Verwaltungsrecht

Auskunftsanspruch gegen Diensteanbieter bei Verdacht auf Zweckentfremdung

Aktenzeichen  12 CS 21.1413

Datum:
16.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 15828
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ZwEWG Art. 3 Abs. 1 S. 1, S. 3, S. 5
ZeS § 12 Abs. 1 S. 1 Hs. 1, S. 2, S. 4
TMG § 14 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Die konkrete Tauglichkeit eines Objekts zur Zweckentfremdung muss feststehen, bevor eine Stelle im Sinne von § 14 Abs. 2 TMG um Auskunft ersucht wird. Eine auf Mutmaßungen gestützte Auskunftserteilung ist ausgeschlossen. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Behörde kann „verdeckte Ermittler“ einsetzen, die sich als „Mietinteressenten“ ausgeben, um die Tatsachengrundlage für ein Auskunftsersuchen gegenüber dem Diensteanbieter zu schaffen. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 9 S 20.1574 2021-03-26 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 26. März 2021 – M 9 S 20.1574 – wird aufgehoben.
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 27. März 2020 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. Februar 2020 – S-III-W/BS-116/Kurzz – wird angeordnet.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III. Der Streitwert für das Antrags- und Beschwerdeverfahren wird auf jeweils 30.000,– EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Das vorläufige Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin, der A. I. UC private unlimited company mit Sitz in Dublin, einer Online-Plattform zur Buchung und Vermietung privater Unterkünfte, betrifft einen auf Zweckentfremdungsrecht – Zweckentfremdungsgesetz (ZwEWG) vom 10. Dezember 2007 (GVBl S. 864, BayRS 2330 – 11-B), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Juni 2017 (GVBl S. 182) und Satzung der Antragsgegnerin über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZeS) vom 5. Dezember 2017, bekannt gemacht am 11. Dezember 2017 (MüABl S. 494) – gestützten Auskunftsbescheid.
1. Anlässlich einer Recherche auf der Online-Plattform der Antragstellerin wurde die Antragsgegnerin am 23. September 2019 auf das Inserat Nr. 4119391 aufmerksam, in welchem unter den Schlagworten „Apartment – zentral, new bathroom!“ von „Superhost M.“ eine Wohnung in der Landeshauptstadt M./G. für 3 Gäste, 1  Schlafzimmer, 1 Bett, 1 Badezimmer zur tageweisen Vermietung angeboten wurde. Zu diesem Zeitpunkt fanden sich für die Wohnung betreffend das Jahr 2019 (49) Bewertungen.
2. Nach Übersendung eines Anhörungsschreibens und Aufforderung zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten erließ die Antragsgegnerin unter dem 27. Februar 2020 einen Bescheid, mit dem die Antragstellerin verpflichtet wurde, zu dem vorgenannten Inserat folgende Auskünfte zu erteilen: 1.1 die genaue Anschrift (Straße, Hausnummer, Stockwerk, Lage) der Wohneinheit, 1.2 Name und Anschrift des Vermieters/der Vermieterin zu o.g. Inserat, 1.3 die Zeiträume (Buchungskalender) des o.g. Inserats für das Kalenderjahr 2019, 1.4 die Zeiträume (Buchungskalender) des o.g. Inserats für das Kalenderjahr 2020. Zur Durchsetzung des Auskunftsanspruchs wurde für den Fall, dass die Antragstellerin ihrer Verpflichtung aus den Nrn. 1.1 bis 1.4 nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheids vollumfänglich nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 15.000,- Euro pro nicht nachgekommener Verpflichtung angedroht (Ziff. 2). Mit Stand 24. Februar 2020 hätten für das streitgegenständliche Objekt 72 Bewertungen für das Jahr 2019 und 2 Bewertungen für 2020 vorgelegen.
3. Gegen diesen Bescheid ließ die Antragstellerin am 27. März 2020 per Telefax Klage erheben. Mit weiterem Telefax vom 9. April 2020 ließ sie zudem beantragen, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid vom 27. Februar 2020 anzuordnen. Dieser sei offensichtlich rechtswidrig. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bedürfe es stets eines von der Auskunftsberechtigten zu benennenden, konkreten objektbezogenen Anknüpfungspunktes (bestimmte Wohnung), um nach vorheriger Prüfung des Nichtvorliegens eines Genehmigungstatbestandes ein Auskunftsersuchen im Einzelfall zu legitimieren. Der streitgegenständliche Bescheid halte diese Vorgaben nicht ein. Auch das angedrohte Zwangsgeld sei offensichtlich unverhältnismäßig.
4. Mit Beschluss vom 26. März 2021 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage als unbegründet ab (§ 80 Abs. 5 VwGO). Der angefochtene Bescheid, der seine Rechtsgrundlage in Art. 3 Abs. 1 Sätze 1, 3 und 5 ZwEWG i.V.m. § 12 Abs. 1 Sätze 1 1. Halbsatz, 2, 4 ZeS und § 14 Abs. 2 TMG finde, sei nach summarischer Prüfung rechtmäßig und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten, sodass das öffentliche Interesse an der Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts überwiege.
Die Antragsgegnerin habe die Auskunft einzelfallbezogen angeordnet. Betroffen sei ausweislich des Bescheidstenors einzig das Inserat Nr. 4119391 des „Superhost M.“ und die von diesem inserierte Wohnung in M./G.. Damit sei das Auskunftsersuchen personenbezogen ausgestaltet, auch wenn es aufgrund der Tatsache, dass der „Superhost“ nicht unter seinem Klarnamen firmiere, nicht namentlich konkretisiert sei. Durch die Bezugnahme auf den Nutzernamen und die Inserat-Nummer sei das Auskunftsersuchen jedoch konkret bestimmbar und für die Antragstellerin konkret einem ihr Portal nutzenden Gastgeber zuordenbar. Gleiches gelte auch hinsichtlich des konkreten Objekts, nämlich der vom Inserat Nr. 4119391 betroffenen Wohnung in M./G.. Darüber hinaus hätten im Hinblick auf die Anzahl der bei Bescheidserlass für 2019 (72) und 2020 (2) gegebenen Bewertungen für das streitgegenständliche Inserat zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses auch Tatsachen vorgelegen, aufgrund derer die Antragsgegnerin von einer konkreten Gefahr hinsichtlich der Verletzung der ortsrechtlichen Vorschriften der ZeS habe ausgehen dürfen. Die Anzahl der Bewertungen lege nämlich nahe, dass der Gastgeber die inserierte Wohnung für mindestens zehn Wochen in 2019 anderen als Wohnzwecken, nämlich zu Zwecken der kurzzeitigen Fremdenbeherbergung, genutzt habe und dies mit seinem Inserat auch weiterhin so betreibe. Nach Aktenlage habe die Antragsgegnerin auch zu Recht angenommen, dass hinreichende Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Wohnung nicht selbst genutzt werde. Die Antragstellerin könne in diesem Zusammenhang auch nicht erfolgreich darauf verweisen, dass es an der erforderlichen hinreichenden Konkretheit fehle, weil die Antragsgegnerin das Vorliegen von Genehmigungstatbeständen nicht vorab geprüft habe und daher offen sei, ob es sich bei den Vermietungstätigkeiten von „Superhost M.“ um eine legale Nutzung handele. Eine solche Prüfung setze zumindest das Wissen um die konkrete Anschrift der Wohnung (Straße, Hausnummer, Stockwerk) voraus. Hierfür sei die Antragsgegnerin auf die Auskunft der Antragstellerin angewiesen. Andernfalls verbleibe allein die Möglichkeit der Ortsermittlung durch Aufsuchen aller Wohnungen im betroffenen Stadtteil. Ebenso rechtmäßig sei die Zwangsgeldandrohung.
5. Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Die Antragsgegnerin verteidigt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Im Einzelnen ist auf den Inhalt der Behördenakten, die Gründe des streitgegenständlichen Bescheids, die Antragserwiderung im erstinstanzlichen Verfahren und die Entscheidung des Verwaltungsgerichts verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in vollem Umfang Erfolg.
1. Das Verwaltungsgericht hat der Antragstellerin vorläufigen Rechtsschutz zu Unrecht versagt. Der streitgegenständliche Bescheid vom 27. Februar 2020 ist offensichtlich rechtswidrig und verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Rahmen der gemäß § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegt deshalb das Anordnungsinteresse.
a) Der Senat hat bereits mit Beschluss vom 20. Mai 2020 – 12 B 19.1648 – juris, Rn. 91 ff. (siehe zuvor auch schon B.v. 20.8.2019 – 12 ZB 19.333 – juris, Rn. 59 ff.), zwischenzeitlich bestätigt durch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. März 2021 – 6 B 41.20 – juris, Rn. 16 und 23, festgestellt, dass sich die Antragsgegnerin von Verfassungs wegen auf eine Anwendung von Art. 3 Abs. 1 Sätze 1, 3 und 5 ZwEWG, § 12 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Sätze 2 und 4 ZeS und § 14 Abs. 2 TMG im Einzelfall zu beschränken hat, was jeweils einen konkreten personen- oder objektbezogenen Anfangsverdacht voraussetzt (vgl. BayVGH, B.v. 20.5.2020 – 12 B 19.1648 – juris, Rn. 91 und Leitsatz 7).
Allein die Tatsache einer gelegentlichen, gegebenenfalls auch mehrfachen kurzoder auch längerfristigen Vermietung oder Gebrauchsüberlassung – und sei es auch unter der ausschließlichen Verwendung eines Vornamens oder Pseudonyms ohne weitere Anschrift oder Adresse – reicht angesichts der mannigfaltigen Möglichkeiten einer vollkommen legalen (genehmigten) Nutzung ohne das Hinzutreten weiterer, eindeutig auf eine Zweckentfremdung hinweisender Umstände regelmäßig nicht aus, die Annahme eines konkreten Anfangsverdachts zu rechtfertigen (so ausdrückl. BayVGH, B.v. 20.5.2020 – 12 B 19.1648 – juris, Rn. 92 u. Leitsatz 7). In tatsächlicher Hinsicht bedarf es deshalb stets eines von der Antragsgegnerin zu benennenden, konkreten objektbezogenen Anknüpfungspunktes (Wohnung), um nach vorheriger Prüfung des Nichtvorliegens eines Genehmigungstatbestandes ein Auskunftsersuchen im Einzelfall zu legitimieren (so insbes. BayVGH, B.v. 20.5.2020 – 12 B 19.1648 – juris, Rn. 95 u. Leitsatz 7).
b) Weder der Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. Februar 2020 noch der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 26. März 2021 beachten diesen Maßstab. Entgegen der Annahme der Antragsgegnerin und des Verwaltungsgerichts ist das Auskunftsersuchen weder personen- noch objektbezogen ausgestaltet. Dass der Antragstellerin der Klarname des Betroffenen und die Lage der Wohnung im Innenverhältnis bekannt sind, ist nicht nur selbstverständlich, sondern entgegen der Ansicht der Kammer zugleich auch irrelevant. Maßgebend für die Beurteilung ist allein das Außenverhältnis zwischen Diensteanbieter und auskunftsersuchender Stelle. Die Antragsgegnerin hat jedoch weder einen anhand objektiver Merkmale hinreichend konkret bestimmbaren mutmaßlichen „Zweckentfremder“ – namentlich – benannt (vgl. BayVGH, B.v. 20.8.2019 – 12 ZB 19.333 – juris, Rn. 62) noch das Objekt der mutmaßlichen Zweckentfremdung hinreichend konkret umschrieben; sie benennt lediglich ein „Inserat“. Die Verwendung des Pseudonyms „Superhost M.“ und der Bezeichnung „Inserat Nr. 4119391“ in „M./G.“ reichen jedoch vor dem Hintergrund, dass die Antragsgegnerin in keiner Weise belegen kann, dass es sich bei dem fraglichen Objekt überhaupt um Wohnraum und nicht lediglich um zulässigerweise gewerblich genutzten Ferienwohnraum handelt, nicht aus, um die Annahme eines hinreichend konkreten Anfangsverdachts zu rechtfertigen. Die Antragsgegnerin selbst räumt sowohl im Bescheid vom 27. Februar 2020 (S. 5) als auch in der Antragserwiderung vom 5. Juni 2020 (S. 3) unumwunden ein, dass sie entgegen der ausdrücklichen Vorgabe des Senats, eine vorherige Prüfung des Nichtvorliegens eines zweckentfremdungsrechtlichen Genehmigungstatbestandes (vgl. hierzu ausdrückl. BayVGH, B.v. 20.5.2020 – 12 B 19.1648 – juris, Rn. 95 a.E. und Leitsatz 7) nicht vorgenommen hat.
Die konkrete Tauglichkeit eines bestimmten Objekts für die Verwirklichung des Tatbestandes einer Zweckentfremdung muss positiv feststehen, bevor die Antragsgegnerin als ersuchende Stelle im Sinne von § 14 Abs. 2 TMG Auskunft begehrt, denn nur dann ist überhaupt eine Rechtsgutsverletzung, die den Handlungsrahmen der Antragsgegnerin erst eröffnet, denkbar und möglich. Eine auf bloße Mutmaßungen gestützte Auskunftserteilung ist ausgeschlossen (vgl. BayVGH, B.v. 20.08.2019 – 12 ZB 19.333 – juris, Rn. 58 m.w.N.; B.v. 20.5.2020 – 12 B 19.1648 – juris, Rn. 82 m.w.N., Leits. 5), anderenfalls würden unberechtigterweise verdachtlose Grundrechtseingriffe mit großer Streubreite im Vorfeld einer konkreten Gefahr ins Werk gesetzt (vgl. BayVGH, B.v. 20.05.2020 – 12 B 19.1648 – juris, Rn. 81 m.w.N.). Nicht ein „abstrakter Gefahrenverdacht“, sondern nur eine hinreichend konkrete Gefahr eröffnet den zweckentfremdungsrechtlichen Handlungs- und Eingriffsrahmen.
Ebenso wenig vermag der Umstand, dass im Zeitpunkt des Bescheiderlasses für 2019 72 Bewertungen des streitgegenständlichen Objekts vorlagen, die Ansicht zu rechtfertigen, selbiges sei in diesem Jahr bei Annahme einer Meldung pro Miettag für mindestens zehn Wochen (72 : 7 Tg./W = 10,28) zu anderen als Wohnzwecken, nämlich zu Zwecken der kurzfristigen Fremdenbeherbergung von insgesamt mehr als 8. Wochen im Kalenderjahr (vgl. Art. 1 Satz 2 Nr. 3 ZwEWG) genutzt worden. Derartige „Überlegungen“ erweisen sich als rein spekulativ. Mit derselben Berechtigung ließe sich argumentieren, das streitgegenständliche Objekt sei im Jahr 2019 entsprechend der maximal möglichen Belegung mit 3 Personen pro Tag und einer Meldung pro Miettag und Person nur an 24 Tagen, also etwas mehr als drei Wochen lang zweckwidrig genutzt worden (72 : 3 = 24 : 7 Tage/W = 3,4 Wochen) mit der Folge, dass die 8-Wochen-Grenze gar nicht erst erreicht wäre.
Ein hinreichend konkreter Anfangsverdacht ist damit nicht in der Sache nachvollziehbar aufgezeigt. Vielmehr begehrt die Antragsgegnerin auch insoweit Auskunft auf der Grundlage eines bloßen abstrakten Gefahrenverdachts und damit letztlich „ins Blaue hinein“, um ihre eigene Ermittlungstätigkeit im Hinblick auf das Vorliegen einer Verwirklichung des Tatbestandes der Zweckentfremdung überhaupt erst aufzunehmen. Dass dies im Lichte der von der Antragsgegnerin zu beachtenden verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht in Betracht kommt, hat der Senat bereits mit Beschluss vom 20. August 2019 – 12 ZB 19.333 – juris, Rn. 62 ausführlich dargelegt (vgl. auch BayVGH, B.v. 20.5.2020 – 12 B 19.1648 – juris, Rn. 91 – 94 u. Leits. 7; bestätigt durch BVerwG, B.v. 31.3.2021 – 6 B 41.20 – juris, Rn. 16 u. 23).
Das Auskunftsersuchen der Antragsgegnerin entbehrt deshalb einer hinreichenden tatsachenbasierten Grundlage. Infolgedessen überwiegt im Rahmen der gemäß § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung das Anordnungsinteresse der Antragstellerin. Auf die Frage der Verhältnismäßigkeit der Zwangsgeldandrohung kommt es entscheidungserheblich nicht an. Der Beschwerde war daher in vollem Umfang stattzugeben.
Der Antragsgegnerin ist damit ein effektiver Vollzug des Zweckentfremdungsrechts keineswegs unmöglich gemacht; sie muss sich lediglich anderer – rechtsstaatskonformer – Mittel bedienen, um einen konkreten Anfangsverdacht für ein Auskunftsersuchen zu begründen. Gemäß Art. 24 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbs. BayVwVfG bestimmt die Behörde Art und Umfang ihrer Ermittlungen grundsätzlich selbst. Die Aufzählung der Erkenntnis- und Beweismittel in Art. 26 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG („insbesondere“) ist nicht abschließend; es gilt der Grundsatz des Freibeweises (vgl. Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 26 Rn. 9). Die Behörde kann sich deshalb unter Beachtung der durch das Verfassungsrecht, insbesondere durch das durch Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht, und die Rechtsordnung allgemein gezogenen Grenzen (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 26 Rn. 11 ff.; Kallerhoff/Fellenberg, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 26 Rn. 22 u. 8) grundsätzlich auch des Einsatzes „verdeckter Ermittler“ bedienen (vgl. zur Zulässigkeit verdeckter – passiver – Ermittlungen EGMR, U.v. 23.10.2014 – 54648/09 -, NJW 2015, 3631 – juris, Rn. 47 ff. u. Leits. 1 u. 2), die sich als „Mietinteressenten“ ausgeben, um die Tatsachengrundlage für ein entsprechendes Auskunftsersuchen gegenüber dem Diensteanbieter zu schaffen, insbesondere die Lage der Wohnung oder den Namen des Vermieters zu ermitteln und festzustellen, ob ein zweckentfremdungsrechtlicher Genehmigungstatbestand vorliegt oder nicht (vgl. auch Art. 3 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 ZwEWG). Es kann deshalb entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts keine Rede davon sein, dass der Antragsgegnerin im Falle der Ablehnung des Auskunftsbegehrens nur die Möglichkeit der Ortsermittlung durch Aufsuchen aller Wohnungen im betroffenen Stadtteil M./G. verbleibe.
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
3. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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