Verwaltungsrecht

Ablehnung der Erteilung eines Jagdscheins, Waffenrechtliche (Un-)Zuverlässigkeit, „Reichsbürgerbewegung“, Zuverlässigkeitsprüfung als Frage des Einzelfalls

Aktenzeichen  M 7 K 18.719

Datum:
21.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 48640
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BJagdG § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
BJagdG § 17 Abs. 1 S. 2
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2
WaffG § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag ohne Erfolg.
Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BayVGH, U.v. 29.6.2016 – 21 B 16.527 – juris Rn. 21) keinen Anspruch auf die Erteilung des begehrten Jagdscheines (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Denn nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BJagdG ist der beantragte Jagdschein bei Personen zu versagen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie die erforderliche Zuverlässigkeit oder körperliche Eignung nicht besitzen. Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG darf zudem nur ein Jagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG (Falknerjagdschein) erteilt werden, wenn die Zuverlässigkeit oder die persönliche Eignung im Sinne der §§ 5 und 6 des Waffengesetzes fehlen.
Der Kläger verfügt nicht über die erforderliche Zuverlässigkeit nach § 17 Abs. 3 BJagdG bzw. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG.
Nach § 17 Abs. 3 BJagdG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden (Nr. 1) oder mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden (Nr. 2) oder Waffen oder Munition Personen überlasen werden die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind (Nr. 3). Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden (Buchst. a) oder mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden (Buchst. b) oder Waffen oder Munition Personen überlasen werden die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind (Buchst. c).
Die nachfolgend zu § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG dargestellten Grundsätze geltend dabei auf Grund der Inhaltsgleichheit beider Normen für § 17 Abs. 3 BJagdG entsprechend, sodass sich das Gericht auf deren Darstellung beschränkt.
Maßgeblich für die Beurteilung, ob die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht gegeben ist, ist eine auf Tatsachen gestützte Prognose eines spezifisch waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens, aus dem mit hoher Wahrscheinlichkeit der Eintritt von Schäden für hohe Rechtsgüter resultiert (vgl. BT-Drs 14/7758, S. 54). Diese Prognose ist auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellen. Dabei ist der allgemeine Zweck des Gesetzes nach § 1 Abs. 1 WaffG, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren, zu berücksichtigen. Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten das Vertrauen verdienen, mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umzugehen. In Anbetracht des vorbeugenden Charakters der gesetzlichen Regelungen und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, ist für die gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich. Vielmehr genügt eine hinreichende, auf der Lebenserfahrung beruhende Wahrscheinlichkeit, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 22.12.2014 – 21 ZB 14.1512 – juris Rn. 12; B.v. 4.12.2013 – 21 CS 13.1969 – juris Rn. 14). Unter Berücksichtigung des strikt präventiven, auf die Umsetzung grundrechtlicher Schutzpflichten gerichteten Regelungskonzepts des Waffengesetzes ist die Prognose der Unzuverlässigkeit nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt ist, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass der Betroffene künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen werde (vgl. BVerwG, U.v. 28.1.2015 – 6 C 1.14 – juris Rn. 17).
Der Kläger ist unzuverlässig im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. Denn Personen, die der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, besitzen nicht die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG (vgl. BayVGH, B.v. 5.10.2017 – 21 CS 17.1300; B.v. 12.12.2017 – 21 CS 17.1332; B.v. 10.1.2018 – 21 CS 17.1339; B.v. 15.1.2018 – 21 CS 17.1519; B.v. 12.3.2018 – 21 CS 17.1678; B.v. 16.1.2019 – 21 C 18.578 – alle juris).
