Verwaltungsrecht

Aufforderung zur Auskunftserteilung nach dem Bundesstatistikgesetz und Handelsstatistikgesetz

Aktenzeichen  RN 5 S 16.678

Datum:
23.5.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5
BStatG BStatG § 11a, § 15 Abs. 6
HdlStatG HdlStatG § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3, § 8
VwZVG VwZVG Art. 21a S. 1, Art. 23 Abs. 1 Nr. 2, Art. 36

 

Leitsatz

Die Vermittlung von Verträgen über Telekommunikationsdienste, von Kaufverträgen über Telekommunikationsendgeräte und Zubehöre und die Erbringung von Serviceleistungen rund um das entsprechende Portfolio fällt unter den Wirtschaftszweig Abteilung 47 – Einzelhandel im Sinne der Verordnung EG Nr. 1893/2006. (redaktioneller Leitsatz)
Eine einheitliche Zwangsgeldandrohung für mehrere Verpflichtungen aus einem Bescheid verstößt gegen das Bestimmtheitsgebot. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bayerischen Landesamts für Statistik vom 18.3.2016 wird hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 des Bescheids angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 9/10 und der Antragsgegner zu 1/10.
III.
Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Anordnung zum Erteilen von Auskünften zur Jahreserhebung im Handel.
Die Antragstellerin betreibt mehrere …-Shops an verschiedenen Orten in Bayern und Baden-Württemberg. Einzige Vertrags- und Geschäftspartnerin der Antragstellerin ist die T…-gesellschaft mbH (T…G).
Der Antragsgegner zog die Antragstellerin im Jahr 2015 erstmals für Auskünfte zur Jahreserhebung im Handel ab dem Geschäftsjahr 2014 heran. Die Erhebungsunterlagen wurden am 7.9.2015 unter Fristsetzung bis zum 30.9.2015, die Erinnerung am 14.10.2014 unter Fristsetzung bis zum 6.11.2015 sowie die Mahnung am 19.11.2015 unter Fristsetzung bis zum 18.12.2015 versandt. Eine Meldung der Antragstellerin erfolgte nicht.
Mit Schreiben vom 23.11.2015 und 15.12.2015 teilte die Steuerberatungsgesellschaft der Antragstellerin mit, dass die Antragstellerin keine Handelstätigkeit und kein Gastgewerbe ausübe und daher beantragt werde, diese aus der Erhebungsliste auszugliedern. Mit den Erhebungsunterlagen erhielt die Antragstellerin eine Kurzanleitung für die vorgeschriebene elektronische Meldung nach § 11 a Bundesstatistikgesetz (BStatG) sowie die Zugangsdaten.
Am 18.3.2016, der Antragstellerin zugestellt per Postzustellungsurkunde am 22.3.2016, verpflichtete der Antragsgegner die Antragstellerin per Bescheid die gesetzlich vorgeschriebenen Auskünfte zur Jahreserhebung im Handel für das Geschäftsjahr 2014 innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheids wahrheitsgemäß vollständig und auf eigene Kosten dem Bayerischen Landesamt für Statistik über das im Internet bereitgestellte elektronische Verfahren zu übermitteln (Ziffer 1). In Ziffer 2 wird die Antragstellerin verpflichtet, die Angaben zu den Jahreserhebungen im Handel für die Geschäftsjahre ab 2015 jeweils bis zum 30. September des auf das Geschäftsjahr folgenden Jahres auf eigene Kosten wahrheitsgemäß und vollständig dem Bayerischen Landesamt für Statistik zu übermitteln. Ziffer 3 enthält folgende Regelung: „Für den Fall, dass der in Nummern 1 oder 2 festgelegten Verpflichtung nicht vollständig nachgekommen wird, wird ein Zwangsgeld von 250 Euro zur Zahlung fällig.“
Zur Begründung führt der Bescheid aus, Rechtsgrundlage für die jährliche Erhebung im Handel seien die §§ 1, 2 Nr. 1, § 3 und 4 des Gesetzes über die Statistik im Handel und Gastgewerbe (Handelsstatistikgesetz – HdlStatG). Erfragt würden bei dieser Statistik die in § 6 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 HdlStatG genannten Sachverhalte. Die Jahreserhebung im Handel werde gemäß § 5 Abs. 1 und 2 Nr. 1 HdlStatG als Stichprobe bei höchstens 8,5% aller Unternehmen des Handels und der Instandsetzung und Reparatur von Kraftfahrzeugen in Deutschland durchgeführt. Die Antragstellerin sei nach einem objektiven mathematisch statistischen Verfahren in diese Stichprobenerhebung einbezogen worden. Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung ergebe sich aus § 8 HdlStatG i. V. m. § 15 des Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke (Bundestatistikgesetz – BstatG). Danach seien die Inhaberinnen und Inhaber oder Leiterinnen und Leiter der Unternehmen zur wahrheitsgemäßen, vollständigen, fristgerechten, sowie kosten- und portofreien Beantwortung der gestellten Fragen verpflichtet.
