Verwaltungsrecht

Abgelehnter Asylantrag – Senegal ist sicherer Herkunftsstaat

Aktenzeichen  M 2 S 16.30453

Datum:
1.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG §§ 3 ff., § 4, § 29a Abs. 1, § 34 Abs. 1, § 36 Abs. 1
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
GG GG Art. 16a Abs. 1

 

Leitsatz

Der vage Hinweis auf einen Krieg in einem sicheren Herkunftsstaat genügt nicht den Anforderungen an den substantiierten Tatsachenvortrag iSv § 25 Abs. 1 AsylG. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der 1986 geborene Antragsteller ist senegalesischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am 3. März 2013 nach längeren Aufenthalten in Spanien, Frankreich und Italien nach Deutschland ein und meldete sich tags darauf als Asylbewerber. Am 5. November 2013 stellte er Asylantrag, wobei er über seine Mitwirkungspflichten schriftlich belehrt wurde. Dabei gab er u. a. an, er besitze keine Personalpapiere, auch keinen Pass. Dies entsprach seinen Angaben seiner Meldung als Asylbewerber, und gegenüber der Bundespolizei, von der er am 5. November 2013 nach einer erneuten Einreise auf dem Luftweg befragt wurde; bei der Befragung durch die Bundespolizei erklärte der Kläger auch, er habe den Senegal aus Angst vor dem Krieg verlassen und wolle in Deutschland arbeiten. Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 5. November 2015 wurde der Antragsteller zur persönlichen Anhörung am 17. November 2015 um 8:00 Uhr geladen. Nachdem er diesen Anhörungstermin nicht wahrgenommen hatte, wurde ihm mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 18. November 2015 Gelegenheit gegeben, sich innerhalb eines Monats schriftlich zu seinen Asylgründen und anderen seiner Rückkehr in den Heimatstaat entgegenstehenden Gründen zu äußern. Mit einem am 19. November 2015 beim Bundesamt … (Bundesamt) eingegangenen Schreiben teilte der Antragsteller mit, er habe wegen einer starken fiebrigen Erkältung nicht zur Anhörung erscheinen können.
Nachdem keine Äußerung des Antragstellers zu dem Schreiben vom 18. November 2015 beim Bundesamt eingegangen war, lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 12. Februar 2016 die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet (Ziff. 1 und 2) und den Antrag auf subsidiären Schutz (Ziff. 3) ab; sie stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 4) und forderte den Antragsteller unter Androhung der Abschiebung in den Senegal oder einen anderen zu seiner Aufnahme bereiten oder zu seiner Rückübernahme verpflichteten Staat auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche zu verlassen (Ziff. 5); die Einreise- und Aufenthaltsverbote gemäß § 11 Abs. 7 und Abs. 1 wurden auf 30 und auf 10 Monate befristet Ziff. 6 und 7). Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, der Antragsteller stamme aus einem sicheren Herkunftsstaat i. S.v. Art. 16a Abs. 3 GG und sein Asylantrag sei nach § 29a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abzulehnen, da er nichts vorgetragen habe, was entgegen der allgemeinen Einschätzung der Lage in seinem Herkunftsstaat die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung rechtfertige. Zudem zeige er völliges Desinteresse an seinem Asylantrag. Der Bescheid wurde dem Antragsteller mit Schreiben vom 23. Februar 2016 zugestellt.
Bereits mit Schreiben vom 18. Februar 2016 hatte die Ausländerbehörde dem Bundesamt mitgeteilt, dass der Antragsteller bei Einreisen aus der Schweiz und aus Frankreich aufgegriffen worden und dabei ein senegalesischer Reisepass sichergestellt worden sei. Der Pass war am 24. November 2009 ausgestellt worden.
Am 4. März 2016 erhoben die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers Asylklage mit den Anträgen, die Antragsgegnerin mit der Aufhebung ihres Bescheids zu verpflichten, den Antragsteller als Asylberechtigten anzuerkennen, (hilfsweise) ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, und das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG festzustellen. Gleichzeitig wurde gemäß § 80 Abs. 5 VwGO beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung wurde zunächst auf das mündliche Vorbringen der Klagepartei bei Verwaltung und Behörden verwiesen. Eine weitere Begründung erfolgte nicht.
Die Antragsgegnerin äußerte sich abgesehen von der Aktenübersendung nicht.
Im Übrigen wird auf die vorgelegte Verwaltungsakte und die Gerichtsakten verwiesen.
II.
