Verwaltungsrecht

Anspruch auf Unterlassung der Einbehaltung und Aufbewahrung von Testnachweisen

Aktenzeichen  M 3 E 22.667

Datum:
4.5.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 11078
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
DSGVO 16. BayIfSMV

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragsteller sind Schüler der Grundschule I (im Folgenden: die Schule). Zur Teilnahme am Präsenzunterricht erbrachten die Antragsteller regelmäßig Testnachweise nach den Vorschriften der jeweils maßgeblichen Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung.
Mit Schriftsatz vom 10. Februar 2022, bei Gericht eingegangen am selben Tag, beantragen die Antragsteller durch ihren Prozessbevollmächtigten beim Verwaltungsgericht München sinngemäß,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, es zu unterlassen, an der Grundschule I. Corona-Testnachweise der Antragsteller über das Ergebnis eines PCR- oder PoC-Antigentests sowie Maskenbefreiungsatteste der Antragsteller im Original oder in Kopie einzubehalten und aufzubewahren.
Zur Begründung machen die Antragsteller geltend, nach Angaben der Schule würden die Testnachweise 14 Tage aufbewahrt. Weiter würden auch die Maskenbefreiungsatteste in Kopie von der Schule aufbewahrt. Unter welchen Sicherheitsvorkehrungen dies geschehe, sei unbekannt. Das Einbehalten dieser Dokumente sei nach datenschutzrechtlichen Bestimmungen rechtswidrig und zu unterlassen. Testnachweise und Atteste seien Gesundheitsdaten im Sinne von Art. 9 Abs. 1 DSGVO. Rechtsgrundlage für die Prüfung der Testnachweise sei § 12 Abs. 2 Satz 5, 8 15. BayIfSMV. Hierin sei von „Testergebnis“ die Rede; eine Rechtsgrundlage für das Aufbewahren des Testnachweises sei nicht ersichtlich. Rechtsgrundlage für die Prüfung der Maskenbefreiungsatteste seien §§ 2, 12 Abs. 1 15. BayIfSMV, wobei nur eine Vorlagepflicht für Atteste bestehe, damit diese geprüft werden könnten. Nur das Ergebnis der Überprüfung dürfe dokumentiert werden. Eine Rechtsgrundlage für das Aufbewahren der Atteste sei nicht ersichtlich. Auf diese Rechtslage würde auch in Veröffentlichungen des Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz sowie des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus hingewiesen. Mit Schreiben vom 31. Januar 2022 hätten die Antragsteller den Antragsgegner erfolglos aufgefordert, das Aufbewahren der Testnachweise und Atteste zu unterlassen und aufbewahrte Testnachweise und Kopien der Atteste zu löschen. Den Antragstellern stehe ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB analog i.V.m. Art. 79 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 c) DSGVO, Art. 2 BayDSG zu. Art. 79 DSGVO entfalte keine Sperrwirkung für weitere gerichtliche Rechtsbehelfe. Von den Antragstellern könne nicht erwartet werden, sich gegenüber ihrer Klassenlehrerin oder Schulleiterin gegen eine Herausgabe der Testnachweise zu widersetzen. Es drohe daher weiter eine rechtswidrige Verarbeitung. Eine nachträgliche Beseitigung sei aufgrund des Zeitablaufs bis zum Vorliegen einer Hauptsacheentscheidung nicht möglich. Die rechtswidrige Verarbeitung von Gesundheitsdaten stelle einen schwerwiegenden Eingriff in das Recht der informationellen Selbstbestimmung und des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar.
Mit Schreiben vom 14. Februar 2022 an das Gericht trägt die Schule vor, Testnachweise würden gesondert, insbesondere nicht im Schülerakt, und für Dritte nicht zugänglich im Klassenzimmer verwahrt. Nach 14 Tagen würden die Testnachweise vernichtet. Die Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht im Sport seien vom Vater der Antragsteller persönlich übergeben worden. Sie seien nicht als Original, sondern als Scan vorgelegt worden, die Schule habe sie jedoch akzeptiert. Nach den Weihnachtsferien habe die Familie die Testnachweise unter Verweis auf den Datenschutz zurückgefordert. Am 7. Februar 2022 habe die Schule Anzeige gegen die Eltern der Antragsteller wegen des Verdachts der Urkundenfälschung erstattet und die Testnachweise sowie die Scans der Atteste dem Polizeipräsidium Pfaffenhofen an der Ilm vorgelegt. Einzelne Testnachweise seien zuvor der Regierung von Oberbayern vorgelegt worden, die der Schule zur Anzeige geraten habe. Bei der Schule lägen keine Testnachweise und keine Atteste mehr vor.