Daraufhin ließ die Antragstellerin mit E-Mail vom 20.4.2016 durch ihre Prozessbevollmächtigte vortragen, dass die Antragstellerin ausschließlich im Namen und für Rechnung der T.… Handys verkaufe. Dafür erhalte sie eine Provisionszahlung. Die Antragstellerin dürfe nur Vertragsdaten von Kunden in ihr Computersystem eingeben, so lange ein entsprechender Geschäftsvorgang stattfinde. Nach Abschluss des Vorgangs habe die Antragstellerin keinen Zugriff mehr auf die Kundendaten, da der Kontakt mit den Kunden unmittelbar zwischen der T … und den Kunden stattfinde. Ein eigener Handel mit Handys und mit anderen Waren außerhalb des Vertriebs der Handys der T … finde bei der Antragstellerin nicht statt und sei untersagt. Weiter lässt sie mit Fax vom 26.4.2016 vortragen, dass die Antragstellerin nicht dem Handel zuzurechnen sei, sondern Dienstleistungen für die T … erbringe.
Mit Schreiben vom 28.4.2016 teilte der Antragsgegner mit, seinen Bescheid für rechtmäßig zu halten und mit der Vollziehung fortzufahren.
Am 21.4.2016 ließ die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Klage gegen den Bescheid vom 18.3.2015 erheben, die unter dem Aktenzeichen RN 5 K 16.621 geführt wird.
Mit Antrag vom 28.4.2016 suchte sie um einstweiligen Rechtsschutz nach. Zur Begründung wiederholt die Antragstellerin ihr Vorbringen gegenüber der Behörde und ergänzt dies wie folgt:
Die Antragstellerin erbringe ausschließlich Dienstleistungen und gehöre daher nicht zum Handel. Gegenstand der Dienstleistung der Antragstellerin sei es, in dem jeweiligen Ladenlokal Verträge über Telekommunikationsdienste zwischen Kunden und Gesellschaften der T … in deren Namen und auf deren Rechnung zu vermitteln, Kaufverträge über Telekommunikationsendgeräte und Zubehöre mit Endnutzern im Namen und auf Rechnung der T … G oder der betreffenden Konzerngesellschaft zu vermitteln und Serviceleistungen rund um das entsprechende Portfolio zu erbringen. Die Vermarktung nach den Richtlinien und Vorgaben der T … G sei eine Hauptpflicht der Antragstellerin. Sie sei außerdem verpflichtet, der T … G jederzeit Zutritt zu jedem Standort insbesondere auch zur Handelsware für Inventuren und Bestandskontrollen zu gewähren. Die Antragstellerin sei verpflichtet zur Abrechnung der vermarkteten Ware das von der T … G gestellte Kassensystem zu verwenden. Für ihre Dienstleistungen erhalte sie Vermittlungsprovisionen in Form von Prämien durch die T … G.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung der erhobenen Klage mit dem Aktenzeichen RN 5 K 16.621 gegen den Bescheid vom 18.3.2016 anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wiederholt der Antragsgegner zunächst die Bescheidsbegründung und ergänzt diese wie folgt:
In der Gewerbeanmeldung stehe unter dem Punkt Tätigkeit: Handel mit Telekommunikationsgegenständen sowie Artikeln des üblichen Randsortiments und die Vermittlung von Kommunikationsverträgen. Damit liege laut den uns vorliegenden Verwaltungsdaten im Unternehmensregister (URS), Bundesagentur für Arbeit (BA), Steuer- und Gewerbeanmeldung ein Betrieb nach WZ 47420 – Einzelhandel mit Telekommunikationsgeräten vor. Die zuständige Sachbearbeiterin in … habe u. a. bezüglich des Gespräches mit Herrn … von der … Steuerberatungsgesellschaft … vermerkt, dass dieser nicht melden werde, eher würden alle Gewerbeanmeldungen umgeschrieben.
