Verwaltungsrecht

Abschiebungsverbot bei einer Familie mit fünf minderjährigen Kindern nach Afghanistan

Aktenzeichen  M 4 K 16.30874

Datum:
9.5.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5
EMRK EMRK Art. 3

 

Leitsatz

Bei der Rückkehr von Familien mit minderjährigen Kindern ist angesichts der in Afghanistan derzeit herrschenden schlechten humanitären Bedingungen davon auszugehen, dass eine extreme Gefahrenlage besteht, die zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung iSv Art. 3 EMRK führt. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 6. April 2016 wird in den Nrn. 4, 5 und 6 aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Afghanistans vorliegen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt haben.
Die zulässigen Klagen sind begründet.
Die Kläger haben Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG. Soweit ein solches in Nr. 4 des Bescheides des Bundesamtes verneint und den Klägern in Nr. 5 des Bescheides die Abschiebung nach Afghanistan angedroht und in Nr. 6 des Bescheids ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes angeordnet wurde, ist dieser rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO-).
Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG liegen vor. Dass schlechte humanitäre Bedingungen eine auf eine Bevölkerungsgruppe bezogene Gefahrenlage darstellen können, die zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK führen und dass dies bei der Rückkehr von Familien mit minderjährigen Kindern unter den in Afghanistan derzeit herrschenden Rahmenbedingungen im Allgemeinen der Fall ist, ist durch Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hinreichend geklärt (vgl. hierzu BayVGH, U. v. 23.3.2017 – 13a B 17.30030 – juris; B. v. 04.08.2015 – 13a ZB 15.300032 – juris; U. v. 21.11.2014 – 13a B 14.30284 – juris). Bei den Klägern handelt es sich um eine Familie mit fünf minderjährigen Kindern. Vorliegend sind auch keine Gesichtspunkte erkennbar, die den Fall der Kläger in einem anderen Licht erscheinen lassen.
Ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfüllt sind, bedarf keiner Prüfung, da es sich beim national begründeten Abschiebungsverbot um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Streitgegenstand handelt (BVwerG, U. v. 08.09.2011 – 10 C 14.10 – BVerwGE 140, 319, Rn. 16 und 17).
Deshalb war der auf die Feststellung des Abschiebungsverbots beschränkten Klage mit der Kostenfolge des § 155 Abs. 1 VwGO sattzugeben.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung in dem nach § 83b AsylG gerichtskostenfreien Verfahren beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.


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