Versicherungsrecht

Schutz des Versicherungsnehmers, Betriebsschließungsversicherung, Umfang des Versicherungsschutzes, Transparenzgebot, unangemessene Benachteiligung, Infektionsschutzgesetz, Allgemeine Versicherungsbedingungen, Auslegung von Versicherungsbedingungen, Versicherungsfall, Betriebsschließungen, Vollständige Betriebsschließung, Krankheitserreger, Versicherer, OLG Koblenz, Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, OLG Oldenburg, Vorläufige Vollstreckbarkeit, OLG Stuttgart, Literatur und Rechtsprechung, Dynamische Verweisung

Aktenzeichen  1 U 87/21

Datum:
28.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 36415
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

11 O 382/20 2021-02-26 Endurteil LGCOBURG LG Coburg

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Coburg vom 26.02.2021, Az. 11 O 382/20, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil und das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Coburg sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe

I.
Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Betriebsschließungsversicherung.
1. Für ihre gemeinsam betriebene Pizzeria schlossen die Kläger mit der Beklagten eine Betriebsschließungsversicherung mit Versicherungsbeginn zum 10.01.2019 ab. Die vereinbarte Tagesentschädigung beträgt 2.000,- € für maximal 30 Schließungstage (vgl. Versicherungsschein i. V. m. § 2 Nr. 3 a, Anl. B1 AVB-BS Stand 01.01.2019 im Folgenden: AVB).
Die geltenden AVB enthalten zudem folgende Klausel:
㤠1 Gegenstand der Versicherung, versicherte Gefahren
1. Versicherungsumfang
Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nr. 2)
a) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt […] …,
2. Meldepflichtige Krankheiten oder Krankheitserreger Meldepflichtige Krankheiten oder Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im Infektionsgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten oder Krankheitserreger:“
a) Krankheiten […]
b) Krankheitserreger […]“
Die Auflistung umfasst eine Vielzahl von Krankheiten und Krankheitserregern. Allerdings sind weder die COVID-19-Erkrankung noch das Corona-Virus SARS-CoV-2 erwähnt. Für die Einzelheiten wird auf Anlage BLD 1 Bezug genommen.
Weiter heißt es in den AVB unter § 3 Nr. 4. unter „Ausschlüsse“ u.a.:
„4. Krankheiten und Krankheitserreger
Der Versicherer haftet nicht bei Prionenerkrankungen oder dem Verdacht hierauf.“
Durch Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 16.03.2020 (mit späterer Verlängerung) wurde der Gastronomiebetrieb zur Eindämmung des Corona-Virus letztlich größtenteils untersagt, wovon auch die Kläger ab 21.03.2020 betroffen waren (nur die Abgabe/Auslieferung von Speisen war weiterhin zulässig). Erst durch das zweite Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite (2. COVIfSGAnpG v. 19.05.2020) wurde das Coronavirus als meldepflichtige Krankheit zum 23.05.2021 in das Infektionsschutzgesetz namentlich aufgenommen.
Erstinstanzlich haben die Kläger die Auffassung vertreten, dass es sich bei Covid-19 um eine Krankheit i.S. von § 1 Nr. 2 AVB handle. Die in den Versicherungsbedingungen enthaltene Liste entspreche dem Stand des IfSG vom 20.07.2020, die jedoch selbst seit Abfassung der AVB mehrfach angepasst bzw. geändert worden sei. Nach der aus Sicht des durchschnittlichen, verständigen Versicherungsnehmers vorzunehmenden Auslegung folge, dass Versicherungsschutz bestehe, wenn eine Betriebsstilllegung aufgrund des Infektionsschutzgesetzes erfolge. Die in den AVB genannte Aufzählung enthalte keinen Hinweis darauf, dass die Liste abschließend sei bzw. sich nicht auf die aktuelle Version des IfSG beziehen solle. Es sei für den Versicherungsnehmer bei Durchsicht der Bedingungen nicht erkennbar, dass die Auflistung nicht mit der aktuellen Version des IfSG übereinstimme.
Die Kläger müssten sich auch nicht auf einen Außerhausverkauf verweisen lassen. Es sei eine festgesetzte Tagesentschädigung und damit nicht eine Schadens-, sondern eine Summenversicherung vereinbart worden. Staatliche Zahlungen hätten sie nicht erhalten. Die Beklagte schulde ihnen daher bedingungsgemäß eine Ausfallsumme von 2.000 € pro Tag der Schließung und damit insgesamt 60.000 € zuzüglich Zinsen seit 09.04.2020.
Nachdem die Beklagte es am 09.04.2020 abgelehnt habe, den von den Klägern unmittelbar nach Vornahme der Betriebsbeschränkung angezeigten Schadensfall als Versicherungsfall anzuerkennen, habe sie ihnen auch die aufgrund nachfolgender Beauftragung ihres Prozessbevollmächtigten entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten zu erstatten.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Eine Betriebsschließung bei generalpräventiver Anordnung, die auf den konkret versicherten Betrieb nicht eingehe, sondern nur aus allgemeinen Gründen der Gesundheitsvorsorge erfolge, sei von der Betriebsschließungsversicherung nicht gedeckt. Außerdem handele es sich nur um eine Betriebseinschränkung, der Kernbereich jedes Gastronomiebetriebes, also die Zubereitung und der Verkauf von Speisen sei daher weiter möglich gewesen. Es liege auch ein klassischer Fall des Tatbestandes des Wegfalls der Geschäftsgrundlage vor – eine Pandemie sei nicht einfach so versicherbar und die Parteien hätten sich derartiges bei Vertragsschluss auch überhaupt nicht vorgestellt. § 1 Nr. 2 AVB sei zudem abschließend. Es liege weder eine dynamische noch eine statische Verweisung auf das IfSG vor. Die Allgemeinverfügung sei unwirksam gewesen.
Auch die Anspruchshöhe sei unzutreffend. Es liege offensichtlich keine Summen-, sondern eine Schadensversicherung vor, ein Schaden in der geltend gemachten Höhe sei ihnen überhaupt nicht entstanden. Die Kläger müssten sich auch staatliche Unterstützungsleistungen (gemäß § 56 IfSG und § 65 IfSG) anrechnen lassen und vorrangig Schadenersatzansprüche gegen den Staat geltend machen.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Tatbestand des Ersturteils Bezug genommen.
2. Das Landgericht hat der Klage nach informatorischer Anhörung des Klägers zu 2) vollumfänglich stattgegeben.
Es liege eine Betriebsschließung aufgrund behördlicher Anordnung (Allgemeinverfügung) und damit ein Versicherungsfall gemäß § 1 der AVB vor.
