Verwaltungsrecht

Aufenthaltserlaubnis zum Zweck einer Berufsausbildung

Aktenzeichen  M 25 E 16.3704

Datum:
13.12.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 55, § 61 Abs. 2
AufenthG AufenthG § 4, § 10, § 17, § 60a
VwGO VwGO § 88, § 123

 

Leitsatz

1. Ist der Kläger/Antragsteller rechtsanwaltlich vertreten, kommen dessen Vortrag und Formulierungen grundsätzlich gesteigerte Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlich Gewollten zu. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Fortsetzungsanträge sind im Rahmen eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens unstatthaft, denn das vorläufige Rechtsschutzverfahren zielt nur auf eine vorläufige Regelung und dient nicht der endgültigen Klärung der Rechtmäßigkeit der beanstandeten Maßnahme. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
3. Vor der gerichtlichen Geltendmachung eines – behaupteten – Anspruchs auf Erteilung eines begünstigenden Verwaltungsakts ist in der Regel zunächst ein entsprechender Antrag bei der zuständigen Behörde zu stellen. Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz ist grundsätzlich ein dem behördlichen Rechtsschutz nachgelagerter Rechtsschutz. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung, den Antragsgegner zu verpflichten, ihm eine Erlaubnis für die begonnene Berufsausbildung über die gesamte im Ausbildungsvertrag vereinbarte Dauer erteilen.
Der am … 1988 geborene Antragsteller ist russischer Staatsangehöriger.
Er reiste am 20. Februar 2012 mit seiner Familie, seinen Eltern und seiner Schwester, in das Bundesgebiet ein und beantragte am 6. März 2012 Asyl.
Am 21. Juni 2016 stellte der Antragsteller einen „Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis“ (Behördenakte, Bl. 105 ff.). Aus den Angaben war ersichtlich, dass der Antragsteller eine Ausbildung zum Zahntechniker ab dem 1. September 2016 (bei der … GmbH in …) anstrebte. Als Zweck des Aufenthalts kreuzte er „völkerrechtliche/humanitäre/politische Gründe“ und „Ausbildung“ an.
Mit Aktenvermerk vom 28. Juni 2016 (Behördenakte, Bl. 95) stellte der Antragsgegner fest, dass der Antragsteller für eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Ausbildung den Asylantrag zurücknehmen, in den Heimatstaat ausreisen und ein Visumsverfahren bei der deutschen Botschaft anstrengen müsse. Des Weiteren wäre es möglich, die Ausbildung während des laufenden Asylverfahrens zu erlauben, hier gelte es jedoch zu beachten, dass immer nur das jeweilige Ausbildungsjahr erlaubnisfähig sei. Sollte es während der Ausbildungszeit zu einer Ablehnung des Asylantrags kommen, sei nur noch eine „Duldung“ bis zum Ende des jeweiligen Ausbildungsjahres möglich. Ein gesicherter Aufenthalt während der Ausbildung sei somit nur mit der Aufenthaltserlaubnis zwecks Ausbildung und nachgeholtem Visumsverfahren möglich.
Bei einer Vorsprache am 19. Juli 2016 wies der Antragsgegner den Antragsteller auf die vorgenannten Möglichkeiten (Behördenakte, Bl. 96), auch auf die guten Erfolgsaussichten des Visumsverfahrens, hin (Gerichtsakte, Bl. 7a). Er ergänzte, dass eine Aufenthaltserlaubnis derzeit wegen § 10 AufenthG nicht erteilt werden könne. Der Antragsteller bat um Bedenkzeit bis zum Nachfolgetermin am 21. Juli 2016, weil er sich mit den Sozialpädagogen und mit seiner Familie, insbesondere seiner Schwester, besprechen wolle (Behördenakte, Bl. 96 und Gerichtsakte, Bl. 7a).