Mit Schriftsatz vom 17. Februar 2022 erklärt der Bevollmächtigte den Antrag bezüglich des Einbehaltens und Aufbewahrens der Maskenbefreiungsatteste für erledigt. Im Übrigen werde der Antrag aufrecht erhalten, da weiterhin Testnachweise rechtswidrig einbehalten und aufbewahrt würden. Die Schule sei nicht befugt gewesen, Testnachweise und Atteste Dritten wie der Regierung von Oberbayern vorzulegen. Die Testnachweise und Atteste seien gerade nicht aufgrund des Verdachts eines strafbaren Verhaltens einbehalten worden. Die Strafanzeige sei erst nach dem anwaltlichen Schreiben vom 31. Januar 2022 und wohl aufgrund dessen erfolgt. Selbst wenn die Weiterleitung der Testnachweise und Atteste an die Polizei und die Regierung von Oberbayern zulässig gewesen wäre, bliebe es bei der Unzulässigkeit des zuvor erfolgten Einbehaltens der Testbescheinigungen. Es bleibe unklar, aufgrund welcher objektiven Tatsachen oder Verdachtsmomente eine Strafanzeige gestellt worden sei, so dass diese Übermittlung auch keine zulässige Verarbeitung im Rahmen eines Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahrens darstelle.
Mit Schreiben vom 31. März 2022 teilt das Staatliche Schulamt im Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm mit, in Abstimmung mit der Schule werde der teilweisen Erledigung nicht zugestimmt. Ein erledigendes Ereignis liege nicht vor. Der Antrag sei von vornherein unzulässig bzw. unbegründet gewesen, da das Attest bereits am 7. Februar 2022 der Polizei übergeben worden sei. Laut der beigefügten Stellungnahme der Schule vom 25. Februar 2022 hätten die Eltern der Antragsteller bis zum 21. Januar 2022 die Testnachweise bei der Klassenlehrkraft abgegeben. Als sich zu den Testnachweisen seitens der Schule Fragen ergeben hätten, habe die Schulleitung Kontakt zu den Eltern aufgenommen. Da ein weiteres klares Indiz dafür vorgelegen habe, dass mit den Testnachweisen etwas nicht stimmen könne, habe die Schulleiterin die Antragsteller kurz zu ihren Tests befragt. Die Eltern der Antragsteller hätten daraufhin gegen die Schulleiterin Anzeige erstattet; die Antragsteller hätten in der Folgezeit der Klassenlehrkraft mitgeteilt, dass die Schule die Testnachweise nicht behalten und keine Kopie fertigen dürfe. Die Schule dürfe Namen, Adressen sowie Geburtsdatum eines Schülers verarbeiten. Diese Daten fänden sich auf dem Testnachweis. Weiter müsse auf dem Testnachweis das Testdatum vermerkt sein für die Prüfung, ob das Testergebnis bei einem Schnelltest nicht älter als 24 Stunden sei. Weiter müssten die zertifizierte Stelle und das Testergebnis eingetragen sein.
Mit Schriftsatz vom 25. April 2022 machen die Antragsteller im Wesentlichen geltend, es gebe keine weiteren Indizien dafür, dass die Testnachweise der Antragsteller gefälscht oder inhaltlich unrichtig seien. Der angebliche Vorfall am 21. Januar 2022 stelle sich bei näherer Betrachtung als anlasslose Verdächtigung dar, da die Eltern der Antragsteller nachvollziebar dargelegt hätten, dass der Briefkopf der Allianz allein durch den versehentlichen Ausdruck der per E-Mail zugesandten Testnachweise auf Firmenpapier auf die Testnachweise geraten sei. Dies rechtfertige jedenfalls keine anlasslose dauerhafte Speicherung aller Testnachweise.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
a) Im Hinblick auf die einseitige Erledigterklärung der Antragsteller, soweit beantragt war, den Antragsgegner zu verpflichten, es zu unterlassen, Maskenbefreiungsatteste der Antragsteller einzubehalten und aufzubewahren, war festzustellen, ob sich die Hauptsache erledigt hat. Dies ist nicht der Fall.