Der Betriebsschließung stehe nicht entgegen, dass für die Kläger auch die (theoretische) Möglichkeit bestanden habe, Speisen zu liefern bzw. die (tatsächlich genutzte) Möglichkeit, Essen zur Abholung anzubieten. Das Erstgericht folgte insoweit den Angaben des Klägers zu 2), wonach ein Lieferbetrieb zu keiner Zeit eingerichtet, jedoch die Mitnahme von Speisen möglich gewesen sei. Letzteres habe sowohl „vor Corona“ als auch nach den Betriebsbeschränkungen einen Anteil von unter bzw. ungefähr 20% des früheren Umsatzes des Gaststättenbetriebes ausgemacht. Der Kernbereich der gastronomischen Tätigkeit orientiere sich entgegen der Ansicht der Beklagten nicht in Zubereitung und Verkauf von Speisen sondern im Bereich der vor Ort erfolgten Bewirtung von Gästen mit Speisen und Getränken. Nach allgemeinem Sprachgebrauch sei daher hier von einer Betriebsschließung im Sinne der Versicherungsbedingungen (§ 1 Nr. 1 a AVB) auszugehen. Nicht vorauszusetzen sei, dass der Betrieb selbst betroffen, d. h. dass die Anordnung aufgrund „betriebsinterner Gefahren“ erfolgt sei. Dies ergebe sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem systematischen Zusammenhang der Regelung.
Der Versicherungsschutz sei auch nicht auf die in § 1 Nr. 2 a und b AVB genannten Krankheiten und Krankheitserreger beschränkt. Diese Klausel verstoße gegen das sich aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ergebende Transparenzgebot und sei deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
Das Verständnis der Regelung des § 1 Nr. 2 AVB-BS sei bereits dadurch erschwert, dass dort, nach Einführung des Begriffes des Infektionschutzgesetzes in § 1 Nr. 1 AVB dann in § 1 Nr. 2 S. 1 AVB von Krankheiten und Krankheitserregern die Rede sei, die in § 6 und § 7 des „Infektionsgesetzes“ namentlich genannt seien. Sofern der Versicherungsnehmer zunächst erkenne, dass es ein „Infektionsgesetz“ gar nicht gebe, sondern vielmehr aufgrund eines Redaktionsversehens das IfSG gemeint sei, werde er auf Basis des Wortlauts, der Systematik und Sinn und Zweck der Regelung davon ausgehen, dass dieser Versicherungsschutz dem Grunde nach umfassend ist, sich mit dem IfSG decke und insoweit umfassender Versicherungsschutz gewährt werde. Allein der Wortlaut mit seinem Bezug auf „die folgenden, im Infektionsgesetz in den § § 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger“ stelle gerade keine explizite und eindeutige Verengung der erfassten Krankheiten und Krankheitserreger dar, vielmehr suggeriere die katalogartige Aufzählung insbesondere in ihrer optisch erschlagenden Darstellung eine Vollständigkeit und Deckungsgleichheit mit dem IfSG, obwohl die Aufzählung deutlich enger gefasst sei als der im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltende Gesetzestext (Januar 2019). Erst nach mühsamem Abgleich mit den Gesetzesvorschriften wäre somit die negative Abweichung des Versicherungsumfangs gegenüber der gesetzlichen Regelung erkennbar. Außerdem sei kaum zu erklären und für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohnehin nicht zu erkennen, warum diese Liste abschließend, mithin statisch den Versicherungsschutz festlegen solle, nachdem in § 3 Nummer 4 AVB Erkrankungen ausgeschlossen würden, welche in der Liste gar nicht enthalten seien. Des Weiteren könne der durchschnittliche Versicherungsnehmer den AVB nicht entnehmen, dass im IfSG in § 7 Abs. 2 IfSG ein weiterer Auffangtatbestand enthalten sei, der unabhängig davon, ob ein neu auftretender Erreger schon in die Liste aufgenommen worden sei, eine behördliche Schließung ermögliche. Auch diesen Ausschluss bzw. diese Versicherungslücke könne der durchschnittliche Versicherungsnehmer den AVB-BS nicht entnehmen und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Belastungen und Nachteile nicht ansatzweise erkennen. Die Klausel § 1 Nr. 2 AVB sei damit unwirksam und gemäß § 306 Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden, der Versicherungsumfang bestimme sich mithin nach § 1 Nr. 1 a AVB.
Die Rechtmäßigkeit der Schließungsanordnung sei nach dem Wortlaut der Bedingungen ohne Belang. Im Übrigen wäre ein verwaltungsgerichtliches Vorgehen der Kläger gegen die Anordnung im Rahmen der Schadensminderungsobliegenheit weder erfolgversprechend noch zumutbar.
Aus der Regelung im Versicherungsschein in Verbindung mit § 2 Nummer 3 AVB ergebe sich zweifelsfrei, dass hier eine Summenversicherung (2000,- € für jeden Tag der Betriebsschließung, maximal für 30 Tage) vereinbart worden sei. Es sei eine pauschale Bedarfsdeckung und gerade keine konkrete Berechnung der Versicherungsleistung nach Maßgabe des konkreten Ausfallschadens vereinbart.
An der Richtigkeit der Angaben des Klägers zu 2) bestünden keine Zweifel. Die Gaststätte sei demnach mehr als 30 Tage wegen Infektionsgefahr geschlossen gewesen, sodass vertragsgemäß für 30 Tage die Versicherungssumme in Höhe von insgesamt 60.000 € zu zahlen sei.
Der Beklagtenvortrag zu behaupteten klägerischen Entschädigungsleistungen aus § 56 IfSG oder § 65 IfSG, die nach § 21 AVB klägerseits zu beantragen gewesen wären, sei völlig unsubstantiiert, sodass keine Anspruchsminderung bestehe.
Liquiditätshilfen des Bundes oder des Freistaates Bayern seien nicht anzurechnen, da es sich bei diesen Maßnahmen um eine Hilfe zur Überwindung kurzfristiger Liquiditätsengpässe (Konjunkturhilfe) handele, die nicht als Schadenskompensation unter § 21 AVB falle.
Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten folge aus § 286 Abs. 2, 3; 280 Abs. 1 und 2 BGB.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
3. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit welcher sie ihre erstinstanzliche Klageabweisung vollumfänglich weiterverfolgt.
Das Erstgericht habe im Rahmen seiner Beweiswürdigung allein die informatorischen Angaben des Klägers zu 2) zu den erwirtschafteten Umsatzzahlen ohne nachvollziehbare Begründung und damit entgegen § 286 ZPO zugrunde gelegt. Sie habe diese zulässig mit Nichtwissen bestritten und es wäre den Klägern ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen, Unterlagen (betriebswirtschaftliche Auswertungen) vorzulegen.
