Verwaltungsrecht

Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft

Aktenzeichen  RN 12 K 16.32325

Datum:
24.1.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 113 Abs. 5, § 154 Abs. 1, § 167 Abs. 2
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 1 S. 1, S. 4
AsylG AsylG § 83b

 

Leitsatz

1. An eine rein familiäre Angelegenheit kann keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung anknüpfen. (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine drohende Gefängnisstrafe wegen der Verwicklung in eine Schießerei, bei welcher ein Polizeibeamter in Zivil verletzt worden sei, stellt – bei Wahrunterstellung des hier widersprüchlichen klägerischen Vortrags – kein asylrechtlich relevantes Merkmal dar.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, weil er keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft besitzt (§ 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
a) Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG darf in Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Eine Verfolgung in diesem Sinne kann nach § 60 Abs. 1 Satz 4 AufenthG ausgehen vom Staat, von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern der Staat, den Staat beherrschende Organisationen oder internationale Organisationen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten.
b) Ein individuelles Verfolgungsschicksal hat der Kläger nicht substantiiert und glaubhaft geltend gemacht. Es ist jedoch Sache des Schutzsuchenden, die Umstände, aus denen sich seine Verfolgungsfurcht ergibt, in schlüssiger Form und von sich aus bei seinen Anhörungen vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung darzulegen.
Das Gericht hat Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Darstellung des Klägers, zumindest aber liegt beim Kläger kein flüchtlingsrechtlich relevantes Anknüpfungsmerkmal vor. So hat der Kläger bei seiner Anhörung durch das Bundesamt als Fluchtgrund zunächst angegeben, dass er „Probleme wegen seiner Ehefrau“ gehabt habe und in diesem Zusammenhang geschlagen worden sei. Grund dafür sei gewesen, dass seine Ehefrau zunächst mit einem andren Mann verlobt gewesen sei, der ihn verfolgt habe und auch immer noch verfolge. Insoweit handelt es sich bei Wahrunterstellung jedoch um eine rein familiäre Angelegenheit, die nicht an eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung anknüpft.
Außerdem hat der Kläger beim Bundesamt angegeben, dass ihm Lebensgefahr drohe, nachdem er seinen Dienst als Fahrer beim Parlament aufgegeben habe. Insoweit bezieht er sich auf einen Vorfall, bei dem er, als er im Auftrag eines Abgeordneten unterwegs gewesen sei, in eine Schießerei geraten sei, bei welcher ein Polizeibeamter in Zivil verletzt worden sei. Daher drohe ihm nun eine Gefängnisstrafe. Auch diese Darstellung knüpft bei Wahrunterstellung nicht an ein asylrechtlich relevantes Merkmal an, sie ist im Übrigen nicht widerspruchsfrei. Denn anders als bei seiner Anhörung beim Bundesamt hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärt, er habe nicht selbst geschossen, während er beim Bundesamt noch behauptet hat, er habe zwei Menschen mit Schüssen verletzt.
Drohbriefe seitens der Taliban erwähnte der Kläger beim Bundesamt dagegen nicht. Demgegenüber hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung zunächst auf die allgemeine Sicherheitslage abgestellt und dann – erstmals – erklärt, dass er Drohanrufe allein wegen seiner Tätigkeit für den Abgeordneten bekommen habe. Diese seien schon vor der Schießerei erfolgt und hätten danach zugenommen. Ein derartiger Vortrag erscheint schon deshalb unglaubwürdig, weil er beim Bundesamt nicht vorgebracht wurde.
Widersprüchlich ist auch die Darstellung, warum der Kläger seine Tätigkeit für den Abgeordneten aufgegeben haben will. Während der Kläger beim Bundesamt zunächst erklärt hat, er habe den Dienst aufgegeben, weil er zwei Menschen mit Schüssen verletzt habe, hat er später angegeben, der Abgeordnete habe ihm gekündigt. Demgegenüber hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung plötzlich behauptet, er habe die Tätigkeit beim Abgeordneten beendet, weil er Drohanrufe bekommen habe. Das Arbeitsverhältnis sei im gegenseitigen Einvernehmen aufgelöst worden.
Nach allem war die Klage daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG; deshalb ist auch die Festsetzung eines Streitwerts nicht veranlasst. Die Entscheidung im Kostenpunkt war gemäß § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.


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