Verwaltungsrecht

Anspruch fraktionsloser Kreisräte auf Einladung sowie Gewährung von Entschädigung für die Teilnahme an Besprechungen und an Gruppensitzungen

Aktenzeichen  M 7 E 20.3235

Datum:
10.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 21028
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 920 Abs. 2
GG Art. 19 Abs. 4

 

Leitsatz

1. Es dürfte einiges dafür sprechen, auch fraktionslosen Mitgliedern des Kreistages grundsätzlich die Teilnahme an “Fraktionssprechersitzungen” auf Einladung des Landrats zu ermöglichen, weil diese ansonsten von wichtigen Informationen abgeschnitten würden. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ist weder eine Fraktionssprechersitzung in absehbarer Zeit geplant noch hinsichtlich eventueller Entschädigungsansprüche glaubhaft gemacht, dass das Abwarten der Entscheidung über eine Klage in der Hauptsache schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte, kann ein Eilantrag keinen Erfolg haben. (Rn. 12 – 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin ist eine aus drei Mitgliedern im Kreistag des Antragsgegners bestehende Gruppe der Partei Alternative für Deutschland.
Mit Antrag vom 20. Juli 2020 begehrt die Antragstellerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Einladung ihrer Mitglieder zu Besprechungen des Landrats mit den Fraktionssprechern, deren Stellvertretern und dem stellvertretenden Landrat, die Gewährung einer Entschädigung an ihre Mitglieder für die Teilnahme an diesen Besprechungen sowie die Gewährung einer Entschädigung an ihre Mitglieder für die Teilnahme an bis zu zehn Gruppensitzungen.
Zur Begründung trägt die Antragstellerin vor, bisher würden zu Besprechungen, die der Landrat über anstehende Probleme oder zur Vorbereitung von Sitzungen einberufe, nur die Fraktionssprecher, deren Stellvertreter und der stellvertretende Landrat eingeladen. Hierzu finde sich zwar keine Regelung in der Geschäftsordnung des Kreistags, jedoch ergebe sich dies aus § 1 Abs. 2 Satz 2 der Entschädigungssatzung. Ein Antrag der Antragstellerin in der Kreistagssitzung vom 13. Juli 2020 auf Änderung der Geschäftsordnung dahingehende, dass zukünftig auch fraktionslose Kreisräte zu den Besprechungen geladen werden, sei abgelehnt worden. Alle Mitglieder des Kreistags hätten einen Anspruch auf Gleichbehandlung, insbesondere auch gleichen Zugang zu allen relevanten Informationen. Dieser Anspruch werde verletzt, wenn der Landrat Gespräche mit Vertretern der Fraktionen führe, von denen fraktionslose Kreisräte ausgeschlossen würden. Bei den „Fraktionssprechersitzungen“ handele es sich um ein weiteres Gremium neben den in der LKrO vorgesehenen, in dem Informationen ausgetauscht und Absprachen getroffen würden. Daher seien auch fraktionslose Kreisräte – bei Gruppen zumindest deren Sprecher – mit zu den Besprechungen einzuladen (vgl. VGH Kassel, NVwZ 2001, 345). Der Anspruch auf Entschädigung für die Teilnahme an diesen Besprechungen folge unmittelbar aus dem Anspruch auf Einladung zu den Besprechungen. Ein entsprechender Antrag der Antragstellerin sei ebenfalls in der Kreistagssitzung vom 13. Juli 2020 abgelehnt worden. Der Anspruch auf Gewährung einer Entschädigung für die Teilnahme an bis zu zehn Gruppensitzungen ergebe sich daraus, dass kein Grund dafür bestehe, Gruppen und deren Mitglieder hinsichtlich der Entschädigung für ihre interne Arbeit schlechter zu stellen, als Fraktionen und deren Mitglieder. Gruppen würden wie Fraktionen gemeinsame politische Ziele ihrer Mitglieder verfolgen, deren Umsetzung eine interne Abstimmung und damit gemeinsame Sitzungen erfordere. Der dafür zu erbringende Zeit- und Arbeitsaufwand sei nicht grundsätzlich verschieden von dem bei Fraktionen. Auch diesbezüglich sei ein entsprechender Antrag in der Kreistagssitzung vom 13. Juli 2020 abgelehnt worden. Andere bayerische Landkreise hätten die Gleichbehandlung von Gruppe und Fraktionen in der Frage der Aufwandsentschädigung ihrer Mitglieder in ihren Satzungen positiv geregelt. Die vorläufige Regelung sei notwendig, um schwerwiegenden Nachteile von der Antragstellerin abzuwenden. Angesichts der Kürze der Wahlperiode könne ihr nicht zugemutet werden, ein langwieriges Hauptsacheverfahren abzuwarten. Auch könne ihr nicht zugemutet werden, abzuwarten, bis der Landrat zur ersten „Fraktionssprechersitzung“ einlade, von der sie dann ausgeschlossen bleibe. Die Antragstellerin habe ein großes rechtliches Interesse daran, von Anfang an zu diesen Sitzungen eingeladen zu werden. Ihr Interesse an der Teilhabe an der Informationsvergabe und an den Entschädigungsleistungen des Antragsgegners überwiege das Interesse an ihrem Ausschluss davon.