Außerdem habe hier keine vollständige Betriebsschließung vorgelegen, was aber Voraussetzung gemäß § 1 Nr. 1a AVB gewesen sei. Teilschließungen des versicherten Betriebes seien von dieser Regelung nicht erfasst. Entgegen den Angaben der Kläger habe auch keine „faktische Betriebsschließung“ vorgelegen, da – ihre Angaben als wahr unterstellt – das Abholgeschäft mindestens 20% des Gesamtumsatzes betragen habe. Weiterhin hätte nur ein betriebsbedingte Gefahr einen bedingungsgemäßen Versicherungsfall auslösen können, was sich bereits aus der Regelung zur Betriebsschließung in § 1 Ziffer 1a AVB und der Gefahrbeschreibung in § 1 Ziffer 1 c AVB ergebe. Dies sei zutreffend vom OLG Schleswig im Urteil vom 10.05.2021 (16 U 33/ 21) festgestellt worden.
Schließlich liege auch kein Versicherungsfall vor, da alle bedingungsgemäß versicherten Krankheiten und Krankheitserreger in § 1 Nr. 2 AVB BS namentlich und abschließend aufgeführt worden und dort weder COVID 19 als Krankheit noch SARS-CoV bzw. SARS-CoV 2 als Krankheitserreger benannt seien. Der Wortlaut der Klausel sei eindeutig, der in Fettdruck deutlich hervorgehoben erhobene Begriff „die folgenden “ beziehe sich auf die anschließende übersichtliche Auflistung, sodass der Versicherungsnehmer erkennen könne, was gedeckt sei und was nicht. Betriebsschließungsversicherungen würden regelmäßig von gewerblich tätigen Versicherungsnehmern abgeschlossen, bei denen kaufmännische Kenntnisse und Sorgfalt beim Durchlesen eines Vertragsformulars erwartet werden könne. Aufgrund der Formulierung „in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger“ ergebe sich zweifelsfrei, dass es sich hier nicht um eine beispielhafte Aufzählung handele und nicht alle vom Infektionsschutzgesetz erfassten Krankheiten erfasst seien.
Die vertragliche Regelung stelle weder eine überraschende noch eine mehrdeutige Klausel gemäß § 305 c Abs. 1 und 2 BGB dar und halte auch der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB (Transparenzgebot) stand. Dies sei abgesehen von der in der Entscheidung des OLG Karlsruhe mit Urteil vom 30.06.2021 geäußerten Rechtsansicht nach Ansicht sämtlicher mit vergleichbaren Versicherungsbedingungen befassten Oberlandesgerichte der Fall.
Im übrigen seien mit Erlass der gegenständlichen Eilverordnung des Gesundheitsministeriums weder COVID 19 als Krankheit noch SARS-CoV bzw. SARS-CoV 2 als Krankheitserreger nach § 6 Abs. 1 IfSG oder 7 Abs. 2 IfSG meldepflichtig geworden. Insoweit habe es sich ausschließlich um meldepflichtige Krankheitserreger bzw. Krankheiten nach § 15 IfSG gehandelt.
Die Beklagte beantragt,
Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Coburg vom 26.02.2021, Geschäftszeichen 11 O 382/20, die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrags
II.
Die gemäß § 511 ZPO statthafte und auch im Übrigen gemäß §§ 513, 517, 519, 520 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist begründet. Den Klägern steht kein Anspruch aus der gegenständlichen Betriebsschließungsversicherung und somit auch kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu.
Entgegen der vom Erstgericht in der angefochtenen Entscheidung vertretenen Rechtsansicht ist in Übereinstimmung mit der überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung zu vergleichbaren Fällen (vgl. insb. OLG Celle, Urteil vom 01. Juli 2021 – 8 U 5/21) hier nicht davon auszugehen, dass die streitgegenständliche Betriebsschließung aufgrund der Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 16.03.2020 ein von den hier maßgeblichen Versicherungsbedingungen der § 1 AVB erfasster Versicherungsfall ist.
Da Ansprüche der Kläger demnach bereits dem Grunde nach ausscheiden, muss der Senat über die weiteren erstgerichtlichen Feststellungen, insbesondere zur konkreten Anspruchshöhe, nicht abschließend entscheiden.
1. Die verwendeten Klauseln in § 1 Nr. 1 und Nr. 2 der AVB stellen zum einen eine abschließende Benennung der versicherten Risiken dar. Deren Auslegung ergibt damit, dass die im hier maßgeblichen Zeitraum erfolgte Betriebsschließung aufgrund der COVID-19 Erkrankung bzw. des Sars-CoV-2 Virus vom Versicherungsschutz nicht umfasst war. Die verwendeten Klauseln sind auch wirksam, halten insbesondere einer AGB-Kontrolle stand.
Der Senat kann daher offenlassen, ob die Klauseln bereits nicht der AGB-Kontrolle unterliegen (so u. a. OLG Koblenz, Urteil vom 28. Juli 2021 – 10 U 259/21 -, Rn. 50, juris; LG Schweinfurt, Urteil vom 08. Februar 2021 – 23 O 538/20 -, BeckRS 2021, 1221, Rn. 36; a.A. u. a. Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Urteil vom 16. September 2021 – 3 U 9/21 -, Rn. 51, juris; offengelassen u. a. von OLG Hamm, Urteil vom 14. Juli 2021 – I-20 U 26/21 -, Rn. 55, juris).
a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen kann. Bei einer Versicherung, die sich – wie die Betriebsschließungsversicherung – an gewerbliche Versicherungsnehmer wendet, richtet sich die Auslegung hierbei nach dem in Unternehmerkreisen zu erwartenden Verständnis der Bedingungen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 14. Juli 2021 – I-20 U 26/21 -, Rn. 35 mwN, juris).
b) Diese Grundsätze beachtend ist die Aufzählung in § 1 Nr. 2 der AVB als abschließend, insbesondere nicht als dynamische Verweisung auf das Infektionsschutzgesetz zu verstehen. Auslegungszweifel bestehen keine. Die Regelung ist für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer auch nicht überraschend.
aa) Das Coronavirus bzw. die Krankheit COVID-19 sind zunächst unstreitig nicht in der Auflistung der § 1 Nr. 2 der AVB enthalten.
bb) Für die Anwendbarkeit der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB ist hinsichtlich der Frage, ob auch solche Krankheiten und Krankheitserreger vom Leistungsversprechen erfasst werden, die erst nach Vertragsschluss durch eine Gesetzesänderung in §§ 6 und 7 IfSG aufgenommen wurden, kein Raum. Denn diese setzt voraus, dass nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel verbleibt und mindestens zwei unterschiedliche Auslegungen vertretbar sind (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 14. Juli 2021 – I-20 U 26/21 -, Rn. 44 mwN).