Gegenstand des Antragsverfahrens ist auf Grund der einseitigen Erledigterklärung der Antragsteller nur noch die Frage, ob sich die Hauptsache erledigt hat (BayVGH, B.v. 1.12.2003 – 3 CE 03.2098 – NVwZ-RR 2004, 623 m.w.N.; Schoch in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Juli 2021, § 123 Rn. 131c). Erledigung ist dann anzunehmen, wenn ein nach Antragstellung eingetretenes außerprozessuales Ereignis dazu führt, dass dem Antragsbegehren die Grundlage entzogen wird, insbesondere die gerichtliche Entscheidung der Antragspartei keinen rechtlichen Vorteil mehr bringen kann. Liegt die Erledigterklärung der Antragspartei vor, der der Antragsgegner nicht zustimmt, so ist diese Erklärung ohne ausdrückliche Umstellung des ursprünglichen Antrags als – zulässiger – Antrag auf Feststellung des Eintritts der Erledigung auszulegen (BayVGH, B.v. 1.12.2003 – 3 CE 03.2098 – NVwZ-RR 2004, 623 m.w.N.).
Vorliegend ist keine Erledigung eingetreten. Der Antrag war in Bezug auf Atteste der Antragsteller zur Befreiung von der Maskenpflicht bereits bei Antragstellung mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Denn im Zeitpunkt der Antragstellung am 10. Februar 2022 lagen der Schule keine Atteste der Antragsteller über die Befreiung von der Maskenpflicht mehr vor. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Schule hat diese die vorgelegten Scans der Atteste der Antragsteller am 7. Februar 2022 an die Polizei weitergeleitet; Hinweise darauf, dass sich noch Atteste in Original oder Kopie an der Schule befinden, sind nicht ersichtlich.
Der Antrag war im Zeitpunkt der Antragstellung auch nicht als Antrag auf vorbeugenden einstweiligen Rechtsschutz im Hinblick auf etwaig künftig vorzulegende Atteste auszulegen (§ 122 Abs. 1 i.V.m. § 88 VwGO), da auch ein solcher Antrag nicht zulässig gewesen wäre. Voraussetzung für ein diesbezügliches Rechtsschutzinteresse wäre, dass eine konkrete Rechtsverletzung droht und regulärer nachgängiger Rechtsschutz nicht ausreicht (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 42 Rn. 67). Vorliegend war weder dargetan noch ersichtlich, dass weitere Atteste im Zusammenhang mit einer Befreiung von der Maskenpflicht in absehbarer Zeit vorzulegen wären.
Denn mit Ablauf des 2. April 2022 ist die Maskenpflicht für den Unterricht und sonstige Schulveranstaltungen und für die Mittagsbetreuung an Schulen entfallen (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1, § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 12 Fünfzehnte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung – 15. BayIfSMV – vom 23. November 2021, BayMBl. Nr. 816, BayRS 2126-1-19-G, zuletzt geändert durch Verordnung vom 18. März 2022, BayMBl. Nr. 176). Für eine in Kürze anstehende Wiedereinführung der Maskenpflicht sind derzeit keine Anhaltspunkte ersichtlich.
b) Soweit die Antragsteller beantragen, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, es zu unterlassen, an der Schule Testnachweise über das Ergebnis eines PCR- oder PoC-Antigentests einzubehalten, ist der Antrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
Mit Ablauf des 30. April 2022 ist die Sechzehnte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (16. BayIfSMV) vom 1. April 2022 (BayMBl. 2022 Nr. 210) und damit auch § 4 Abs. 1 Satz 1 16. BayIfSMV außer Kraft getreten, wonach die Teilnahme am Präsenzunterricht, an sonstigen Schulveranstaltungen oder schulischen Ferienkursen in Präsenz sowie an der Mittags- und Notbetreuung Schülern nur erlaubt war, wenn sie dreimal wöchentlich einen Testnachweis erbringen oder in der Schule unter Aufsicht einen über die Schule zur Verfügung gestellten und dort zu verwendenden Selbsttest mit negativem Ergebnis vorgenommen hatten. Da somit derzeit kein Anlass mehr besteht, Testnachweis zur Teilnahme am Präsenzunterricht vorzulegen, ist nicht ersichtlich, dass die Schule erneut Testnachweise der Antragsteller einbehalten könnte. Für einen Antrag auf vorbeugenden einstweiligen Rechtsschutz im Hinblick auf etwaige künftige Vorlagepflichten der Antragsteller fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis, da derzeit nicht absehbar ist, dass erneut Regelungen über die Vorlage von Testnachweisen als Zugangsvoraussetzung für den Präsenzunterricht eingeführt würden.