Die Antragstellerin beantragt, einstweilen anzuordnen,
1.dass der Landrat des Antragsgegners zu Besprechungen mit den Fraktionssprechern, deren Stellvertretern und dem stellvertretenden Landrat zukünftig auch die Mitglieder der Antragstellerin – hilfsweise: deren Sprecher – einlädt;
2.dass die Mitglieder der Antragstellerin – hilfsweise: deren Sprecher – für die Teilnahme an den Besprechungen mit dem Landrat, dessen Stellvertreter, den Fraktionssprechern und deren Stellvertretern eine Entschädigung wie die Fraktionssprecher erhalten bzw. erhält;
3.dass die Mitglieder der Antragstellerin für bis zu zehn Gruppensitzungen je Kalenderjahr Entschädigungen wie die Mitglieder von Fraktionen erhalten.
Der Antragsgegner beantragt,
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsgegner trägt vor, der Antrag sei bereits gegen den falschen Antragsgegner gerichtet, da es sich um eine Kommunalverfassungsstreitigkeit handle, bei der abweichend vom Rechtsträgerprinzip Klage- bzw. Antragsgegner dasjenige Organ sei, gegenüber dem die behauptete Innenrechtsposition bestehen solle. Dies sei der Landrat, da es ausschließlich dieser sei, der in der Vergangenheit über das Stattfinden von sog. „Fraktionssprechersitzungen“ befunden habe. Zu dem geltend gemachten Anordnungsanspruch sei festzuhalten, dass die Geschäftsordnung des Kreistages das Instrument der „Fraktionssprechersitzung“ nicht kenne. Die Einladung zu diesen Besprechungen erfolge ausschließlich auf Eigeninitiative des Landrats. Ein Anspruch auf eine von der Antragstellerin diesbezüglich begehrte Regelung in der Geschäftsordnung bestehe nicht. Ob der Landrat darüber hinaus aus kommunalrechtlichen Gründen verpflichtet sei, die Mitglieder der Antragstellerin bzw. deren Sprecher zu von ihm initiierten „Fraktionssprechersitzungen“ einzuladen, sei auch vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung des VGH Kassel fraglich. Der Fall sei insoweit nicht vergleichbar, da darin eine Fraktion ausgeschlossen worden sei und keine Gruppe. Dass der Ausschluss einer konkreten Fraktion von einer „interfraktionellen Runde“ ohne sachlich rechtfertigenden Grunde nicht rechtmäßig ist, erscheine auch dem Antragsgegner nachvollziehbar. Vorliegende erhebe jedoch die Antragstellerin als Gruppe im Kreistag Anspruch auf Teilnahme ihrer Mitglieder bzw. ihres Sprechers an den „Fraktionssprechersitzungen“. Ein Anspruch aller fraktionslosen Mitglieder der Antragstellerin auf Teilnahme an den „Fraktionssprechersitzungen“ könne unter keinen Umständen hergeleitet werde. Insbesondere folge ein solcher nicht aus der Rechtsprechung des VGH Kassel. Die Einladung aller Mitglieder der Antragstellerin würde diese ohne sachlichen Grund gegenüber allen fraktionsangehörigen Mitgliedern privilegieren. Darüber hinaus sei im Einzelfall eine Ungleichbehandlung von Fraktionen und Gruppen zulässig, sodass auch der Ausschluss des Sprechers einer Gruppe gerechtfertigt sein könne. In den vergangenen Amtszeiten hätten „Fraktionssprechersitzungen“ meist zeitlich unmittelbar vor den Sitzungen des Kreisausschusses stattgefunden. Vor diesem Hintergrund erscheine es konsequent, wenn eine Vorbesprechung eben nur mit den Sprechern der im Kreisausschuss vertretenen Fraktionen und Ausschussgemeinschaften stattfinde. Die Antragstellerin sei im Kreisausschuss der laufenden Amtszeit nicht vertreten und habe auch keinen Anspruch auf einen Sitz im Kreisausschuss. Es sei mithin nicht nachvollziehbar, weshalb der Sprecher der Antragstellerin an vom Landrat initiierten, den Kreisausschuss vorberatenden Sitzungen beteiligt werden müsse. Dem Landrat müsse es freistehen, selbstständig entscheiden zu dürfen, mit welchen Gesprächspartnern er politische Entscheidungen vorberate oder abstimme. Jedenfalls bestehe kein Anordnungsgrund, da es diesbezüglich bereits an der Eilbedürftigkeit einer Regelung fehle. Bis dato sei vom Landrat in der neuen Amtszeit noch keine „Fraktionssprechersitzung“ anberaumt worden und es sei in naher Zukunft auch keine entsprechende Sitzung geplant. Zum jetzigen Zeitpunkt bestehe somit kein dringendes Regelungsbedürfnis. Des Weiteren bestehe auch kein Anordnungsgrund hinsichtlich des Antrags auf Gewährung einer Entschädigung für die Teilnahme an den „Fraktionssprechersitzungen“, da die