Verwaltungsrecht

Anordnung der sofortigen Vollziehung der Abgabe eines Pfeilabschussgeräts, Besitz des Pfeilabschussgeräts vor dem 01.09.2020

Aktenzeichen  B 1 S 21.1333

Datum:
18.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 2819
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 58 Abs. 20
WaffG § 46 Abs. 3

 

Leitsatz

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer II des Bescheids des Landratsamts … vom 14. Dezember 2021 wird wiederhergestellt.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt mit seinem Antrag die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen einen Bescheid des Landratsamts … (Landratsamt) vom 14. Dezember 2021.
Mit am 29. August 2021 unterschriebenen Formblatt beantragte der Antragsteller eine Waffenbesitzkarte zum Erwerb und zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Schusswaffen (Pfeilabschussgerät Fx Airguns/Bobcat fx 59547). Er habe die Waffe im Jahr 2019 erworben, sie sei damals als Spielzeug klassifiziert gewesen. Da ein nicht unerheblicher Wert vorliege, melde er ein wirtschaftliches Bedürfnis an. Es gelte der Rechtsgrundsatz der Besitzstandswahrung (Grandfathering). Andere Landratsämter hätten Vordrucke, in denen für einen Erwerb vor dem 1. September 2020 kein Bedürfnis oder Sachkunde nachgewiesen werden müsse. Aufgrund bisherigen Wohnorts und der Pandemie sei es ihm nicht möglich gewesen, einen Sachkundekurs zu besuchen. Beigefügt war ein leeres Formblatt des Landratsamts … Das Landratsamt hörte den Antragsteller mit Schreiben vom 17. November 2021 zur Ablehnung seines Antrags auf Grund mangelnden Bedürfnisses an.
Der Antragsteller antwortete darauf mit E-Mail vom 9. Dezember 2021, dass er am Aufbau einer Sammlung zum Thema außergewöhnliche Waffen und waffenartige Objekte sei. Die Sammlung umfasse mehrere Objekte, z.B. ein MG Simulator, bei dem das Mündungsfeuer durch Propan und Sauerstoff künstlich imitiert werde sowie eine Druckluft-Pumpgun mit F Kennzeichnung und weniger als 7,5 Joule, die Gummigeschosse verschießt. Leider seien die meisten Objekte noch in Großbritannien. Waffen, die Alltagsobjekten ähnlich seien, seien nicht Gegenstand der Sammlung. Auf der E-Mail findet sich ein Vermerk des Sachbearbeiters über ein Telefonat mit dem Antragsteller: Dieser wolle einen Ablehnungsbescheid für den Antrag vom 29. August 2021, parallel stelle er einen weiteren Antrag auf Erteilung einer Waffenbesitzkarte für das Pfeilabschussgerät für eine kulturhistorisch bedeutsame Sammlung.
Mit Bescheid vom 14. Dezember 2021 (zugestellt am 16. Dezember 2021) lehnte das Landratsamt den Antrag auf Erteilung einer Waffenbesitzkarte für ein Pfeilabschussgerät ab (Ziffer I). Dem Antragsteller werde aufgegeben, das Pfeilabschussgerät, das er aktuell besitze, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids an einen Berechtigten abzugeben und dies unverzüglich dem Landratsamt anzuzeigen. Alternativ sei auch eine Abgabe des Pfeilabschussgeräts beim Landratsamt … möglich (Ziffer II). Die sofortige Vollziehung der Ziffer II werde angeordnet (Ziffer IV). Nach fruchtlosem Ablauf der unter Ziffer II genannten Frist werde das Pfeilabschussgerät des Antragstellers durch das Landratsamt sichergestellt und verwertet (Ziffer III). Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Antragsteller zwar rechtzeitig einen Antrag auf Erteilung einer Waffenbesitzkarte gestellt habe (29. August 2021). Für die Erteilung der Erlaubnis bestehe aber kein Bedürfnis. Der Nachweis eines Bedürfnisses sei erbracht, wenn ein solches als Jäger, Sportschütze, Brauchtumsschütze, Waffen- oder Munitionssammler, Waffen- oder Munitionssachverständiger, gefährdete Person, als Waffenhersteller oder -händler oder als Bewachungsunternehmen glaubhaft gemacht werde. Rein wirtschaftliche Gesichtspunkte oder Altbesitz reichten hierfür nicht aus. Die Anordnung, das Abschussgerät einem Berechtigten zu überlassen, stütze sich auf § 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 WaffG. Nach fruchtlosem Fristablauf könne das Pfeilabschussgerät sichergestellt werden (§ 46 Abs. 3 Satz 2 WaffG) und nach Ablauf eines weiteren Monats durch das Landratsamt verwertet werden (§ 46 Abs. 5 Satz 1 WaffG). Die sofortige Vollziehung sei erforderlich, da der Antragsteller keine waffenrechtliche Erlaubnis besitze. Das öffentliche Interesse begründe sich dadurch, dass der Bescheid bei Ausschöpfung des Verwaltungsrechtsweges erst nach mehreren Jahren wirksam werde. Die Abwägung der Interessen ergäbe einen eindeutigen Vorrang der öffentlichen Belange.
