Verwaltungsrecht

Antragsgegner, Verwaltungsgerichte, Befähigung zum Richteramt, Jährliche Aufnahmekapazität, Einstweilige Anordnung, Lehrverpflichtungsverordnung, Subjektiv-öffentliches Recht, Streitwertfestsetzung, Haupt- und Hilfsanträge, Studienplatzzuweisung, Nicht zugeordneter Studiengang, Konkurrentenstreitverfahren, Bedürfnisprüfung, Überbuchung, Curricularnormwert, Wert des Beschwerdegegenstandes, Kostenentscheidung, Hochschulzulassungsverordnung, Stiftung für Hochschulzulassung, Lehrangebot

Aktenzeichen  AN 2 E 20.10087

Datum:
18.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 5365
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayHZG
HVZ § 33 ff.
LUFV § 2, § 4, § 7
UniVorlZV § 2

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten um die Zulassung zu dem Studiengang Psychologie (Abschluss: Master) für das Wintersemester 2020/2021 an der F.-A.-Universität E.-N. (künftig: …).
Die Antragstellerseite beantragte bei der … – bislang erfolglos – die Zulassung zum 1. Fachsemester in dem Studiengang Psychologie (Abschluss: Master) außerhalb der festgesetzten Zulassungszahlen.
Die Antragstellerseite beantragt wörtlich,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Antragstellerin nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2020/2021 im Masterstudiengang Psychologie im 1. Fachsemester vorläufig zum Studium an der F.-A.-Universität E.-N. zuzulassen,
hilfsweise die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, zur Verteilung weiterer Studienplätze an der F.-A.-Universität E.-N. gemäß der Sach- und Rechtslage des Wintersemesters 2020/2021 im Masterstudiengang Psychologie im 1. Semester ein Auswahlverfahren durchzuführen und die Antragstellerin an diesem Auswahlverfahren zu beteiligen und ihr einen Studienplatz zuzuweisen, sofern sie einen entsprechenden Rangplatz gemäß den Feststellungen des Gerichts erhält.
Zur Begründung führt die Antragstellerseite im Wesentlichen aus, der Antragsgegner habe rechtswidrig seine Kapazität nicht voll ausgeschöpft. Zu den Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Antragsbegründung Bezug genommen.
Die … beantragt für den Antragsgegner sinngemäß, den Antrag abzulehnen.
Sie teilt unter Bezugnahme auf die vorgelegten Unterlagen zur Kapazitätsberechnung für das Studienjahr 2020/2021 mit Schriftsatz vom 16. November 2020 folgende Kapazitätsauslastung für das Wintersemester 2020/2021 mit:
Fachsemester
Zulassungszahl
aktiv Studierende (ohne beurlaubte Studierende)
1
75
80
2
0
3
75
80
4
7 “
Summe
150
167
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die von der … vorgelegten Unterlagen und Auskünfte, insbesondere auf die Datenerhebungsformularsätze mit Kapazitätsberechnung samt Erläuterungen auf Nachfragen des Gerichts Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag gemäß § 123 Abs. 1 VwGO ist zulässig aber unbegründet.
Nach eingehender Überprüfung seitens des Gerichts unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragsgegners ergibt sich im Ergebnis keine ungenutzte Kapazität an der … im 1. Fachsemester des Studiengangs Psychologie (Abschluss: Master) im Wintersemester 2020/2021.
Die Ermittlung der Aufnahmekapazität an Hochschulen richtet sich nach dem Gesetz über die Hochschulzulassung in Bayern (Bayerisches Hochschulzulassungsgesetz – BayHZG vom 9. Mai 2007, GVBl. S. 320, BayRS 2210-8-2-WK) und nach der Verordnung über die Hochschulzulassung an den Staatlichen Hochschulen in Bayern (Hochschulzulassungsverordnung – HZV vom 10. Februar 2020, GVBl. S. 87, BayRS 2210-8-2-1-1-WK).
a) Gemäß §§ 40 ff. HZV ist zunächst das durchschnittliche Lehrangebot des Studiengangs zu ermitteln. Gemäß § 44 Abs. 1, Abs. 2 HZV ist hierfür die Verordnung über die Lehrverpflichtung des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an Universitäten, Kunsthochschulen und Fachhochschulen (Lehrverpflichtungsverordnung – LUFV vom 14. Februar 2007, GVBl. S. 201, BayRS 2030-2-21-WK) maßgebend.