Am 21. Juli 2016 sprach der Antragsteller erneut zusammen mit seiner Schwester und einer Sozialpädagogin bei dem Antragsgegner vor. Der Antragsgegner erklärte erneut das Visumsverfahren und machte den Antragsteller und dessen Schwester darauf aufmerksam, dass zu prüfen sei, wann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) über die Asylanträge entscheiden werde. Beide Personen besäßen Pässe, so dass eine Abschiebung nach Ablehnung der Asylanträge möglich ist. Der Antragsgegner bot zudem an, bereits vorab bei der Bundesagentur für Arbeit wegen der Zustimmung zu der Ausbildung nachzufragen. Der Antragsgegner versprach, rechtzeitig vor Beginn der Ausbildung eine Entscheidung zu treffen. Der Antragsteller gab an, sich mit seiner Familie noch einmal beraten zu wollen.
Am 28. Juli 2016 teilte das Bundesamt dem Antragsgegner mit, dass der Asylantrag des Vaters des Antragstellers als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde.
Auf Nachfrage des Antragsgegners teilte das Bundesamt diesem am selben Tag telefonisch mit, dass die Verfahren der übrigen Familienmitglieder seit dem Jahr 2013 ruhen würden. Es gebe einen Fehler, nur das Verfahren des Vaters des Antragstellers werde betrieben. Die Gesprächspartnerin auf Seiten des Bundesamtes riet dem Antragsgegner, sich an den zuständigen Entscheider zu wenden und die Wiederaufnahme der Verfahren der restlichen Familienmitglieder zu betreiben. In der Folge (Anrufe des Antragsgegners vom 28. Juli 2016, vom 29. Juli 2016, vom 1. August 2016 und vom 4. August 2016 sowie E-Mail vom 9. August 2016) blieben Kontaktversuche des Antragsgegners bei dem Bundesamt erfolglos Mit Schreiben vom 9. August 2016, das mit „Antrag auf Erlaubnis zur Aufnahme einer Ausbildung“ überschrieben war, wandte sich der Antragsteller erneut an den Antragsgegner (Behördenakte, Bl. 100). Zur Begründung führte er Folgendes an: Er wolle zum 1. September 2016 eine Ausbildung zum Zahntechniker aufnehmen. Dies sei ihm bislang verweigert worden. Selbst wenn sein Asylantrag abgelehnt werden sollte, sei die Abschiebung gemäß § 60 a Abs. 2 Sätze 4 – 6 AufenthG auszusetzen und eine Duldung zu erteilen. Damit könne auch die Aufnahme einer Ausbildung nicht untersagt werden. Er bat um Erteilung der Erlaubnis bis spätestens zum 16. August 2016.
Kurz darauf sprach Antragsteller nochmals mit einer ehrenamtlichen Helferin vor. Der Antragsgegner versprach angesichts des nahenden Beginns der Berufsausbildung rechtzeitig zu entscheiden.
Mit Fax vom 16. August 2016 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers bei dem Verwaltungsgericht,
dem Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller die qualifizierte Berufsausbildung zum Zahntechniker zu ermöglichen.
Zur Begründung führte er im Wesentlichen Folgendes an (Gerichtsakte, Bl. 2): Die Antragstellerin (sic) habe mit der … GmbH einen Ausbildungsvertrag über 3 Jahre geschlossen. Die Ausbildung beginne am 1. September 2016. Die Antragstellerin habe bei dem Antragsgegner einen Antrag auf Genehmigung gestellt, ohne dass dieser bearbeitet worden wäre. Der Antragsgegner habe allein am 9. August 2016 auf Erinnerung der Antragstellerin hin den Eingang des Antrags bearbeitet. Es sei zu befürchten, dass der Antragsgegner den Termin des Beginns der Ausbildung durch Nichtstun verstreichen lasse. Nach § 60 Abs. 2 Satz 4 AufenthG habe die Antragstellerin einen Anspruch auf die Erteilung der Duldung. Die Sache sei eilbedürftig, da Ausbildungsbeginn der 1. September 2016 sei.