c) Soweit die Antragsteller beantragen, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, es zu unterlassen, an der Schule Testnachweise über das Ergebnis eines PCR- oder PoC-Antigentests aufzubewahren, ist der Antrag zulässig.
aa) Der Antrag ist auch im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Datenschutzgrundverordnung (Art. 2 Abs. 1 DSGVO, Art. 2 Satz 1 BayDSG) statthaft. Zwar wird teilweise davon ausgegangen, dass im Anwendungsbereich der Datenschutzgrundverordnung das Rechtsschutzsystem ebenfalls seinen Ausgangspunkt in der Datenschutzgrundverordnung habe und Art. 79 DSGVO weitere gerichtliche Rechtsbehelfe gegen Verantwortliche und Auftragsverarbeiter ausschließe. Die Rechte Betroffener seien in Kapitel III der DSGVO niedergelegt (Art. 12 bis 22 DSGVO); jenseits dessen gewähre die Datenschutzgrundverordnung keine Rechte, zu deren Durchsetzung ein wirksamer Rechtsbehelf nach Art. 79 DSGVO zur Verfügung gestellt werden müsse (VG Regensburg, GB v. 6.8.2020 – RN 9 K 19.1061 – juris Rn. 19; a.A. VG Wiesbaden, B.v. 1.12.2021 – 6 L 738/21.WI – juris Rn. 32 ff.). Allerdings vermittelt Art. 17 Abs. 1 Buchst. d DSGVO ein Recht auf Löschung, sofern (eigene) personenbezogene Daten unrechtmäßig verarbeitet werden, und Art. 18 Abs. 1 Buchst. a, d DSGVO einen vorläufigen Sicherungsanspruch in Gestalt eines Rechts auf Einschränkung der Verarbeitung. Zur Durchsetzung dieser Ansprüche verleiht Art. 79 Abs. 1 DSGVO ein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf; ergänzend dürfte nach allgemeinem Prozessrecht ein vorheriger Antrag bei dem Verantwortlichen zu verlangen sein (VG Regensburg, GB v. 6.8.2020 – RN 9 K 19.1061 – juris Rn. 25 m.w.N.). Selbst wenn man der Auffassung folgt, dass für einen im Wege eines Antrags nach § 123 VwGO zu regelnden allgemeinen Unterlassungs- und Folgenbeseitigungsanspruch kein Raum mehr ist, wäre der Antrag der Antragsteller als Geltendmachung ihres Rechts auf Löschung unrechtmäßig verarbeiteter personenbezogener Daten zu verstehen; ein entsprechender vorheriger Antrag beim Verantwortlichen dürfte im Schreiben des Bevollmächtigten der Antragsteller an die Schule vom 31. Januar 2022 zu sehen sein. Somit kann vorliegend offenbleiben, ob daneben weiterhin der öffentlich-rechtliche Unterlassungs- bzw. Folgenbeseitigungsanspruch gerichtlich geltend gemacht werden kann.
bb) Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden, drohende Gewalt zu verhindern oder wenn andere Gründe vorliegen. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das von ihm behauptete Recht (Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Nimmt die begehrte einstweilige Anordnung die Entscheidung in der Hauptsache sachlich und zeitlich vorweg, ist dem Antrag nur dann stattzugeben, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes geboten ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist (BVerwG, U.v.18.4.2013 – 10 C 9/12 – juris Rn. 22).
Daran gemessen kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht in Betracht. Die Antragsteller haben diesbezüglich keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Die Antragsteller haben voraussichtlich keinen Anspruch gegen die Schule als Verantwortlichen (Art. 3 Abs. 2 BayDSG) auf unverzügliche Löschung der personenbezogenen Daten auf den einbehaltenen und aufbewahrten Testnachweisen (Art. 17 Abs. 1 Buchst. c DSGVO).
