Verwaltungsrecht

Anerkennung des Einsatzes eines privaten Kraftfahrzeugs

Aktenzeichen  RO 3 K 17.513

Datum:
14.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 4687
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SchKfrG Art. 1 Abs. 2, Art. 2 Abs. 1 S. 2
SchBefV § 3 Abs. 1
VwGO § 84 Abs. 1 S. 1
BayStrWG Art. 51

 

Leitsatz

1. In Art. 2 Abs. 1 S. 1 SchKfrG ist verbindlich festgelegt, dass die 3-Kilometer-Grenze bei der Frage, ob die Kosten für den Schulweg erstattungsfähig sind, einzuhalten ist. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Begriff des Schulwegs ist eigenständig nach Maßgabe der Erfordernisse des Schul- und Schulfinanzierungsrechts zu definieren. Entscheidend dafür kann sein, ob tatsächlich ein Weg vorhanden ist und dieser als Schulweg geeignet ist. Die Eignung des Schulwegs bestimmt sich dabei unter Berücksichtigung konkreter Gegebenheiten des Einzelfalls danach, ob die Benutzung des Wegs vor, während oder nach üblicher Unterrichtszeit tatsächlich und rechtlich ohne Einschränkung möglich ist und ein Träger der Verkehrssicherungspflicht vorhanden ist. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
3. In Zeiten moderner Technik genügt die Wegemessung mittels eines Routenplaners, zB Google-Maps. Einer Messung vor Ort bedarf es nicht. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
4. Art. 2 Abs. 1 S. 2 SchKfrG (wie auch § 2 Abs. 2 S. 2 SchBefV) ist eine Ausnahmeregelung und als solche eng auszulegen. Diese Norm greift nur bei einem ganz besonderen Ausnahmefall ein. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
5. Zu den Anforderungen des Vorliegens eines besonders gefährlichen oder besonders beschwerlichen Schulweges. (Rn. 38 – 50) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Gerichtsbescheid ist in Ziffer II vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Über die Klage konnte gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten wurden zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört (§ 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Streitig ist vorliegend, ob der Klägerin über die Anerkennung der Nutzung des privaten Kfz auf der Strecke vom Wohnort in E … nach R … hinaus auch ein Anspruch auf Anerkennung der Nutzung des privaten Kfz, mithin für die Strecke zwischen der Unterkunft in der B …-Akademie in R … zur Berufsschule in R …, zusteht.
Nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die Kostenfreiheit des Schulwegs (Schulwegkostenfreiheitsgesetz – SchKfrG) erstattet der Aufgabenträger u.a. für Schüler und Schülerinnen im Teilzeitunterricht an öffentlichen oder staatlich anerkannten privaten Berufsschulen die Kosten der notwendigen Beförderung (Art. 2 Abs. 1 SchKfrG), soweit die nachgewiesenen vom Unterhaltsleistenden aufgewendeten Gesamtkosten der Beförderung eine Familienbelastungsgrenze übersteigen. Eine Beförderung durch öffentliche oder private Verkehrsmittel ist notwendig, wenn der Schulweg in einer Richtung mehr als 3 km beträgt und die Zurücklegung des Schulwegs auf andere Weise nach den örtlichen Gegebenheiten und nach allgemeiner Verkehrsauffassung nicht zumutbar ist (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 SchKfrG). Bei besonders beschwerlichen oder besonders gefährlichen Schulwegen kann auch bei kürzeren Wegstrecken in widerruflicher Weise die Notwendigkeit der Beförderung anerkannt werden (Art. 2 Abs. 1 Satz 2 SchKfrG).
Liegt bereits die Notwendigkeit der Beförderung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 SchKfrG nicht vor (vgl. Art. 3 Abs. 2 Satz 1 SchKfrG), kommt es auf die Frage, ob die Kosten für den Einsatz des privaten Kfz – oder nur in Höhe der öffentlichen Verkehrsmittel – zu erstatten sind, nicht an.
