf eine Absicherung im Todesfall oder eine Altersrente. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 3.322,62 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Die Klage ist zulässig, insbesondere besteht ein Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO, da die Beklagte bereits endgültig die Gewährung von Rechtsschutz für den beabsichtigten Rechtsstreit abgelehnt hatte.
2. Es besteht kein vertraglicher Anspruch des Klägers auf Gewährung von Rechtsschutz gegen die Beklagte; die übrigen Voraussetzungen hierfür sind zwar unstreitig gegeben, die Beklagte beruft sich jedoch zu Recht auf § 3 Abs. 2 g der Versicherungsbedingungen.
Offensichtlicher und auf für Versicherungsnehmer erkennbarer Sinn und Zweck der Regelung des § 3 Abs. 2 g der Versicherungsbedingungen ist es, den Rechtsschutz für solche Risiken auszuschließen, die besonders kostenträchtig sind und zu häufigen Rechtsstreitigkeiten führen (vgl. LG Paderborn – Urt. V, 21.1.2015 – Az.: 5 S 49/14 m.w.N.). Solche Rechtsstreitigkeiten sind bei Rückforderung von Prämien aus Kapitalanlagen gegeben.
Vorliegende fondsgebundene Kapital-Rentenversicherung ist danach eine Kapitalanlage im Sinne des § 3 Abs. 2 g der Versicherungsbedingungen.
Die fondsgebundene Versicherung des Klägers gewährt ihm zwar einen garantierten Mindestrentenanspruch, der tatsächliche Auszahlungsbetrag ist jedoch abhängig von der Entwicklung der eingezahlten Gelder, die hier zu 70 % (aufgeteilt in 50 % und 20 % in zwei verschiedenen Vermögensbildungsfonds) in Fonds angelegt sind. Deren Entwicklung auf dem Kapitalmarkt bestimmt den Wert des Deckungskapitals und auch die Höhe der späteren Rentenzahlungen (vgl. § 1 Abs. 4 der Produktbedingungen). Die Versicherung ist somit auf Gewinnerzielung und Kapitalbildung angelegt und nicht allein auf eine Absicherung im Todesfall oder eine Altersrente angelegt. Anders als eine Risikkolebensversicherung enthält sie daher aus Sicht der Rechtsschutzversichedrung die vergleichbaren Risiken wie eine andere Kapitalanlage und sit mit solchen im Sinne des § 3 Abs. 2 g der Versicherungsbedingungen gleichzusetzen (vgl. Hierzu auch LG Paderborn a.a.O.).
Dem stehen auch nicht die vom Kläger zitierten Entscheidungen entgegen. Sowohl der Bundesgerichtshof (BGH NJW 2012, 3647 ff) als auch das OLG Köln (NJOZ 2015, 303 ff) und das OLG Nürnberg (MDR 2016, 1144 ff) hatten zu klären, ob fondsgebundene Lebensversicherungen Kapitalanlagen sind oder nicht, jedoch unter völlig anderem Aspekt. Dort ging es jeweils um die Frage, ob die Aufklärungsgrundsätze der Rechtsprechung auch bei Anbahnung solcher Verträge gelten sollten, ob also der Schutz des Versicherungsnehmers es erfordert, auch bei solchen Verträgen besondere Aufklärungspflichten zu postulieren. Schon deswegen erscheint die Heranziehung der dort entwickelten Grundsätze auf vorliegenden Fall fraglich, da die Schutzrichtung des § 3 Abs. 2 g der Versicherungsbedingungen eine andere ist.
Aber auch unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wäre hiervon einer Kapitalanlage auszugehen. Da fondsgebundene Lebensversicherungen wie auch fondsgebundene Kapital-Rentenversicherungen zweifelsfrei Mischcharakter aufweisen zwischen Kapitalanlage und Risikoabsicherung, ist unter Heranziehung aller Umstände des jeweiligen Vertrages zu ermitteln, ob bei wirtschaftlicher Betrachtung ein Anlagegeschäft vorliegt. Ein fondsgebundener Lebensversicherungsvertrag ist zwar regelmäßig danach kein Anlagegeschäft, wenn aber das Todesfallrisiko von untergeordneter Bedeutung ist, ist eine andere Einordnung geboten. Das ist z.B. dann der Fall, wenn für die Vertragslaufzeit nur eine Todesfallleistung von mindestens 101 % vereinbart ist (vgl. Die oben zitierten Entscheidungen, insbesondere OLG Nürnberg MDR 2016, 1144 ff).
Im hier zu prüfenden Vertrag des Klägers ergibt sich eine Todesfallleistung aus dem Vertrag in Höhe der eingezahlten Prämien für die ersten drei Versicherungsjahre, danach 54.720,- €, mindestens 60 % der Beitragssumme. D.h. ab dem 4. Vertragsjahr ist die Todesfallsumme deutlich höher, als die Beitragssumme. Ab dem 23. Vertragsjahr entspricht die Summe zunächst der Beitragssumme und sinkt dann auf bis zu 60 % dieser ab. D.h. unter Berücksichtigung des Lebensalters des Klägers und des Abschlussdatums der Vertrages übersteigt die Todesfallsumme ab dem 49. Lebensjahr des Klägers nicht mehr die Beitragssumme. Das Kapital aber ist zwar mit gewissem spekulativem Charakter aber doch erkennbar auf Gewinnerzielung angelegt und bestimmt damit wesentlich die spätere Rente und damit die Rendite. In der Gesamtbetrachtung stellt daher auch nach der vom Kläger zitierten Rechtsprechung der Vertrag eine Kapitalanlage dar, so dass Rechtsschutz ausgeschlossen ist.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO,


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