Verwaltungsrecht

Abschiebungsschutz wegen aufenthaltsrechtlicher Vorwirkungen von Art. 6 GG (verneint)

Aktenzeichen  B 6 E 20.1497

Datum:
29.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 43784
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 6
AufenthG § 60a Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

1. Der am 28.12.2020 um 16:13 Uhr eingegangene Antrag „Die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht des Antragstellers wird ausgesetzt. Die Abschiebung am morgigen Tag wird untersagt.“ wird abgelehnt. Es bestehen bereits erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit des Antrags, da die Prozessbevollmächtigte des, unter Betreuung gestellten, Antragstellers keine Einwilligung des gesetzlichen Betreuers zur Antragstellung vorgelegt hat. Dies kann vorliegend jedoch dahinstehen, da der Antragsteller zwar, im Hinblick auf den am 29.12.2020 geplanten Abschiebeflug, einen Anordnungsgrund, jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat.
Vom Antragsteller wurde vorgetragen, Vater eines ungeborenen deutschen Kindes zu sein, weshalb Art. 6 GG seiner heutigen Abschiebung entgegenstünde.
Vor der für den 21.06.2021 prognostizierten Geburt des Kindes hat der Antragsteller keinen Anspruch auf einen Aufenthaltstitel gem. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG.
Die Zuerkennung von Abschiebungsschutz für den Antragsteller kommt aber auch nicht mit Blick auf die aufenthaltsrechtlichen Vorwirkungen von Art. 6 GG hinsichtlich des Verhältnisses eines ungeborenen Kindes zu seinem nichtehelichen Vater in Betracht, weil die engen Voraussetzungen, unter denen sich auf dieser Grundlage ein Duldungsanspruch ergibt, nicht vorliegen.
Art. 6 GG entfaltet grundsätzlich nur dann Vorwirkungen, wenn die Vaterschaft anerkannt ist und eine Erklärung über die Übernahme der gemeinsamen Sorge vorliegt (vgl. BVerfG B.v. 22.05.2018 – 2 BvR 941/18 – juris Rn. 8). Beide Erklärungen sind bereits vor der Geburt zulässig, aber an formelle Voraussetzungen gebunden. Nach ihrem eigenen Vorbringen haben sich die Kindsmutter und der Antragsteller jedoch bisher nur mündlich darauf verständigt, die gemeinsame Sorge übernehmen zu wollen. Eine Vaterschaftsanerkennung liegt nicht vor. Da die Schwangerschaft, ausweislich des Mutterpasses bereits am 13.11.2020 festgestellt wurde, hätte genug Zeit bestanden, die Vaterschaft anzuerkennen und die Sorgeerklärung in der dafür vorgesehenen Form abzugeben. Gründe dafür, warum dies nicht bereits geschehen ist, wurden nicht glaubhaft gemacht. Wenn den Erklärungen jetzt die Hindernisse einer fehlenden Geburtsurkunde oder des fehlenden Reisepasses entgegenstehen, ist dieser Umstand der Verantwortungssphäre des Antragstellers zuzurechnen.
Außerdem hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, dass für das ungeborene Kind oder die Mutter zusätzlich eine Gefahrenlage besteht (Risikoschwangerschaft).
Zwar behauptet die Kindsmutter, sie sei vor der Geburt und danach auf die Unterstützung durch den Antragsteller angewiesen. Dem steht jedoch entgegen, dass er die Mutter und das ungeborene Kind schon deshalb im gebotenen Umfang im Alltag nicht unterstützen kann, weil er sich seit 09.03.2020 in einer Langzeittherapie für Alkohol- und Suchtkranke in … befindet, während die Mutter des ungeborenen Kindes in beträchtlicher räumlicher Entfernung in … lebt. Hinzukommt, dass der Antragsteller selbst vorträgt, dass er mit der Mutter des ungeborenen Kindes zwar seit längerem gut befreundet ist, aber keine Beziehung führt (vgl. dazu OVG Magdeburg, B. v. 10.12.2014 – 2 M 127/14 – juris Rn.6; BVerfG B.v. 22.05.2018 – 2 BvR 941/18 – juris Rn. 9).
2. Der Antragsteller trägt gem. § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird gem. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nr. 8.3, Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf 1.250,00 EUR festgesetzt.


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