Gefahr, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte ebenso wenig ersichtlich sei, wie, dass dies zur Regelung nötig erscheine, um wesentliche Nachteile für die Antragstellerin abzuwenden. Eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz, ob die Mitglieder oder der Sprecher der Antragstellerin für die Teilnahme an „Fraktionssprechersitzungen“ zu entschädigen seien, würde eine Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen. Schließlich würde auch eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz zur Frage von Entschädigungsansprüchen bei Sitzungen von Gruppen im Kreistag die Hauptsache vorwegnehmen. Es sei zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht notwendig eine Ausnahme von dem aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden grundsätzlichen Verbot einer Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung zuzulassen. Zudem fehle es diesbezüglich auch an einem Anordnungsanspruch. Ein grundsätzlicher oder gar gesetzlicher Anspruch auf Entschädigung bestehe nicht. Die in § 1 Abs. 7 der Satzung über die Entschädigung der Kreisräte und sonstiger ehrenamtlich tätiger Kreisbürger vom 14. Juli 2020 beinhaltete Ungleichbehandlung von Gruppen im Kreistag im Vergleich zu den Fraktionen finde ihre Rechtfertigung in dem sachlichen Grund, dass der Kreistag den Fraktionen sowie der für die Sitzungsvorbereitung notwendigen Arbeit der Fraktionen im Kreistag eine entsprechend größere Gewichtung zuerkenne als den Gruppen und Ausschussgemeinschaften und deren vorbereitenden Tätigkeiten. Gerade das Stärkeverhältnis, an das der Fraktionsstatus geknüpft sei, könne im Einzelfall die Besserstellung im Vergleich zu Gruppen und Ausschussgemeinschaften rechtfertigen. Die größere Anzahl von Mitgliedern in Fraktionen könne nach allgemeiner Lebenserfahrung zu einem umfassenderen, komplexeren und aufwändigeren Abstimmungsverfahren innerhalb der Fraktion und damit zu größeren gruppenspezifischen Aufwendungen führen. Allein dieser Umstand rechtfertige die Entschädigung für durchgeführte Fraktionssitzungen und die Nichtberücksichtigung von im Verhältnis dazu kleineren Gruppen. Ferner sei es Ausfluss der Organisationshoheit des Kreistags, darüber zu befinden, ab welcher Grenze entsprechende Entschädigungen zu leisten seien. Schließlich spiele die insoweit abweichende Sachbehandlung durch andere Landkreise rechtlich keine Rolle.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat insgesamt keinen Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, oder auch zur Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m.
§ 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO – sind dabei sowohl ein Anordnungsanspruch, d. h. der materielle Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere durch die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung begründet wird, nach § 920 Abs. 2 i.V.m. § 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft zu machen.
Der Antrag zu 1 ist sowohl hinsichtlich des Hauptantrags als auch hinsichtlich des Hilfsantrags unbegründet, da die Antragstellerin insoweit bereits jeweils keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat.
Ein Anordnungsgrund ist grundsätzlich nur gegeben, wenn es der Antragstellerin nicht zuzumuten ist, die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten (vgl. BVerwG, B.v. 1.4.2016 – 3 VR 2/15 – juris, unter Hinweis auf B.v. 25.02.2015 – 6 C 33.13 – juris). Die für das Vorliegen eines Anordnungsgrunds notwendige Dringlichkeit besteht, wenn gegenüber dem Gericht glaubhaft gemacht ist, dass eine vorläufige gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, weil ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren aus besonderen Gründen unzumutbar ist (vgl. Adelheid/Putter in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 123 Rn 80).
Danach ist die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Dringlichkeit einer gerichtlichen Entscheidung derzeit nicht gegeben. Die Antragstellerin hat nichts vorgetragen, aus dem sich ergeben könnte, dass ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung für sie schwere und unzumutbare Nachteile zur Folge hätte. Allein der vorgetragene Umstand, dass der Antragstellerin angesichts der Kürze der Wahlperiode nicht zugemutet werden könne, ein langwieriges Hauptsacheverfahren abzuwarten, stellt keinen wesentlichen Nachteil im Sinne von § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO dar.
