Verwaltungsrecht

Asylverfahren: Erfolgloser Antrag auf Zulassung der Berufung (Uganda)

Aktenzeichen  9 ZB 21.31379

Datum:
27.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 31022
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2, § 80
GG Art. 103 Abs. 1

 

Leitsatz

Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht  sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden.  (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 7 K 18.30160 2021-07-28 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt erfolglos. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG), einer Abweichung von obergerichtlicher Rechtsprechung (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) oder einem Verfahrensmangel (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG) zuzulassen.
1. Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG).
Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 4.5.2021 – 9 ZB 21.30485 – juris Rn. 4 m.w.N.).
Dem wird das Zulassungsvorbringen, wonach das Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommen habe, dass die Mutter der Klägerin als Alleinerziehende in Uganda für den Familienunterhalt sorgen könne, sowie außerdem die guineische Staatsangehörigkeit der in Deutschland geborenen Klägerin, ihre Integration hier in Deutschland und die fehlenden Sprachkenntnisse sowie ihre gesundheitlichen Beschwerden unberücksichtigt gelassen habe, nicht gerecht. Die Klägerin hat eine grundsätzlich klärungsbedürftige Rechts- oder Tatsachenfrage weder formuliert noch mit ihrem Vorbringen auch nur sinngemäß aufgeworfen.
2. Die Berufung ist nicht wegen Divergenz nach § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG zuzulassen.
Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil von einer Entscheidung eines der in § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG genannten Gerichte abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung liegt vor, wenn das Verwaltungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung der genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben oder einer inhaltsgleichen Rechtsvorschrift ausdrücklich oder konkludent abrückt. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Im Zulassungsantrag muss daher ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet werden und einem Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenübergestellt werden (vgl. BayVGH, B.v. 27.2020 – 9 ZB 20.32008 – juris Rn. 6). Eine Divergenz im vorgenannten Sinne ist somit hier mit der bloßen Benennung dieses Zulassungsgrundes nicht dargelegt.
3. Die Berufung ist auch nicht wegen der geltend gemachten Verletzung rechtlichen Gehörs zuzulassen (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 VwGO).
Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden. Das Gericht hat sich mit den wesentlichen Argumenten des Klagevortrags zu befassen, wenn sie entscheidungserheblich sind. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann jedoch nur dann festgestellt werden, wenn sich aus besonderen Umständen klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist (vgl. BayVGH, B.v. 24.11.2020 – 9 ZB 20.32.96 – juris Rn. 13 m.w.N.).
Die Klägerin kann sich daher hinsichtlich einer Gehörsverletzung nicht erfolgreich darauf berufen, dass ein Abschiebungsverbot vorliege, weil in Uganda für die Klägerin mit Art. 3 EMRK unvereinbare Lebensbedingungen vorlägen und sie hinsichtlich der für sie vorgetragenen Symptomatik an einer schweren Erkrankung leiden könne, was das Verwaltungsgericht beides ebenso wenig berücksichtigt habe wie den Umstand, dass eine Rückkehr nach Guinea in Betracht zu ziehen sei. Ob Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG für die Klägerin in Betracht kommen, war vorliegend nicht entscheidungserheblich, da das Verwaltungsgericht die Klage, soweit sie die Nrn. 4 bis 6 des Bescheids der Beklagten vom 9. Januar 2018 betrifft, also hinsichtlich der Versagung der Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG, der für Uganda ausgesprochenen Abschiebungsandrohung und der Befristungsentscheidung gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG im Hinblick auf einen von der Beklagten angekündigten Ergänzungsbescheid aufgrund der guineischen Staatsangehörigkeit der Klägerin abgetrennt hat. In dem hier angegriffenen abweisenden Urteil vom 28. Juli 2021 hat das Verwaltungsgericht folglich „nur noch“ zu den Nrn. 1 bis 3 des Bescheids vom 9. Januar 2018 und damit über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft der Klägerin, ihre Anerkennung als Asylberechtigte und die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus für sie entschieden, wozu die Klägerin mit ihrem Zulassungsvorbringen jedoch keine Gehörsverletzung darlegt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
Mit der nach § 80 AsylG unanfechtbaren Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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