Danach ist – unter Berücksichtigung der nachfolgenden Ausführungen – das Lehrangebot hier wie folgt zu Grunde zu legen:
Anzahl
Art der Stelle
Semesterwochenstunden (SWS)
Gesamtzahl der SWS
7
W3
9
63
1
W3
8
8
1
W2
9
9
2
W1
5
10
5
A13 a.Z.
5
25
5
A13 a.Z.
2,5
12,5
1
A14 a.Z
7
7
2
A14
13
26
1
A14
9
9
1
A14
4,5
4,5
1
A14
4
4
1
A13
18
18
1
A13
4,5
4,5
1
E13
1
1
1
E13
1,25
1,25
2
E13
2,5
5
Summe
207,75
Danach ergibt sich gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um 2 SWS.
Die Kammer hat die Verminderung der Lehrverpflichtung hinsichtlich einer W3-Stelle von 9 SWS auf 7 SWS mangels hinreichender Dokumentation nicht akzeptiert. Insoweit lässt sich zwar aus dem Stellenplan der Kapazitätsunterlagen entnehmen, dass es sich insoweit um eine Reduktion der Lehrverpflichtung nach § 7 Abs. 10 LUFV aufgrund Schwerbehinderung handeln soll. Insoweit fehlt es aber an hinreichender Dokumentation. Insbesondere kann die Kammer nicht prüfen, ggf. welcher Grad der Behinderung vorliegt. Entsprechend bleibt unklar, ggf. in welchem Ausmaß nach § 7 Abs. 10 LUFV eine Verminderung der Lehrverpflichtung gerechtfertigt ist. Genauso wenig hat die Kammer die Reduktion der Lehrverpflichtung einer A13-Stelle von 18 SWS auf 13 SWS akzeptiert. Denn der Antragsgegner hat diese Verminderung der Lehrverpflichtung in keiner Weise begründet. Soweit die Kammer Verminderungen der Lehrverpflichtung nicht akzeptiert hat war indes keine weitere Aufklärung von Amts wegen geboten. Denn die fraglichen Deputatsreduzierungen wirken sich im Ergebnis aufgrund Überbuchung – wie noch zu zeigen sein wird – nicht aus.
Aus dem Hochschulpakt 2020 und der damit zusammenhängenden Mittelverteilung lässt sich jedenfalls nicht herleiten, dass das Lehrangebot im vorliegenden Studiengang höher anzusetzen wäre. Zwar sollen den Hochschulen nach dem Hochschulpakt Mittel zufließen, um zusätzliche Studienanfänger aufnehmen zu können. Aus der Vereinbarung folgt aber keine Verpflichtung zur Mittelverwendung gerade im Studiengang Psychologie. Zudem begründet der Hochschulpakt keine subjektiv-öffentlichen Rechte von Studienbewerbern. Vielmehr bedarf es zunächst der Umsetzung der Vereinbarungen aus dem Hochschulpakt durch die Wissenschaftsverwaltung (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 21.7.2009 – 7 CE 09.10090 – BeckRS 2010, 54275 Rn. 7 ff.; OVG Münster, B.v. 8.6.2010 – 13 C 257/10 – BeckRS 2010, 50158).