Liegen bereits die Voraussetzungen von Art. 2 Abs. 1 SchKfrG nicht vor, besteht mithin kein Anspruch auf Anerkennung der Nutzung des privaten Kfz auf dem Schulweg. Dies ist vorliegend der Fall.
Die 3-Kilometer-Grenze ist in Art. 2 Abs. 1 Satz 1 SchKfrG verbindlich festgelegt. Unerheblich ist, wenn diese lediglich – wie vorliegend – geringfügig um 100 m bzw. 200 m unterschritten wird. Die Einhaltung von Grenzwerten ist zudem unabdingbar, um eine Vergleichbarkeit und eine einheitliche Rechtsanwendung zu gewährleisten. Letztlich wird im Fall der erwachsenen Klägerin derselbe Maßstab verwendet, der bereits für Kinder ab der 5. Jahrgangsstufe gilt (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 SchBefV), was keinesfalls unbillig oder unverhältnismäßig ist.
Nach Google-Maps ist die Strecke zwischen der B …-Akademie in R … (…) und der Berufsschule in R … (…) 2,8 km lang (vgl. auch Beklagtenakten Bl. 19e und Bl. 27).
Der Begriff des Schulwegs ist über die Definition des „Wegs“ zu dem Ort, an dem regelmäßig Unterricht stattfindet (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SchBefV), hinaus im Schulrecht nicht näher ausgeformt. Der für die Entfernungsmessung zwischen Wohnort und Schule maßgebliche Schulweg ist nicht notwendig identisch mit dem Weg, auf dem ggf. eine Beförderungspflicht mit Hilfe öffentlichen Personennahverkehrs oder anderen Verkehrsmitteln zu erfüllen wäre. Zum Schulweg können vielmehr auch Wanderwege, Geh- und Radwege sowie die Fußgängerbereiche zählen. Dem öffentlichen Straßenverkehr dienen mithin alle Flächen, die der Allgemeinheit zu Verkehrszwecken offenstehen bei straßenrechtlicher Widmung oder bei Gemeingebrauch mit Zustimmung der Berechtigten ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse. Der Begriff des Schulwegs ist losgelöst von Kriterien des Straßenrechts und Straßenverkehrsrechts und eigenständig nach Maßgabe der Erfordernisse des Schul- und Schulfinanzierungsrechts zu definieren. Entscheidend dafür kann sein, ob tatsächlich ein Weg vorhanden ist und dieser als Schulweg geeignet ist. Die Eignung des Schulwegs bestimmt sich dabei unter Berücksichtigung konkreter Gegebenheiten des Einzelfalls danach, ob die Benutzung des Wegs vor, während oder nach üblicher Unterrichtszeit tatsächlich und rechtlich ohne Einschränkung möglich ist und ein Träger der Verkehrssicherungspflicht vorhanden ist.
Die Schülerbeförderungspflicht besteht auch nicht stets auf dem gesamten Schulweg, d.h., von Haustür zu Haustür. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SchBefV besteht die Beförderungspflicht, soweit der Weg zu dem Ort, an dem regelmäßig Unterricht stattfindet, für Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 1 mit 4 länger als 2 km, für Schülerinnen und Schüler ab der Jahrgangsstufe 5 länger als 3 km ist und den Schülerinnen und Schülern die Zurücklegung des Schulwegs auf andere Weise nach den örtlichen Gegebenheiten und nach allgemeiner Verkehrsauffassung nicht zumutbar ist. Die Regelung von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SchBefV schließt nicht aus, dass bei bestehender Beförderungspflicht auf dem Schulweg Restwege verbleiben können und hinzunehmen sind (vgl. BayVGH, U.v. 7.4.2015 – 7 B 14.1636).
Für die Kostenerstattung nach dem Schulwegkostenfreiheitsgesetz kann nichts anderes gelten.
