Verwaltungsrecht

Asyl, Pakistan, Glaubensgemeinschaft der Ahmadiyya, Inländische Fluchtalternative

Aktenzeichen  M 5 K 17.38136

Datum:
26.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 35335
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3
AsylG § 3e
AsylG § 4

 

Leitsatz

Gründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. Oktober 2021 entschieden werden, obwohl weder der Kläger, noch die Beklagte erschienen sind. In der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden könne (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Die Klagepartei wurde ausweislich der Empfangsbekenntnis der Klägerbevollmächtigten vom 13. September 2021 form- und fristgerecht geladen.
2. Der streitgegenständliche Bescheid vom … April 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, noch auf Anerkennung als Asylberechtigter oder auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Es bestehen auch keine Abschiebungsverbote (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung und des festgesetzten Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) bestehen keine rechtlichen Bedenken.
Die Anerkennung als Asylberechtigter scheidet bereits deswegen aus, weil der Kläger auf dem Landweg und damit aus einem sicheren Drittstaat in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist ist (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz – GG – i.V.m. § 26a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Asylgesetz – AsylG).
Hinsichtlich des Nichtvorliegens der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG und der Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG sowie des ebenfalls Nichtvorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid verwiesen, denen das Gericht folgt (§ 77 Abs. 2 AsylG). Lediglich ergänzend wird ausgeführt:
Nach § 77 Abs. 1 AsylG ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen ist. Auch unter diesem Aspekt ergeben sich jedoch weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht andere Bewertungen hinsichtlich des streitgegenständlichen Bescheids.
a) Der Kläger hat kein Verfolgungs- oder Lebensschicksal geschildert, das die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 AsylG rechtfertigen würde.
Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Eine Verfolgung kann nach § 3c AsylG ausgehen von dem Staat (Nr. 1), Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (Nr. 2), oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (Nr. 3). Dabei gelten als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) – EMRK – keine Abweichung zulässig ist, oder Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist, vgl. § 3a Abs. 1 AsylG. Als Verfolgung in diesem Sinne können unter anderem die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt gelten (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 AsylG), gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden (§ 3a Abs. 2 Nr. 2 AsylG), oder unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG).
Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft liegen nicht vor. Denn das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass dem Kläger im Falle einer Rückkehr nach Pakistan dort Verfolgung droht. Für die Beurteilung dieser Frage gilt der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Dieser setzt voraus, dass bei zusammenfassender Würdigung des zur Prüfung stehenden Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung vorzunehmen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, U.v. 1.6.2011 – 10 C 25/10 – juris Rn. 24; B.v. 7.2.2008 – 10 C 33/07 – juris Rn. 23; U.v. 5.11.1991 – 9 C 118/90 – juris Rn.17).
aa) Der Kläger ist nicht vorverfolgt ausgereist.
Nach den vorgetragenen Gründen geht das Gericht nicht davon aus, dass er sein Heimatland wegen einer asyl- oder flüchtlingsschutzrelevanten Verfolgung oder Gefährdung verlassen hat. Die geschilderten familiären Probleme und Streitigkeiten sind nach ihrer Intensität nicht geeignet, individuelle Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG darzustellen. Im Übrigen müsste sich der Kläger insoweit auf eine inländische Fluchtalternative verweisen lassen.