Mit Schreiben vom 30. Dezember 2021, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tage, ließ der Antragsteller Klage erheben mit dem Antrag, dass ihm unter Aufhebung des Bescheids vom 14. Dezember 2021 eine Waffenbesitzkarte für ein Pfeilabschussgerät erteilt werde. Zudem ließ er beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen II. des Bescheids wiederherzustellen.
Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des 3. Waffenrechtsänderungsgesetzes im Besitz eines Pfeilabschussgerätes gewesen sei. Vor dem 1. September 2020 sei der Umgang mit Pfeilabschussgeräten nicht erlaubnispflichtig gewesen. Durch das 3. Waffenrechtsänderungsgesetz sei ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt eingefügt worden. Die Waffenbehörden würden bundesweit keine Erlaubnisse zum Erwerb und Besitz von Pfeilabschussgeräten erteilen. Dies werde mit dem mangelnden waffenrechtlichen Bedürfnis begründet. Der Antragsteller habe ein Interesse, da das Gerät von erheblichem wirtschaftlichen Wert sei. Da keine Erlaubnisse erteilt würden, habe der Antragsteller keine Möglichkeit, das Pfeilabschussgerät zu veräußern. Auch eine Veräußerung an Waffenhändler scheitere aus diesem Grund. Das Verbot stelle eine Enteignung dar. Sie sei nicht in die Zukunft gerichtet, sondern auf den Entzug einer bereits bestehenden konkret-individuellen Eigentumsposition. Das Pfeilabschussgerät sei am Tag des Inkrafttretens des 3. Waffenrechtsänderungsgesetzes wirtschaftlich wertlos geworden. Dieses wirtschaftliche Interesse (am Erhalt seiner Eigentumsposition) begründe sein Bedürfnis im Sinne des § 8 WaffG. Die Übergangsregelung in § 58 Abs. 20 WaffG für Altbesitzer verliere ihren Sinn, wenn das Bedürfnis als grundsätzlich nicht nachgewiesen gelte. In der Gesetzesbegründung (Bundestags-Drucksache 19/13839) finde sich kein Hinweis darauf, dass diese Geräte aus dem Verkehr gezogen werden sollen. Zudem lägen keine Gründe für den Sofortvollzug vor. Der Gesetzgeber habe offenbar keine Eile gesehen und eine langfristige Übergangsvorschrift für Altbesitz geschaffen. Anhaltspunkte für Gefahr in Verzug seien nicht ersichtlich. Durch den Sofortvollzug erfolge eine Vorwegnahme der Hauptsache, da das Gerät nach Ablauf der Frist sichergestellt und verwertet werden würde. Im Obsiegensfalle sei eine Herausgabe des Gerätes nicht mehr möglich.
Mit Schreiben vom 10. Januar 2022 beantragte der Antragsgegner, den Antrag abzulehnen.