Art. 17 Abs. 1 Buchst. c DSGVO öffnet sich über die implizite Inbezugnahme von Art. 6 DSGVO auch für Vorgaben des nationalen Rechts; nach Art. 6 Abs. 2, 3 DSGVO haben die nationalen Gesetzgeber die Möglichkeit, Verarbeitungstatbestände des Art. 6 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO näher auszugestalten (Worms in BeckOK Datenschutzrecht, Stand 1.11.2021, DSGVO Art. 17 Rn. 43).
(1) Hiernach dürfte das Erheben der Daten und das Aufbewahren der Testnachweise jedenfalls bis zum Außerkrafttreten der 16. BayIfSMV mit Ablauf des 30. April 2022 keinen rechtlichen Bedenken begegnen.
(a) § 4 Abs. 1 Satz 1 16. BayIfSMV sah vor, dass die Teilnahme am Präsenzunterricht, an sonstigen Schulveranstaltungen oder schulischen Ferienkursen in Präsenz sowie an der Mittags- und Notbetreuung für Schüler nur erlaubt ist, wenn sie dreimal wöchentlich einen Testnachweis nach § 3 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1, 2 16. BayIfSMV erbringen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 5 16. BayIfSMV verarbeitet die Schule das Testergebnis für die Zwecke nach § 4 Abs. 1 Satz 1, 2 16. BayIfSMV. Nach § 4 Abs. 1 Satz 8 BayIfSMV wird das Testergebnis höchstens 14 Tage aufbewahrt. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu den gleichlautenden Vorschriften in § 13 Abs. 2 Satz 1, 5 und 8 14. BayIfSMV dürften diese Vorschriften weder in Bezug auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, noch in Bezug auf Art. 9 Abs. 1, 2 DSGVO zu beanstanden sein (BayVGH, B.v. 4.11.2021 – 25 NE 21.2634 – BeckRS 2021, 36742 Rn. 39 ff. m.w.N.).
(b) Soweit die Antragsteller geltend machen, dass § 4 Abs. 1 Satz 5, 8 16. BayIfSMV nur die Befugnis enthalte, das Testergebnis für Zwecke des § 4 Abs. 1 Satz 1, 2 16. BayIfSMV zu verarbeiten und für höchstens 14 Tage aufzubewahren, nicht jedoch den Testnachweis selbst einzubehalten und aufzubewahren, dringen sie damit nicht durch.
Das Erbringen eines Testnachweises durch Schüler als Zugangsvoraussetzung insbesondere für den Präsenzunterricht verbunden mit der Befugnis der Schule zur Verarbeitung und Aufbewahrung des Testergebnisses wurde mit der Verordnung zur Änderung der Zwölften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 9. April 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 261) eingeführt. Die Vorschriften des damaligen § 18 Abs. 4 Satz 2 bis 5 12. BayIfSMV hatten folgenden Wortlaut:
„Hierfür haben die Schülerinnen und Schüler zu Beginn des Schultages über ein schriftliches oder elektronisches negatives Ergebnis eines PCR- oder POC-Antigentests zu verfügen und dieses auf Anforderung vorzuweisen oder müssen in der Schule unter Aufsicht einen Selbsttest mit negativem Ergebnis vorgenommen haben. Die dem Testergebnis zu Grunde liegende Testung oder der in der Schule vorgenommene Selbsttest dürfen höchstens 48 Stunden, im Fall des Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 höchstens 24 Stunden vor dem Beginn des jeweiligen Schultags vorgenommen worden sein. Soweit Tests in der Schule vorgenommen werden, verarbeitet die Schule das Testergebnis ausschließlich für den schulischen Zweck der Aufrechterhaltung des Präsenzunterrichts; eine Übermittlung an Dritte findet vorbehaltlich von Meldepflichten nach dem Infektionsschutzgesetz nicht statt. Das Testergebnis wird höchstens 14 Tage aufbewahrt.“