Der schultäglich zwischen B …-Akademie und Berufsschule R … zurückzulegende Schulweg unterliegt nicht der Erstattungspflicht, wenn er die 3- Kilometer-Grenze des Art. 2 Abs. 1 Satz 1 SchKfrG nicht überschreitet. Denn er kann beim vorliegenden Blockunterricht losgelöst werden vom Schulweg zwischen Wohnort und Beschulungsort. Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die Klägerin am Montag vom Wohnort aus nach R … fährt, bis Freitag in der B …-Akademie übernachtet und schultäglich den Weg zwischen B …-Akademie und Berufsschule R … zurücklegt. Die entsprechenden Schulzeiten (Montag ab 10.15 Uhr, Freitag bis 12.30 Uhr, vgl. Bl. 12 der Behördenakten) sind dem Erfordernis angepasst, dass die auswärtigen Schüler erst am Montag anreisen und am Freitag wieder nach Hause fahren.
Der Schulweg beträgt wie ausgeführt 2,8 km.
Eine Messung vor Ort, ggf. mittels Rolltacho, ist hierbei nicht veranlasst. Die Vorschriften über die Schülerbeförderung enthalten keine näheren Vorgaben oder Auslegungsregelungen zur Ermittlung der Länge des Schulwegs. Das Recht der Kostenfreiheit des Schulwegs war von Anfang an nicht mit einem Anspruch auf exakte Messung in der Natur verbunden, sondern es sollte im Interesse eines kostensparenden Verwaltungseinsatzes bei der jeweiligen 2- bis 3-Kilometer-Grenze nur ein annähernder Wert zugrunde gelegt werden. Dies ist umso eher verständlich, als man die Zahl der Beförderungsfälle zu den Kosten der einzelnen Beförderung in Relation setzt. Es bedarf keiner weiteren Darlegung, dass es ein berechtigtes Anliegen des Normgebers sein muss, die Vielzahl der möglichen Beförderungsfälle durch einen möglichst geringen Verwaltungsaufwand zu ermitteln, um auch in diesem Bereich dem Grundsatz der sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln weitestgehend gerecht zu werden (vgl. VG Ansbach, U.v. 1.6.2011 – AN 2 K 10.290; VG München, U.v. 14.11.2011 – M 3 K 11.670 – jeweils juris). Insofern genügt die Messung anhand von geeignetem Kartenmaterial bzw. wie vorliegend in Zeiten moderner Technik die Wegemessung mittels eines Routenplaners, z.B. Google-Maps. Dass sonach für den zu Fuß oder mit dem Rad zurückzulegenden Weg die 3-Kilometer-Grenze überschritten würde, ergibt sich nicht. Dies wird auch nicht von der Klägerin bestritten. Auch im Vermerk des Landratsamts R … vom 29. September 2014 (Bl. 27 der Akten des Beklagten) wird der Weg zwischen Berufsschule und B …-Akademie mit 2,8 km angegeben. Soweit die Klägerin für den Schulweg zwischen B …-Akademie und Berufsschule R … eine Entfernung von über 3 km angibt, bezieht sich dies ersichtlich auf den mittels Pkw zurückgelegten Weg.
Nach Art. 2 Abs. 1 Satz 2 SchKfrG (s. auch § 2 Abs. 2 Satz 2 SchBefV) kann bei besonders beschwerlichen oder besonders gefährlichen Schulwegen auch bei kürzeren Wegstrecken als 3 km in widerruflicher Weise die Notwendigkeit der Beförderung anerkannt werden.
Art. 2 Abs. 1 Satz 2 SchKfrG (wie auch § 2 Abs. 2 Satz 2 SchBefV) ist als Ausnahmeregelungen eng auszulegen, was schon daran ersichtlich ist, dass die Norm eine besondere Beschwerlichkeit oder besondere Gefährlichkeit verlangt, die Anerkennung der Beförderung im Ermessen des Aufwandsträgers steht und die Gewährung widerruflich ist. Es muss daher ein ganz besonderer Ausnahmefall vorliegen, der aus vielen anderen Einzelfällen herausragt und dementsprechende Einzelfallmerkmale aufweist, die die anderen Einzelfälle nicht annähernd beinhalten. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Im vorliegenden Fall liegt entgegen der Auffassung der Klägerin ein besonders beschwerlicher Schulweg nicht vor. Auch ergibt sich nicht, dass der Schulweg besonders gefährlich wäre.