Die nur übergangsweise Gestattung bis zum Besitz einer Erlaubniserteilung und der Verweis auf die Vorschriften des § 46 WaffG würden dafür sprechen, dass ein Bedürfnis nachgewiesen werden müsse. Rein wirtschaftliche Gesichtspunkte oder der Altbesitz reichten dafür nicht aus. Der im Bescheid verfügte Sofortvollzug diene dem besonderen Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit an einem sicheren und zuverlässigen Umgang mit Pfeilabschussgeräten nur durch Berechtigte und daher dem Schutz überragender Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit der Bevölkerung. Gegenüber diesem gewichtigen öffentlichen Interesse habe das rein private wirtschaftliche Interesse des Antragstellers zurückzustehen, zumal ohnehin kein besonderes, einen vergleichbaren Fall übersteigendes Interesse vorgetragen worden sei. Um dem Antragsteller entgegenzukommen sei es denkbar, dass das Landratsamt das Pfeilabschussgerät bis zum Abschluss des Verfahrens für den Antragsteller kostenneutral aufbewahre, jedoch unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung für den Erhalt des Zustands des Pfeilabschussgeräts über die gewöhnliche Bewahrung eines beliebigen Gegenstands hinaus.
Mit Schreiben vom 12. Januar 2022 ließ der Antragsteller ausführen, dass im Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 9. August 2019 (Bundestag Drucksache 363/19) bereits großzügige Fristen vorgegeben gewesen seien. Wer ein solches Gerät besessen habe, sollte innerhalb von 12 Kalendermonaten die Erlaubnis beantragen oder das Gerät einem Berechtigten überlassen. Es sei nicht für notwendig empfunden worden, einen festen Stichtag einzuführen. Der Gesetzgeber habe im Altbesitz kein Problem gesehen. Offensichtlich habe er den Erwerb unter schärfere Regelungen stellen wollen als den Altbesitz.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Behördenakte ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO entsprechend).
II.
Der zulässige Antrag hat in der Sache Erfolg.
1. Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen.
Bei der Entscheidung hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen, bei der das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen ist. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen. Das Gericht prüft im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO auch, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind.
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist dem vorliegenden Antrag stattzugeben, da die Klage des Antragstellers gegen Ziffer II des Bescheids des Landratsamts nach summarischer Überprüfung erfolgreich ist.
a) Die in Ziffer II des Bescheids gesetzte Frist zur Abgabe des Pfeilabschussgeräts erweist sich als rechtswidrig, da der Antragsteller nach der Fassung des § 58 Abs. 20 WaffG bis zur bestandskräftigen Versagung der waffenrechtlichen Erlaubnis im rechtmäßigen Besitz des Pfeilabschussgeräts ist.
§ 58 Abs. 20 WaffG (eingefügt durch Gesetz vom 17.2.2020 – BGBl. I S. 166, geändert durch Gesetz vom 22.4.2020, BGBl. I S. 840) lautet wie folgt:
„Hat jemand am 1. September 2020 ein nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nummer 1.2.3 den Schusswaffen gleichgestelltes Pfeilabschussgerät besessen, das er vor diesem Tag erworben hat, so hat er spätestens am 1. September 2021 eine Erlaubnis nach § 10 Absatz 1 Satz 1 oder eine gleichgestellte andere Erlaubnis zum Besitz zu beantragen oder das Pfeilabschussgerät einem Berechtigten, der zuständigen Behörde oder einer Polizeidienststelle zu überlassen. Für die Zeit bis zur Erteilung oder Versagung der Erlaubnis gilt der Besitz als erlaubt. § 46 Absatz 3 Satz 2 und Absatz 5 findet entsprechende Anwendung.“
Der Antragsteller hat am 29. August 2021 die Erlaubnis für ein in dieser Norm genanntes Pfeilabschussgerät beantragt, welches er bereits am 1. September 2020 besessen hatte. Das Landratsamt hat die Abgabepflicht in Ziffer II des Bescheids auf § 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 WaffG gestützt. Nach dieser Vorschrift kann die Behörde, wenn jemand ohne die erforderliche Erlaubnis oder entgegen einem vollziehbaren Verbot nach § 41 Abs. 1 oder 2 eine Waffe oder Munition besitzt, anordnen, dass er binnen angemessener Frist (Nr. 1) die Waffe oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt und (Nr. 3) den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die Behörde die Waffe oder Munition sicherstellen (§ 46 Abs. 3 Satz 2 WaffG).