Der Verfassungsschutzbericht 2018 des Bundes (S. 94) beschreibt die Szene der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ als personell, organisatorisch und ideologisch heterogen. Sie setzt sich aus Einzelpersonen ohne Organisationsanbindung, Kleinstund Kleingruppierungen, länderübergreifend aktiven Personenzusammenschlüssen und virtuellen Netzwerken zusammen. Verbindendes Element der Szeneangehörigen ist die fundamentale Ablehnung der Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik Deutschland sowie deren bestehender Rechtsordnung. Nach dem Verfassungsschutzbericht Bayern 2018 (S. 175) sind „Reichsbürger“ Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven und mit unterschiedlichen Begründungen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen. Dabei berufen sie sich unter anderem auf das historische Deutsche Reich, verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder ein selbst definiertes Naturrecht. Den Vertretern des Staates sprechen sie die Legitimation ab oder definieren sich gar in Gänze als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Sie berufen sich in unterschiedlichster Form auf den Fortbestand des Deutschen Reiches. Dabei werden z.B. der Rechtsstand von 1937, 1914 zwei Tage vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges oder auch 1871 genannt. Reichsbürger behaupten, Deutschland habe keine gültige Verfassung und sei damit als Staat nicht existent, oder das Grundgesetz habe mit der Wiedervereinigung seine Gültigkeit verloren. Daher fühlen sich Reichsbürger auch nicht verpflichtet, den in der Bundesrepublik geltenden Gesetzen Folge zu leisten. In ihrer Gesamtheit ist die Szene der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ als staatsfeindlich einzustufen (vgl. Verfassungsschutzbericht 2018 des Bundes (S. 95). Die Reichsbürgerideologie insgesamt ist geeignet, Personen in ein geschlossenes verschwörungstheoretisches Weltbild zu verstricken, in dem aus Staatsverdrossenheit Staatshass werden kann. Dies kann Grundlage für Radikalisierungsprozesse sein bis hin zur Gewaltanwendung (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2018, S. 176).
Wer der Ideologie der Reichsbürgerbewegung folgend die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkennt, gibt Anlass zu der Befürchtung, dass er auch die Regelungen des Waffengesetzes nicht strikt befolgen wird. Dies gilt für den Umgang mit Waffen ebenso wie für die Pflicht zur sicheren Waffenaufbewahrung, die Pflicht zur getrennten Aufbewahrung von Waffen und Munition, die Pflicht zu gewährleisten, dass andere Personen keinen Zugriff haben können, sowie die strikten Vorgaben zum Schießen mit Waffen im Besonderen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bis c WaffG). Ausgehend von dem Grundsatz, dass nur derjenige im Besitz von Waffen sein soll, der nach seinem Verhalten das Vertrauen darin verdient, dass er mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen wird, muss einer der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnenden Person anknüpfend an die Tatsache, dass sie die waffenrechtlichen Normen gerade nicht als für sich verbindlich ansieht, die nach § 5 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit abgesprochen werden (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2018 – 21 CS 17.1964 – juris Rn. 15 m.w.N.). Keine andere Beurteilung ist gerechtfertigt, wenn sich jemand (glaubhaft) selbst nicht als diesem Spektrum zugehörig betrachtet oder in einzelnen – auch wesentlichen – Bereichen von dort anzutreffenden Thesen nachvollziehbar und glaubhaft distanziert. Auch jenseits der Nähe zum eigentlichen „Reichsbürger“- Spektrum rechtfertigt eine Einstellung, die die Existenz und die Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung nicht als für sich verbindlich betrachtet, die Annahme der waffenrechtlichen absoluten Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG (vgl. OVG RhPf, B.v. 3.12.2018 – 7 B 11152/18 – juris Rn. 23).
Die Tatsachen, die dem Gericht vorliegen, rechtfertigen im Fall des Klägers die Prognose der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. Die ermittelten Verhaltensweisen und Einlassungen des Klägers begründen in ihrer Gesamtwürdigung die Annahme, dass dieser der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnen ist bzw. er sich deren Ideologie für sich bindend zu eigen gemacht hat. Es bestehen keine durchgreifenden Zweifel daran, dass die nach außen getätigten Äußerungen und Verhaltensweisen auch seine innere Einstellung widerspiegeln.
