Verwaltungsrecht

Aufenthalt zur Zwecke der Erwerbstätigkeit

Aktenzeichen  M 25 S 20.1456

Datum:
19.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 11261
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, § 166
AufenthG § 19c, § 81 Abs. 1
BeschV § 9
Europa-Mittelmeer-Abkommen/Marokko Art. 64
AufenthG § 31
BayVwZVG Art. 21a

 

Leitsatz

Eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Beschäftigung für eine unqualifizierte Beschäftigung erfordert, dass die Beschäftigungsverordnung oder eine zwischenstaatliche Vereinbarung eine Zulassung des Ausländers zu dieser Beschäftigung vorsieht. (Rn. 25 – 33) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
IV. Die Verfahren M 25 K 20.1286 und M 25 S 20.1456 werden zur gemeinsamen Entscheidung über die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe verbunden.
Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung werden abgelehnt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt mit seinem Antrag die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Ablehnung der Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis und die damit verbundene Abschiebungsandrohung.
Der Antragsteller ist marokkanischer Staatsangehöriger. Am 22. Mai 2015 schloss er mit einer in Deutschland mit Aufenthaltstitel lebenden marokkanischen Staatsangehörigen die Ehe. Nach Ausreise aus dem Bundesgebiet reiste der Antragsteller am 9. April 2017 mit einem gültigen Visum zur Familienzusammenführung wieder in das Bundesgebiet ein.
Am 19. April 2017 erhielt er eine befristete Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug gültig bis 19. April 2018, die bis 24. Juni 2019 verlängert wurde.
Nach Trennung der Eheleute im Sommer/Herbst 2018 wurde die Ehe am 7. Dezember 2018 geschieden.
Am 5. Juni 2019 beantragte der Antragsteller die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Beschäftigung für zwei Jahre bei der Firma … … … * … … als Produktionsmitarbeiter. Er erhielt daraufhin eine Fiktionsbescheinigung zunächst befristet bis 25. September 2019, die fortlaufend bis zum 5. März 2020 verlängert wurde.
Mit Bescheid vom 18. Februar 2020 lehnte die Antragsgegnerin die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ab (Ziff. 1) und forderte den Antragssteller auf, die Fiktionsbescheinigung abzugeben (Ziff. 2). Die Frist zur Vorlage der Fiktionsbescheinigung wurde auf 3 Tage festgesetzt und für den Fall der Nichtvorlage ein Zwangsgeld in Höhe von 250 EUR angedroht (Ziff. 4). Die Ausreisefrist wurde auf 30 Tage ab Bekanntgabe des Bescheides befristet (Ziff.3). Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Marokko oder einen anderen Staat, in den der Kläger einreisen darf oder der zu seiner Rücknahme verpflichtet ist, angedroht (Ziff. 5).
Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Er habe kein selbständiges Aufenthaltsrecht nach § 31 Abs. 1 AufenthG erworben, da seine Ehe nicht seit mindestens 3 Jahren im Bundesgebiet bestanden habe. Eine besondere Härte nach § 31 Abs. 2 AufenthG sei nicht ersichtlich.
Auch eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Beschäftigung nach § 18 Abs. 2 AufenthG (i.d.F. bis zum 29. Februar 2020) könne nicht erteilt werden, da die Voraussetzungen nach § 18 Abs. 3 (i.d.F. bis zum 29. Februar 2020) nicht erfüllt seien. Die Beschäftigungsverordnung sehe eine Zustimmungsmöglichkeit für die Tätigkeit als Produktionshelfer nicht vor. Die Beschäftigung sei auch nicht nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 BeschV zustimmungsfrei, da nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das Tatbestandsmerkmal „Besitz einer Aufenthaltserlaubnis“ eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Beschäftigung meine. Der Antragsteller habe jedoch eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug gehabt.
Mit Schreiben vom 23. März 2020 erhob die Bevollmächtigte des Antragstellers Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragte gleichzeitig,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziff. 1 bis 3 und 5 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 18. Februar 2020 anzuordnen.
Zudem beantragte sie, dem Antragssteller im Klage und Eilverfahren,
12Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Frau Rechtsanwältin … … beizuordnen.