Auch aus der etwaigen Vereinnahmung von Studienbeiträgen und -gebühren lässt sich keine kapazitätsrechtliche Erhöhung des Lehrangebots herleiten. Zum einen ist das Studium in Bayern bereits seit 2013 gemäß Art. 71 Abs. 1 des Bayerischen Hochschulgesetzes (BayHSchG vom 23. Mai 2006, GVBl. S. 245, BayRS 2210-1-1-WK) studienbeitragsfrei. Im Übrigen würde die Vereinnahmung von Studienbeiträgen oder -gebühren auch keine Verpflichtung zur Schaffung neuer Studienplätze begründen, erst Recht nicht in einem bestimmten Studiengang. Denn Sinn und Zweck von Studiengebühren liegen darin, die Studienbedingungen zu verbessern, also gerade nicht darin, bei gleichbleibenden Studienbedingungen zusätzliche Studienplätze zu schaffen (vgl. zur entsprechenden ausdrücklichen Regelung nach Art. 71 Abs. 3 BayHSchG a.F. BayVGH, B.v. 19.4.2013 – 7 CE 13.10003 – BeckRS 2013, 50915 Rn. 19). Erst Recht lässt sich in diesem Zusammenhang kein entsprechendes subjektiv-öffentliches Recht begründen.
b) Darüber hinaus sind die im Rahmen von Lehraufträgen sowie der sog. Titellehre erbrachten Lehrleistungen von Privatdozenten, Honorar- und außerplanmäßigen Professoren zu berücksichtigen. Hierbei handelt es sich prognostisch um eine Lehrleistung von 17,5 SWS pro Semester, so dass sich das (unbereinigte) Lehrangebot auf 225,25 SWS erhöht (207,75 SWS + 17,5 SWS).
c) Von diesem unbereinigten Lehrangebot der Lehreinheit ist nach Anlage 8 (Formel 3) zu § 40 HZV i.V.m. § 46 HZV zunächst der Dienstleistungsbedarf für die der Lehreinheit nicht zugeordneten Studiengänge abzuziehen. Ein Dienstleistungsexport wurde für Lehramtsstudiengänge, für die Studiengänge Informatik (Bachelor und Master), Mechatronik (Master), Maschinenbau (Master), Kunstvermittlung (Master) sowie Soziologie (Bachelor und Master) in Höhe von insgesamt 52,3373 SWS angesetzt. Damit beträgt das bereinigte Lehrangebot 172,9127 SWS (225,25 SWS – 52,3373 SWS).
d) Weiter wird dieses bereinigte Lehrangebot nach Anlage 8 zu § 40 HZV (Formel 5) mit dem Faktor 2 multipliziert, um mit Blick auf die zu ermittelnde jährliche Aufnahmekapazität das Lehrangebot bezogen auf ein Studienjahr bzw. zwei Semester zu errechnen. Danach ergibt sich ein jährliches bereinigtes Lehrangebot von 345,8254 SWS (172,9127 SWS x 2).
e) Des Weiteren ist nach § 47 HZV i.V.m. Anlage 8 zu § 40 HZV die sog. Anteilsquote zu ermitteln. Da sich die Aufnahmekapazität einer Lehreinheit (hier: Lehreinheit Psychologie) auf die der Lehreinheit zugeordneten Studiengänge verteilt (hier: Bachelorstudiengang in Teilzeit, Bachelorstudiengang in Vollzeit und Masterstudiengang), stellt die Anteilsquote nach § 47 Abs. 1 HZV das Verhältnis der jährlichen Aufnahmekapazität eines Studiengangs einer Lehreinheit zur Summe der jährlichen Aufnahmekapazitäten aller der Lehreinheit zugeordneten Studiengänge dar. Für den hier in Frage stehende Studiengang Psychologie – Abschluss Master – beläuft sich die Anteilsquote auf 0,4633, wohingegen auf die übrigen Studiengänge Psychologie – Abschluss Bachelor in Teilzeit bzw. in Vollzeit Anteilsquoten von 0,0384 bzw. 0,4983 entfallen. Danach teilt die … die Ausbildungsressourcen zwischen Bachelor- und Masterstudiengängen – überschlägig betrachtet – in etwa hälftig auf. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Denn das Kapazitätserschöpfungsgebot verlangt nicht, dass der Antragsgegner sein Studienangebot etwa so gestalten müsste, dass studiengangübergreifend möglichst viele Bewerber zum Studium zugelassen werden können (Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht, 2013, Band 2, Rn. 527). Allerdings hat die Kapazitätsbemessung bzw. Mittelverwendung allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Bildungsplanung, nicht aber der Berufslenkung oder Bedürfnisprüfung zu erfolgen (Zimmerling/Brehm a.a.O.). Das Vorgesagte gilt jedenfalls dann, wenn die Bewerberzahlen in den angebotenen Studiengängen die dort verfügbaren Plätze jeweils übersteigen (vgl. Zimmerling/Brehm a.a.O.). So liegt der Fall hier, da im Fach Psychologie die in Frage stehenden Studiengänge des Bachelorstudiums in Voll- und Teilzeit sowie des Masterstudiums jeweils im 1. Semester überbucht sind. Überdies spricht bildungsplanerisch im Fach Psychologie – im Unterschied zu anderen Fachgebieten – für eine vergleichsweise stärkere Gewichtung des Masterstudiengangs, dass die Ausbildung zum Psychotherapeuten sowohl nach altem Recht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PsychTHG als auch nach neuem Recht – nach Inkrafttreten der Ausbildungsreform am 1. September 2020 – gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 PsychTHG ein erfolgreiches Bachelor- und Masterstudium voraussetzt (vgl. zum alten Recht OVG Münster, B.v. 13.3.2012 – 13 B 26/12 – BeckRS 2012, 48660). Entsprechend wird ein vergleichsweise hoher Anteil der Absolventen des Bachelorstudiengangs ein Masterstudium nachfragen.
Auch im Vergleich zum Vorjahr haben sich die Anteilsquoten nicht wesentlich verändert. Hinsichtlich der Aufteilung zwischen dem Masterstudiengang einerseits und den Bachelorstudiengängen in Voll- und Teilzeit andererseits ergibt sich lediglich eine leichte Verschiebung (zugunsten des Bachelorstudiengangs) um 0,62 Prozentpunkte. Auch innerhalb der genannten Bachelorstudiengänge ist es lediglich zu einer Verschiebung zugunsten des Vollzeitstudiengangs um 1,22 Prozentpunkte gekommen.
f) Nach Anlage 8 zu § 40 HZV (Formel 5) kann sodann unter Berücksichtigung der Anteilsquote von 0,4633 bezogen auf den Studiengang Psychologie (Abschluss: Master) ein bereinigtes Lehrangebot von 160,2209 SWS (345,8254 SWS x 0,4633) errechnet werden. Dieses ist wiederum nach dem in Anlage 8 zu § 40 HZV (Formel 5) bezeichneten Rechenweg durch den gewichteten Curricularanteil aller der Lehreinheit Psychologie zugeordneter Studiengänge von 2,0521 SWS zu dividieren, um die jährliche Aufnahmekapazität des hier in Frage stehenden Studiengangs Psychologie – Abschluss Master von jährlich 78,0766 Plätzen zu ermitteln (160,2209 SWS / 2,0521 SWS). Im Studiengang Psychologie gibt § 48 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Anlage 10 HZV keinen Curricularnormwert vor, so dass nach § 48 Abs. 2 HZV vom Staatsministerium im Benehmen mit der Hochschule und – sofern vorhanden – unter Berücksichtigung von Curricularnormwerten vergleichbarer Studiengänge ein Curricularnormwert festgelegt wird, der dem Ausbildungsaufwand für diesen Studiengang entspricht. Hier sind keine Anhaltspunkte vorgetragen oder ersichtlich, dass der gewichtete Curricularanteil kapazitätsmindernd über den Curricularnormwert hinausgehen würde, zumal der mit Blick auf die Ausbildungsreform neu zu berechnende Curricularanteil den Wert des Vorjahrs (im Wintersemester 2019/2020: 1,9919 SWS) lediglich um 3% übersteigt.