So spricht im konkreten Fall insbesondere die Stellung eines Antrags auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit unter Hinweis auf das RuStAG von 1913 dafür, dass der Kläger der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnen ist bzw. er sich deren Ideologie für sich bindend zu eigen gemacht hat. Denn Reichsbürger und Selbstverwalter bestreiten die rechtmäßige Existenz der Bundesrepublik Deutschland als Staat und bezeichnen diese z.T. als „Firma BRD“. Sie sind der Auffassung, dass sie nicht die Staatsangehörigkeit der Bundesrepublik Deutschland besitzen bzw. aus dieser „austreten“ können. Ausgehend von der falschen Annahme, ohne Staatsangehörigkeitsausweis staatenlos zu sein, beantragen sie häufig einen Staatsangehörigkeitsausweis (sog. „gelber Schein“) zur Bestätigung ihrer Reichs- und Staatsangehörigkeit nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2018 S. 179 ff.). Vom Staatsangehörigkeitsausweis erhofft sich dieser Personenkreis – rechtlich völlig unzutreffend – unter anderem den „Ausstieg aus der Firma BRD“ oder die Sicherung vermeintlicher Rechte beim „Untergang des Systems“ (vgl. BayVGH, B.v. 19.12.2017 – 21 CS 17.2029 – juris Rn. 16). Der „gelbe Schein“ wird zudem als Nachweis der Rechtsstellung als Staatsangehöriger des vorgeblich fortbestehenden „Deutschen Reichs“ angesehen (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2018 S. 180). Dieses reichsbürgertypische Argumentationsmuster kommt insbesondere in der Angabe „Geburt (Abstammung) gemäß §§ 1, 3 Nr. 1, 4 (1) RuStAG Stand 1913“ unter dem Punkt „Sonstiges“ des Antrags auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit zum Ausdruck. Zudem ist in diesem Kontext auch die, in dem Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit, getätigte Angabe der weiteren Staatsangehörigkeit des Klägers „Königreich Bayern seit Geburt erworben durch Abstammung gem. §§ 1, 3 Nr. 1, 4 (1) RuStAG Stand 1913“ zu sehen. Dies legt ebenfalls grundsätzlich „reichsbürgertypisch“ nahe, dass sich der Kläger nicht als zur Bundesrepublik Deutschland zugehörig ansieht (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2018 – 21 CS 17.2310 – juris Rn. 19). Weiterhin hat der Kläger in dem Antrag als Geburtsstaat „Deutschland [Kgr. Bayern]“ angegeben. Der Kläger hat hierdurch eine weitere für die sog. „Reichsbürgerbewegung“ typische Argumentationslinie zum Ausdruck gebracht (vgl. zur Angabe „Königreich Bayern“ BayVGH, B.v. 12.12.2017 – 21 CS 17.1332 – juris Rn. 15). Denn aus Sicht der „Reichsbürger“ bestimmt sich ihre Staatsangehörigkeit nach dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz in der im Jahr 1913 geltenden Fassung, wonach die Reichsangehörigkeit zum Deutschen Reich gegeben war, wenn eine Staatsangehörigkeit eines Landes des Deutschen Reichs bestand (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2018 S. 180).
Die Einlassungen des Klägers sowohl im Anhörungsverfahren als auch im gerichtlichen Verfahren vermögen demgegenüber an der Einschätzung des Gerichts nichts zu ändern.
Soweit der Kläger geltend macht, ein rechtstreuer Staatsbürger zu sein und sich an geltende Gesetze zu halten, steht auch dies dieser Einschätzung nicht entgegen. Der Umstand allein, dass sich eine Person in bestimmten, ihr opportun erscheinenden Situationen in Übereinstimmung mit gesetzlichen Vorgaben verhält, begründet keine waffenrechtliche Zuverlässigkeit, wenn sie ihre Bindung an die Rechtsordnung, wie hier, durch Wort und Tat unter Vorbehalt stellt und auf diese Weise Zweifel weckt, ob sie waffenrechtliche Vorschriften auch dann noch einhält, wenn sie ihr nicht (mehr) opportun erscheinen (vgl. VGH BW, B.v. 10.10.2017 – 1 S 1470/17).