Dies ist hier nicht der Fall. Die konkrete Klauselfassung lässt für den durchschnittlichen – gewerblichen – Versicherungsnehmer gerade keinen Zweifel daran aufkommen, dass sich das Leistungsversprechen des Versicherers nicht auch auf solche Krankheiten oder Krankheitserreger erstrecken soll, an deren konkreter Benennung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses es im Infektionsschutzgesetz fehlt, die vielleicht noch nicht einmal bekannt, mithin für den Versicherer in ihren Folgen grundsätzlich unüberschaubar sind (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 14. Juli 2021 – I-20 U 26/21 -, Rn. 45, juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 18. Februar 2021 – 7 U 351/20 -, Rn. 47, juris). Die Tatsache, dass in § 1 Nr. 2 AVB vom „Infektionsgesetz“ statt richtigerweise vom „Infektionsschutzgesetz“ die Rede ist, steht dieser Feststellung nicht entgegen, da es sich insoweit zweifelsfrei um ein offensichtliches Redaktionsversehen handelt, was sich bereits aus der Verweisung von § 1 Nr. 1 AVB auf Nr. 2 und dem Umstand ergibt, dass es ein „Infektionsgesetz“ gar nicht gibt.
Auch einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse wird einleuchten, dass die Übernahme solcher Risiken für den Versicherer nicht kalkulierbar wäre. Eine berechtigte Erwartung des Versicherungsnehmers, der Versicherer wolle ein unkalkulierbares Risiko eingehen, lässt sich nicht begründen (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 06. Mai 2021 – 1 U 10/21 -, Rn. 35, juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 18. Februar 2021 – 7 U 351/20, Rn. 47, juris).
cc) Obige Erwägungen zugrunde gelegt ist die Klausel, welche eine namentlich genannte Auflistung der vom Versicherungsschutz umfassten Krankheiten und Krankheitserreger enthält, auch nicht überraschend i.S.d. § 305c Abs. 1 BGB (vgl. auch OLG Hamm, Urteil vom 14. Juli 2021 – I-20 U 79/21 -, Rn. 55, juris).
dd) Selbst wenn man § 1 Nr. 2 AVB entgegen der vom erkennenden Senat vertretenen Auffassung als dynamische Verweisung auf §§ 6 und 7 IfSG ansehen würde (so. z.B. Korff, COVuR 2020, 246, 248), wäre zu beachten, dass die CoronaVMeldeV vom 1. Februar 2020 nach § 15 IfSG nicht dazu führte, dass vorliegend ein Versicherungsfall gegeben wäre. Damit ist zwar die namentliche Meldepflicht für die Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) eingeführt worden, aber es fehlt weiter daran, dass eine in den §§ 6 und 7 IfSG namentlich genannte Krankheit vorliegt (vgl. Günther, VersR 2021, 1141, 1144, mwN), wie es die Klausel bei diesem Verständnis jedenfalls voraussetzt. Dies wäre erst ab der Aufnahme in das Gesetz am 19.05.2020 mit Wirkung zum 23.05.2021 der Fall gewesen.
c) Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt nicht vor. Der auch vom Erstgericht vertretenen Mindermeinung in Literatur und Rechtsprechung (vgl. u.a. LG Flensburg, NJOZ 2021, 272; LG München, NJW 2020, 3461; Frohnecke, COVuR, 2021, 274) folgt der Senat nicht.
aa) Nach der soweit ersichtlich einzigen obergerichtlichen Entscheidung kommt das OLG Karlsruhe (Urteil vom 30. Juni 2021 – 12 U 4/21; zustimmend u.a. Kimpel, jurisPR-VersR 7/2021, Anm. 2) und so auch das Erstgericht zu einer Unwirksamkeit einer gleichgelagerten Klausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, da trotz ausdrücklicher Bezugnahme auf das Gesetz die konkrete Aufzählung gegenüber dem Katalog in § 6 und § 7 IfSG eingeschränkt sei. Die Generalklauseln in § 6 und § 7 IfSG erfassten COVID-19 bzw. den Krankheitserreger SARS-CoV-2 (= Meldepflicht z.Z. des Versicherungsfalls), weshalb aufgrund der Unwirksamkeit der einschränkenden Klausel Versicherungsschutz bestehe.
Dem Versicherungsnehmer werde eine Deckungsgleichheit mit den in §§ 6, 7 IfSG aufgeführten Krankheiten und Krankheitserregern suggeriert (vgl. auch OLG Karlsruhe a.a.O., Rn. 66). Die Auflistung erfolge aus Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers, um im Sinne einer klaren und deutlichen Umschreibung die ergänzende Lektüre des Gesetzes überflüssig zu machen. Es erwecke jedenfalls den missverständlichen Eindruck des Gleichlaufs (vgl. OLG Karlsruhe a.a.O., Rn. 67). Nur bei einem Vergleich zwischen Liste und Gesetz fielen dem Versicherungsnehmer Abweichungen auf. Einen solchen Vergleich mit dem Infektionsschutzgesetz werde der durchschnittliche Versicherungsnehmer jedoch regelmäßig nicht vornehmen, was auch nicht erwartet werden könne (vgl. OLG Karlsruhe a.a.O., Rn. 72). Die wiederholte Bezugnahme auf das Infektionsschutzgesetz in den Versicherungsbedingungen sei damit nicht nur überflüssig, weil die Bezugnahme bei einem abschließend abgedruckten Katalog von Krankheiten und Krankheitserregern keinerlei Funktion habe, sondern irreführend und gerade nicht klar und verständlich i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB (vgl. OLG Karlsruhe a.a.O., Rn. 75).
bb) Dieser auch vom Erstgericht vorgenommenen Argumentation des OLG Karlsruhe ist jedoch nicht zu folgen. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor.
(1) Nach dem Transparenzgebot ist der Verwender von Allgemeinen Versicherungsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass eine Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben auch, dass sie die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 31. März 2021 – IV ZR 221/19, r+s 2021, 325 Rn. 67 mwN).
Das Transparenzgebot verlangt ferner, dass Allgemeine Versicherungsbedingungen dem Versicherungsnehmer bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vor Augen führen, in welchem Umfang er Versicherungsschutz erlangt und welche Umstände seinen Versicherungsschutz gefährden. Nur dann kann er die Entscheidung treffen, ob er den angebotenen Versicherungsschutz nimmt oder nicht. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht mit Lücken im Versicherungsschutz zu rechnen, ohne dass eine Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 14. Juli 2021 – I-20 U 26/21 -, Rn. 49, juris m.w.N.; OLG Koblenz, Urteil vom 28. Juli 2021 – 10 U 259/21 -, Rn. 46, juris).