Der zwischen B …-Akademie (…) und Berufsschule R … (…) zurückzulegende Schulweg, ist unter Bl. 19e der Behördenakten unter Bezugnahme auf Google-Maps dokumentiert. Die nochmalige Nachschau im Internet, auch anhand eines Luftbildes, wie auch der Vortrag der Beteiligten ergibt keine abweichenden Erkenntnisse.
Die Klägerin macht lediglich geltend, dass ein besonderes Gefälle bzw. eine Steigung vorliegen soll. Nach den Behördenakten (Bl. 19e) bzw. Google-Maps liegt eine Steigung von 19 m auf 174 m vor. Dies ergibt im Rahmen der Berechnung (19 : 174 = 0,109) eine Steigung von rund 11%.
Die besondere Beschwerlichkeit muss sich aus einem Vergleich mit normalen Schulwegen aus objektiven Gesichtspunkten ergeben. Schulwege sind jedoch im an Hügeln, Mittelgebirgen und Hochgebirgen reichen Bayern in der Regel mit Steigungen verbunden (vgl. VG Würzburg, U.v. 17.1.2007 – W 2 K 06.786 – juris). Das VG Würzburg hat u.a. auch entschieden (vgl. Gerichtsbescheid v. 12.12.2014 – 2 K 14.135 – juris), dass auch ein Schulweg mit mittleren bis starken Steigungen (auf 200 m mit 14%) nicht als besonders beschwerlich angesehen werden kann. Es sei auch zu berücksichtigen, dass Steigungen bis 6% als ein Standard der Barrierefreiheit gelten und geringfügige Steigungsüberschreitungen, auch wenn diese auf kurzer Strecke an die 10% reichen, schon aus diesem Grund bei gesunden Menschen als nicht besonders beschwerlich gelten können. Auch eine Steigung von 15% bzw. auf den letzten 20 m bis zu 25% kann bei vergleichsweise kurzer Distanz gesunden Schülern bei normaler Witterung ohne weiteres zugemutet werden und ist deshalb als nicht besonders außergewöhnlich oder besonders beschwerlich oder gefährlich anzusehen (vgl. VG Würzburg, U.v. 5.8.2015 – W 2 K 14.260 – juris).
Selbst wenn ein Teil des Schulwegs an einigen Tagen im Winter bei Glätte trotz der gemeindlichen Räum- und Streupflicht gemäß Art. 51 BayStrWG nicht oder nur mit besonderer Vorsicht zurückgelegt werden kann, führt auch dies nicht dazu, dass von einem ganzjährigen Beförderungs- oder Kostenerstattungsanspruch auszugehen wäre (vgl. BayVGH, U.v. 9.8.2011 – 7 B 10.1565 – juris).
Soweit ein Teilstück des Schulwegs im Winter nicht immer geräumt oder gestreut würde, begründet selbst die Veränderung der Beschaffenheit eines Geh- und Radwegs aufgrund witterungsbedingter Einflüsse, wie Schnee und Regen, nämlich keine generelle Ungeeignetheit, besondere Gefährlichkeit oder besondere Beschwerlichkeit des Wegabschnitts. Es ist vorliegend nicht anzunehmen, dass der streitgegenständliche Schulweg in R … grundsätzlich im Herbst und Winter nicht begehbar ist. Ist der Weg zeitweise bzw. teilweise durch extreme Witterungsverhältnisse nicht begehbar, führt dies angesichts der vorzunehmenden typisierenden Betrachtungsweise ebenfalls noch nicht zur Annahme der Ungeeignetheit oder besonderen Gefährlichkeit oder Beschwerlichkeit des Wegs oder Wegstücks.