§ 18 Abs. 4 Satz 2 12. BayIfSMV verpflichtet die Schüler danach u.a. zum Vorweisen eines schriftlichen oder elektronischen negativen „Ergebnisses“ eines PCR- oder PoC-Antigentests; die Befugnis zur höchstens 14-tägigen Aufbewahrung nach § 18 Abs. 4 Satz 5 12. BayIfSMV bezieht sich ebenfalls auf das „Testergebnis“. Damit wird in § 18 Abs. 4 Satz 2 12. BayIfSMV „Ergebnis“ (eines PCR- oder PoC-Antigentest), wie aus dem Zusatz „schriftlich oder elektronisch“ ersichtlich, synonym zu „Testnachweis“ verwendet, was sich auch in der Begründung der Änderungsverordnung (BayMBl. 2021 Nr. 262, S. 5) zeigt, wenn darin etwa ausgeführt ist: „Wenn es Distanzunterricht an der Schule für die jeweilige Jahrgangsstufe gibt, sind die Schülerinnen und Schüler, die keinen negativen Coronatest nachweisen können bzw. wollen, verpflichtet, am Distanzunterricht teilzunehmen“. Zum Zeitpunkt der Einführung der Vorschriften wurde damit dem Wortlaut nach nicht unterschieden zwischen den von den Schülern vorzulegenden Angaben über den externen Test und den Daten, die die Schule für höchstens 14 Tage aufbewahren durfte. Ob der Normgeber mit der in der Dreizehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (13. BayIfSMV) vom 5. Juni 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 384) eingeführten Unterscheidung zwischen dem von den Schülern zu erbringenden „Testnachweis“ (§ 20 Abs. 2 Satz 1 13. BayIfSMV) und dem „Testergebnis“, das höchstens 14 Tage aufbewahrt wird (§ 20 Abs. 2 Satz 3 13. BayIfSMV) in der Sache etwas anderes regeln wollte, erscheint fraglich. Hiergegen spricht zum einen die Begründung (BayMBl. Nr. 385, S. 7): „§ 20 Abs. 2 regelt die Einzelheiten zu den erforderlichen Testnachweisen und führt die Regelung des § 18 Abs. 4 inhaltlich fort“. Von einer Änderung in Form einer inhaltlichen Differenzierung zwischen „Testnachweis“ und „Testergebnis“ bei § 20 Abs. 2 Satz 3 13. BayIfSMV ist nicht die Rede. Zum anderen trifft § 20 Abs. 2 Satz 3 13. BayIfSMV eine Regelung zur Speicherung von Testdaten unabhängig davon, ob ein externer Test oder ein schulischer Test vorgenommen worden war; bei der vom Normgeber als Regelfall angenommenen Testung in der Schule hat aber die Unterscheidung zwischen „Testnachweis“ und „Testergebnis“ keine Bedeutung.
Vor allem aber ist nicht ersichtlich, inwiefern sich bei der Vornahme externer Testungen aus diesen Unterschieden im Wortlaut überhaupt ein tatsächlicher Unterschied im Hinblick auf den Umfang der Daten ergibt, die bei der Schule für höchstens 14 Tage aufbewahrt werden dürfen.
Die Verarbeitung des Testergebnisses erfolgt nach § 4 Abs. 1 Satz 5 16. BayIfSMV für die Zwecke nach § 4 Abs. 1 Satz 1, 2 16. BayIfSMV. Die Aufbewahrung nach § 4 Abs. 1 Satz 8 16. BayIfSMV darf nicht in einer mit diesen Zwecken nicht zu vereinbarenden Weise erfolgen (Art. 5 Abs. 1 Buchst. b DSGVO) und muss auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein (Art. 5 Abs. 1 Buchst. c DSGVO). Zu den Zwecken der Verarbeitung nach Art. 6 Abs. 3, 4 DSGVO zählt auch die Wahrnehmung von Kontrollbefugnissen (Art. 6 Abs. 1 BayDSG).
Um die Einhaltung der Zugangsbeschränkung (aktuelles negatives Testergebnis) bei Schülern, die nicht an schulischen Tests teilnehmen, überwachen zu können, müssen die Schulen überprüfen können, ob ein Test im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1, 2 16. BayIfSMV vorgenommen wurde und ob dieser aktuell ist. Weiter muss durch die Schule überprüft werden können, ob der Test durch einen Leistungserbringer nach § 6 Abs. 1 der Coronavirus-Testverordnung vorgenommen oder vor Ort überwacht worden ist (§ 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 5 Satz 1, Nr. 1, 2 16. BayIfSMV, § 22a Abs. 3 Nr. 3 IfSG, § 6 Abs. 1 Coronavirus-Testverordnung). Vor diesem Hintergrund ist bei externen Tests nicht nur eine Dokumentation der Art und des Ergebnisses des Tests, sondern auch des Testdatums und des jeweiligen Leistungserbringers erforderlich.