Die Anforderungen an das Transparenzgebot dürfen jedoch auch nicht überspannt werden und es bleibt dem Versicherungsnehmer nicht jegliches Nachdenken erspart, da überspannte Anforderungen an die Transparenz wiederum letztlich wieder zur Intransparenz führen müssten (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2005 – IV ZR 273/03 -, BGHZ 162, 210-218, Rn. 15, juris; Günther, VersR 2021, 1141, 1143).
(2) Die streitgegenständliche Klausel genügt aus Sicht des Senats den eben dargestellten Anforderungen. Auch in diesem Zusammenhang ist vorab nochmals festzustellen, dass das unter Ziffer 1 b. bb) dargestellte Redaktionsversehen auch für jeden durchschnittlichen, vernünftig denkenden Versicherungsnehmer als solches zweifelsfrei erkennbar ist.
(a) Durch den Verweis in § 1 Nr. 1 der AVB auf die weiteren Vertragsbestimmungen in § 1 Nr. 2 AVB knüpft die Beklagte an das allgemeine Leistungsversprechen an und konkretisiert dies durch einen bestimmten Katalog von Krankheiten oder Krankheitserregern. Durch den Aufbau dieser Klauseln hat die Beklagte ein Regelungsgefüge geschaffen, durch welches ein verständiger Versicherungsnehmer ohne Weiteres den (beschränkten) Umfang des Leistungsversprechens des Versicherers wahrnehmen kann (so auch OLG Stuttgart, Urteil vom 18. Februar 2021 – 7 U 351/20 – juris Rn. 58 ff.). Diese Prüfung kann der Adressatenkreis einer Betriebsschließungsversicherung, bei dem es sich – wie auch hier – typischerweise um geschäftserfahrene Betriebsinhaber mit einem grundlegenden Verständnis von Allgemeinen Vertragsbedingungen handelt, letztlich unschwer und ohne größeren Aufwand vornehmen (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 28. Juli 2021 – 10 U 259/21 -, Rn. 47).
Allein der Umstand, dass man die Klausel noch klarer hätte fassen können, etwa durch einen zusätzlichen Begriff wie „ausschließlich“ oder „nur“, reicht für die Annahme einer Verletzung des Transparenzgebots nicht aus (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 28. Juli 2021 – 10 U 259/21 -, Rn. 48, juris; OLG Hamm, Urteil vom 14. Juli 2021 – I-20 U 26/21 -, Rn. 53, juris).
(b) Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer wird aus Sicht des Senats allein durch die Bezugnahme auf §§ 6 und 7 IfSG auch nicht der Eindruck vermittelt, dass jede Betriebsschließung auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes vom Versicherungsschutz erfasst sei. Auf die Frage, ob der durchschnittliche Versicherungsnehmer die Inbezugnahme der §§ 6 und 7 IfSG jedenfalls dahin verstehen darf, dass die Bedingungen den Rechtszustand im Zeitpunkt des Vertragsschlusses wiedergeben, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, denn die Rechtsfolge einer solchen Unklarheit würde sich direkt aus § 305c Abs. 2 BGB ergeben (s. o.; bei einem solchen Verständnis in Form einer statischen Verweisung auf das Infektionsschutzgesetz zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses). Allein eine objektive Mehrdeutigkeit der Klausel – welche aus Sicht des Senats wie dargelegt nicht vorliegt – bewirkt noch keinen Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 14. Juli 2021 – I-20 U 26/21 -, Rn. 52 mwN, juris).
Soweit das Erstgericht ebenso wie das OLG Karlsruhe ausführt, die fehlende Aktualität des Katalogs im Abgleich mit dem Infektionsschutzgesetz sei für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht ohne weiteres ersichtlich, verkennt es, dass der Versicherungsnehmer allein anhand der AVB die Reichweite der Deckung erkennen kann, und zwar ohne in Gesetze zu schauen. Vom Versicherungsnehmer wird erst recht keine synoptische Gegenüberstellung zwischen einer bestimmten Fassung des Infektionsschutzgesetzes und den AVB verlangt, sondern ausschließlich die Lektüre der AVB mit ihrer insoweit eigenständigen Bedeutung und Regelung der meldepflichtigen Krankheiten bzw. Erreger.
Im Übrigen vertreten mehrere Oberlandesgerichte sogar die Auffassung, dass es dem um Verständnis bemühten Versicherungsnehmer zuzumuten sei, sich beim Abschluss einer Betriebsschließungsversicherung Kenntnis von den in den AVB genannten gesetzlichen Regelungen zu verschaffen (vgl. u.a. OLG Stuttgart, Urteil vom 18. Februar 2021 – 7 U 351/20, Rn. 36, juris; OLG Oldenburg, Urteil vom 06. Mai 2021 – 1 U 10/21 -, Rn. 33, juris). Aus diesen Abweichungen werde ein um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer schließen, dass der in § 1 Nr. 2 AVB enthaltenen Aufzählung abschließender Charakter zukomme (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 18. Februar 2021 – 7 U 351/20, Rn. 40, juris), zumal es tatsächlich keinen Sinn machen würde, die verschiedenen Krankheiten und Krankheitserreger in den Versicherungsbedingungen aufzulisten, wenn letztlich für den Umfang des Versicherungsschutzes doch die gesetzliche Regelung in der jeweils geltenden Fassung entscheidend wäre (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 06. Mai 2021 – 1 U 10/21 -, Rn. 33, juris).
(c) Erst recht gilt dies, wenn die AVB wie in den streitgegenständlichen Bedingungen den vom Erstgericht ebenso wie vom OLG Karlsruhe nicht gewürdigten Halbsatz „im Sinn dieser Bedingungen“ enthalten, so dass auch hieraus klar ist, dass die Reichweite des Versicherungsschutzes in den AVB eigenständig geregelt ist. Der Versicherungsnehmer wird nicht davon ausgehen, dass „einfach so“ Krankheiten und Krankheitserreger gedeckt sind, die in den AVB nicht auftauchen, erst recht nicht, künftige und bei Vertragsabschluss nicht einmal existente Krankheiten/Krankheitserreger, sondern er wird auf die AVB mit ihrer eigenständigen und optisch so präsenten Regelung abstellen. Die angefochtene Auffassung würde auch zu merkwürdigen Ergebnissen führen, wenn bei recht zeitnah abgeschlossenen Verträgen, die „zufällig“ mit der Liste im IfSG übereinstimmt, es dann eine Deckung verneint und in anderen Fällen hingegen bejaht (vgl. Günther, VersR 2021, 1141, 1143).
Dass es immer einer Bezugnahme auf das IfSG bedarf, liegt ohnehin auf der Hand, da das Infektionsschutzgesetz letztlich die Grundlage einer behördlichen Anordnung in der Betriebsschließungsversicherung ist und nicht bspw. eine auf dem allgemeinen Polizei- oder Ordnungsbehördenrecht beruhende (vgl. Günther a.a.O.).
