Verwaltungsrecht

Antrag auf Beschäftigungserlaubnis bei nicht nachgewiesener oder ungeklärter Identität

Aktenzeichen  M 9 K 18.3781

Datum:
13.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 4549
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 61 Abs. 2 S. 1
AufenthG § 4 Abs. 3, § 60a Abs. 2 S. 1, Abs. 6 S. 1 Nr. 2

 

Leitsatz

1. Im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 61 Abs. 2 S. 1 AufenthG sind ausschließlich ausländer- und asylrechtliche Belange zu berücksichtigen und dabei die privaten Belange des Asylbewerbers gegenüber den öffentlichen Belangen abzuwägen.   (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine nicht nachgewiesene oder ungeklärte Identität zieht bei einem bestandskräftig abgelehnten Asylantrag ein Erwerbstätigkeitsverbot nach § 60a Abs. 6 S. 1 Nr. 2 AufenthG nach sich. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
3. Im Fall einer Beschäftigungserlaubnis ist unerheblich, ob es dem Kläger zumutbar ist, wegen eines Passes bei seiner Heimatbotschaft vorzusprechen oder ob wegen einer glaubhaften Verfolgung durch staatliche Stellen genau dies für ihn unzumutbar ist. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Der Bescheid vom 16. Juli 2018 über die Ablehnung der beantragten Beschäftigungserlaubnis nach pflichtgemäßem Ermessen lässt keine Ermessensfehler erkennen, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§§ 113, 114 VwGO). Der Antrag auf Neuverbescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts war daher abzulehnen.
Nach § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG kann einem Asylbewerber, der sich seit drei Monaten gestattet im Bundesgebiet aufhält, abweichend von § 4 Abs. 3 AufenthG die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden. Die Entscheidung hat nach pflichtgemäßem Ermessen der Ausländerbehörde zu erfolgen. Im Rahmen der Ermessensentscheidung sind ausschließlich ausländer- und asylrechtliche Belange zu berücksichtigen und dabei die privaten Belange des Asylbewerbers gegenüber den öffentlichen Belangen abzuwägen.
Der Bescheid des Landratsamtes vom 16. Juli 2018 genügt diesen Anforderungen.
Die privaten Belange des Klägers wurden umfassend berücksichtigt. Weitere Tatsachen und Umstände, die für die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis sprechen, haben weder der Kläger noch seine Bevollmächtigte vorgetragen und sind aus den Akten auch nicht ersichtlich. Die gegen die Erteilung der Beschäftigungserlaubnis sprechenden Gründe sind sachgerecht und rechtfertigen die Abwägungsentscheidung, dass das öffentliche Interesse an der Ablehnung einer Beschäftigungserlaubnis überwiegt. Zutreffend hat das Landratsamt angenommen, dass im Hinblick auf das Herkunftsland des Klägers der Ablehnungsbescheid des Bundesamtes vom 6. Juli 2017 ein belastbares Indiz dafür ist, dass die Bleibeperspektive des Klägers gering ist. Ausweislich seiner Anhörung durch das Bundesamt und ausweislich des Ablehnungsbescheides hat der Kläger für den Geheimdienst gearbeitet und damit, bestätigt durch seinen Dienstausweis, das Regime unterstützt, weshalb erhebliche Zweifel an seiner Geschichte bestünden, da die Erkenntnistatsachen diese nicht stützten. Zutreffend hat das Landratsamt angenommen, dass die Identität des Klägers nicht abschließend geklärt ist, da er weder einen Pass noch eine ID-Card vorgelegt hat. Auch unter Berücksichtigung der Tätigkeit des Klägers für den Geheimdienst ist es vom Beweiswert her nicht ausreichend, wenn ein Führerschein oder ein Dienstausweis vorgelegt wird, da solche Papiere nicht die Beweiskraft als Dokument über die Identität der Person haben. Es entspricht der Systematik des Asyl- und Aufenthaltsrechts, dass bei ungeklärter und nicht eindeutig nachgewiesener Identität eine Verfestigung des Aufenthalts z.B. durch Arbeit, gesetzlich unerwünscht ist und vermieden werden soll.
Soweit die staatliche Praxis des Bundes und der Länder in den letzten Jahren eine andere war, wurden die gesetzlichen Regelungen über Identitätsnachweise und Ausweispflicht übersehen. Das Landratsamt hat zu Recht Parallelen zur Regelung des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG gezogen, wonach nicht nachgewiesene oder ungeklärte Identität bei einem bestandskräftig abgelehnten Asylantrag ein Erwerbstätigkeitsverbot nach § 60a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 AufenthG nach sich zieht.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Übrigen auf die Begründung des Bescheides Bezug genommen.
Ergänzend dazu ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung auf Folgendes hinzuweisen:
Im vorliegenden Fall einer Beschäftigungserlaubnis ist unerheblich, ob es dem Kläger zumutbar ist, wegen eines Passes bei seiner Heimatbotschaft vorzusprechen oder ob wegen einer glaubhaften Verfolgung durch staatliche Stellen genau dies für ihn unzumutbar ist. Die Entscheidung darüber hängt von der bestandskräftigen Entscheidung im Asylverfahren ab, die hier zunächst – ungeachtet des offenen Gerichtsverfahrens – nach Prüfung der vorgetragenen Asylgründe negativ ausfiel, wobei der Vortrag einer Bekehrung zum Christentum und Taufe in Stuttgart nach Aktenlage erst später erfolgte.
Wenn der Kläger – wie hier – vorträgt, eine Passbeschaffung sei ihm unzumutbar, ist die Konsequenz, dass er dann – zumindest im Asylverfahren – keine Beschäftigungserlaubnis erhält. Vor dem Hintergrund, dass den Ausländerbehörden in ausländerrechtlichen Verfahren regelmäßig die im Asylverfahren nicht vorhandenen Pässe vorgelegt werden, ist die hier getroffene Entscheidung sachgerecht und insgesamt verhältnismäßig.
Soweit in der mündlichen Verhandlung die Möglichkeit einer biometrischen Überprüfung zur Klärung und zum Nachweis der Identität des Klägers diskutiert wurde, weist das Gericht daraufhin, dass es nicht Sache der Behörde, sondern nach geltendem Recht eine Verpflichtung des Klägers ist, alles ihm Mögliche zur Klärung der Identität zu tun. Unter Berücksichtigung der Kosten und des Aufwandes kann nicht von Ausländerbehörden verlangt werden, umfangreiche Maßnahmen zur Klärung der Identität durchführen zu lassen, allein aufgrund der Tatsache, dass behauptet wird, keinen Pass zu besitzen.
Die Klage war mit der Kostenfolge des § 154 VwGO abzuweisen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 67 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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