Rechtsbehelfe gegen die Aufforderung zum Erteilen der Auskünfte zur amtlichen Statistik hätten nach § 15 Abs. 6 BStG keine aufschiebende Wirkung. Dem liege die gesetzgeberische Vorstellung zugrunde, dass das öffentliche Vollzugsinteresse in diesen Fällen grundsätzlich das Interesse des Auskunftspflichtigen an der Vollzugshemmung überwiege. Die als Stichprobenerhebung angeordnete Jahreserhebung im Handel sei auf möglichst vollständige Angaben angewiesen. Die Ergebnisse der Erhebung seien Entscheidungshilfen für die Sozial-, Familien-, Wohnungsbau-, Struktur- und Wirtschaftspolitik in den Ländern, dem Bund und der Europäischen Gemeinschaft und rechtfertigten wegen ihrer Bedeutung, den Rechtsschutzanspruch der zur Auskunft Verpflichteten einstweilen zurückzustellen. Als Entscheidungshilfe seien nur zeitnahe Ergebnisse wertvoll. Ohne Sofortvollzug wären aktuellen Ergebnisse jedenfalls nicht mit der erforderlichen Genauigkeit zu erhalten. Eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Heranziehungsbescheides könnte daher nur erfolgen, wenn das schutzwürdige Interesse der Antragstellerin so gewichtig wäre, dass dahinter selbst das als vorrangig anerkannte öffentliche Interesse an der vorläufigen Vollziehbarkeit zurück zu treten hätte. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung würde daher im vorliegenden Fall voraussetzen, dass ein besonders gestalteter Ausnahmefall vorläge, so dass ein Abweichen von der Regel gerechtfertigt wäre oder die Klage überwiegend auch Erfolg hätte. Dies sei nicht der Fall.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten zur Klage und zum Eilverfahren, sowie auf die Behördenakte verwiesen, die dem Gericht vorgelegen hat.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der eingereichten Anfechtungsklage hat nur teilweise Erfolg. Er ist gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zulässig, da die Ziffern 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheids kraft Gesetzes gemäß § 15 Abs. 6 Bundesstatistikgesetz (BStatG) und die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 kraft Gesetzes gemäß Art. 21a Satz 1 VwZVG sofort vollziehbar sind. Der Antrag ist allerdings nur bezüglich der Ziffer 3 des Bescheides begründet, bezüglich der Ziffern 1 und 2 des Bescheides ist er unbegründet.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung anordnen.
Wenn es sich um einen Verwaltungsakt handelt, der kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist, so trifft das Gericht eine eigene, originäre Ermessensentscheidung. Bei dieser Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung und dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin kommt zunächst der summarischen Überprüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache besondere Bedeutung zu.
Wenn die Hauptsacheklage nach der im Eilrechtsschutz gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung offensichtlich keine Aussichten auf Erfolg hat, weil der Verwaltungsakt als rechtmäßig erscheint, so ist der Antrag in der Regel abzulehnen (ausführlich zu der vorzunehmenden Interessenabwägung: BVerwG vom 14.4.2005, BVerwGE 123, 141). Dies ist bezüglich der Ziffern 1 und 2 des Bescheids der Fall (dazu unten 1.).
Wenn die Hauptsacheklage nach der im Eilrechtsschutz gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung offensichtlich gute Aussichten auf Erfolg hat, so kann kein öffentliches Interesse an einer sofortigen Vollziehung eines voraussichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes bestehen, der die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt. Dies ist bezüglich Ziffer 3 des Bescheids der Fall (dazu unten 2.).
1. Die Klage in der Hauptsache gegen die Ziffern 1 und 2 des Bescheides hat aus Sicht der entscheidenden Kammer nach der im Eilverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage offensichtlich keine Aussichten auf Erfolg, weil der Verwaltungsakt als rechtmäßig erscheint und damit die Antragstellerin nicht in eigenen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a. Rechtsgrundlage der Aufforderung zur Auskunftserteilung in den Ziffern 1 und 2 des Bescheides sind die §§ 15 Abs. 1 Satz 1 Bundesstatistikgesetz (BStatG) und 8 Abs. 1 Handelsstatistikgesetz (HdlStatG).
b. Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Eine nach Art. 28 BayVwVfG erforderliche und möglicherweise nicht erfolgte Anhörung wurde jedenfalls nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG nachgeholt.
c. Die Anordnungen in den Ziffern 1 und 2 des Bescheids sind auch materiell rechtmäßig.
