Verwaltungsrecht

Anforderungen an eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung

Aktenzeichen  9 ZB 20.30150

Datum:
15.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 1162
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Stützt sich das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung auf bestimmte Erkenntnismittel oder gerichtliche Entscheidungen, ist es erforderlich, dass das Zulassungsvorbringen zumindest einen überprüfbaren Hinweis auf andere Gerichtsentscheidungen oder auf vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte sonstige Tatsachen- oder Erkenntnisquellen enthält, dass die aufgeworfene Frage einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich ist und damit einer Klärung im Berufungsverfahren bedarf (Rn. 4). (redaktioneller Leitsatz)
2. Wendet sich der Kläger im Gewand einer Grundsatzrüge gegen die Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht, liegt hierin keine grundsätzlich klärungsbedürftige Frage des Einzelfalls; es wird vielmehr ein nicht im Asylverfahrensrecht vorgesehener Zulassungsgrund angesprochen  (Rn. 4). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 14 K 18.31821 2019-11-19 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Der Kläger ist Staatsangehöriger Sierra Leones und begehrt die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie hilfsweise die Zuerkennung subsidiären Schutzes und die Feststellung von Abschiebungshindernissen. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage mit Urteil vom 19. November 2019 abgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung des Klägers.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) liegt nicht vor.
Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete, noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zugemessen wird (BayVGH, B.v. 18.11.2019 – 9 ZB 19.33872 – juris Rn. 2 m.w.N.). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
Der Kläger sieht eine grundsätzliche Bedeutung in der Tatsachenfrage, “ob sierra-leonische Staatsangehörige sich hinreichend wahrscheinlich in ihrer Heimat ein Leben am Rande des Existenzminimums erwirtschaften können werden oder ob in solchen Fällen ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG festzustellen ist”. Das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung ausgeführt, dass der Kläger trotz der schwierigen Lebensbedingungen in Sierra Leone als junger und arbeitsfähiger Mann, der sieben Jahre die Schule besucht hat und vor seiner Ausreise Elektroartikel verkauft hat, ein Existenzminimum erwirtschaften könne. Abgesehen davon, dass das Zulassungsvorbringen dem nicht substantiiert entgegentritt, setzt es sich nicht mit den eingeführten Erkenntnismitteln auseinander. Stützt sich das Verwaltungsgericht – wie hier – bei seiner Entscheidung auf bestimmte Erkenntnismittel oder gerichtliche Entscheidungen, ist erforderlich, dass das Zulassungsvorbringen zumindest einen überprüfbaren Hinweis auf andere Gerichtsentscheidungen oder auf vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte sonstige Tatsachen- oder Erkenntnisquellen enthält, etwa entsprechende Auskünfte, Stellungnahmen, Gutachten oder Presseberichte, die den Schluss zulassen, dass die aufgeworfene Frage einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich ist und damit einer Klärung im Berufungsverfahren bedarf (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2018 – 9 ZB 18.32733 – juris Rn. 13 m.w.N.). Dem genügt der Hinweis auf die Schwierigkeiten der Existenzsicherung in Sierra Leone, wie sie auch vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegt wurden, nicht. Abgesehen davon ergibt sich hieraus auch keine grundsätzlich klärungsbedürftige Frage des Einzelfalls (vgl. BayVGH, B.v. 18.11.2019 – 9 ZB 19.33872 – juris Rn. 3). Insgesamt wendet sich der Kläger vielmehr im Gewand einer Grundsatzrüge gegen die Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht, womit jedoch kein im Asylverfahrensrecht vorgesehener Zulassungsgrund angesprochen wird (BayVGH, B.v. 10.12.2019 – 9 ZB 19.34121 – juris Rn. 5).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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