Der Berechnung des Curricularanteils durch den Antragsgegner liegt auch zutreffend das Verständnis einer Semesterwochenstunde dahingehend zugrunde, dass eine solche Semesterwochenstunde pro Semester 14 Veranstaltungsstunden umfasst, oder anders ausgedrückt, dass die Vorlesungszeit eines Semesters (durchschnittlich) 14 Wochen umfasst, in denen Lehrveranstaltungen gehalten werden. So bestimmt § 2 Abs. 1 Satz 2 LUFV, dass eine Lehrveranstaltungsstunde mindestens 45 Minuten pro Woche der Vorlesungszeit des Semesters umfasst. Dabei verwendet die LUFV – wie etwa aus § 2 Abs. 1 Satz 1 oder § 4 LUFV ersichtlich – die Bezeichnung Lehrveranstaltungsstunde im Sinne von Semesterwochenstunde. Des Weiteren regelt § 2 der Verordnung über die Vorlesungszeit an den Universitäten in Bayern (vom 8. März 2000, GVBl. S. 155, BayRS 2210-1-1-4-WK; nachfolgend: UniVorlZV), was unter Vorlesungszeit insbesondere im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 LUFV zu verstehen ist. Danach beläuft sich gemäß § 2 Abs. 1 UniVorlZV die Vorlesungszeit des Wintersemesters auf 17 und die des Sommersemesters auf 14 Kalenderwochen. Allerdings wird die Vorlesungszeit nach § 2 Abs. 3 Satz 1 UniVorlZV vom 24. Dezember bis einschließlich 6. Januar, vom Gründonnerstag bis einschließlich Dienstag nach Ostern sowie am Dienstag nach Pfingsten unterbrochen. Darüber hinaus bestimmt § 2 Abs. 3 Satz 2 UniVorlZV, dass die Vorlesungszeit ferner unterbrochen wird durch gesetzliche Feiertage außerhalb des Zeitraums 24. Dezember bis 6. Januar. Nach Abzug dieser Unterbrechungen von der 17- bzw. 14-wöchigen Vorlesungszeit ergibt sich eine jährliche Vorlesungszeit von 28 Kalenderwochen oder im arithmetischen Mittel von 14 Kalenderwochen pro Semester. Denn zunächst umfasst die normierte Unterbrechung vom 24. Dezember bis 6. Januar – je nachdem, wie genau die Feiertage im jeweiligen Kalenderjahr fallen – in etwa zwei Wochen im Sinne der Vorlesungstage Montag bis Freitag. Darüber hinaus sind als weitere unterbrechende Tage, die stets in die Vorlesungszeit und auf einen Vorlesungstag von Montag bis Freitag fallen, der namentlich erwähnte Dienstag nach Pfingsten sowie die Feiertage Pfingstmontag, Christi Himmelfahrt und Fronleichnam zu nennen, also insgesamt weitere vier Tage. Hinzu kommen Feiertage, die zwar in die Vorlesungszeit, aber nicht notwendig auf die Wochentage Montag bis Freitag fallen, nämlich der Tag der Arbeit (1. Mai) und Allerheiligen (1. November). Zwar beginnt das Sommersemester regelmäßig erst nach Ostern. Ausnahmsweise kann aber auch der in § 3 Abs. 2 Satz 1 UniVorlZV benannte Zeitraum von Gründonnerstag bis einschließlich Dienstag nach Ostern (also weitere vier auf Montag bis Freitag fallende Unterbrechungstage) zumindest teilweise in der Vorlesungszeit liegen. Nach alledem ist jedenfalls unter Berücksichtigung überschlägiger Durchschnittswerte im Rahmen einer zur Vereinfachung notwendigen Pauschalierung sowohl von einer durchschnittlich zweiwöchigen Unterbrechung der Vorlesungszeit über die „Weihnachtsferien“, als auch durchschnittlich von einer weiteren einwöchigen Unterbrechung im Sinne der Vorlesungstage Montag bis Freitag auszugehen (so auch BayVGH, B.v. 20.4.2020 – 7 CE 20.10022 – BeckRS 2020, 9638 Rn. 10). Insgesamt ergeben sich danach jährlich bzw. über zwei Semester 28 Kalenderwochen (17 + 14 – 2 – 1 = 28), in denen Lehrveranstaltungen gehalten werden, also im arithmetischen Mittel pro Semester 14 Kalenderwochen.