aa. Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 HdlStatG sind die Inhaber/innen oder Leiter/innen der Unternehmen auskunftspflichtig. Legt man als Unternehmen die Antragstellerin selbst zugrunde, so ist zunächst der Leiter, also der Geschäftsführer der GmbH, die die einzige persönlich haftende Gesellschafterin der KG ist, Herr … auskunftspflichtig. Zwar verpflichtet der Tenor des Bescheids ausdrücklich nur die Antragstellerin selbst; dieser ist jedoch bei Unklarheiten der Auslegung zugänglich. Zieht man das Adressfeld des Bescheids mit heran, so ist dort die Antragstellerin mit ihrem Geschäftsführer, Herrn … genannt. Weiter wird in den Bescheidsgründen ausdrücklich ausgeführt, dass die Inhaberinnen und Inhaber oder Leiterinnen und Leiter der Unternehmen zur wahrheitsgemäßen, vollständigen, fristgerechten sowie kosten- und portofreien Beantwortung der gestellten Fragen verpflichtet seien. Berücksichtigt man die Systematik der Regelungen im HdlStatG, so ergibt sich aus der Zusammenschau von § 4 und § 8 Abs. 1 HdlStatG, dass es sich bei § 8 Abs. 1 um eine gewissermaßen interne Zuschreibung der Verantwortlichkeit für die Ausführung der Erteilung der Auskünfte auf den Inhaber bzw. Leiter des Unternehmens handelt. Gegenstand und Adressat der Erhebung bleibt die Erhebungseinheit nach § 4 HdlStatG und damit das Unternehmen, also die Antragstellerin. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
bb. Die Antragstellerin wurde auch rechtmäßig für die gesetzlich vorgeschriebenen Auskünfte zur Jahreserhebung im Handel herangezogen. Aus § 2 Nr. 1 c HdlStatG i. V. m. Anhang I der Verordnung EG Nr. 1893/2006 ergibt sich, dass Unternehmen des Wirtschaftszweiges Abteilung 47 – Einzelhandel zur Erhebung herangezogen werden können. Hiergegen kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg einwenden, dass sie nicht dem Handel zuzurechnen sei, sondern ausschließlich Dienstleistungen für die T … erbringe. Denn in der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008, die auf den Vorgaben der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige aus der Verordnung EG Nr. 1893/2006 beruht, ist die Antragstellerin der Ziffer 47.42.0 – Einzelhandel mit Telekommunikationsgeräten zuzurechnen. Dies ergibt sich schon aus einem Vergleich mit den anderen Abschnitten der in der Klassifikation der Wirtschaftszweige bzw. im Anhang I der Verordnung EG Nr. 1893/2006 genannt sind. So ist die Tätigkeit der Antragstellerin insbesondere nicht dem Abschnitt M – Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen zuzurechnen. Dieser ist weiter untergliedert in die Abschnitte: Vermietung von beweglichen Sachen, Vermittlung von Überlassung von Arbeitskräften, Reisebüros etc., Wachdienste, Gebäudebetreuung sowie weitere wirtschaftliche Dienstleistungen. Unter letzteres fallen u. a. Sekretariatsdienste, Callcenter, Messeveranstalter und weiter Inkassobüros, Abfüllen und Verpacken, Versteigerungsgewerbe sowie Mitschriften bei Gericht, öffentliche Stenografierdienste etc. Mit Dienstleistungen dieser Art hat die Antragstellerin unstreitig nichts zu tun. Auch unterfällt die Antragstellerin nicht dem Gliederungspunkt J – Information und Kommunikation, da dieser gemäß seiner Untergliederungspunkte Programmiertätigkeiten, Beratungsleistungen auf dem Gebiet der Informationstechnologie, Betrieb von Datenverarbeitungseinrichtungen für Dritte und sonstige Installations- und Programmierungstätigkeiten umfasst. Auch unter den Buchstaben F – Erbringung von sonstigen Dienstleistungen ist die Antragstellerin nicht zu fassen, ausweislich der weiteren Untergliederung sind hiervon Tätigkeiten von Interessensvertretungen erfasst sowie Reparatur von Datenverarbeitungsgeräten und sonstige überwiegend persönliche Dienstleistungen wie Wäscherei, Friseursalons, Bestattungswesen etc. Alle anderen weiteren Gliederungspunkte sind fernliegend.