Auch das etwaige Fehlen von Leuchten ist vorliegend nicht dahingehend erheblich, dass von einem besonders gefährlichen oder besonders beschwerlichen Schulweg auszugehen wäre, denn die Klägerin selbst hat mit Schreiben vom 18. März 2017 darauf hingewiesen, dass sowohl bei täglichem Schulbeginn als auch bei Schulende Tageslicht herrsche – von ein paar Schultagen im Jahr abgesehen – und jetzt aufgestellte Leuchten zu keiner wesentlichen Änderung der Situation im Vergleich zu den Vorjahren führen würden. Soweit teilweise im Winter keine Straßenbeleuchtung vorhanden ist und/oder die Klägerin ein Teilstück auf der Straße, d.h. nicht auf einem Fuß- und/oder Radweg zurücklegen muss, ist es ihr zuzumuten, reflektierende Kleidung zu tragen oder sich, wie bei Joggern üblich, mit Reflektoren oder batteriebetriebenen Lämpchen auszustatten. Soweit die Klägerin den Weg zwischen B …-Akademie und Berufsschule nicht zu Fuß zurücklegen will, könnte sie sich ein Fahrrad bereitstellen. Es liegt ebenso dann an ihr, dieses hinreichend zu beleuchten und ihre Fahrweise den Witterungsbedingungen anzupassen.
Soweit die Klägerin vorgetragen hat, sie müsse auch ihre Reisetasche montags bzw. freitags transportieren, ist es ihr unbenommen, am Montag zunächst ihr Gepäck in der B …-Akademie abzuladen und sodann den Weg zur Berufsschule nur mit der Schultasche zurückzulegen. Für den Rückweg am Freitag gilt Ähnliches. Unbeschadet dessen liegt das Gewicht einer Schul- oder Reisetasche im Verantwortungsbereich der Klägerin und nicht des Aufwandsträgers für die Schülerbeförderung (vgl. BayVGH, B.v. 31.1.2013 – 7 ZB 12.2357). Auch die Beschaffenheit von Schul- oder Reisetasche bleiben der Klägerin überlassen (z.B. Tragetasche, Rucksack oder Rollkoffer). Dass die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage wäre, eine Schultasche zu tragen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch bleibt es der Klägerin unbenommen, den täglichen Weg zur Berufsschule mit dem Rad zurückzulegen.
Es kann vorliegend auch nicht von einem besonders gefährlichen Schulweg ausgegangen werden, zumal die Klägerin kein minderjähriges Schulkind, sondern eine erwachsene Berufsschülerin ist.
Betrachtet man den Schulweg, wie er u.a. auf Bl. 19e bzw. Bl. 27 der Behördenakten bildlich bzw. textlich beschrieben wird, nämlich B …-Akademie zur „R … 2“, auf der „R … 2“ zum Schützenhof ca. 250 m, vom Schützenhof Richtung …, Unterführung B 85 bei der Eisenbahnbrücke, … und weiter Richtung Berufsschule (vgl. Bl. 27 der Behördenakten) und hierzu noch das entsprechende Luftbild im Internet, erschließen sich der Schulweg von der B …-Akademie zur Berufsschule und die tatsächlichen Gegebenheiten ohne Weiteres. Danach führt dieser Weg auf weiten Strecken an Feldern bzw. nicht oder wenig bebautem Gelände vorbei. Der Weg führt jedoch nicht durch ein Waldstück oder uneinsehbares Gelände. Der Weg von der B …-Akademie bis zum Beginn der Innenstadt von R … ist auch nicht gänzlich unbebaut, sondern führt wiederholt an Bebauung (u.a. Schützenhof) entlang. Ein nicht unerheblicher Teil des Schulwegs verläuft durch die Innenstadt von R … Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin kein Kind mehr ist, sondern eine erwachsene Frau.
Eine besondere Gefährlichkeit des Schulwegs ergibt sich auch nicht daraus, dass teilweise ein Geh- und Radweg benutzt werden kann. Die Klägerin als Erwachsene sollte mit damit einhergehenden und sonstigen Verkehrssituationen vertraut sein.
