Verwaltungsrecht

Androhung der Ersatzvornahme, Zweitbescheid, Erledigung, Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses

Aktenzeichen  M 32 S 19.2190

Datum:
10.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 49647
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
SchfHwG § 25 Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 250 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt mit seinem Eilantrag hinsichtlich der Androhung der Ersatzvornahme die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 30. April 2019.
Der Antragsteller ist Miteigentümer des Anwesens … … in … O.
Mit bestandskräftig gewordenem Feuerstättenbescheid des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers vom 7. Februar 2019 wurden der Antragsteller sowie die anderen zwei Miteigentümer in Ziffer 2 verpflichtet, Kehrarbeiten an der Abgasanlage Zentrale Feuerstätte fester Brennstoff (Nr. 1), Kehrarbeiten an der Abgasanlage Einzelfeuerstätte fester Brennstoff (Nr. 2), Lüftungsöffnung prüfen Zentrale Feuerstätte EG Aufst. Raum (Nr. 3), Abgasrohr überprüfen / kehren Zentrale Feuerstätte EG Aufst. Raum. (Nr. 5) zu veranlassen und durchführen zu lassen. Für die Erfüllung der Verpflichtungen in Nummer 1, 2, 3, 5 wurde ihnen als Termin 1 u.a. die Frist „15.02.-15.03.“ gesetzt. In Ziffer 3 wurde bestimmt, dass dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger die fristgerechte Durchführung der Arbeiten mit Formblatt innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach dem letzten Tag des jeweiligen Zeitraums, bis zu dem die Schornsteinfegerarbeiten spätestens durchzuführen waren, nachzuweisen sei, sofern die Arbeiten nicht vom bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger selbst durchgeführt werden.
Nachdem der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger dem Antragsgegner mit Schreiben vom 29. März 2019 mitgeteilt hatte, dass die in Nr. 1, 2, 3, 5 des o.g. Feuerstättenbescheids festgelegten Schornsteinfegerarbeiten zum Termin 1 im o.g. Anwesen nicht form- und fristgerecht nachgewiesen worden seien, wies der Antragsgegner den Antragsteller als den alleinigen Besitzer der Liegenschaft mit Schreiben vom 10. April 2019 auf die Verpflichtungen zur Durchführung der vorgeschriebenen Arbeiten und zum fristgerechten Nachweis der notwendigen Schornsteinfegerarbeiten hin und forderte ihn im Rahmen der Anhörung auf, bis spätestens eine Woche nach Erhalt dieses Schreibens die Durchführung der Arbeiten gegenüber dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger nachzuweisen. Für den Fall der nicht fristgemäßen Erfüllung wurde der Erlass eines Zweitbescheids gemäß § 25 SchfHwG angekündigt, in dem die Durchführung der Schornsteinfegerarbeiten unter Fristsetzung und für den Fall der Zuwiderhandlung die Ersatzvornahme durch den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger angedroht werde. Eine Stellungnahme des Antragstellers zum Anhörungsschreiben erfolgte nicht.
Mit Zweitbescheid vom 30. April 2019 wurde der Antragsteller aufgefordert, im o.g. Anwesen die unter Ziffer 2 Nr. 1, 2, 3, 5 des Feuerstättenbescheids vom 7. Februar 2019 festgelegten „Kaminkehrerarbeiten“ zu veranlassen und dem zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger durch Vorlage des gesetzlich vorgeschriebenen und von einer Fachfirma ausgefüllten Formblatts nachzuweisen, falls er die Arbeiten nicht von dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger selbst ausführen lasse (Nr. 1). In Nr. 2 des Bescheids wurde für den Fall, dass der Antragsteller die unter Nr. 1 des Bescheids genannten Arbeiten bis zum 24. Mai 2019 nicht ausführen lasse und dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger die Durchführung nicht bis zum 30. Mai 2019 nachweise, das Zwangsmittel der Ersatzvornahme durch den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger und die Durchführung der Arbeiten auf seine Kosten (ca. 84,00 Euro netto Kaminkehrergebühren, 200 Euro Bescheidsgebühren), gegebenenfalls gegen seinen Willen, angedroht. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Antragsteller auferlegt (Nr. 3) sowie eine Gebühr von 100 Euro sowie zu erstattende Auslagen von 4,11 EUR festgesetzt.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, er habe entgegen seiner Eigentümerpflicht aus § 1 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG die im Feuerstättenbescheid festgesetzten Arbeiten nicht durchführen lassen und nicht ordnungsgemäß nachgewiesen, ohne dass Gründe dafür erkennbar seien, die das besondere öffentliche Interesse an der Feuersicherheit bzw. am ordnungsgemäßen Betrieb der Anlage übersteigen könnten.