Vor Inkrafttreten des 3. Waffenrechtsänderungsgesetzes am 1. September 2020 war der Besitz von Pfeilabschussgeräten nicht erlaubnispflichtig. Nach der gesetzgeberischen Wertung und dem neu eingefügten § 58 Abs. 20 WaffG wurde für Pfeilabschussgeräte, die bis zum 1. September 2020 in Besitz des Inhabers waren, keine feste Stichtagsregelung, sondern nur eine Frist für die Stellung des Antrags auf Erteilung einer Erlaubnis eingefügt. Weiter wurde bestimmt, dass für die Zeit bis zur Erteilung oder Versagung der Erlaubnis der Besitz als erlaubt gilt (§ 58 Abs. 20 Satz 2 WaffG). Das Landratsamt hat in Ziffer I des Bescheids zwar die Erteilung der Erlaubnis nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WaffG abgelehnt. Hiergegen hat der Kläger aber mit Schreiben vom 30. Dezember 2021 fristgerecht Klage erhoben, weshalb die Versagung der Erlaubnis noch nicht bestandskräftig ist. Zwar ist dem Wortlaut des § 58 Abs. 20 Satz 2 WaffG nicht zu entnehmen, dass der Besitz bis zur unanfechtbaren Versagung der Erlaubnis als erlaubt gilt (obwohl im Waffengesetz an anderer Stelle durchaus der Begriff der „unanfechtbaren Versagung“ genannt wird – etwa in § 46 Abs. 5 Satz 2 WaffG). Diese Interpretation ergibt sich aber aus dem Grundsatz der aufschiebenden Wirkung der Klage und deshalb, da der Gesetzgeber auch eine feste Stichtagsregelung hätte treffen können, wenn ein Zuwarten auf Grund einer Eilbedürftigkeit der Regelung nicht angezeigt wäre. Der Gesetzgeber wollte aber offensichtlich eine großzügige Regelung für Altbesitzer treffen, indem zunächst ein Jahr für die Antragstellung eingeräumt wurde und danach sogar noch eine weitere Frist bis zur Erteilung/Versagung der Genehmigung. § 58 Abs. 20 Satz 2 WaffG ist deshalb so zu verstehen, dass der Besitz bis zur unanfechtbaren Ablehnung der Erlaubnis als erlaubt gilt. Für diese Auslegung spricht auch, dass ansonsten bei Versagung der Erlaubnis eine Verpflichtungsklage regelmäßig spätestens nach der auf die Sicherstellung folgenden Verwertung (§ 46 Abs. 5 Satz 1 WaffG) unzulässig werden würde, da mit Verwertung der Klagegegenstand wegfallen würde. Dies würde einer Rechtlosstellung von Altwaffenbesitzern gleichkommen.
Da der Antragsteller somit bis zur unanfechtbaren Versagung der Erlaubnis im rechtmäßigen Besitz des Pfeilabschussgeräts ist, besitzt er dieses nicht ohne eine erforderliche Erlaubnis im Sinne des § 46 Abs. 3 Satz 1 WaffG, weshalb die Abgabepflicht zum Zeitpunkt des Bescheidserlass nicht auf § 46 Abs. 3 Satz 1 WaffG gestützt werden konnte. Allenfalls wäre es möglich gewesen, eine Abgabepflicht für die Zeit nach unanfechtbarer Ablehnung der Versagung der Erlaubnis bereits in diesem Bescheid zu formulieren. Dies war hier aber nicht der Fall, da sofort vollziehbar angeordnet wurde, dass die Frist zur Abgabe einen Monat nach Zustellung des Bescheids beträgt. Auch ein vollziehbares Verbot nach § 41 Abs. 1 oder Abs. 2 WaffG ist vorliegend nicht gegeben, weshalb § 46 Abs. 3 Satz 1 WaffG auch unter diesem Gesichtspunkt als Rechtsgrundlage für die Abgabepflicht nicht in Betracht kommt.