Am 18. August 2016 änderte der Antragsgegner die Aufenthaltsgestattung des Antragstellers dahingehend ab, dass die Berufsausbildung zum Zahntechniker bei Fa. … GmbH … bis zum Abschluss des Asylverfahrens, längstens bis zum 31. August 2017, gestattet ist (Behördenakte, Bl. 113):
Ebenfalls am 18. August 2016 sprach der Antragsteller bei dem Antragsgegner vor und erklärte, dass er hiermit seinen Antrag auf „Aufenthaltserlaubnis zur Ausbildung/völkerrechtliche/humanitäre/politische Gründe“ vom 21. Juni 2016 zurückziehe. Er wisse, dass die Erlaubnis für die Ausbildung auf ein Jahr befristet und vorbehaltlich des Ausgangs des Asylverfahrens erteilt werde (Gerichtsakte, Bl. 9).
Mit Schreiben vom 23. August 2016 (Gerichtsakte, Bl. 7 ff.) beantragte der Antragsgegner,
den Antrag nach § 123 VwGO abzulehnen.
Außerdem führte er aus, dass sich das Begehren durch die Erteilung der Erlaubnis zur Aufnahme der Berufsausbildung erledigt habe. Aus den genannten Gründen lägen daher kein Anordnungsgrund und kein Anordnungsanspruch vor.
Mit Schreiben vom 25. August 2016 bat das Verwaltungsgericht den Antragsteller um Mitteilung, ob sich aus dessen Sicht das Verfahren erledigt habe, sowie gegebenenfalls um die Abgabe einer prozessbeendenden Erklärung.
Mit Schriftsatz vom 28. August 2016 (Eingang: 27. August 2016) teilt der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers Folgendes mit (Gerichtsakte, Bl. 12): Der Antragsgegner habe den Antragsteller unterschreiben lassen, dass die Gestattung (gemeint wohl: Duldung) erlösche, sollte das Asylverfahren rechtskräftig negativ abgeschlossen werden. Die Gestattung (gemeint wohl: Duldung) sei nur vorbehaltlich des Ausgangs des Asylverfahrens erfolgt. Die von dem Antragsteller unterschriebene Erklärung sei rechtlich unwirksam, da sie nicht durch das Gesetz, nämlich § 60a Abs. 2 Sätze 4 und 5 AufenthG, gedeckt sei. Die Duldung sei für die im Ausbildungsvertrag bestimmte Dauer, nämlich 3 ½ Jahre zu erteilen. Sie erlösche nur nach § 60a Abs. 2 Sätze 6 und 9 AufenthG. Der Antragsgegner müsse verbindlich erklären, dass er von dieser Erklärung keinen Gebrauch machen werde. Erst dann könne das Verfahren für erledigt erklärt werden.
Am 8. September 2016 gingen die Behördenakten bei dem Verwaltungsgericht ein.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag ist auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO unzulässig.
a) Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO ist statthaft, soweit der Antragsteller begehrt, ihm für die begonnene Berufsausbildung über die gesamte im Ausbildungsvertrag vereinbarte Dauer – jenseits des Abschlusses des Asylverfahrens beziehungsweise jenseits des 31. August 2017 – die Erlaubnis zu erteilen. Im Übrigen ist der Antrag unstatthaft.
Die Auslegung anhand von § 88 VwGO ergibt, dass der Antragsteller zuletzt begehrt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm für die begonnene Berufsausbildung über die gesamte im Ausbildungsvertrag vereinbarte Dauer – jenseits des Abschlusses des Asylverfahrens beziehungsweise jenseits des 31. August 2017 – die Erlaubnis zu erteilen.
aa) Subjektiv begehrte der Antragsteller ursprünglich mit der Einreichung des Formularantrags am 21. Juni 2016, mit der Ausbildung zum Zahntechniker beginnen zu können und zusätzlich auch seinen Bleiberechtsstatus zu ändern. Dies ergibt sich aus dem ausgefüllten Formularantrag des Antragstellers vom 21. Juni 2016 in Kombination mit dem Schreiben des Antragstellers vom 9. August 2016. Der Formularantrag vom 21. Juni 2016 bezieht sich ausdrücklich auf eine „Aufenthaltserlaubnis“. Des Weiteren hat er sich in dem Formularantrag vom 21. Juni 2016 mit den erwähnten „völkerrechtlichen/humanitären/politischen Gründen“ auch auf die Abschiebungshindernisse und damit Duldungsgründe des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG bezogen. In dem Schreiben vom 9. August 2016, das, wie insbesondere die Überschrift und auch der Fließtext zeigen, an den Formularantrag vom 21. Juni 2016 inhaltlich anknüpft und ihn weiter konkretisiert, hat er sich schließlich speziell auf den ab dem 6. August 2016 geltenden § 60a Abs. 2 Sätze 4 bis 6 AufenthG und den dort geregelten Duldungsgrund bezogen.