13Zur Begründung führte die Bevollmächtigte des Antragstellers im Wesentlichen aus, dass eine besondere Härte i.S.d. § 31 Abs. 2 AufenthG vorliege, da durch die Scheidung der im Eheeingehungsvertrag vereinbarte „Lösungspreis“ i.H.v. 11.500 EUR fällig sei. Bei Rückkehr des Antragstellers nach Marokko könne der marokkanische Staat die Summe als Prozesstandschafter geltend machen. Da der Antragsteller die Summer nicht aufbringen könne, würde er festgenommen und solange inhaftiert werden, bis die Summe bezahlt sei. Eine solche Praxis verstoße gegen den ordre public.
Der Antragsteller habe aber auch einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18 Abs. 3 AufenthG (i.d.F bis zum 29. Februar 2020) i.V.m. § 9 BeschV. Der Antragsteller habe in Marokko eine Ausbildung zum KfZ-Mechaniker absolviert. Die dort erworbene Qualifikation sei mit einer deutschen Ausbildung vergleichbar. Das Berufsbild sei identisch. Zugleich legte sie ein Arbeitsplatzangebot der … … … * … … vom 13. März 2020 vor.
Mit Schreiben vom 20. April 2020 legte die Antragsgegnerin die Akten vor und beantragte,
16den Antrag abzulehnen.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Soweit sich die Klage gegen Ziff. 2 des Bescheides richtet, ist der Antrag unzulässig, im Übrigen ist der Antrag zulässig, aber unbegründet.
I.
Der Antrag ist hinsichtlich der begehrten Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziff. 2 des Bescheides bereits unzulässig.
Unabhängig davon, dass die Anordnung der Abgabe der Fiktionsbescheinigung nicht sofort vollziehbar ist, fehlt dem Antrag das Rechtsschutzbedürfnis. Der Antragsteller hat ausweislich der Behördenakte die Fiktionsbescheinigung am 2. März 2020 (Blatt 154 der Behördenakte) zurückgegeben.
Im Übrigen ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 AufenthG statthaft, da auf Grund der Ablehnung die Klage von Gesetzes wegen gem. § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG keine aufschiebende Wirkung hat. Obwohl in der Hauptsache die Verpflichtungsklage auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis die richtige Klageart wäre und damit im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ein Antrag nach § 123 VwGO zu stellen wäre, ist trotz der Regelung des § 113 Abs. 5 VwGO ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft. Die Versagung der Aufenthaltserlaubnis führt zum Erlöschen der Fiktionswirkung des Verlängerungsantrags. Der Antragsteller ist auf Grund der Versagung der Aufenthaltserlaubnis vollziehbar ausreisepflichtig nach § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG. Die Ablehnung stellt damit für den Antragsteller eine belastende Regelung dar.
Hinsichtlich der Abschiebungsandrohung (Ziffer 3 und 5) ist der Antrag ebenfalls statthaft, weil dies eine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung ist und die Klage daher keine aufschiebende Wirkung entfaltet, Art. 21a BayVwZVG.
II.
Der Antrag ist, soweit der zulässig ist, unbegründet.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung, wobei es das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs gegen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides abzuwägen hat. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen, die ein wesentliches, allerdings nicht das alleinige Indiz für und gegen die Begründetheit des einstweiligen Rechtsschutzbegehrens sind. Ergibt die im Eilverfahren allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung der Erfolgsaussichten, dass die Klage offensichtlich erfolglos bleiben wird, tritt das Interesse eines Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angegriffene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens hingegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei der Interessenabwägung.
1. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben erweist sich die Klage gegen die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis aller Voraussicht nach als unbegründet. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Beschäftigung. Die Antragsgegnerin ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht vorliegen.