b) Etwas anderes ergibt sich nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § 46 Abs. 3 Satz 2 und § 46 Abs. 5 Satz 1 WaffG über § 58 Abs. 20 Satz 3 WaffG. Die Kammer legt § 58 Abs. 20 Satz 3 WaffG so aus, dass die entsprechende Anwendung von § 46 Abs. 3 Satz 2 WaffG: „Nach fruchtlosem Fristablauf kann die zuständige Behörde die Waffe oder Munition sicherstellen.“, bedeutet, dass nach fruchtlosem Ablauf der Frist des § 58 Abs. 20 Satz 1 – also fehlende Antragstellung bis zum 1. September 2021 – Pfeilabschussgeräte sichergestellt werden können und unter entsprechender Anwendung von § 46 Abs. 5 Satz 1 WaffG, sofern der Inhaber nicht innerhalb eines Monats nach der Sicherstellung einen empfangsberechtigten Berechtigten benennt, die sichergestellten Pfeilabschussgeräte eingezogen und verwertet oder vernichtet werden können. Wäre die entsprechende Anwendung des § 46 Abs. 3 Satz 2 WaffG auch für den Fall gewollt, dass zwischen der (angefochtenen) Versagung und der Entscheidung des Gerichts eine Sicherstellung möglich sein soll, so hätte der Gesetzgeber gleich eine Stichtagsregelung treffen können oder für diesen Fall eine genauere Formulierung wählen müssen, da gerade die Wortlautauslegung dafür spricht, dass nur im Fall nicht fristgerechter Antragstellung eine Sicherstellung erfolgen kann. Hinzu kommt, dass die Bescheidstenorierung in Ziffer II ihrem Wortlaut nach schon nicht auf eine entsprechende Anwendung des § 46 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 1 WaffG abzielt.
c) Die Anordnung in Ziffer II des Bescheids ist unabhängig von den Ausführungen unter a) auch deshalb rechtswidrig, da dem Antragsteller entgegen des Wortlauts von § 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WaffG keine Wahl gelassen wurde zwischen der dauerhaften Unbrauchbarmachung und der Überlassung an einen Berechtigten. Diese beiden Alternativen stehen dem Berechtigten zur Auswahl (Gerlemann in Steindorf, Waffenrecht, 10. Auflage 2015, § 46 WaffG Rn. 4). Gründe, die es ausnahmsweise rechtfertigen würden, dem Antragsteller diese Auswahl zu nehmen, sind nicht ersichtlich. Das Gesetz sieht die Möglichkeit der Unbrauchbarmachung ausdrücklich vor und nimmt mithin einen etwaig verbleibenden Anschein (einer funktionsfähigen Waffe) grundsätzlich in Kauf. Ein bloßer Anschein birgt auch nicht die gleiche Gefahr wie funktionsfähige Munition oder Waffen. Die technische Möglichkeit der Unbrauchbarmachung ist ebenfalls gegeben, da z. B. auch die Zerstörung eine weitergehende Form der Unbrauchbarmachung darstellt (Gerlemann in Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 46 Rn. 4; Nr. 46.2 WaffVwV i. V. m. Anlage 1 Abschn. 1 UA 1 Nr. 1.4 WaffVwV). Eine Rechtsverletzung des Antragstellers ergibt sich insoweit daraus, als ihm als Adressat der Maßnahme die von § 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WaffG eingeräumte Auswahl genommen wird. Darin liegt jedenfalls ein nicht gerechtfertigter Eingriff in Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) (VG Regensburg, U.v. 2.2.2021 – RN 4 K 19.1980 – juris Rn. 56).
2. Die Kostenfestsetzung stützt sich auf § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 Satz 1, 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit


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