Zudem vermochte der Kläger den durch reichsbürgertypische Stellung des Antrags auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit entstandenen Eindruck bzw. Anschein nicht – auch nicht im Rahmen der mündlichen Verhandlung – zu entkräften. Vielmehr hat der Kläger versucht sein Verhalten zu relativieren bzw. zu rechtfertigen. So konnte der Kläger bereits nicht schlüssig den Anlass für die Auseinandersetzung mit der Thematik „Staatsangehörigkeitsausweis“ und die Stellung des Antrags auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit darlegen. Insbesondere erscheint es wenig überzeugend, dass der Kläger nach Lektüre der ersten Hälfte des (gerichtsbekannten) Buches „Wenn das die Deutschen wüssten“, dieses als Anlass dafür genommen haben will, sich eingehender mit der Thematik „Staatsangehörigkeitsausweis“ zu beschäftigten, hierzu vertieft im Internet zu recherchieren und schließlich den Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit zu stellen, obwohl der Kläger den Inhalt des Buches nach eigenen Angaben „für etwas abstrus gehalten“ habe. Dies gilt umso mehr, als es auf dem Text der Rückseite des Buches u.a. heißt: „(…) Wussten Sie zudem, dass Gerichtsvollzieher der BRD seit 2012 keine Beamten mehr sind oder dass die BRD selbst gar kein Staat ist – und auch nie war -, sondern eine von den Alliierten installierte Verwaltung, die großteils innerhalb einer ‚Firmenstruktur‘ operiert? (…)“. Gerade auf Grund solcher Aussagen wäre vom Kläger angesichts seines Bildungsgrades (* …*) zu erwarten gewesen, dass er diese Ausführungen in dem Buch kritisch hinterfragt bzw. reflektiert und von einer Weiterverfolgung Abstand nimmt, zumal es insbesondere in dem die Beantragung des Staatsangehörigkeitsausweises thematisierenden Teil „Wieso benötige ich einen Staatsangehörigkeitsausweis? Ich habe doch einen Personalausweis“ u.a. heißt „Der Staatsangehörigkeitsausweis (sog. ‚Gelber Schein‘) wird bei der Stadtverwaltung/Ausländerbehörde beantragt, und hier ist es wichtig, seine deutsche Herkunft lückenlos und beglaubigt bis vor 1914 nachzuweisen. (…) Es ist hier eine Frage der Souveränität. Und hier muss ich eben so weit zurückgehen, bis ich wieder auf gültiges Recht stoße. Denn eine Staatsangehörigkeit kann rechtlich betrachtet nur von bzw. für einen rechtmäßigen souveränen Staat ausgestellt werden. (…)“. Angesichts der Eindeutigkeit dieser, die Existenz der Bundesrepublik Deutschland ablehnenden Aussagen, erscheint es nicht plausibel, dass der Kläger sich mit der Thematik „Staatsangehörigkeitsausweis“ bis hin zu dessen Beantragung unter Verwendung „reichsbürgertypischer“ Angaben beschäftigt haben will, ohne diese als zutreffend zu erachten. Vielmehr bestärkt das weitere Vorgehen des Klägers in Gestalt einer umfassende Internetreche insgesamt den gewonnenen Eindruck, dass er die Ausführungen in dem Buch zur Thematik „Staatsangehörigkeitsausweis“ als überzeugend und als für sich zutreffend erachtet hat und auch nach weiterer Recherche weiterhin dieser Auffassung war. Des Weiteren gelang es dem Kläger nicht, schlüssig den Grund für die Stellung des Antrags auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit darzulegen. Soweit der Kläger hierzu in der mündlichen Verhandlung anführte, den Antrag gestellt zu haben, da er dadurch eine Bestätigung über die deutsche Staatsangehörigkeit habe erhalten wollen und im Hinblick auf die Ausführungen in dem Buch gedacht habe, dass ihm der Staatsangehörigkeitsausweis bei einem beabsichtigten Hauskauf nützen würde, erscheint dies nicht nachvollziehbar. Insbesondere vermag der Zusammenhang zu dem beabsichtigten Hauskauf nicht einzuleuchten. Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zwar ausgeführt hat, im Januar 2015 – somit bereits vor Stellung des Antrags auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit am 19. Oktober 2015 – das Haus verkauft und die Absicht gehabt zu haben, ein neues zu kaufen. Allerdings erschließt sich in diesem Kontext nicht, inwiefern sich die Situation zwischen dem ohne Staatsangehörigkeitsausweis erfolgten Hausverkauf und dem beabsichtigten Hauskauf verändert haben sollte, so dass nunmehr für den Hauskauf ein Staatsangehörigkeitsausweis erforderlich gewesen wäre. Auch hat der Kläger dies in seiner E-Mail an das Landratsamt vom … Januar 2017 nicht als Grund für die Antragstellung benannt. Vielmehr hat er darin noch angeführt, dass er nur seine deutsche Staatsangehörigkeit habe bestätigt haben wollen, da er durch einen alten Eintrag beim Register