Für das Gericht ist hinsichtlich der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG). Insbesondere kommen das AsylG und das AufenthG in den durch das Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11. März 2016 (BGBI I S. 390) und das Gesetz zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweitern Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 11. März 2016 (BGBI I S. 394) geänderten Fassungen zur Anwendung.
Der Antrag ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung zulässig (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, § 75 AsylG; § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO i. V. m. § 36 Abs. 3 AsylG), jedoch unbegründet.
Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (Art. 16 a Abs. 4 Satz 1 GG, § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG). Ernstliche Zweifel liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird (BVerfGE 94, 166, 194). Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig (§ 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG). Vorliegend bestehen im Ergebnis keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids vom 25. Januar 2016.
Die Androhung der Abschiebung unter Bestimmung einer Ausreisefrist von einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung stützt sich auf die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet § 34 Abs. 1 i. V. m. § 36 Abs. 1 AsylG). Das Gericht hat daher die Einschätzung des Bundesamts, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und für die Zuerkennung internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen, zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen. Maßgeblich ist dabei, ob sich diese Einschätzung im Ergebnis als tragfähig und rechtmäßig erweist. Darüber hinaus hat das Gericht gemessen am Maßstab der ernstlichen Zweifel auch zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG verneint hat (vgl. zum Ganzen: Marx, Kommentar zum AsylVfG, 8. Auflage, § 36 Rn. 43, 56 f. m. w. N.).
Das Bundesamt ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und für die Zuerkennung internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen. Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Bundesamt keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Satz 1 AufenthG festgestellt hat. Dem Antragsteller droht offensichtlich weder im Hinblick auf die allgemeine Situation in Senegal noch aufgrund besonderer individueller Umstände eine asylerhebliche Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung im Sinne des Artikel 16 a Abs. 1 GG sowie der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG und § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG.
Der Antragsteller hat keine Tatsachen angegeben, die sein Asylbegehren stützen könnten. Der vage Hinweis auf einen Krieg im Senegal genügt nicht den nach § 25 Abs. 1 AsylG zu stellenden Anforderungen an einen substantiierten Tatsachenvortrag. Selbst wenn der Antragsteller tatsächlich krankheitsbedingt an der Wahrnehmung des Termins für die persönliche Anhörung verhindert gewesen sein sollte, woran schon wegen seiner falschen Angaben zum Besitz eines Passes erhebliche Zweifel bestehen, hätte er sich zu dem Schreiben des Bundesamts vom 18. November 2015 äußern und auch in den gerichtlichen Verfahren konkrete Ausführungen zu etwa drohenden Gefahren machen können. Vor allem hat er durch die wiederholte Verheimlichung der Passbesitzes gegen seine Pflicht zur Vorlage, Aushändigung und Überlassung des Passes (§ 15 Abs.2 Nr. 4 AsylG) verstoßen. Hinzu kommt, dass der Antragsteller bei seiner Befragung durch die Bundespolizei ein anderes Geburtsjahr (1986 statt 1985) und einen anderen Geburtsort (… statt …) als in seinem Reisepass vermerkt angegeben und damit auch falsche Angaben zu seinen Personalien gemacht hat. Damit hat er seine ihm gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 AsylG obliegende Mitwirkungspflicht gröblich verletzt. Auch die Klage- und Antragsbegründung enthält keinerlei Angaben, die eine andere als die vom Bundesamt getroffene Entscheidung rechtfertigen könnte. Eine Angabe etwaiger Asylgründe oder Abschiebungshindernisse wäre umso mehr erforderlich gewesen, als es sich beim Senegal um einen sicheren Herkunftsstaat i. S.v. Artikel 16 a Abs. 3 GG und § 29 a i. V. m. Anlage II AsylG handelt. Das Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamts ist daher sowohl nach § 29 a Abs. 1 AsylG als auch nach § 30 Abs. 3 Nr. 5 AsylG gerechtfertigt.
Im Übrigen wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheids verwiesen.
Nach alledem war der gemäß § 83 b AsylG gerichtskostenfreier Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.


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