bb) Objektiv – aufgrund der Rechtswirkungen der Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 AsylG – entsprach es jedoch dem Interesse des Antragstellers, allein die Erlaubnis zur Aufnahme der Berufsausbildung zum Zahntechniker gemäß § 61 Abs. 2 AsylG zu begehren.
Als Asylsuchender verfügt der Antragsteller gemäß § 55 AsylG über eine Aufenthaltsgestattung. Diese stellt ein kraft Gesetzes entstehendes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet zur Durchführung des Asylverfahrens dar (vgl. Bergmann, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2016, AsylG, § 55, Rn. 5; Neundorf, in: Beck’scher Online-Kommentar Ausländerrecht, Kluth/Heusch, 11. Aufl., Stand: 15.8.2016, AsylG, § 55 Asyl, Rn. 1).
Zum einen sperrt Aufenthaltsgestattung nach § 10 Abs. 1 AufenthG die Erteilung eines Aufenthaltstitels im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthG, mithin auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 17 AufenthG zum Zweck einer Berufsausbildung.
Zum anderen steht die Aufenthaltsgestattung der Erteilung einer Duldung nach § 60a AufenthG entgegen. Denn Voraussetzung einer Duldung ist die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht. Mit der Duldung wird gerade im Anschluss an das Eintreten der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht eine Regelung über den weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet getroffen (vgl. aus der Rechtsprechung jüngst: VGH BW, B.v. 20.6.2016 – 11 S 914/16 – juris Rn. 8; vgl. aus der Kommentarliteratur: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, Aufenthaltsgesetz, § 60a, Rn. 3). Ein Betroffener, der über eine Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 AsylG verfügt, ist nicht vollziehbar ausreisepflichtig.
Sinnvoll war daher allein der Antrag auf Erteilung der Erlaubnis der Aufnahme der Berufsausbildung zum Zahntechniker gemäß § 61 Abs. 2 AsylG.
cc) Der Antragsgegner hat diesem objektiv verstandenen Anliegen am 18. August 2016 auch Rechnung getragen und die Aufenthaltsgestattung um die Erlaubnis zur Berufsausbildung bis zum Abschluss des Asylverfahrens, längstens bis zum 31. August 2017, ergänzt. Angesichts dessen hat der Antragsteller den bei dem Antragsgegner gestellten Antrag in dem geschilderten Sinne am 18. August 2016 insgesamt zurückgenommen.
dd) Allerdings hat der prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt zur Begründung des am 16. August 2016 bei dem Verwaltungsgericht eingereichten Antrags angeführt: „Nach § 60 Abs. 2 Satz 4 AufenthG habe die Antragstellerin einen Anspruch auf die Erteilung der Duldung“. Dieser Textbaustein bezieht sich erkennbar auf die Schwester des Antragstellers. Diese befand sich jedoch in derselben Situation wie der Antragsteller. Der prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt hat für beide Geschwister im Wesentlichen wortlautidentische Schriftsätze verfasst. Außerdem hat er mit Schriftsatz vom 28. August 2016 (Eingang: 29.8.2016) ausdrücklich zur Begründung wiederholt: „Die Duldung ist für die im Ausbildungsvertrag bestimmte Dauer, nämlich 3 1/2 Jahre zu erteilen. Aus diesem Grund hat er das Verfahren ausdrücklich nicht für erledigt erklärt. Zwar kommt es auf die angeführte Rechtsgrundlage nach § 88 VwGO nicht maßgeblich an. Jedoch ist aus der Begründung der Schriftsätze zu schließen, dass es nach Auffassung des prozessbevollmächtigten Rechtsanwaltes noch ein offenes überschießendes Rechtsschutzbegehren auf einstweilige Erteilung einer Erlaubnis für die gesamte Dauer der aufgenommenen Berufsausbildung gibt.