für Staatsangehörigkeiten im Zusammenhang mit der Adoption des Sohnes seiner Ehefrau im Jahr 2008 irritiert gewesen sei. Dies steht zudem im Widerspruch zu den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten in seinem Schriftsatz vom … August 2017, wonach der Kläger in der E-Mail vom … Januar 2017 glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt habe, „dass er als ‚stolzer Ur-Bayer‘ diesen Antrag aus ‚romantischen Gründen‘ gestellt habe“. Soweit der Klägerbevollmächtigte in diesem Kontext mit Schriftsatz vom … September 2017 angeführt hat, dass dem Kläger im Internet die Auskunft vermittelt worden sei, es gäbe eine Möglichkeit, den Bayerischen Staatsangehörigkeitsausweis neben der Deutschen Staatsangehörigkeit zu erhalten und der Kläger aufgrund dessen den Antrag gestellt habe, da er die Bayerische Staatsangehörigkeit aus romantischen und spielerischen Gründen gerne in Form einer Urkunde gehabt hätte, um sich diese etwa in sein Büro hängen zu können, vermag dies ebenfalls nicht zu überzeugen. Denn es ist nicht nachvollziehbar, wie mit dem Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit die bayerische Staatsangehörigkeit neben der deutschen Staatsangehörigkeit erlangt werden soll, zumal in dem Staatsangehörigkeitsausweis lediglich festgestellt wird, dass der Antragsteller deutsche(r) Staatsangehörige(r) ist. Schließlich vermochte der Kläger nicht plausibel darzulegen, wie es zu den reichsbürgertypischen Eintragungen („Deutschland [Kgr. Bayern]“ als Geburtsstaat, „Geburt (Abstammung) gemäß §§ 1, 3 Nr. 1, 4 (1) RuStAG Stand 1913“ unter „Sonstiges“ und unter „Ich besitze/besaß neben der deutschen Staatsangehörigkeit noch folgende weitere Staatsangehörigkeiten“ „Staatsangehörigkeit Königreich Bayern seit Geburt erworben durch Abstammung gem. §§ 1, 3 Nr. 1, 4 (1) RuStAG Stand 1913“) gekommen ist. Die diesbezügliche Erklärung, dass er sämtliche Angaben unkritisch und unreflektiert aus einer Ausfüllanleitung übernommen habe, vermag nicht zu überzeugen. Dies gilt umso mehr, als es sich primär um die Angabe personenbezogener Daten, wie Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsort, aktuelle Anschrift sowie Wohnsitzstaat, handelt, wofür eine Ausfüllanleitung nicht von Nöten erscheint.
Den Einlassungen des Klägers lässt sich auch keine glaubhafte Distanzierung von der Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ entnehmen. Hinsichtlich der Anforderungen an eine glaubhafte Distanzierung kann aufgrund der identischen sicherheitsrechtlichen Schutzrichtung – Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung – die ausländerrechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu § 54 Abs. 1 Nr. 2 des Aufenthaltsgesetzes – AufenthG – entsprechend herangezogen werden (vgl. VG München, Gerichtsbescheid v. 17.10.2018 – M 7 K 17.750 – juris Rn. 39). Dementsprechend ist für eine glaubhafte Distanzierung zu verlangen, dass äußerlich feststellbare Umstände vorliegen, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Betroffene seine innere Einstellung verändert hat (vgl. BVerwG, B.v. 25.4.2018 – 1 B 11/18 – juris Rn. 12). Das Erfordernis der Veränderung der inneren Einstellung bedingt es, dass der Betroffene in jedem Fall einräumen muss oder zumindest nicht bestreiten darf, in der Vergangenheit den einschlägigen sicherheitsrechtlichen Tatbestand erfüllt zu haben. Ohne Einsicht des Betroffenen in die Unrichtigkeit des ihm vorgeworfenen Handelns hat die Ankündigung einer Verhaltensänderung keine glaubwürdige Grundlage (vgl. BayVGH, U.v. 27.10.2017 – 10 B 16.1252 – juris Rn. 53).
Eine diesen Anforderungen genügende, glaubhafte Distanzierung des Klägers von der Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ lässt sich nicht feststellen. Hinreichende äußerlich feststellbare Umstände, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Kläger seine innere Einstellung verändert hat, sind nicht erkennbar. Zudem hat der Kläger insbesondere ein Fehlverhalten nicht eingeräumt.
Nach alledem hat der Kläger somit mangels der erforderlichen Zuverlässigkeit keinen Anspruch auf Erteilung des Jagdscheins.
Soweit damit über den Hilfsantrag zu entscheiden war, ist die Klage auch diesbezüglich unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO), da der Kläger – entsprechend den obigen Ausführungen – nicht über die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit verfügt.
Die Klage war insgesamt mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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