bb) Der Kläger kann sich auch nicht auf eine Gruppenverfolgung als Mitglied der Ahmadiyya berufen.
Das Gericht geht in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung davon aus, dass Angehörige der Ahmadiyya in Pakistan nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit allein wegen ihres Glaubens und der Praktizierung ihres Glaubens einer Gruppenverfolgung ausgesetzt sind (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris; VGH BW, U.v. 12.6.2013 – A 11 S 757/13 – juris Rn. 59 ff.; SächsOVG, U.v. 29.8.2019 – 3 A 770/17.A – juris Rn. 36; OVG NW, B.v. 21.1.2016 – 4 A 787/15.A – juris; OVG RhPf, U.v. 29.6.2020 – 13 A 10206/20 – juris Rn. 46; VG Augsburg, U.v. 24.1.2020 – Au 3 K 17.34406 – juris Rn. 21; VG München, U.v. 18.10.2018 – M 10 K 17.30895 – juris Rn. 18; a.A. VG Sigmaringen, U.v. 30.11.2020 – A 13 K 752/18 – juris Rn. 83).
Die Auswertung der vorliegenden aktuellen Erkenntnismittel ergibt keine Anhaltspunkte für eine abweichende Einschätzung. Zwar werde die Ahmadiyya von der pakistanischen Verfassung als nicht-muslimisch kategorisiert und schränkten Zusätze zum Strafgesetz deren Religionsfreiheit ein (§ 298c Pakistanisches Strafgesetzbuch). Ahmadis würden auf einer gesonderten Wählerliste geführt (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Pakistan, Stand: August 2018, S. 6, 13 f. – Lagebericht). Die Schweizerische Flüchtlingshilfe berichtet im Rahmen ihrer Schnellrecherche (7.5.2018, S. 7, 8) von einer Kultur der religiösen Intoleranz, Drangsalierungen und Tötungen von Ahmadis. Jedoch lebe der größte Teil der Ahmadis friedlich mit den muslimischen Nachbarn zusammen (Lagebericht S. 13). Die Lage der Ahmadis in Pakistan habe sich in letzter Zeit sogar eher verbessert (Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Fact Finding Mission Report – Pakistan, September 2015, S. 59).
Der Kläger gehört schließlich auch nicht zu dem Kreis von Glaubensangehörigen der Ahmadiyya, für die eine öffentlichkeitswirksame Religionsausübung identitätsprägend ist und die sich deshalb in Pakistan mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt sehen.
Nach herrschender Rechtsprechung muss für aktiv bekennende Ahmadis, für die die öffentliche Glaubensbetätigung zur Wahrung ihrer religiösen Identität besonders wichtig ist, von einem realen Verfolgungsrisiko ausgegangen werden (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris Rn. 33; VGH BW, U.v. 12.6.2013 – juris Rn. 116). Anknüpfungspunkt für die Verfolgungsgefahr ist dabei die Furcht vor einem Eingriff in die Freiheit der Religionsausübung im Sinne von § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Hierzu gehört nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U.v. 5.9.2012 – C-71/11 – juris Rn. 62, 63) nicht nur die Freiheit, Religion im privaten Rahmen zu praktizieren, sondern auch die Freiheit, den Glauben öffentlich zu leben. Dabei stellt nicht jeder Eingriff in die geschützte Religionsfreiheit auch eine Verfolgungshandlung im Sinne von § 3a AsylG dar. Um als Verfolgung qualifiziert zu werden, muss es sich um eine schwerwiegende Rechtsverletzung handeln, die den Betroffenen erheblich beeinträchtigt (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris Rn. 23 f.).
Ob die behauptete Gefahr derart schwerwiegend ist, ist anhand von objektiven und subjektiven Kriterien zu prüfen. Es kommt also – neben der objektiv zu beantwortenden Frage, wie schwer die drohenden Rechtsgutsverletzungen sein werden – als subjektives Element darauf an, dass für den Betroffenen zur Wahrung seiner religiösen Identität die Befolgung einer bestimmten gefahrträchtigen religiösen Praxis in der Öffentlichkeit besonders wichtig ist. Entscheidend ist, wie der Einzelne seinen Glauben lebt und ob die verfolgungsträchtige Glaubensbetätigung für ihn persönlich nach seinem individuellen Glaubensverständnis als zentrales Element seiner religiösen Identität unverzichtbar ist (EuGH, U.v. 5.9.2012 – C-71/11 – juris Rn. 70; BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris Rn. 28 f.).