Ist der Betroffene rechtsanwaltlich vertreten, kommen dessen Vortrag und Formulierungen nämlich grundsätzlich gesteigerte Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlich Gewollten zu (vgl. jüngst: BVerwG, B.v. 13.1.2012 – 9 B 56/11 – juris Rn. 8 mwN). Im vorliegenden Fall war der Antragsteller während des gerichtlichen Eilrechtsschutzverfahrens durch seinen prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt vertreten. Besondere Bedeutung kommt hierbei der Begründung, den beigefügten Bescheiden oder sonstigen Umstände zu, die das wirkliche Ziel erkennen lassen (vgl. jüngst: BVerwG, B.v. 13.1.2012 – 9 B 56/11 – juris Rn. 8 mwN).
Der prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt hat in der Begründung des Antragsschriftsatzes vom 16. August 2016 bewusst und dezidiert – entgegen der sowohl im behördlichen als auch im gerichtlichen Verfahren geäußerten Rechtsauffassung des Antragsgegners zu der tatsächlichen und rechtlichen Situation, insbesondere zu der Aufenthaltsgestattung (Behördenakte, Bl. 95, 96,104, 113 sowie Gerichtsakte, Bl. 7 ff.), daran festgehalten, dass es noch ein offenes Rechtsschutzbegehren des Antragstellers gibt. Dies hat er in der Begründung des Schriftsatzes vom 28. August 2016 – trotz der Anfrage des Verwaltungsgerichts, ob sich das Eilverfahren mittlerweile erledigt hat (Gerichtsakte, Bl. 10) – wiederholt.
Diesem Begehren im einstweiligen Rechtsschutz liegt in der Hauptsache eine Verpflichtungsklage zugrunde.
ee) Soweit der Antragsgegner die Aufenthaltsgestattung um die Erlaubnis der Berufsausbildung bis zum Abschluss des Asylverfahrens, längstens bis zum 31. August 2017, ergänzt hat, hat sich das Begehren durch Erfüllung erledigt. Mangels Erledigterklärung handelt es sich insoweit um einen Fortsetzungsfeststellungsantrag. Fortsetzungsfeststellungsanträge sind im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens jedoch unstatthaft. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ist insoweit weder unmittelbar noch analog anwendbar. Denn das einstweilige Rechtsschutzverfahren zielt nur auf eine vorläufige Regelung und dient nicht der endgültigen Klärung der Rechtmäßigkeit der beanstandeten Maßnahme (vgl. speziell zu § 123 VwGO: BVerwG, B.v. 27.1.1995 – 7 VR 16.94 –, juris Rn. 27; OVG NW, B.v. 16.1.2013 – 13 B 1306/12 – juris Rn. 6; OVG BB, B.v. 14.6.2012 – OVG 2 S. 36.12 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 19.6.2008 – 10 CE 08.1263 – Rn. 13).
b) Im Übrigen fehlt es dem Antragsteller auch an der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO erforderlichen Antragsbefugnis.
Der Antragsteller hat nicht plausibel dargelegt, möglicherweise einen Anspruch auf die Erlaubnis in dem begehrten Umfang zu haben. Der Vortrag zu § 60a Abs. 2 AufenthG scheidet hierfür als Grundlage aus den bereits genannten Gründen offenkundig aus. Rechtsgrundlage für die begehrte Erlaubnis kann nur § 61 Abs. 2 AsylG sein. Die Erlaubniserteilung zur Beschäftigung nach § 61 Abs. 2 AsylG steht im Ermessen der Ausländerbehörde (vgl. Neundorf, in: Beck’scher Online-Kommentar Ausländerrecht, Kluth/Heusch, 11. Aufl., Stand: 15.8.2016, AsylG, § 61 Asyl, Rn. 17; Schröder, in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 61 Rn. 10). Gründe für eine fehlerhafte Ermessensausübung sind nicht dargetan und auch nicht anderweitig ersichtlich. Der Antragsgegner hat sich insbesondere bei der Dauer der Erlaubnis erkennbar, wie dies auch üblich ist, an der bisherigen und voraussichtlichen Dauer des Asylverfahrens des Betroffenen orientiert (vgl. Schröder, in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 61 Rn. 10).