Neben den typischerweise auf öffentlichen Straßen auftretenden Gefahren, insbesondere durch motorisierten Straßenverkehr, kann nach der Rechtsprechung zwar eine besondere Gefährlichkeit des Schulwegs auch wegen sonstiger denkbarer Schadensereignisse, die mit der Benutzung des Schulwegs verbunden sein können, angenommen werden. Hierbei kommen auch kriminelle Übergriffe in Betracht. Die mit dem Merkmal „besonders gefährlich“ geforderte gesteigerte Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, nämlich die Wahrscheinlichkeit, dass Schüler auf dem Schulweg Opfer von Gewalttaten werden, ist im allgemeinen schwer einzuschätzen. Unter ergänzender Heranziehung des polizei- und ordnungsrechtlichen Grundsatzes, wonach die Anforderungen, die an die Wahrscheinlichkeit zu stellen sind, umso geringer sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist, ist eine die besondere Gefährlichkeit begründende gesteigerte Wahrscheinlichkeit, dass Schulkinder auf dem Schulweg Opfer von Gewalttaten werden, deshalb grundsätzlich zu bejahen, wenn der betreffende Schüler, z.B. aufgrund Alters oder Geschlechts zu einem besonders risikobelasteten Personenkreis gehört und wenn er sich darüber hinaus auf dem Schulweg in einer schutzlosen Situation befindet, insbesondere, weil nach örtlichen Verhältnissen rechtzeitige Hilfe durch Dritte nicht gewährleistet ist (vgl. BayVGH, U.v. 30.1.2003 – 7 B 02.1135 m.w.N. – juris). So wurde ein besonders gefährlicher Schulweg angenommen, wenn er einen Brennpunkt der Drogenszene berührt oder auf einer Länge von 650 m durch ein einsames Waldstück führt (OVG Lüneburg, U.v. 19.6.1996 – 13 L 5072/94 – juris).
Gemessen an obigen Ausführungen liegt aber in diesem Fall kein besonders gefährlicher Schulweg vor. Das Gelände ist einsehbar. Der Weg führt nicht über eine längere Strecke durch ein uneinsehbares Waldstück. Der Weg führt immer wieder, wenngleich zunächst nur sporadisch, an Bebauung vorbei. Spätestens im Stadtgebiet findet sich eine enge Bebauung. Daher ist davon auszugehen, dass die Klägerin Hilfe Dritter erlangen könnte, zumal auch davon auszugehen ist, dass sie ein Handy mit sich führt. Die Klägerin ist zudem eine erwachsene junge Frau, die sich etwaiger Übergriffe im Gegensatz zu einem Schulmädchen von zehn bis 15 Jahren durchaus erwehren kann. Sie gehört schon aufgrund des Alters nicht mehr zum besonders risikobelasteten Personenkreis. Ggf. kann sie sich auch mit einem entsprechenden Abwehrspray ausstatten. Auch durch das Landratsamt R … wird der Schulweg in Absprache mit dem Verkehrssicherheitsbeauftragten des Landkreises weder als besonders beschwerlich noch besonders gefährlich eingeschätzt (vgl. Vermerk v. 29.9.2014, Bl. 27 der Behördenakten).
Die Beförderung auf dem Wegstück zwischen B …-Akademie und Berufsschule R … ist daher nicht notwendig.
Soweit andere Aufgabenträger abweichend von obigen Ausführungen auch für den streitgegenständlichen Weg zwischen B …-Akademie und Berufsschule R … die Nutzung des privaten Kfz anerkennen, ergibt sich daraus kein Anspruch der Klägerin im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG. Zudem verweist der Beklagte darauf, dass erst im Rahmen einer Fortbildung im Juni 2016 die Sachbearbeiterin für die Schülerbeförderung des Landratsamts Regen mitgeteilt habe, dass der Weg von der B …-Akademie zur Berufsschule in R … durch Umbaumaßnahmen des Geh- und Radwegs nicht länger als 3 km ist. Insofern erklärt sich eine abweichende Sachbehandlung durch andere Aufgabenträger, sollten sie von diesem Sachverhalt noch keine Kenntnis erlangt haben.
Das Ergebnis begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, da ein verfassungsrechtlich garantierter Anspruch auf kostenfreien Transport zur Schule ohnehin nicht besteht (vgl. BayVerfGH, v. 28.10.2004 – BayVBl 2005, 140/141 – u. v. 7.7.2009 – BayVBl 2010, 76-79).
Nach allem war die Klage abzuweisen mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 11 ZPO.


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