(d) Der enumerative Charakter der Aufzählungen wird dem um Verständnis bemühten Versicherungsnehmer auch durch die Wendung „die folgenden“ deutlich vor Augen geführt. Dafür, dass es sich lediglich um eine beispielhafte Auflistung handeln soll, liefert ihm der Wortlaut der Klausel keinen Anhalt. Ihre sprachliche Gestaltung verdeutlicht ihm vielmehr den abschließenden, definitorischen Charakter der Aufzählung (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 14. Juli 2021 – I-20 U 26/21 -, Rn. 41, juris; OLG Koblenz, Urteil vom 28. Juli 2021 – 10 U 259/21 -, Rn. 33, juris).
(e) Die Klausel enthält zudem ausdrücklich die „namentliche“ Benennung der Krankheit oder des Krankheitserregers.
Bereits der Umstand einer namentlichen Aufzählung von Krankheiten und Krankheitserregern in § 1 Nr. 2 AVB legt nahe, dass der Versicherer nur für diese besonderen aufgezählten und vom Versicherer einschätzbaren Risiken einstehen will. Zugleich wird der Versicherungsnehmer durch die Aufzählung der Krankheiten und Erreger in die Lage versetzt, im Fall einer behördlichen Anordnung schnell feststellen zu können, ob ein potenzieller Versicherungsfall vorliegt (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 28. Juli 2021 – 10 U 259/21 -, Rn. 33, juris).
Selbst wenn man vom durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht erwartet, dass er sich beim Abschluss der Versicherung von den §§ 6, 7 IfSG Kenntnis verschafft (so u.a. OLG Hamm, Urteil vom 14. Juli 2021 – I-20 U 26/21 -, Rn. 42, juris; wohl ebenfalls ablehnend: Fortmann, VersR 2020, 1073, 1076), ergibt sich jedoch vorliegend nichts anderes. Denn der Begriff „namentlich“ ist hier auch als abschließende Aufzählung zu sehen. Zwar kann der Begriff – je nach dem Kontext – auch im Sinne von „im Besonderen“, „hauptsächlich“ oder „vor allem“ gemeint sein; so kann ihn der durchschnittliche Versicherungsnehmer aber vorliegend, zumal im Zusammenhang mit der Verwendung des Begriffs „die folgenden“, schon aufgrund seiner Stellung im Satzgefüge nicht verstehen. Der Begriff „namentlich“ kann hier nur als „mit Namen benannt“ oder „ausdrücklich benannt“ verstanden werden. Mit dem Einschub wird damit lediglich klargestellt, dass die folgend genannten Krankheiten und Krankheitserreger der namentlichen Nennung im Infektionsschutzgesetz entnommen sind (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Urteil vom 16. September 2021 – 3 U 9/21 -, Rn. 39, juris; OLG Koblenz, Urteil vom 28. Juli 2021 – 10 U 259/21 -, Rn. 35, juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 18. Februar 2021 – 7 U 351/20 -, Rn. 42 f., juris; OLG Hamm, Urteil vom 14. Juli 2021 – I-20 U 26/21 -, Rn. 43, juris mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
Wenn der Versicherer dagegen die Aufzählung nicht als abschließend, sondern lediglich als beispielhaft und offen gegenüber der Einbeziehung neuer Krankheiten hätte verstanden haben wollen, wäre aus Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers zu erwarten gewesen, dass der Versicherer dies durch entsprechende Formulierungen wie etwa durch die Wörter „insbesondere“, „beispielsweise“ oder „etwa“ klarstellt. Derartige verbalisierte Einschränkungen enthält § 1 Nr. 2 AVB jedoch gerade nicht (vgl. hierzu OLG Koblenz, Urteil vom 28. Juli 2021 – 10 U 259/21 -, Rn. 34, juris).
Ersetzt man das Wort „namentlich“ hier durch „in besonderer Weise“ ergäbe sich zudem folgender Satz:
„Meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im Infektionsgesetz in den §§ 6 und 7 in besonderer Weise genannten Krankheiten und Krankheitserreger.“
Dies ergibt offensichtlich keinen Sinn, denn in §§ 6, 7 IfSG werden keine Krankheiten oder Erreger in besonderer Weise genannt (so zutreffend: OLG Oldenburg, Urteil vom 06. Mai 2021 – 1 U 10/21 -, Rn. 27 ff., juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 18. Februar 2021 – 7 U 351/20, Rn. 35, juris).
Eine andere Bedeutung des Wortes „namentlich“ ergibt sich auch nicht aus §§ 6, 7 IfSG selbst. Teils wird in der Literatur vertreten, in die AVB sei das Wort „namentlich“ einfach aus dem Gesetz mit übernommen worden (in diesem Sinne wohl Korff, COVuR 2020, 246, 248; vgl. auch Frohnecke, COVuR, 2021, 274, 276 f.). Nach diesen Vorschriften sind bestimmte Umstände namentlich zu melden. Dem steht gegenüber, dass es auch Krankheiten bzw. Krankheitserreger gibt, deren Auftreten nicht namentlich zu melden ist. Was in diesem Zusammenhang unter einer namentlichen Meldung zu verstehen ist, ergibt sich ausdrücklich aus § 9 IfSG. Hat eine namentliche Meldung zu erfolgen, muss sie nach dieser Vorschrift die dort im einzelnen genannten Angaben zu der betroffenen Person, der mit der Erregerdiagnostik beauftragten Untersuchungsstelle, dem Meldenden und ggf. zu einer Schutzimpfung enthalten. Diese Bedeutung des Wortes „namentlich“ scheidet im Zusammenhang mit § 1 Nr. 2 AVB daher aus (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 06. Mai 2021 – 1 U 10/21 -, Rn. 30; OLG Celle, Urteil vom 01. Juli 2021 – 8 U 5/21 -, Rn. 34 f., juris).
(f) Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht durch den Ausschluss von Prionenerkrankungen in § 3 Nr. 4 der AVB.
Nach der Argumentation des Erstgerichts steht der Annahme einer abschließenden Aufzählung auch entgegen, dass in § 3 Nr. 4 der AVB wiederum einzelne Krankheiten ausdrücklich vom Versicherungsschutz ausgenommen werden, insb. eine Prionenerkrankung (so auch u. a. Fortmann, VersR 2020, 1073, 1076; Armbrüster, VersR 2020, 577, 583; Fortmann, ZfV 2020, 300, 301; Frohnecke, COVuR, 2021, 274, 277).
Dieser Ansicht folgt der Senat nicht.
Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer kann allein durch die Existenz eines solchen Ausschlussgrundes nicht den Rückschluss ziehen, dadurch sei der eindeutig als abschließend formulierte Katalog nun wieder geöffnet und stünde einer Einbeziehung sämtlicher künftiger Krankheiten offen gegenüber. Vielmehr weist der Ausschluss aus Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers lediglich darauf hin, dass eine Mitursächlichkeit einer anderen, speziellen Erkrankung – der Prionenerkrankung – ebenso wie die Mitursächlichkeit anderer äußerer, in § 3 AVB genannter Faktoren, den Versicherungsschutz entfallen lässt. Ein Rückschluss von dieser Ausnahme auf den Umfang der generellen Leistungspflicht liegt für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer gerade nicht nahe. Dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer einen Zusammenhang zwischen diesem Ausschlusstatbestand und der enumerativen Auflistung von Krankheiten, welche den Leistungsumfang konkretisiert, herstellt, erscheint aus Sicht des Senats vielmehr fernliegend (so auch OLG Koblenz, Urteil vom 28. Juli 2021 – 10 U 259/21 -, Rn. 44, juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 18. Februar 2021 – 7 U 351/20 – juris Rn. 49 und OLG Celle, Urteil vom 01. Juli 2021 – 8 U 5/21 -, Rn. 44 f., juris).
Die Ausschlussklausel hat im Übrigen auch als klarstellende und deklaratorische Aussage eine Rechtfertigung, um etwaige Fehlvorstellungen des Versicherungsnehmers auszuschließen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 14. Juli 2021 – I-20 U 26/21 -, Rn. 46, m.w.N).
Zudem sind die hier verwendeten Formulierungen in § 1 Nr. 1 und Nr. 2 AVB – wie ausgeführt – so eindeutig, dass ein ggf. überflüssiger, systematisch unverständlicher Ausschluss für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer an diesem eindeutigen Sinn nichts ändert. Prionenerkrankungen bilden ersichtlich weder den Fokus der Betriebsschließungsversicherung noch des Infektionsschutzgesetzes. Das (jedenfalls momentane) Leerlaufen eines randseitigen Haftungsausschlusses kann keine Auslegung einer allgemeinen Versicherungsbedingung rechtfertigen, die hier letztlich an ihrem Wortlaut vorbeigehen würde (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 06. Mai 2021 – 1 U 10/21 -, Rn. 34, juris). Vielmehr wird ein Versicherungsnehmer aufgrund des eindeutigen Wortlauts – selbst Spezialkenntnisse unterstellt – der Möglichkeit einer lediglich klarstellenden Risikoausschlussklausel den Vorzug geben (so überzeugend: OLG Celle, Urteil vom 01. Juli 2021 – 8 U 5/21 -, Rn. 46, juris).
Abschließend bleibt festzuhalten, dass der verständliche Wunsch bei Auslegung von Versicherungsbedingungen eben nicht der Vater des Gedankens sein darf. Versicherer dürfen vielmehr bestimmen, für welche Risiken sie einstehen wollen und für welche nicht (vgl. Schmidt, COVID-19, 3. Auflage 2021, § 12 Rn. 64).
d) Die in Rede stehende Klausel in den AVB führt auch nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die Regelung benachteiligt den Versicherungsnehmer nicht unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben (so auch OLG Koblenz, Urteil vom 28. Juli 2021 – 10 U 259/21 -, Rn. 51; Fortmann, VersR 2020, 1073, 1076).
aa) Eine unangemessene Benachteiligung könnte gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB insbesondere dann angenommen werden, wenn ein „Covid-19“ bzw. „SARS-CoV-2“ nicht umfassender Versicherungsschutz mit wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren wäre.
Dies ist indes nicht der Fall. Das Leistungsversprechen des Versicherers in der Betriebsschließungsversicherung aufgrund von Maßnahmen des Infektionsschutzgesetzes ist gesetzlich nicht geregelt. Eine gesetzliche Grundlage kann insbesondere nicht in den Regelungen des Infektionsschutzgesetzes gesehen werden, da der Schutzzweck des Infektionsschutzgesetzes nicht darin liegt, einen Unternehmer vor Schäden durch eine Schließung des Betriebs aufgrund von Maßnahmen des Gesundheitsschutzes zu bewahren. Das der streitgegenständlichen Klausel zugrundeliegende Verständnis, dass nur die im Katalog aufgeführten Krankheiten bzw. Krankheitserreger vom Versicherungsschutz erfasst sein sollen, läuft daher nicht etwa dem Schutzzweck des Infektionsschutzgesetzes zuwider (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 28. Juli 2021 – 10 U 259/21 -, Rn. 52, juris; OLG Stuttgart, Urt. v. 18. Februar 2021 – 7 U 351/20 – Rn. 52, juris).
Auch der für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbare Sinn und Zweck der Versicherungsbedingungen spricht gegen eine unangemessene Benachteiligung. Sowohl mit dem Vorhandensein einer detaillierten Auflistung von Krankheiten und Krankheitserregern als auch vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Risikos ist deutlich, dass die Beklagte nur für bestimmte Krankheiten (Risiken) einstehen wollte und nicht für solche, die zur Zeit des Versicherungsvertrages noch unbekannt waren und dazu noch die Gefahr pandemischer Ausbreitung innehaben. Nur dies kann von den Versicherungsnehmern angesichts der Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung auch erwartet werden (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Urteil vom 16. September 2021 – 3 U 9/21 -, Rn. 44, juris). Der Versicherungsnehmer wird auf ein umfangreiches Bedingungswerk hingewiesen, das in dieser Ausführlichkeit nicht erforderlich wäre, wenn alle in den §§ 6, 7 IfSG genannten Krankheiten vom Versicherungsumfang gedeckt wären (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 28. Juli 2021 – 10 U 259/21 -, Rn. 54, juris).
bb) Auch unter anderen Gesichtspunkten ist ein Verstoß gegen das in § 307 Abs. 1 S. 1 BGB normierte Verbot der unangemessenen Benachteiligung des Verwenders nicht ersichtlich. Die Regelung trägt vielmehr auch dem berechtigten Interesse des Versicherers Rechnung, das versicherte Risiko auch in Bezug auf die Prämienhöhe verlässlich kalkulieren zu können. Dieses berechtigte Bedürfnis, welches für einen durchschnittlichen verständigen Versicherungsnehmer erkennbar ist, dient nicht zuletzt auch dem Schutz des Versicherungsnehmers selbst (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 28. Juli 2021 – 10 U 259/21 -, Rn. 53, juris) bzw. der Gemeinschaft der Versicherungsnehmer, namentlich vor (ggf. deutlich) höheren Versicherungsprämien.
e) Aus der streitgegenständlichen Klausel folgt zuletzt auch keine Gefährdung des Vertragszwecks der Betriebsschließungsversicherung, § 307 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB.