Die Tatsache, dass der Kläger die konkrete, nach außen gerichtete, religiöse Betätigung seines Glaubens für sich selbst als derart identitätsstiftend erfährt, dass ihm ein Verzicht hierauf oder eine zumindest wesentliche Beschränkung nicht zuzumuten ist, muss der Asylbewerber zur vollen richterlichen Überzeugung nachweisen (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris Rn. 30). Sein religiöses Selbstverständnis lässt sich nur aus dem klägerischen Vorbringen sowie durch Rückschluss von äußeren Anhaltspunkten auf seine innere Einstellung feststellen. Zur Ermittlung und Einschätzung dieser inneren Tatsachen ist eine Gesamtwürdigung des klägerischen Vortrags und der vorgelegten Unterlagen vorzunehmen. Es ist auf das religiöse Selbstverständnis des Klägers in seinem Heimatland und nun in Deutschland abzustellen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, wie der Kläger seinen Glauben konkret ausgeübt hat, ausübt und inwieweit dies für ihn zur Wahrung seiner religiösen Identität elementar ist, oder möglicherweise nur aus asyltaktischen Erwägungen erfolgt.
Das Gericht hat schon erhebliche Zweifel daran, ob der Kläger der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft zugehörig ist. Im Rahmen der Anhörung beim Bundesamt am … Januar 2017 gab der Kläger in der Eingangsbefragung an, er sei Muslim. Dass er Ahmadiyya sei, erwähnte der Kläger erst später auf ausdrückliche Nachfrage. Er führte weiter aus, er sei Ahmadiyya geworden, da er die Ahmadiyya Frau kennengelernt habe. Er wisse nicht viel über die Religion der Ahmadiyya, es seien allerdings liebevolle Menschen.
Ungeachtet dessen ist das Gericht darüber hinaus nicht davon überzeugt, dass gerade die öffentliche Ausübung seines Glaubens für ihn unverzichtbarer Bestandteil seiner religiösen Identität ist. Zu dieser Einschätzung gelangt es insbesondere aufgrund der vor dem Bundesamt gemachten Angaben.
Unter Gesamtwürdigung seines Vortrags geht das Gericht nicht davon aus, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Pakistan und der dort eingeschränkten Möglichkeit, seinen Glauben öffentlichkeitswirksam nach außen zu tragen, in einen schweren inneren Konflikt geraten wird. Das Gericht ist jedoch nicht davon überzeugt, dass diese konkrete Glaubenspraxis für ihn grundsätzlich zentrales Element seiner religiösen Identität und damit für ihn unverzichtbar ist.
cc) Ferner muss sich der Kläger auf die Möglichkeiten einer inländischen Fluchtalternative verweisen lassen, da dem Kläger jedenfalls eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung steht (§§ 3e, 4 Abs. 3 AsylG). Hiernach wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass es sich dort niederlässt. Bestehen zum Zeitpunkt der Ausreise und zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Flüchtlingsanerkennung unverändert innerstaatliche Fluchtalternative fort, führt dies auch unter Geltung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie (RL 2011/95/EU des europäischen Parlaments und des Rates v. 13.12.2011) zur Versagung der Anerkennung (BVerwG, U.v. 19.1.2009 – 10 C 52/07 – juris Rn. 29).
In den Städten Pakistans – vor allem in den Großstädten R* …, L* …, K* … oder M* … – leben potentiell Verfolgte nach den vorliegenden Erkenntnissen aufgrund der dortigen Anonymität sicherer als auf dem Lande. Selbst Personen, die wegen Mordes von der Polizei gesucht werden, können in einer Stadt, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt, unbehelligt leben (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes zu Pakistan vom 29.9.2020, Stand: Juni 2020, S. 19). In einem flächen- und bevölkerungsmäßig großen Land wie Pakistan ist es grundsätzlich möglich, bei Aufenthalt in einer der größeren Städte dauerhaft der Aufmerksamkeit der lokalen Behörden zu entgehen (Auswärtiges Amt, Stellungnahme an VG Leipzig vom 15.1.2014). Gemäß der Auskunft von Accord vom 5. Februar 2015 führt der Ermittlungsbericht des Vertrauensanwalts der österreichischen Botschaft in Islamabad vom Juli 2013 aus, dass selbst eine Person, die von einem Konfliktherd mit Taliban fliehe, durchaus in einer pakistanischen Stadt in den Provinzen S* … oder P* … Zuflucht finden können. Sogar Personen, die wegen Mordes gesucht werden, können in einer Stadt, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt, unbehelligt leben (vgl. Lagebericht, Seite 19). Hinsichtlich der Sicherheit würden in Pakistan – schon aufgrund der Größe des Landes – interne Fluchtalternativen bestehen (vgl. allgemein zur Annahme einer inländischen Fluchtalternative: VG Augsburg, U.v. 23.6.2020 – Au 3 K 18.30182 – juris Rn. 27; U.v. 30.3.2015 – Au 3 K 14.30437 – juris Rn. 49 ff.; VG Regensburg, U.v. 24.7.2020 – RN 7 K 16.30085 – juris Rn. 44; U.v. 9.1.2015 – RN 3 K 14.30674 – juris Rn. 23; U.v. 10.12.2013 – RN 3 K 13.30374 – juris Rn. 30; VG Ansbach, U.v. 7.8.2014 – AN 11 K 14.30589 – juris Rn. 27; VG Würzburg, U.v. 20.7.2020 – W 7 K 19.30370 – juris Rn. 17; VG Köln, U.v. 10.9.2014 – 23 K 6317/11.A – juris Rn. 25; VG Göttingen, U.v. 7.2.2017 – 2 A 304/15 – juris Rn. 28; VG München, U.v. 19.5.2016 – M 23 K 14.31121 – juris Rn. 46; U.v. 12.6.2015 – M 23 K 13.31345 – juris Rn. 22 ff.; U.v. 29.10.2019 – M 19 K 17.30256 – juris Rn. 22). Eine nachhaltige und ein anderes Ergebnis rechtfertigende Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse in Pakistan zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt legen die verfahrensgegenständlichen Erkenntnismittel nicht nahe.
Vor diesem Hintergrund geht das Gericht davon aus, dass der Kläger nach einer Wiedereinreise nach Pakistan in einer dieser Millionenstädte sicher vor dem Zugriff seiner Verfolger wäre. Es ist nicht davon auszugehen, dass seine Verfolger ihn finden werden, wenn sich der Kläger in einer anderen pakistanischen Großstadt niederlässt. In einem flächen- und bevölkerungsmäßig großen Land wie Pakistan (Fläche: 880.000 m², ca. 208 Mio. Einwohner) ohne funktionierendem Meldewesen ist es grundsätzlich möglich, in einer der größeren Städte dauerhaft der Aufmerksamkeit der lokalen Behörden oder eines potentiellen Verfolgers zu entgehen. Letztlich sind seit seiner Ausreise aus Pakistan bereits über fünf Jahre vergangen, sodass nicht davon auszugehen ist, dass nach dem Kläger (noch) gesucht wird. Gründe, die es ihm nicht zumutbar erscheinen ließen, außerhalb seiner Heimatregion zu leben, hat der Kläger nicht vorgetragen. Der Kläger kann sich also der behaupteten Bedrohung dadurch entziehen, dass er sich in einem anderen Landesteil niederlässt. Der Kläger hat auch nichts dazu vorgetragen, aus welchem Grund er in einer Großstadt gefunden werden könnte. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger so exponiert ist, dass ihm eine landesweite Verfolgung drohen würde.
Die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative ist dem Kläger auch zumutbar, insbesondere stehen wirtschaftliche Gründe nicht entgegen, selbst wenn hierfür mehr zu fordern ist, als die bloße Sicherung des Existenzminimums. Zwar ist festzustellen, dass die wirtschaftliche Situation in Pakistan schwierig, aber dennoch relativ stabil ist. Insbesondere in den Städten, die hier als verfolgungsfreier Landesteil zur Verfügung stehen, gibt es Beschäftigungsmöglichkeiten (vgl. Home Office, Pakistan: Background Information, including actors of protection and internal relocation, Juni 2017, Seite 35; EASO, Pakistan Länderüberblick, 2015, Seite 43; vgl. zu den Anforderungen an die Sicherung des Existenzminimums auch BVerwG, U.v. 1.2.2007 – 1 C 24/06 – juris Rn. 11). Es ist daher davon auszugehen, dass der Kläger als erwachsener, gesunder und arbeitsfähiger Mann mit ausreichender Schulbildung und Berufserfahrung in diesen Städten bzw. in anderen Landesteilen seinen Lebensunterhalt sicherstellen kann. Gründe, warum er keine Arbeit finden sollte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Dabei geht das Gericht davon aus, dass der Kläger sich nicht in Anonymität verstecken, sondern allenfalls in seinem Heimatgebiet eine gewisse Vorsicht walten lassen muss, sodass insbesondere die Teilnahme am Erwerbsleben möglich ist.
b) Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Kläger ist ein gesunder und arbeitsfähiger Mann, von dem zu erwarten ist, dass er seinen Lebensunterhalt in Pakistan wird sichern können.
c) Auch gegen die Rechtmäßigkeit des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 AufenthG bestehen keine Bedenken.
3. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordung (ZPO). Nach § 83 b AsylG ist das Verfahren gerichtskostenfrei.


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