Aus dem Vorbringen der Antragsteller ergibt sich nicht, dass und welche darüber hinausgehenden Angaben die von den Antragstellern vorgelegten und von der Schule einbehaltenen und aufbewahrten Testnachweise enthalten hätten.
Soweit sich die Antragsteller weiter gegen eine aus ihrer Sicht unzureichende Sicherung der Testnachweise vor unbefugten Zugriff wenden, hat die Schule mit Schreiben vom 14. Februar 2022 hierzu ausgeführt, die Testnachweise würden gesondert und für Dritte nicht zugänglich im Klassenzimmer aufbewahrt und nach Ablauf von 14 Tagen vernichtet. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass dieses Vorbringen unzutreffend wäre, sind weder von den Antragstellern vorgetragen noch in anderer Weise ersichtlich.
(2) Soweit sich der Antrag gegen die Aufbewahrung der Testnachweise über den 30. April 2022 hinaus richtet, ist ein im Wege der einstweiligen Anordnung durchzusetzender Anspruch auf Unterlassung der weiteren Aufbewahrung bzw. auf Löschung nicht glaubhaft gemacht.
Nach § 8 16. BayIfSMV trat die 16. Bayerische Infektionsschutzmaßnahmeverordnung, damit auch die in § 4 Abs. 1 Satz 8 BayIfSMV geregelte Befugnis der Schule zur Aufbewahrung des Testergebnisses für höchstens 14 Tage, mit Ablauf des 30. April 2022 außer Kraft. Ob die Aufbewahrung von Daten der Schüler über Testungen, die zuvor gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1, 5, 8 16. BayIfSMV erhoben und verarbeitet wurden, mit Ablauf des 30. April 2022 (auch vor Ablauf von höchstens 14 Tagen) enden muss, ergibt sich aus § 8 16. BayIfSMV nicht.
Nach Art. 17 Abs. 3 Buchst. b, Alt. 2 DSGVO besteht ein Recht auf Löschung unrechtmäßig verarbeiteter Daten dann nicht, wenn die Verarbeitung erforderlich ist zur Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde. Dies dürfte vorliegend deshalb in Betracht kommen, da die Aufbewahrung der Testergebnisse für höchstens 14 Tage den Zweck hat, der Schule zu ermöglichen, die Einhaltung der Zugangsbeschränkung zu überwachen und etwaigen Zweifelsfällen nachzugehen. Vorliegend ist nicht ersichtlich, warum auch die Kontrolle der bis zum 30. April 2022 noch gültigen Zugangsbeschränkung mit Ablauf des 30. April 2022 enden muss.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass Art. 18 Abs. 1 Buchst. d DSGVO in Fällen, in denen der Betroffene Widerspruch gegen die Verarbeitung gemäß Art. 21 Abs. 1 DSGVO eingelegt hat, lediglich ein Recht auf Einschränkung der Verarbeitung gewährt, solange noch nicht feststeht, ob die berechtigten Gründe des Verantwortlichen gegenüber denen der betroffenen Person überwiegen. Wurde die Verarbeitung gemäß Art. § 18 Abs. 1 DSGVO eingeschränkt, so dürfen diese personenbezogenen Daten – von ihrer Speicherung abgesehen – nur mit Einwilligung des Betroffenen oder zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen oder zum Schutz der Rechte einer anderen natürlichen oder juristischen Person oder aus Gründen eines wichtigen öffentlichen Interesses der Union oder eines Mitgliedstaats verarbeitet werden (Art. 18 Abs. 2 DSGVO).
Hieraus ergibt sich, dass nach der Datenschutzgrundverordnung bei Widerspruch des Betroffenen und vor einer abschließenden Klärung zur vorläufigen Sicherung lediglich ein Recht auf Einschränkung der Verarbeitung vorgesehen ist, das eine weitere Speicherung gerade nicht ausschließt.
Vor diesem Hintergrund bestehen erhebliche Zweifel an dem geltend gemachten Anordnungsanspruch, da die im Wege der einstweiligen Anordnung von den Antragstellern begehrte Unterlassung der weiteren Aufbewahrung sich gerade gegen die weitere Speicherung richtet und insofern auch die Hauptsache vorweg nimmt.
2. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht unter Berücksichtigung des vorläufigen Charakters des Verfahrens auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, 2 GKG i.V.m. Nr. 1.1.3, 1.5. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


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