Schließlich sieht die HZV auch keine Modifikationen des Curricularanteils etwa deswegen vor, weil Hochschulen bedingt durch die Auswirkungen des Coronavirus SARS-CoV-2 verstärkt auf Online-Lehrveranstaltungen zurückgreifen würden. Darüber hinaus lassen auch Online-Lehrveranstaltungen keine unbegrenzte Teilnehmerzahl zu, da stets eine angemessene Betreuung der Studierenden beispielsweise mit Blick auf Fachfragen und deren Beantwortung gewährleistet sein muss. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass seitens der Hochschulen beabsichtigt ist, zu einem Normalbetrieb vor dem Ausbruch der Pandemie zurückzukehren, wobei der Curricularanteil die Lehrnachfrage über das gesamte Studium abbildet, also nicht allein im ersten Fachsemester.
g) Gemäß § 51 HZV ist die Studienanfängerzahl zu erhöhen, wenn zu erwarten ist, dass wegen Aufgabe des Studiums, Fachrichtungs- oder Hochschulwechsels die Zahl der Abgänge an Studenten in höheren Fachsemestern größer ist als die Zahl der Zugänge. Die … hat die Schwundberechnung anhand des sog. Hamburger Modells durchgeführt, was nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, B.v. 11.4.2011 – 7 CE 11.10004 oder B.v. 21.7.2009 – 7 CE 09.10090 – beide juris) grundsätzlich nicht zu beanstanden ist. Bei der Ermittlung der Zahl der Studierenden sind als Schwund systemgerecht nur dauerhafte Abgänge zu berücksichtigen, die zum Freiwerden von Studienplätzen führen (vgl. BayVGH, B.v. 11.3.2010 – 7 CE 10.10075 – juris), weshalb beurlaubte Studierende nicht aus den Bestandszahlen herausgerechnet werden müssen (vgl. BayVGH – B.v. 26. 5. 2015, 7 CE 15.10110 – juris).
Nach der von dem Antragsgegner aufgezeigten und inhaltlich nicht zu beanstandenden Berechnung ist der Schwundausgleichsfaktor mit 0,9988 anzusetzen. Für das Studienjahr 2020/2021 ergeben sich somit (gerundet) 78 Studienplätze (78,0766 Studienplätze / 0,9988 = 78,1704 Studienplätze).
h) Danach ist die festgesetzte Kapazität im 1. Fachsemester ausgeschöpft. Denn nach dem glaubhaften Vorbringen der … mit Schriftsatz vom 16. November 2020 studieren im 1. Fachsemester (ohne Beurlaubungen) 80 Studierende, während sich die Zulassungszahl auf lediglich 78 beläuft. Auch kann diese Überbuchung dem Antrag nach § 123 VwGO nicht zum Erfolg verhelfen. Denn aus dem Umfang der Überbuchung ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass der Antragsgegner etwa willkürlich Studienplätze losgelöst von der Kapazität der … bzw. den entsprechenden Berechnungen vergeben hätte. Im Übrigen besteht mit Blick auf überbuchte Studienplätze kein Anordnungsanspruch. Denn die Antragstellerseite besitzt jedenfalls keinen subjektiv öffentlich-rechtlichen Anspruch auf einen der überbuchten Studienplätze. Diese sind ihrerseits an Studierende vergeben, die sich hinsichtlich ihres Studienplatzes ebenfalls auf die grundrechtliche Gewährleistung aus Art. 12 Abs. 1 GG berufen können (vgl. OVG Greifswald, B.v. 18.6.2008 – 1 N 1/07 – BeckRS 2008, 142985; vgl. auch BayVGH, B.v. 17.6.202 – 7 CE 20.10021 – BeckRS 2020, 14711 Rn. 11). Dies gilt umso mehr, als sich die Rechtsbeziehungen zwischen der Antragstellerseite, Studierenden auf überbuchten Studienplätzen und dem Antragsgegner strukturell vergleichbar einem Konkurrentenstreitverfahren darstellen, wobei sich Studierende auf überbuchten Studienplätzen regelmäßig in dem zentralen Vergabeverfahren der Stiftung für Hochschulzulassung aufgrund besserer Qualifikation gegenüber der Antragstellerseite durchgesetzt haben werden.
Nach alledem war der Haupt- und Hilfsantrag abzulehnen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG und Ziff. 18.1, 1.5 des Streitwertkatalogs.


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