c) Des Weiteren steht dem Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO auch das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegen. Gründe für eine Ausnahme von diesem Verbot sind weder dargetan noch anderweitig ersichtlich.
d) Dem Antragsteller mangelt es zudem an dem für die Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes erforderlichen Rechtsschutzinteresse.
Vor der gerichtlichen Geltendmachung eines – behaupteten – Anspruchs auf Erteilung eines begünstigenden Verwaltungsakts ist in der Regel zunächst ein entsprechender Antrag bei der zuständigen Behörde zu stellen. Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz ist grundsätzlich ein dem behördlichen Rechtsschutz nachgelagerter Rechtsschutz. Erst wenn die Behörde einen Antrag abgelehnt oder innerhalb angemessener Frist nicht verbeschieden hat, können die Verwaltungsgerichte angerufen werden (vgl. zum fehlenden Antrag auf Erteilung einer Duldung: VG München, U.v. 13.8.1997 – M 6 K 97.3831 – juris Rn. 13; B.v. 7.5.2007 – M 10 S. 07.1029, M 10 K 07.1025 – juris Rn. 27).
Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller seinen Antrag am 18. August 2016 insgesamt zurückgenommen (Behördenakte, Bl. 104). Es fehlt damit für das überschießende Begehren an dem zugrundeliegenden Antrag und dementsprechend auch an einer rechtsmittelfähigen Entscheidung des Antragsgegners. Dass der Antragsgegner nicht innerhalb angemessener Frist entschieden hat, ist angesichts der Umstände – insbesondere der auserbetenen Bedenkzeiten des Antragstellers und der Recherchen des Antragsgegners – sowie des zeitlichen Ablaufs der Geschehnisse nicht ersichtlich.
Gründe für eine Unwirksamkeit der Willenserklärung, hier der Rücknahme, sind nicht vorgetragen. Zwar hat der Prozessbevollmächtigte Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Vorgehens des Antragsgegners geäußert. Eine etwaige Rechtswidrigkeit des Vorgehens des Antragsgegners würde indes nicht per se die Rechtsunwirksamkeit der Willenserklärung der Rücknahme begründen. Außerdem dürften die Bedenken angesichts der voranstehenden Erwägungen auch nicht durchgreifen. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass es sich bei der Rücknahme des Antragstellers um eine bewusste Entscheidung gehandelt hat, denn der Antragsteller hatte sich, wie dargestellt, zwei Mal Bedenkzeit auserbeten und sich eingehend beraten. Gründe für eine Unwirksamkeit der Willenserklärung des Antragstellers sind auch nicht anderweitig ersichtlich.
e) Schließlich hat der Antragsteller das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, mithin die Dringlichkeit des Antrags, nicht hinreichend substantiiert. Der Antragsteller verfügt über eine Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 AsylG sowie seit dem 18. August 2016 über eine bis zum Abschluss des Asylverfahrens, längstens bis zum 31. August 2017, befristete Erlaubnis zur Berufsausbildung als Zahntechniker. Das Bundesamt bearbeitet, wie dargestellt, aufgrund eines Fehlers im System den Antrag des Antragstellers derzeit nicht. Der Versuch einer Fehlerkorrektur seitens des Antragsgegners scheiterte. Eine Entscheidung des Bundesamtes über den Asylantrag des Antragstellers steht daher derzeit nicht bevor. Damit mangelt es zudem offenkundig an der Dringlichkeit des Antrags.
2. Die Kostenfestsetzung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG in Verbindung mit § 61 AsylG.
Dieser Beschluss ist insgesamt gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.


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