a) Der Antragsteller erfüllt aller Voraussicht nach nicht die Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung. Nach dem vom Antragsteller gestellten Antrag geht das Gericht davon aus, dass der Kläger als Produktionsmitarbeiter einer unqualifizierten Beschäftigung im Bundesgebiet nachgehen will. Das Vorbringen der Bevollmächtigten des Antragstellers führt zu keiner anderen Einordnung. Zwar mag der Kläger über eine qualifizierte Berufsausbildung als KfZ-Mechaniker verfügen. Diese ist jedoch weder glaubhaft gemacht, noch in der Bundesrepublik anerkannt worden. Entscheidend ist zudem, dass, der Kläger in seinem erlernten Beruf nicht arbeiten will.
Damit richtet sich die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Beschäftigung nach den Vorschriften für eine unqualifizierte Beschäftigung. Dies sind seit 1. März 2020 § 18 i.V.m. § 19c Abs. 1 AufenthG. Neben den in § 18 Abs. 2 AufenthG (i.d.F. vom 1. März 2020) normierten Voraussetzungen ist für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für eine unqualifizierte Beschäftigung nach § 19c Abs. 1 AufenthG (i.d.F. ab 1. März 2020) erforderlich, dass die Beschäftigungsverordnung oder eine zwischenstaatliche Vereinbarung eine Zulassung des Ausländers zu dieser Beschäftigung vorsehen.
Im Falle des Antragstellers sieht weder die Beschäftigungsverordnung noch eine zwischenstaatliche Vereinbarung eine Zulassung vor.
Insbesondere ist die Beschäftigung des Antragstellers nicht nach § 9 BeschV zustimmungsfrei. Die Zustimmungsfreiheit nach § 9 BeschV scheitert schon daran, dass es sich bei der dem Antragsteller zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis nicht um eine Aufenthaltserlaubnis im Sinne dieser Vorschrift handelt. Hierfür genügt nicht der Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, die kraft Gesetzes zur Ausübung jedweder Beschäftigung berechtigt, sondern nach Sinn und Zweck der Vorschrift ist eine Aufenthaltserlaubnis „mit einer Arbeitsmarktzulassung“ (z.B. Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Erwerbstätigkeit nach § 18 ff AufenthG) erforderlich (vgl. BVerwG U.v. 21.8.2018 – 1 C 22.17 – beckonline Rn. 24, 25). Der Antragsteller verfügte zuletzt über eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Familiennachzugs, die kraft Gesetzes nach § 27 Abs. 5 AufenthG (i.d.F. bis zum 29. Februar 2020) zur Ausübung einer Beschäftigung berechtigt. Er war damit nicht durch einen behördlichen Zulassungsakt zum Arbeitsmarkt zugelassen, so dass der Antragsteller nicht über den für die Zustimmungsfreiheit nach § 9 BeschV erforderlichen Aufenthaltstitel verfügt.
Auch besteht zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko keine zwischenstaatliche Vereinbarung, nach der der Antragsteller zur Ausübung einer Beschäftigung zugelassen werden kann. Das Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits vom 26. Februar 1996 (ABlEG Nr. L 70/2000 S. 2.ff, im Folgenden: Europa-Mittelmeer-Abkommen/Marokko) sieht keinen solchen Zulassungsanspruch vor.
b) Auch aus dem Europa-Mittelmeer-Abkommen selbst ergibt sich kein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Auch wenn der Antragsteller grundsätzlich als marokkanischer Staatsangehöriger in den Anwendungsbereich des Europa-Mittelmeer-Abkommens/Marokko fällt, so ergibt sich insbesondere aus dem in Art. 64 des Abkommens geregelten Diskriminierungsverbots kein Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis. Nach der Rechtsprechung des EuGH kann ein Mitgliedstaat die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis eines marokkanischen Staatsangehörigen, dem er die Einreise und die Aufnahmen einer Beschäftigung erlaubt hatte, ablehnen, wenn der ursprüngliche Grund für die Gewährung des Aufenthaltsrechts bei Ablauf der Aufenthaltserlaubnis nicht mehr besteht (EuGH U.v. 2.3.1999 – Rs. C-416- 96 EL Yassini – beckonline Rn.62, 67 im Fall ging es um eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug; U.v. 14.12.2006 – C-97/05 Gattousi – juris). Etwas Anderes würde ausnahmsweise dann gelten, wenn der Aufnahmemitgliedstaat dem marokkanischen Arbeitnehmer in Bezug auf die Ausübung einer Beschäftigung weitergehende Rechte als in Bezug auf den Aufenthalt verliehen hätte (EuGH U.v. 2.3.1999 – Rs. C-416 -96 EL Yassini- beckonline Rn.64; BVerwG U.v. 1.7.03 – 1 C 18/02 – beckonline). Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Der Antragsteller verfügte bisher über eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug nach § 30 AufenthG. Kongruent dazu war ihm gem. § 27 Abs. 5 AufenthG (i.d.F. bis zum 29. Februar 2020) die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erlaubt. Eine darüberhinausgehende, von der befristeten Aufenthaltserlaubnis unabhängige Arbeitserlaubnis wurde dem Antragsteller nie erteilt. Eine solche widerspräche auch der Systematik des bundesdeutschen Aufenthaltsrechts, wonach eine unbefristet erteilte Arbeitsgenehmigung keine unabhängigen weitergehenden Rechte als die Aufenthaltserlaubnis selbst vermittelt (vgl. BVerwG U.v. 1.7.03 – 1 C 18/02 – beckonline).
c) Ebenso wenig hat der Antragsteller einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 und 2 AufenthG wegen Vorliegens einer besonderen Härte. Eine solche Aufenthaltserlaubnis wurde vom Antragsteller bereits nicht beantragt. Ein Antrag ist jedoch zwingende Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, § 81 Abs. 1, § 8 Abs. 1 AufenthG.
Darüber hinaus dürfte auch das Tatbestandsmerkmal einer besonderen Härte nicht erfüllt sein. Nach § 31 Abs. 2 Satz 2 AufenthG liegt u.a. eine besondere Härte insbesondere dann vor, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange drohen würde. Eine besondere Härte liegt nur dann vor, wenn sie sich (zumindest mittelbar) auf die Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft zurückführen lässt (vgl. BVerwG, U.v. 9. 6. 2009 – 1 C 11/08, BayVGH B.v. 14.6.2016 -10 CS 16.638) und den Ehegatten die Rückkehr ungleich härter trifft, als andere Ausländer, die nach kurzen Aufenthaltszeiten Deutschland verlassen müssen. Die von der Bevollmächtigten vorgetragenen Fälligkeit des im Eheeingehungsvertrages vereinbarten „Lösungspreises“ i.H.v. 11.500 EUR ist bereits nicht glaubhaft gemacht. Das vollständige Scheidungsurteil wurde bislang nicht vorgelegt. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Vereinbarung bereits bei Eheschließung getroffen wurde. Sie trifft den Antragsteller auch nicht härter als andere Landsleute, die nach Scheidung einer nach marokkanischem Recht geschlossenen Ehe auf Grund einer zivilrechtlichen Vereinbarung eine finanzielle Verpflichtung haben. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass eine Scheidung in Marokko unter Kontrolle eines Gerichts vollzogen wird, um einen Missbrauch der ehelichen Beziehungen zu vermeiden. Die Auflösung der Ehe wird also gemäß den im Familiengesetzbuch enthaltenen Bestimmungen durch Urteil ausgesprochen (vgl. Kingdom of Marocco Ministry of Foreign Affairs https://www.consulat.ma/de/scheidung-marokko, Aufruf am 12. Mai 2020). Werden wie hier finanzielle Verbindlichkeiten begründet, so trifft dies den Antragsteller nicht schwerer als die übrigen Marokkaner.
2. Keinen Bedenken begegnet die Ausreisefrist von einem Monat (= 30 Tage), die die maximale Ausreisefrist des § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG voll gewährt. Gründe für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung auf Grund der Verbreitung des Sars-CoV-2, sogenanntes neuartiges Corona Virus, haben keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung (§ 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG, BayVGH B.v. 20. März 2020 – 11 ZB 20.30633 – Rn. 4).
III.
Die Kostenentscheidung folgt auch § 154 Abs. 1 VwGO
IV. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 Nr. 2 § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und 8.1 des Streitwertkatalogs.
V.
Die Verfahren M 25 S 20.1456 und M 25 K 20.1286 werden hinsichtlich des Prozesskostenhilfeantrags zur gemeinsamen Entscheidung verbunden, § 93 VwGO.
Da das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO keine Aussicht auf Erfolg hat (s.o.), ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe in diesem Verfahren abzulehnen, § 166 VwGO, §§ 114 ff. ZPO.
Auch die Klage bleibt nach summarischer Prüfung erfolglos. Insofern kann auf die oben gemachten Ausführungen verwiesen werden.
Die Entscheidung über die Prozesskostenhilfeanträge ergeht kostenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.


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