Gegen den Bescheid vom 30. April 2019 erhob der Antragsteller am 8. Mai 2019 zur Niederschrift beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage und beantragte zugleich,
hinsichtlich der Androhung der Ersatzvornahme die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung führte er aus, der Erlass des angegriffenen Bescheids sei nicht gerechtfertigt, weil er die nach diesem Bescheid vorzunehmenden Arbeiten bereits von einem anderen Kaminkehrer habe durchführen lassen und dies mittels Formblatt auch dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger mitgeteilt habe. Im Übrigen wies er darauf hin, dass er nicht der richtige Adressat des Bescheids sei. Richtiger Adressat sei die bestehende Erbengemeinschaft und verwies dabei auf das frühere Verfahren Az.: M 32 K 19.342.
Der Antragsgegner legte mit Schreiben vom 23. Mai 2019 die Behördenakten vor. Gleichzeitig trat er dem gegnerischen Antrag entgegen und führte aus, nach Aussage des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers habe der Antragsteller die Arbeiten mittels Formblatt bis dato noch nicht nachgewiesen. Der Antragsteller sei auch der richtige Adressat des Bescheids, weil er als einziges Mitglied der Erbengemeinschaft das betroffene Anwesen bewohne und nach Aussage der beiden anderen Miteigentümer allein über Schlüssel für die Gebäude verfüge und damit die alleinige tatsächliche Verfügungsgewalt über die Liegenschaft besitze, sodass der Bescheid im Rahmen der Störerauswahl an ihn gerichtet wurde. Der Antragsgegner beantragte im Ergebnis,
den Antrag abzulehnen.
Mit Schreiben vom 28. Mai 2019 legte der Antragsteller unter anderem das Formblatt zum Nachweis der Durchführung der streitgegenständlichen Schornsteinfegerarbeiten am 25. Februar 2019 durch den Schornsteinfeger M.H. vom 26. Februar 2019 vor.
Mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2019 erklärte der Antragsgegner, dass sich Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids aus seiner Sicht erledigt habe, da der Antragsteller die Durchführung der in diesem Bescheid angeordneten Arbeiten mittels Formblatt nachgewiesen habe.
Mit weiterem Schriftsatz vom 12. November 2019 erklärte der Antragsgegner, dass er der zu erwartenden Erledigungserklärung des Antragstellers unter Verwahrung gegen die Kostentragung zustimme.
Mit gerichtlichen Schreiben vom 4. November 2019 und 25. November 2019 wurde der Antragsteller unter Fristsetzung aufgefordert, im vorliegenden Eilverfahren eine prozessbeendende Erklärung abzugeben. Der Antragsteller reagierte auf die gerichtlichen Schreiben bis zum heutigen Tage nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist unzulässig.
Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung hat nur, wer mit dem von ihm angestrengten Verfahren ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt (Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage 2019, Vorb. § 40 Rn. 30). Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen eines solchen Rechtsschutzbedürfnisses ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Ein solches Rechtsschutzbedürfnis ist hier nicht mehr gegeben. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 25 Abs. 4 SchfHwG ist unzulässig geworden, da mit Vorlage des Nachweises über die ausgeführten streitgegenständlichen Schornsteinfegerarbeiten die Androhung der Ersatzvornahme obsolet geworden und das Rechtsschutzbedürfnis für den Eilantrag entfallen ist. Damit hat der Antragsteller sein Rechtsschutzziel insoweit erreicht, als eine ggf. gegen seinen Willen ausgeführte kostenpflichtige Ersatzvornahme nicht mehr droht. Ein Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung über den vorliegenden Eilantrag besteht nicht mehr.
Trotz wiederholter gerichtlicher Aufforderung hat der Antragsteller den Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses nicht prozessual, z.B. mit einer Erledigungserklärung, aufgegriffen. Daher war der Antrag unabhängig von seiner möglichen Begründetheit als unzulässig abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Antragsteller hat als unterlegener Teil die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Zif. 1.5 des Streitwertkatalogs. Da der Zweitbescheid der behördlichen Durchsetzung des Feuerstättenbescheids dient, kann die „Bedeutung der Sache“ i.S.d. § 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an § 14b SchfHwG mit 500 Euro bewertet werden (BayVGH, B.v. 5.9.2018 – 22 ZB 18.1784 – juris Rn. 6) .


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