Dies gilt umso mehr, als die Antragstellerin mit dem Antrag zu 1 eine Regelung begehrt, die die Hauptsache vorwegnehmen würde. Eine Vorwegnahme der Hauptsache kommt allerdings nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht, wenn das Abwarten der Hauptsacheentscheidung für die Antragstellerin schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte (vgl. BVerwG, B.v. 26.11.2013 – 6 VR 3.13 – juris Rn. 5 m.w.N.). Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG gilt das grundsätzliche Verbot der Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für die Antragstellerin unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht (vgl. BVerwG, B.v. 13.8.1999 – 2 VR 1/99 – juris Rn. 24 f.). In Eilverfahren dürfen sich die Fachgerichte dem Bedürfnis nach wirksamer Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht dadurch entziehen, dass sie überspannte Anforderungen an die Voraussetzungen der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes stellen. Das Erfordernis effektiven Rechtsschutzes gebietet, dass gerichtlicher Rechtsschutz namentlich in Eilverfahren so weit wie möglich der Schaffung solch vollendeter Tatsachen zuvorzukommen hat, die dann, wenn sich die Maßnahme bei endgültiger rechtlicher Prüfung als rechtswidrig erweist, nicht mehr rückgängig gemacht werden können (vgl. BVerfG, B.v. 15.8.2002 – 1 BvR 1790/00 – juris Rn. 18). Daher ist einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren, wenn anders der Antragstellerin eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in ihren Grundrechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (vgl. BVerfG, B.v. 15.8.2002 – 1 BvR 1790/00 – juris Rn. 18).
Angesichts der Einlassung des Antragsgegners, dass derzeit eine „Fraktionssprechersitzung“ weder bereits anberaumt worden noch in naher Zukunft geplant sei, ist nicht ersichtlich, dass das Abwarten der Entscheidung über eine – im Übrigen erst noch zu erhebende – Klage in der Hauptsache für die Antragstellerin schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte.
Der Antrag zu 2 ist ebenfalls sowohl hinsichtlich des Hauptantrags als auch hinsichtlich des Hilfsantrags unbegründet, da die Antragstellerin auch insoweit – entsprechend den obigen Ausführungen – jeweils keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat.
Schließlich ist auch der Antrag zu 3 unbegründet, da auch diesbezüglich wiederum kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht wurde. Es ist weder ersichtlich noch dargelegt, weshalb eine vorläufige gerichtliche Entscheidung darüber, ob die Mitglieder der Antragstellerin für bis zu zehn Gruppensitzungen je Kalenderjahr Entschädigungen wie die Mitglieder von Fraktionen erhalten, erforderlich und ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren aus besonderen Gründen unzumutbar ist. Dies gilt umso mehr, als die Kreisräte der Antragstellerin nicht vollständig entschädigungslos sind, sondern nach § 1 Abs. 11 der Satzung über die Entschädigung der Kreisräte und sonstiger ehrenamtlich tätiger Kreisbürger vom 14. Juli 2020 als Kreisräte, die keiner Fraktion angehören, eine Pauschalentschädigung in Höhe von 28,- EUR monatlich erhalten.
Das Gericht weist ergänzend darauf hin, dass einiges dafür sprechen dürfte, dass auch fraktionslosen Mitgliedern des Kreistages – bei Gruppen jedenfalls deren Sprecher – grundsätzlich eine Teilnahme an „Fraktionssprechersitzungen“ zu ermöglichen ist, zu denen der Landrat einlädt. Andernfalls würden diese von wichtigen Informationen abgeschnitten. Dies dürfte allerdings nicht gelten, wenn die Besprechung nicht auf die Initiative des Landrats zurückzuführen ist (z.B. wenn der Landrat zu Fraktionssitzungen eingeladen wird). Hier dürfte es jedem Kreistagsmitglied freistehen, selbst aktiv zu werden und Informationen abzurufen. Problematisch dürfte es auch erscheinen, wenn Vorbesprechungen zu Ausschusssitzungen auf Initiative des Landrats nur mit den im Ausschuss vertretenen Kreistagsmitgliedern bzw. Fraktionen abgehalten werden. Auch hier müsste zur Wahrung der Rechte der sog. Nicht-Ausschussmitglieder diesen wohl die Möglichkeit geboten werden, an den Vorbesprechungen zumindest als Zuhörer teilzunehmen. (vgl. Busse/Keller, Taschenbuch für Gemeinde- und Stadträte in Bayern, 4. Aufl. 2014, S. 37).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 1 Abs. 2 Nr. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG in Anlehnung an die Nummern 1.5 Satz 1 und 22.7 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.


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