Verwaltungsrecht

Abgewiesene Klage im Streit um Ausweisung

Aktenzeichen  M 9 K 16.5905

Datum:
13.12.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 164726
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 53 Abs. 1, Abs. 2, § 54 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 1a, § 55
EMRK Art. 8 Abs. 2
GG Art. 6

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.     
Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 29. November 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Voraussetzungen für eine Ausweisung liegen vor, da das öffentliche Interesse daran, den Aufenthalt des Klägers zu beenden, die privaten Interessen des Klägers nach dem Ergebnis der umfassenden Abwägung durch die Beklagte überwiegt. Gegen die Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das ebenfalls umfassend begründet wurde, bestehen im hier vorliegenden Einzelfall keine Bedenken. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst vollumfänglich auf die Begründung des Bescheids vom 29. November 2016 Bezug genommen. Ergänzend ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts vorgelegten Unterlagen und Nachweise Folgendes festzustellen:
1. Der Vortrag des Klägers, er habe keinen Bezug zu seinem Heimatland und beherrsche die Sprache nur bruchstückhaft, wird nach Aktenlage dadurch widerlegt, dass bereits die Hauptschule in einer Stellungnahme vom 20. Januar 2009 (Bl. 124 Behördenakte) feststellte, dass der Kläger Anzeichen von Verwahrlosung zeige und bei seiner Oma wohne, die ebenso wenig wie seine Mutter ein kompetenter Ansprechpartner sei. Die Mutter sei teilweise im Ausland gewesen und die Großmutter scheine der deutschen Sprache kaum mächtig zu sein. Daraus ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts, dass der Kläger über ausreichende Kenntnisse seiner Muttersprache verfügt. Es ist nicht überzeugend, dass er sich mit seiner Großmutter auf Deutsch unterhalten hat, wenn diese kaum Deutsch spricht.
2. Die Feststellungen der Strafgerichte über eine schlechte Sozialprognose werden durch den Führungsbericht der JVA nicht entkräftet. Die Nachholung des Hauptschulabschlusses, ein Metallgrundlehrgang von drei Monaten und ein Schweißerlehrgang von drei Monaten sind keine Ausbildung, aufgrund derer der Kläger seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Die disziplinarisch nicht zu beanstandende Führung in der JVA ist als Regelfall des Verhaltens eines Straftäters in der Haft zu betrachten und lässt nicht den Schluss zu, dass dies zu einem rechtstreuen, geordneten Leben ohne Straftaten nach der Haftentlassung führt. Die Drogenfreiheit in der Haft rechtfertigt kein anderes Ergebnis, da die Straftaten des Klägers nach den Feststellungen der Strafgerichte unabhängig von Drogen und Alkoholkonsum begangen wurden. Der familiäre Rückhalt lässt keinen Schluss auf ein zukünftiges straffreies Leben zu, da der Kläger auch in der Vergangenheit bei seiner Mutter und seinen Schwestern gelebt hat. Vielmehr ist zu befürchten, dass er bei einer Rückkehr in die Familie wieder in die alten Verhaltensmuster rutscht. Auch der Umstand, dass der Kläger an einer Therapie für Gewaltstraftäter teilnimmt, lässt nicht die Erkenntnis zu, dass aufgrund dessen mittlerweile eine günstige Sozialprognose gestellt werden kann. Zu den Straftaten des Klägers gehörten Leistungserschleichung, Ladendiebstahl, Diebstahl, Körperverletzung, Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, Betäubungsmittelstraftaten, Trunkenheit im Verkehr, räuberische Erpressung, Beleidigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (Bl. 189 f. Behördenakte). Die Annahme, eine Sozialtherapie im Hinblick auf Gewalttaten führe zu einem straffreien Leben, ist danach nicht überzeugend.
3. Gegen die Länge der Befristung des Wiedereinreiseverbots bestehen unter Berücksichtigung der strafrechtlichen Karriere des Klägers, seiner nahezu vollständig nicht erfolgten Integration, seiner fehlenden Aufenthaltserlaubnis, seines familiären Hintergrunds, des nach Aktenlage lebenslänglichen Bezugs von staatlichen Unterstützungsleistungen verbunden mit fehlender Ausbildung und der erheblichen Straftaten keine rechtlichen Bedenken. Es ist nicht erkennbar, dass der Kläger in der Lage ist, im Bundesgebiet seinen Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen und straffrei zu bleiben. Die prognostische Einschätzung gemäß § 11 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG durch die Beklagte darüber, wie lange das Verhalten des Klägers das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr trägt, ist auch unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen danach nicht zu beanstanden und ist unter Berücksichtigung der Gefahr der Wiederholung angemessen und erforderlich, um eine erneute schwerwiegende Gefährdung durch die Begehung weiterer Straftaten abzuwenden.
Die Klage ist nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 f. ZPO.


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