Verwaltungsrecht

Albanien ist ein sicherer Herkunftsstaat

Aktenzeichen  M 17 K 16.30304

Datum:
6.10.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG GG Art. 16a
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
AsylG AsylG § 3, § 4, § 29a

 

Leitsatz

1 Die Anerkennung als Asylberechtigter scheidet aus, wenn die Einreise auf dem Landweg – also aus einem sicheren Drittstaat – in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt. (redaktioneller Leitsatz)
2 Albanien ist ein sicherer Herkunftsstaat. Gegen diese Einstufung bestehen weder verfassungs- noch europarechtliche Bedenken. Bei einer Gefahr für Leib und Leben durch nichtstaatliche Dritte kann auf die Hilfe durch die zuständigen Behörden in Albanien verwiesen werden. (redaktioneller Leitsatz)
3 Persönliche wirtschaftliche Probleme begründen keine Verfolgung iSv Art. 16a GG oder § 3 AsylG. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
II.
Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung am 6. Oktober 2016 entschieden werden, obwohl weder die Kläger noch die Beklagte erschienen waren. Denn in der frist- und formgerechten Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Klage ist unzulässig, soweit sie sich gegen Nr. 7 des Bescheids vom 15. Januar 2016 richtet und im Übrigen unbegründet, da der Bescheid rechtmäßig ist und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
1. Bezüglich Nr. 7 des streitgegenständlichen Bescheids, in der das sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG lediglich gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG zeitlich befristet wird, ist die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Denn die schlichte Aufhebung der Nr. 4 des Bescheids aufgrund einer Anfechtungsklage beträfe lediglich die getroffene Befristungsentscheidung als solche, so dass ein erfolgreiches Rechtsmittel zur Folge hätte, dass das – unmittelbar kraft Gesetz geltende – Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG unbefristet gelten würde. Die Rechtsstellung des Klägers wäre somit nicht verbessert. Das Ziel einer kürzeren Befristung der gesetzlichen Sperrwirkung nach § 11 Abs. 2 AufenthG müsste, ebenso wie die Erteilung einer Betretenserlaubnis gemäß § 11 Abs. 8 AufenthG, im Wege der Verpflichtungsklage erstritten werden (vgl. NdsOVG, B. v. 14.12.2015 – 8 PA 199/15 – juris Rn. 5; VG München, B. v. 12.1.2016 – M 21 S 15.31689 – UA S. 8; VG Ansbach, B. v. 20.11.2015 – AN 5 S 15.01667 – juris Rn. 2; B. v. 18.11.2015 – AN 5 S 15.01616 – UA S. 2; VG Aachen, B. v. 30.10.2015 – 6 L 807/15.A – juris Rn. 8; Funke/Kaiser, GK-AufenthG, Stand Dezember 2015, § 11 Rn. 183, 190, 193, 196).
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Kläger keine substantiierten Bedenken gegen die Länge der Befristung vorgebracht haben.
2. Im Übrigen ist die Klage offensichtlich unbegründet. Der Bescheid vom 15. Januar 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Kläger haben im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) oder Anerkennung als Asylberechtigte noch Zuerkennung des subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) oder Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
Für das Gericht ist offensichtlich, dass den Klägern der geltend gemachte Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht zusteht.
Die Ablehnung des Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet beruht auf § 29 a Abs. 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat i. S. d. Art. 16 a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Das Heimatland der Kläger, Albanien, ist ein sicherer Herkunftsstaat in diesem Sinne (vgl. § 29 a Abs. 2 AsylG i. V. m. Anlage II). Die Einstufung Albaniens als sicherer Herkunftsstaat erfolgte aufgrund des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl I S. 1722) mit Wirkung vom 24. Oktober 2015. Die Gerichte sind an diese Einstufung gebunden, es sei denn, sie sind der Überzeugung, dass sich die Einstufung als verfassungswidrig erweist (BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1507/93 – Rn. 65). Gegen die Einstufung Albaniens als sicherer Herkunftsstaat bestehen weder verfassungsrechtliche noch europarechtliche Bedenken (VG Berlin, B. v. 22.12.2015 – 33 L 357.15 A – juris Rn. 13-24; VG München, B. v. 01.03.2016 – M 17 S 16.30322).
Die Kläger haben die durch § 29 a AsylG normierte Nichtverfolgungsvermutung nicht durch den schlüssigen Vortrag von individuellen Verfolgungstatsachen erschüttern können. Die von den Klägern angegebenen Tatsachen und Beweismittel begründen gerade nicht die Annahme, dass ihnen abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Vielmehr haben sie sich primär auf wirtschaftliche Probleme und Probleme mit ihrer Mutter bzw. Schwiegermutter berufen. Diese begründen aber mangels Anknüpfung an die dort genannten Merkmale keine Verfolgung im Sinne von Art. 16a GG oder § 3 AsylG. Das Gericht folgt daher der zutreffenden Begründung der Beklagten im angegriffenen Bescheid, auf die verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Die Anerkennung der Kläger als Asylberechtigte scheidet bereits deswegen aus, weil sie auf dem Landweg und damit aus einem sicheren Drittstaat in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist sind (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG i. V. m. § 26a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AsylG).
Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Das Gericht nimmt auch insoweit vollumfänglich auf die Begründung des Bundesamts Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die im Arztbrief vom … Februar 2016 der Klägerin zu 2) bescheinigte Schwangerschaft und wegen drohender Frühgeburt fehlender Reisefähigkeit kein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot begründet, unabhängig davon, dass im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Klägerin zu 2) entbunden haben muss.
Auch die vom Bundesamt nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung ist nicht zu beanstanden.
Schließlich stellt sich das auf § 11 Abs. 7 AufenthG gestützte befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot als rechtmäßig dar. Die Ermessenserwägungen der Beklagten sind im Rahmen der auf den Maßstab des § 114 Satz 1 VwGO beschränkten gerichtlichen Überprüfung nicht zu beanstanden, zumal die Kläger gegen das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG keine Einwendungen vorgebracht und insbesondere kein fehlerhaftes Ermessen gerügt haben.
Die (gerichtskostenfreie, § 83b AsylG) Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Dieses Urteil ist unanfechtbar (§ 78 Abs. 1 Satz 1 AsylG).


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