Leistungsbegrenzungen bleiben grundsätzlich der freien unternehmerischen Entscheidung des Versicherers überlassen, soweit er nicht mit der Beschreibung der Hauptleistung beim Versicherungsnehmer falsche Vorstellungen weckt. Eine Gefährdung des Vertragszwecks liegt erst dann vor, wenn die Einschränkung den Vertrag seinem Gegenstand nach aushöhlt und in Bezug auf das zu versichernde Risiko zwecklos macht (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 14. Juli 2021 – I-20 U 26/21 -, Rn. 56, juris).
Durch die vorliegende Regelung wird lediglich der Leistungsumfang weiter konkretisiert, indem er auf die in § 1 Nr. 2 AVB genannten Krankheiten bzw. Krankheitserreger begrenzt wird. Eine Aushöhlung des von der Beklagten versprochenen Versicherungsschutzes ist darin nicht zu sehen, da weiterhin Betriebsschließungen aufgrund einer großen Anzahl von Erkrankungen versichert sind (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 28. Juli 2021 – 10 U 259/21 -, Rn. 55 f., juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 18. Februar 2021 – 7 U 351/20 – Rn. 55, juris; OLG Celle, Urteil vom 1. Juli 2021 – 8 U 5/21, juris Rn. 50).
2. Eine analoge Anwendung der streitgegenständlichen AVB auf das Corona-Virus zugunsten der Kläger scheidet vorliegend aus.
Eine analoge Anwendung zu allen vergleichbar hochriskanten Viren würde die vorherige Einschätzung finanzieller Belastungen und damit die Gesamtkalkulation der Beklagten zunichtemachen. Es sind vorliegend keine atypischen Besonderheiten ersichtlich, die eine berechtigte Erwartung der Klagepartei dahingehend, der Versicherer werde ohne Unterschied und ohne die Möglichkeit einer Einschätzung der Gefahrträchtigkeit einer Krankheit Versicherungsschutz gewähren wollen, begründen können (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 28. Juli 2021 – 10 U 259/21 -, Rn. 41, juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 18. Februar 2021 – 7 U 351/20 – juris, Rn.45 ff.; Rixecker, ZfSch 2020, 392, 395).
Die Ergänzung der Versicherungsklauseln im Wege der Analogie ist daher vorliegend abzulehnen (vgl. hierzu auch Korff, COVuR 2020, 246, 247 mwN).
3. Nicht abschließend muss über den weiteren Einwand der Beklagten entschieden werden, es sei – entgegen der erstgerichtlichen Feststellung – vorliegend keine Schließung einer Behörde i.S.d. AVB gegeben; es handle sich allenfalls um eine Teilschließung, welche nicht von § 1 Nr. 1 der AVB erfasst sei.
In Literatur und Rechtsprechung wird insbesondere vertreten, dass eine Teilschließung grundsätzlich nicht genüge, da dann nur eine Betriebsbeschränkung vorliege (vgl. auch LG Stuttgart Urteil vom 02. November 2020 – 18 O 264/20, BeckRS 2020, 29760 Rn. 9). Vielmehr bedürfe es grundsätzlich einer vollständigen Schließung (vgl. Günther, VersR 2021, 1141, 1145; OLG München Hinweisbeschluss vom 12. Mai 2021 – 25 U 5794/20, BeckRS 2021, 13077 Rn. 38 ff.).
Trotz des Fehlens einer öffentlich-rechtlichen Anordnung einer vollständigen Betriebsschließung kann jedoch selbst nach dieser Ansicht über § 242 BGB von einer Betriebsschließung auszugehen sein, wenn dem Versicherungsnehmer keinerlei sinnvolle geschäftliche Tätigkeit mehr verbleibt (vgl. Günther, VersR 2021, 1141, 1146). Dies liegt jedenfalls dann nahe, wenn sich der Umsatz auf einen nur untergeordneten Außerhausverkauf beschränkt.
Nicht entschieden werden muss ferner die Frage, ob die Schließung infolge der Allgemeinverfügung eine Betriebsschließung durch eine Behörde im Sinne von § 1 Nr. 1 der AVB darstellt.
4. Ebenfalls kann der Senat dahinstehen lassen, ob im Hinblick auf den Schutzzweck der Versicherung nur sog. betriebsinterne Gefahren versichert waren, wie es in Teilen der Literatur und Rechtsprechung vertreten wird. Dies könne nach dieser Ansicht aus einem Vergleich zu den übrigen Varianten in § 1 Nr. 1 der AVB hergeleitet werden (vgl. OLG Schleswig v. 10.5.2021 – 16 U 25/21, COVuR 2021, 349, 351, Rz. 17). Die Infektion, die zur Betriebsschließung führt, müsse daher nach der Vertragsintention im Betrieb selbst aufgetreten sein (vgl. auch OLG Hamburg VersR 2021, 1228, 1230). Die wohl überwiegende Meinung hält es hingegen für unerheblich, ob die Schließung wegen einer sog. intrinsischen Gefahr erfolgt ist (vgl. u. a. Korff, COVuR 2020, 246, 247; OLG Dresden, Urteil vom 13. Juli 2021 – 4 U 287/21 -, Rn. 44 ff., juris; OLG Hamm, Urteil vom 14. Juli 2021 – I-20 U 26/21 -, Rn. 58, juris, mit zahlreichen weiteren Nachweisen; offengelassen z. B. von Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Urteil vom 16. September 2021 – 3 U 9/21 -, Rn. 65, juris).
5. Zuletzt bedarf es auch keiner abschließenden Entscheidung, ob die erstgerichtlich zugesprochene Anspruchshöhe zutreffend ist oder die Einwände der Beklagten hiergegen, insb. auch unter Verweis auf das sog. Sauenurteil des BGH v. 4.4.2001 – IV ZR 138/00, VersR 2001, 749 (vgl. hierzu umfassend Günther, VersR 2021, 1141, 1146) durchgreifen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit, bezogen auf die Kostenentscheidung, auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV.
Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO zuzulassen.
Der Rechtssache kommt einerseits gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzliche Bedeutung zu. Die Frage der Auslegung bzw. Wirksamkeit der streitgegenständlichen Klausel ist bisher höchstrichterlich noch nicht geklärt. Die Rechtsfrage ist auch für die Allgemeinheit von Bedeutung (vgl. hierzu u. a. Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Urteil vom 16. September 2021 – 3 U 9/21 -, Rn. 69, juris).
Im Übrigen war auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die Revision zuzulassen, da der Senat in der entscheidungserheblichen Frage der Wirksamkeit einer allgemeinen Vertragsbedingung eines Betriebsschließungsversicherungsvertrages von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts zu einer fast identischen Vertragsklausel abweicht.


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