Die einzig sinnvolle Einordnung der Tätigkeit der Antragstellerin ist die vom Antragsgegner erfolgte, und zwar unter dem Abschnitt G – Handel -, 47 – Einzelhandel -, genauer 47.42 – Einzelhandel mit Telekommunikationsgeräten. Damit unterfällt die Antragstellerin dem Erhebungsbereich des Handelsstatistikgesetzes aus § 2 Nr. 1 c. Dies wird außerdem bestätigt durch die in den jeweiligen Gewerbeanmeldungen angemeldete Tätigkeit. So lautet diese etwa für die Betriebsstätte in 1 … „Einzelhandel mit Telekommunikation und Dienstleistungen (47.42.0), Betrieb eines … der T … (47.42.0)“. Auch bei der Anmeldung der Betriebsstätte in 2 … wurde als angemeldete Tätigkeit „Einzelhandel mit Telekommunikationsartikeln (47.42.0)“ angeführt. Für die weiteren Betriebsstätten in 3 …, 4 … und 5 … wurde ebenfalls „Einzelhandel mit Telekommunikationsgeräten“ angegeben. Für die Betriebsstätte in 6 … wurde „Handel mit Telekommunikationsgegenständen sowie Artikeln des üblichen Randsortiments und die Vermittlung von Kommunikationsverträgen“ angegeben.
Damit wurde die Antragstellerin zu Recht dem Erhebungsbereich für die Handelsstatistik zugeordnet.
cc. § 5 Abs. 2 Nr. 1 HdlStatG begrenzt die Zahl der für die Erhebung heranzuziehenden Unternehmen auf höchstens 8,5%. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Behörde das entsprechend eingeräumte Auswahlermessen, hinsichtlich des objektiv mathematisch-statistischen Verfahrens, nach dem die Antragstellerin ausgewählt wurde, nicht pflichtgemäß ausgeübt hat. Hierzu hat auch die Antragstellerin selbst nichts vorgetragen.
2. Die Klage in der Hauptsache gegen die Ziffer 3 des Bescheids hat aus Sicht der entscheidenden Kammer nach der im Eilverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage offensichtlich gute Aussichten auf Erfolg, weil der Verwaltungsakt insoweit als rechtswidrig erscheint und dadurch die Antragstellerin in eigenen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es kann kein überwiegendes öffentliches Interesse an einer sofortigen Vollziehung eines voraussichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes, der die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt, bestehen.
Rechtsgrundlagen für die Androhung des Zwangsgeldes sind die Art. 18 Abs. 1, 19 Abs. 1 Nr. 3, 29, 31 und 36 VwZVG.
Nach Art. 36 VwZVG ist das Zwangsgeld schriftlich anzudrohen. Hierbei ist insbesondere der Grundsatz der Bestimmtheit zu beachten, denn dem Adressaten muss unmissverständlich klar sein, in welchem Fall das Zwangsgeld fällig wird. Bei Zuwiderhandlung bzw. Nichterfüllung wird dieses automatisch fällig, Art. 31 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. Art. 23 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG.
Diesen Anforderungen genügt die vom Beklagten in Ziffer 3 des Bescheids gewählte Formulierung nicht. Die Ziffern 1 und 2 regeln mehrere Verpflichtungen, vor allem innerhalb der Ziffer 2 sind mehrere Verpflichtungen geregelt, nämlich jeweils die Pflicht zur Auskunftserteilung für ein bestimmtes Geschäftsjahr. So ist aus der Formulierung der Ziffer 3 nicht hinreichend klar erkennbar, ob für jeden einzelnen Verstoß gegen die Ziffern 1 und 2 jeweils ein Zwangsgeld von 250 Euro fällig wird, oder nur insgesamt einmal (vgl. auch VG Augsburg B.v. 23.10.2014, Az. Au 1 S 14.1332 , Rn. 20). Insoweit ist das Bestimmtheitsgebot nicht gewahrt.
Damit ist die Zwangsgeldandrohung voraussichtlich rechtswidrig und verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten.
Die Klage hat in der Hauptsache nur bezüglich der Ziffer 3 des Bescheides gute Erfolgsaussichten. Damit kann ein überwiegendes Interesse für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nur für die Ziffer 3 bejaht werden; bezüglich der Ziffer 3 ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen. Bezüglich der Ziffern 1 und 2 hat die Klage keine Erfolgsaussichten. Damit überwiegt insoweit das Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheids, der Antrag ist insoweit abzulehnen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Da der Antrag nur in geringem Umfang Erfolg hat, sind die Kosten verhältnismäßig zu teilen. Angesichts dessen, dass das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin an dem angedrohten Zwangsgeld als deutlich untergeordnet einzuschätzen ist, hat sich die Kammer für eine Verteilung der Kosten von 1/10 auf den Antragsgegner und von 9/10 auf die Antragstellerin entschieden.
4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abrufbar auf der Homepage des BVerwG), dessen Empfehlungen die Kammer folgt. Mangels weiterer Anhaltspunkte wird im Verfahren der Hauptsache der Auffangstreitwert von 5.000,- Euro anzusetzen sein, § 53 Abs. 2 GKG. Im Eilverfahren war dieser Streitwert nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren und beträgt damit 2.500.- Euro.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben