Verwaltungsrecht

Ausweisung nach wiederholter Straffälligkeit

Aktenzeichen  M 9 S 16.4791, M 9 K 15.4416

Datum:
25.10.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Nr. 4
AufenthG AufenthG § 53 Abs. 1, Abs. 2, § 54 Abs. 1 Nr. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 4
StGB StGB § 54
GG GG Art. 6 Abs. 1, Abs. 2
EMRK EMRK Art. 8

 

Leitsatz

1. Die Entscheidung über die Ausweisung ist stets eine gerichtlich uneingeschränkt überprüfbare Rechtsentscheidung. (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Annahme einer Wiederholungsgefahr hinsichtlich der Begehung weiterer Straftaten ist es nicht notwendig, lückenlose Verurteilungen über Jahrzehnte hinweg nachzuweisen. Ein Zeitraum von mehr als zehn Jahren zwischen Vorverurteilungen und einem weiteren Strafurteil steht der Annahme einer Wiederholungsgefahr nicht entgegen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf € 2.500,- festgesetzt.
IV.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin … wird für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und für das Hauptsacheverfahren (M 9 K 15.4416) abgelehnt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung für seine gegen eine Ausweisung gerichtete Klage.
Der am … 1972 in …/Kosovo geborene Antragsteller ist Staatsangehöriger Bosnien-Herzegowinas. Er reiste erstmals am 25. April 1992 nach Deutschland ein. Ein von ihm gestellter Asylantrag vom 9. September 1992 wurde bestandskräftig abgelehnt. Nachdem er zwischenzeitlich nach … abgeschoben worden war, wurde auch sein Asylfolgeantrag vom 29. April 1996 abgelehnt. Nach erneuter Wiedereinreise und Abschiebung reiste der Antragsteller am 3. Juli 2000 im Wege der Familienzusammenführung mit gültigem Visum in die Bundesrepublik Deutschland ein und erhielt im Folgenden am 21. Februar 2007 eine Niederlassungserlaubnis.
Der Antragsteller ist verheiratet mit seiner Ehefrau … Mit ihr hat er drei Söhne, …, … und … Seine Frau und die Söhne … (geboren am … 1996) und … (geboren am … 2001) wurden am 17. Juli 2014 eingebürgert, der Sohn … (geboren am … 2003) ist seit Geburt deutscher Staatsangehöriger.
Der Antragsteller ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten (Bl. 1571ff. des Behördenakts, Band IV):
1. …12.1993 AG … (…)
Rechtskräftig seit 26.02.1994
Vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs mit fahrlässiger Körperverletzung mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis
70 Tagessätze zu je 10,- DM Geldstrafe;
Sperre für die Fahrerlaubnis bis 25.05.1995
2. …02.1994 AG … (…)
Rechtskräftig seit 22.02.1994
Beihilfe zum Diebstahl
Geldauflage
3. …01.1995 AG … (…) …
Rechtskräftig seit 11.01.1995
Diebstahl
40 Tagessätze zu je 45,- DM Geldstrafe
4. …01.1995 AG … (…) …
Rechtskräftig seit 02.03.1995
Versuchte Strafvereitelung
50 Tagessätze zu je 40,- DM Geldstrafe
5. …041995 AG … (…) …
Rechtskräftig seit 28.06.1995
Gefährliche Körperverletzung
7 Monate Freiheitsstrafe
Bewährungszeit bis 27.06.1997
Einbezogen wurden die Entscheidungen unter 3. und 4.
6. …03.1997 AG … (…) …
Rechtskräftig seit 04.07.1997
Versuchte Nötigung
80 Tagessätze zu je 10,00 DM Geldstrafe
7. …03.1997 AG … (…) …
Rechtskräftig seit 14.04.1997
Hausfriedensbruch
20 Tagessätze zu je 30,00 DM Geldstrafe
8. …06.1997 AG … (…) …
Rechtskräftig seit 11.08.1997
Diebstahl in 4 Fällen
7 Monate Freiheitsentzug
9. …02.1998 AG … (…) …
Rechtskräftig seit 17.03.1998
nachträglich durch Beschluss gebildete Gesamtstrafe
90 Tagessätze zu je 15,- DM Geldstrafe
Einbezogen wurden die Entscheidungen unter 6. und 7.
Weiter wurde der Antragsteller mit rechtskräftigem Strafurteil des Landgerichts …vom … September 2012 wegen schweren Bandendiebstahls in sechs tatmehrheitlichen Fällen, davon in fünf Fällen jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung, ferner des versuchten schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dem Strafurteil lag zugrunde, dass der Antragsteller als Kopf einer Bande vorwiegend in gewerbliche Objekte in den Landkreisen … und … und im Großraum … eingebrochen war und Tresore oder ähnlich abgesicherte Behältnisse vor Ort aufgeflext oder sie weggebracht und später aufgeflext hatte, um so an Bargeld zu gelangen. Der Antragsteller trat dabei neben seinen Tatbeteiligungen vor Ort als Wirt eines Kaffees in … auf, in dem sich die Mitglieder dieser Bande trafen, um ihre Unternehmungen zu planen und die Beute aufzuteilen. Laut Strafurteil handelt es sich bei allen abgeurteilten Einzeltaten um schwere Fälle, die sich vor allem durch eine professionelle Vorgehensweise und eine hohe Beute auszeichneten.
Nach vorheriger Anhörung vom … Februar 2013 erließ das Landratsamt … folgenden Bescheid:
I.
Sie werden aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen.
II.
Die sofortige Vollziehung der Ziffer 1. wird angeordnet.
III.
Sie werden aus der Haft heraus nach Bosnien und Herzegowina oder einen anderen Staat, in den Sie einreisen dürfen bzw. der zu Ihrer Übernahme verpflichtet ist, abgeschoben.
IV.
Für den Fall der Unmöglichkeit der Abschiebung aus der Haft heraus werden Sie, unter Androhung der Abschiebung nach Bosnien und Herzegowina oder einen anderen Staat, in den Sie einreisen dürfen bzw. der zu Ihrer Übernahme verpflichtet ist, aufgefordert, innerhalb von acht Tagen nach Entlassung aus der Haft aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland auszureisen.
Sollte die Vollziehung ausgesetzt oder die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs wiederhergestellt werden, wird die Frist bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Wegfall der aufschiebenden Wirkung verlängert.
V.
Die Wirkung der Ausweisung in Ziffer 1. wird auf zehn Jahre ab Ausreise befristet. Es ist Ihnen untersagt, das Bundesgebiet innerhalb dieser Zeit wieder zu betreten.
VI.
Für diesen Bescheid werden keine Gebühren erhoben.
Die Ausweisungsverfügung stütze sich auf § 53 Nr. 1, § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 4, Satz 2 bis 4 AufenthG. Wegen der Verurteilung durch das Landgericht … läge der zwingende Ausweisungstatbestand des § 53 Nr. 1 Variante 1 AufenthG vor. Der Antragsteller genieße besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 AufenthG. Es seien schwerwiegende Gründe i. S. des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG gegeben, da der Antragsteller bereits mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten sei und sich als Bewährungsversager erwiesen habe. Weder seine familiären Umstände noch seine Aufenthaltsdauer in Deutschland begründeten vorliegend einen Ausnahmefall. Sollte ein solcher doch vorliegen, werde hilfsweise eine umfassende ordnungsgemäße Ermessensabwägung vorgenommen, um auch eine Ermessensausweisung nach § 53 Nr. 1, § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 4, Satz 2 bis 4 und § 55 Abs. 1 und Abs. 3 AufenthG zu begründen. Die Ausweisung verfolge zum einen spezialpräventive Zwecke. Die Gefahrenprognose für den Antragsteller falle negativ aus. Seine strafrechtlichen Verurteilungen zeigten, dass er eine niedrige Hemmschwelle zur Begehung von Straftaten habe und wieder straffällig werde. Die familiären Verhältnisse und der Umstand, dass dem Antragsteller ein Arbeitsplatz zur Verfügung stehe nach Entlassung, seien in Rechnung gestellt worden. Diese führten jedoch nicht zu einer günstigeren Sozialprognose, da sein bisheriges Verhalten gezeigt habe, dass seine Familie ihn nicht an der Begehung von Straftaten hindern könne. Rein vorsorglich sei auszuführen, dass auch eine Ausweisung aus generalpräventiven Gründen zulässig wäre. Die vom Antragsteller begangene Straftat wiege besonders schwer. Es bestehe deshalb ein dringendes Bedürfnis daran, durch seine Ausweisung andere Ausländer von Straftaten ähnlicher Art und Schwere abzuhalten. Die Ausweisung sei auch im Übrigen verhältnismäßig. Im Rahmen der Ermessensentscheidung seien insbesondere Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK beachtet worden. Die Interessenabwägung ergebe ein Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Ausweisung. Der Antragsteller sei erst im Alter von 20 Jahren in das Bundesgebiet eingereist, weswegen er nicht in ein für ihn fremdes Land zurückkehre. Die weitere Trennung von Frau und Kindern stelle keine unbillige Härte dar, da der Antragsteller sich diese selbst zuzuschreiben habe. Aufgrund der Vielzahl und Schwere der von ihm begangenen Straftaten und der von ihm ausgehenden Wiederholungsgefahr sei eine räumliche Trennung unumgänglich. Die Familie des Antragstellers spreche sehr gut die Sprache des Heimatlandes, weshalb auch Besuche problemlos durchzuführen seien. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei notwendig gewesen, da ansonsten bereits im Rahmen eines eventuell längerfristigen Hauptsacheverfahrens mit einer Realisierung der Wiederholungsgefahr hätte gerechnet werden müssen. Bei der Bestimmung der Länge der Frist in Ziffer V. sei das Gewicht des Ausweisungsgrundes und der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen gewesen. Die Prognose sei so zu treffen gewesen, da ein überragendes öffentliches Interesse an der längerfristigen Einreisesperre bestanden habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen, § 117 Abs. 3 VwGO.
Die Bevollmächtigte des Antragstellers hat mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2015 Klage erhoben und beantragt, den Bescheid des Antragsgegners vom … September 2015 aufzuheben. Weiter wurde im Hauptsacheverfahren beantragt, dem Antragsteller Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Vorliegend beantragt der Antragsteller,
die aufschiebende Wirkung der Klage, Az. M 9 K 15.4416, anzuordnen.
Im Verfahren M 9 K 15.4416 und im hiesigen Verfahren wurde ausgeführt, dass der Antragsteller über keinerlei Ausweisdokumente für die Ausreise verfüge. Angesichts der Tatsache, dass der Antragsteller die familiäre Lebensgemeinschaft mit seiner Familie nach der Haftentlassung wieder aufgenommen habe, müsse das Interesse des Antragsgegners am Sofortvollzug hintanstehen. Der Antragsteller könne bei seinem Bruder im Bereich Hausmeisterservice bzw. bei der Fa. … Security wieder in Vollzeit angestellt werden. Er sei sehr bemüht, seiner Vaterrolle gerecht zu werden. Die Söhne litten unter einer Trennung besonders. Eine weitere Trennung im Zuge der Ausweisung des Klägers sei unzumutbar, da die Familie, anders als jetzt, nicht weiter die Möglichkeit habe, den Antragsteller jederzeit zu besuchen. Der Kläger habe sich bis zur Verurteilung im Jahr 2012 fünf Jahre strafffrei gehalten. Er habe weiterhin an der allgemeinen Deliktgruppe zur Tataufarbeitung teilgenommen. Die Zukunftsprognose des Antragstellers sei in keiner Weise negativ. Er habe den Willen zur Legalität und deswegen bestehe eine niedrige Rückfallwahrscheinlichkeit. Aus all diesen Gründen sei die Ermessensausübung des Antragsgegners fehlerhaft, der Bescheid mithin rechtswidrig und aufzuheben. Auch die Vollstreckung der Strafe sei zur Bewährung ausgesetzt worden. Der Sohn … habe wegen der Trennungsproblematik eine Jugendpsychotherapie begonnen. Er habe aufgrund der Trennung von seinem Vater ehebliche Schulprobleme und sei schwer depressiv. Durch die Inhaftierung des Antragstellers sei keine Entfremdung eingetreten. Die Kinder hätten im Übrigen nicht die finanziellen Mittel, den Vater immer wieder im Kosovo zu besuchen. Aufgrund ihrer langen Integration im Bundesgebiet könne es den deutschen Kindern des Klägers nicht zugemutet werden, ihren Wohnsitz ins Ausland zu verlagern.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Bescheid sei formell und materiell rechtmäßig. Er stütze sich auf §§ 53ff. AufenthG. Vom Antragsteller gehe eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus. Die Ausweisung sei aus spezial- und generalpräventiven Gründen notwendig. Allein die Höhe der letzten strafgerichtlichen Verurteilung sei ein hinreichender Gradmesser für das Bedürfnis vorbeugender Schutzmaßnahmen. Der Kläger sei höchst kriminell und professionell vorgegangen, es handele sich um organisierte Kriminalität. Die familiären Beziehungen seien berücksichtigt worden. Der Antragsteller habe sich durch diese aber nicht von seinen Taten abhalten lassen. Er habe seine Prägung und Sozialisation in seinem Heimatland erfahren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Gerichtsakten, auch im Verfahren M 9 K 15.4416, und auf die zugehörigen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (1.) bleibt ebenso erfolglos wie der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (2.).
1. Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist unbegründet.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag im Fall des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 3 die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise anordnen, wenn es im Wege einer eigenen Ermessensentscheidung zum Ergebnis kommt, dass das Interesse des Antragstellers am vorläufigen Nichtvollzug das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes überwiegt. Die vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung hat sich dabei an den voraussichtlichen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu orientieren, die summarisch überprüft werden.
Mit seinem Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO begehrt der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner gegen den streitgegenständlichen Bescheid gerichteten Anfechtungsklage.
Nach den dargestellten Maßstäben überwiegt vorliegend das öffentliche Vollzugsinteresse, da die Klage des Antragstellers voraussichtlich erfolglos bleiben wird.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Ziffer II. des Bescheids gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Das Landratsamt Erding hat als zuständige Ausgangsbehörde nicht nur formelhaft, sondern unter ausführlicher Begründung des öffentlichen Vollzugsinteresses die Anordnung der sofortigen Vollziehung verfügt.
In materieller Hinsicht ist der Bescheid vom … September 2015 bei gebotener summarischer Prüfung rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO. Der Antragsgegner hat den Antragsteller zu Recht aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen (a) und die zur Durchsetzung der Ausreisepflicht erforderlichen Annex-Entscheidungen getroffen (b). Über die Rechtmäßigkeit der Befristung der Wirkungen der Ausweisung auf zehn Jahre ab Ausreise wird nicht im vorliegenden Eilverfahren entschieden (c).
Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (BVerwG, U. v. 30.7.2013 – 1 C 9/12 – juris; U. v. 10.7.2012 – 1 C 19.11 – juris). Bei Beschlüssen tritt an die Stelle dieses Zeitpunkts der Zeitpunkt der Eilentscheidung (Schoch u. a., VwGO, Stand: 30. EL 2016, § 80 Rn. 413). Der Entscheidung sind deshalb die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und weiterer Vorschriften (BGBl I S. 2557), die insbesondere die Neufassung des Ausweisungsrechts durch Art. 1 des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung (BGBl. I S. 1386) mit Wirkung zum 1. Januar 2016 enthalten, zugrunde zu legen. Danach ist die Entscheidung über eine Ausweisung stets eine – gerichtlich uneingeschränkt überprüfbare – Rechtsentscheidung (BR-Drs. 642/14, S. 56). Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer Ausweisungsentscheidung ist nunmehr einheitlich für alle denkbaren Ausweisungsanlässe, dass die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise (§ 54 AufenthG n. F.) mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet (§ 55 AufenthG n. F.) ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.
a) Die durch den Antragsgegner unter Ziffer I. verfügte Ausweisung des Antragstellers, die noch auf §§ 53 ff. AufenthG a. F. gestützt wurde, beurteilt sich daher nach den §§ 53 – 55 AufenthG in der seit dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung. Nach § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Danach handelt es sich bei der Ausweisungsentscheidung in keinem Fall mehr um eine Ermessensentscheidung, sondern um eine gerichtlich voll überprüfbare Abwägungsentscheidung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (BR-Drs. 642/14, S. 56). Dabei ist zunächst von den in den §§ 54 und 55 AufenthG typisierten, aber nicht abschließend angeführten besonders schwerwiegenden und schwerwiegenden Ausweisungs- und Bleibeinteressen auszugehen. Hat ein nach diesen Vorschriften vertyptes Interesse nach der gesetzgeberischen Wertung stärkeres Gewicht als die gegenläufigen Belange, müssen besondere Umstände vorliegen, die eine abweichende Abwägung rechtfertigen können (VG Oldenburg, U. v. 11.1.2016 – 11 A 892/15 – juris).
Im Fall des Antragstellers besteht zum einen ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG. Der Antragsteller ist mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts … vom … September 2012 wegen schwerem Bandendiebstahl in 6 tatmehrheitlichen Fällen, davon in fünf Fällen jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung, ferner wegen versuchten schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Dieser Sachverhalt begründet des weiteren ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AufenthG. Bei serienmäßiger Begehung von Eigentumsdelikten wiegt das Ausweisungsinteresse auch dann besonders schwer, wenn der Täter keine Gewalt, Drohung oder List angewendet hat. Für die Annahme einer Serie sind bereits drei eigenständige Taten in gewisser räumlicher und zeitlicher Nähe, die Gegenstand einer Gesamtstrafe nach § 54 StGB sind, ausreichend (Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, Nachtrag zur 11. Auflage, Stand: 1. Auflage 2016, Rn. N 5).
Aufgrund der Aktenlage ist andererseits davon auszugehen, dass im Fall des Antragstellers ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 und 4 AufenthG besteht. Nach seiner Haftentlassung hat er laut der Erklärung seiner Familienangehörigen (Bl. 4 des Gerichtsakts im Verfahren M 9 S 16.4791) die familiäre Lebensgemeinschaft mit seiner Frau und seinen Kindern wiederhergestellt.
In der nach § 53 Abs. 1 AufenthG anzustellenden Gesamtabwägung unter besonderer Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erweist sich die Ausweisung des Antragstellers trotz seiner schwerwiegenden Bleibeinteressen nach summarischer Prüfung als rechtmäßig.
Nach § 53 Abs. 2 AufenthG sind bei der Abwägung nach den Umständen des Einzelfalls insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Ausländers, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat sowie die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner zu berücksichtigen. Diese Kriterien, die sich nach der Gesetzesbegründung an den vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte herangezogenen Kriterien orientieren, sind nicht abschließend und können sich sowohl zugunsten als auch zulasten des Ausländers auswirken (BR-Drs. 642/14, S. 56). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zieht bei der Prüfung der Frage, ob eine Ausweisungsmaßnahme in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist, folgende maßgebliche Kriterien heran: Art und Schwere der vom Ausländer begangenen Straftat; die Dauer seines Aufenthalts in dem Land, aus dem er ausgewiesen werden soll; die seit der Tat verstrichene Zeit und das Verhalten des Ausländers in dieser Zeit; die Staatsangehörigkeiten der verschiedenen Betroffenen; die familiäre Situation des Ausländers, wie z. B. die Ehedauer und andere Faktoren, die erkennen lassen, wie intakt das Familienleben eines Paares ist; ob der Ehepartner von der Straftat wusste, als er eine familiäre Beziehung einging; ob aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind und eventuell deren Alter und das Ausmaß der Schwierigkeiten, denen der Ehepartner in dem Land, in das der Ausländer ausgewiesen werden soll, voraussichtlich begegnen wird; die Belange und das Wohl der Kinder, insbesondere das Ausmaß der Schwierigkeiten, denen Kinder des Ausländers in dem Land, in das er ausgewiesen werden soll, voraussichtlich begegnen werden; die Stabilität der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gastland und zum Zielland (EGMR, E.v. 22.1.2013 – 66837/11 – juris).
Die von § 53 Abs. 1 AufenthG als Tatbestandsvoraussetzung geforderte Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik Deutschland durch den weiteren Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet ist gegeben. Dabei gilt, dass die anzustellende Prognose, wie jede sicherheitsrechtliche Gefahrenprognose, nach den allgemeinen Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts eine Korrelation aus Eintrittswahrscheinlichkeit und (möglichem) Schadensausmaß ist. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (BVerwG, U. v. 10.7.2012 – 1 C 19/11 – juris).
Beim Antragsteller besteht eine erhebliche konkrete Wiederholungsgefahr hinsichtlich der Begehung weiterer Straftaten, gerichtet insbesondere gegen das Eigentum, aber auch gegen die körperliche Unversehrtheit (Diebstahl, gefährliche Körperverletzung).
In diese Beurteilung fließen neben dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts … vom … September 2012 auch die erheblichen Vorverurteilungen und die enorme Rückfallgeschwindigkeit in den Jahren zuvor ein. Ebenfalls gewürdigt werden die Geschehnisse im Strafprozess. Der Antragsteller wurde in den Jahren 1993 bis 1998 insgesamt neunmal wegen verschiedener Delikte verurteilt (Diebstahl, gefährliche Körperverletzung, versuchte Nötigung, versuchte Strafvereitelung, vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs). All die dabei gegen ihn ausgesprochenen Maßnahmen (Geld- und Bewährungsstrafen) hat er sich nicht zur Warnung dienen lassen, er ist vielmehr immer wieder straffällig geworden. Die seit 2010 begangenen Straftaten wurden umfassend durch das Strafurteil des Landgerichts … aufgearbeitet. Die Delikte wurden im Rahmen organisierter Kriminalität begangen, der Antragsteller und seine Mittäter legten dabei eine hohe kriminelle Energie an den Tag und wirkten arbeitsteilig und professionell über einen langen Zeitraum zusammen. Noch während des Strafprozesses wirkten diese Strukturen bzw. Mechanismen fort, was sich durch die verschiedenen im Strafurteil belegten Versuche von Bandenmitgliedern zeigte, den Antragsteller durch Falschaussagen und unwahre Alibis zu decken.
An die Eintrittswahrscheinlichkeit sind dabei angesichts der Gefährlichkeit des Antragstellers geringe Anforderungen zu stellen. Die Gefahren, die insbesondere von schwerem Bandendiebstahl, aber bspw. auch von gefährlicher Körperverletzung, ausgehen, sind schwerwiegend und berühren ein Grundinteresse der Gesellschaft. Die betroffenen Schutzgüter der Gesundheit und des Eigentums der Bürger nehmen in der Hierarchie der in den Grundrechten enthaltenen Wertordnung einen hohen Rang ein (BVerwG, U. v. 14.4.2013 – 1 C 13/12 – juris). Bereits die Anlasstat der Ausweisung – zusammen mit dem Verhalten des Antragstellers vor und nach dieser Tat – indiziert hierbei grundsätzlich die Gefahr erneuter schwerer Straftaten durch den Kläger (VG München, U. v. 7.4.2016 – M 12 K 15.5408 – juris). Der Kläger hat sich durch die zahlreichen – auch einschlägigen – Verurteilungen uneinsichtig und unbelehrbar gezeigt. Die Kammer geht im Anschluss an die Erwägungen des Landratsamtes – von einer noch ausführlicheren Darstellung wird nach § 117 Abs. 5 VwGO abgesehen – und aufgrund der Aktenlage davon aus, dass der Antragsteller mit erheblicher krimineller Energie handelt. Er ist bereit, seine persönlichen Interessen mit Gewalt gegen andere und deren Eigentum durchzusetzen und geht dabei planvoll vor.
Dass zwischen den Vorverurteilungen und dem Strafurteil des Landgerichts … ein Zeitraum von mehr als zehn Jahren liegt, steht der Annahme einer Wiederholungsgefahr nicht entgegen. Davon abgesehen, dass auch in diesem Zwischenzeitraum mehrere Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller angestrengt, aber eingestellt wurden, und dass der Antragsteller mutmaßlich nur in den Phasen auf kriminelle Handlungen verzichtete, in denen er eine Verlängerung seiner Aufenthaltstitel bzw. die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis erstrebte, ist es für eine Prognose wie der vorliegenden nicht notwendig, lückenlose Verurteilungen über Jahrzehnte hinweg nachzuweisen. Allein die Delikte, die der Antragsteller ab 2010 verwirklichte und die Gegenstand des Strafurteils waren, reichen für eine entsprechende Gefahrenprognose aus. Es wiegt im Übrigen nach Ansicht des Gerichts sogar schwerer, dass der Antragsteller nach mehreren „Warnschüssen“ in Form von Verurteilungen und auch nach der Geburt zweier weiterer Söhne, anstatt einer Berufstätigkeit beispielsweise in seinem Ausbildungsberuf nachzugehen und seiner auch finanziellen Verantwortung für seine Familie auf legalem Wege nachzukommen, seine strafrechtlich relevanten Unternehmungen mit größerer Schlagkraft – nunmehr gar in Form einer von ihm mitbestimmten Bande – wieder aufnahm. Damit hat er nachgewiesen, dass er langfristig kein Interesse an einer Eingliederung in die Rechts- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland hat, sondern vielmehr wieder in alte Muster zurückfällt.
Die Teilnahme des Antragstellers an der allgemeinen Deliktgruppe zur Tataufbereitung und Rückfallvermeidung (Bl. 37 des Gerichtsakts im Verfahren M 9 K 15.4416) kann zu keiner anderen Bewertung führen, da diese Maßnahme nach schriftlicher Bestätigung des Anstaltspsychologen nur dann die Wahrscheinlichkeit künftiger Straftaten verhindert, wenn der Straftäter tatsächlich einen festen Willen zur Legalität hat. Mehr beinhaltet die Stellungnahme nicht. Für die tatsächliche Einschätzung des Antragstellers ist sie damit unergiebig.
Ausgehend von der beim Antragsteller nach Überzeugung der Kammer bestehenden Wiederholungsgefahr erneuter Straftaten wiegt das Ausweisungsinteresse auch unter Berücksichtigung der Art. 6 GG und 8 EMRK und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes schwerer als seine Bleibeinteressen. Sein Bleibeinteresse insbesondere nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG stellt zwar einen durch Art. 6 Abs. 1 und 2 GG und Art. 8 EMRK geschützten gewichtigen familiären Belang dar, der bei der einzelfallbezogenen Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers zu berücksichtigen ist, setzt sich jedoch nicht stets durch (st. Rspr.; vgl. z. B. BayVGH, B. v. 16.7.2015 – 10 ZB 15.463 – juris; B. v. 14.4.2015 – 10 ZB 14.2534 – juris). Vorliegend ist dem Ausweisungsinteresse im Hinblick auf die Art und Schwere der vom Antragsteller begangenen Straftaten und wegen der konkreten Gefahr der Begehung erneuter schwerer Diebstahlsdelikte der Vorrang einzuräumen. Dies ergibt sich u. a. aus der Überlegung, dass den Antragsteller die Beziehungen zu seinen Söhnen und zu seiner Frau und seine Verantwortung diesen gegenüber auch bislang nicht davon haben abhalten können, schwere Straftaten zu begehen. Er stellte seine Interessen an kurzfristigem Profit aus illegalen Unternehmungen über das Wohl seiner Familie und instrumentalisierte diese sogar teilweise zu diesem Zweck, indem er sie in die Bandenorganisation einband (Brüder) bzw. sich im Strafprozess durch diese decken ließ (Ehefrau). Trotz der sozialen Bindungen des Antragstellers ist keine gelungene soziale und wirtschaftliche Integration gegeben. In seinem Ausbildungsberuf als Fernmeldetechniker hat der Antragsteller, soweit ersichtlich, in Deutschland noch nicht gearbeitet. Die mögliche Beschäftigung im Familienbetrieb – Fa. … Security – erfolgte bis dato auf 400-Euro-Basis (Bl. 1075 des Behördenakts Band III). Insofern ist nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller eine tragfähige wirtschaftliche Perspektive hat. Da der Antragsteller bis zu seinem zwanzigsten Lebensjahr in Bosnien-Herzegowina lebte, dort seine Ausbildung absolvierte und die Sprache seines Heimatlandes spricht, ist ihm die Rückkehr zumutbar. Hinsichtlich der Beziehung zu seiner Familie ist zu sehen, dass die Söhne des Antragstellers mittlerweile zwanzig, fünfzehn und dreizehn Jahre alt sind und wesentliche Abschnitte ihrer Kindheit aufgrund der Inhaftierung des Antragstellers getrennt von ihrem Vater verbracht haben, was für ihre Selbstständigkeit spricht. Im Gegensatz zu noch sehr kleinen Kinder können die Kinder des Antragstellers die Folgen der Ausweisung und der damit verbundenen räumlichen Trennung begreifen und diese richtig, d. h. nicht als endgültigen Verlust des Vaters, einstufen. Da die gesamte Familie nach nicht bestrittenem Vortrag des Antragsgegners die Sprache des Heimatlandes spricht, ist auch eine Verlagerung des Lebensmittelpunktes nach Bosnien-Herzegowina denkbar. Im Übrigen ist die Familie jedenfalls entsprechend mobil, um den Kontakt zum Vater – von Telefonaten und Internettelefonie einmal abgesehen – auch durch Besuche zu halten. Eine Fortsetzung der familiären Beziehungen ist somit sowohl in Bosnien als auch „länderübergreifend“ möglich.
Auch generalpräventive Gründe sprechen für die Ausweisung. Gerade im Fall des Antragstellers, der als Teil einer organisierten und mitgliederstarken Bande den Treff-, Anlauf- und Umschlagspunkt für diese stellte und verwaltete, mithin extrem gut in der Szene vernetzt war und ist, besteht ein dringendes Bedürfnis für die Abschreckung anderer Ausländer vor ähnlichen Straftaten wie denjenigen, die der Antragsteller begangen hat (vgl. VG München, U. v. 19.5.2010 – M 23 K 09.5181 – juris). Nach all dem überwiegt hinsichtlich des Antragstellers insbesondere wegen der Art und Schwere der Straftaten, derentwegen er ausgewiesen worden ist, das besonders schwerwiegende Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und unter Berücksichtigung von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK seine ebenfalls besonders schwerwiegenden Bleibeinteressen nach § 55 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 AufenthG.
b) Nach dem Obenstehenden sind auch die Annex-Entscheidungen unter III. und IV. des Bescheides nicht zu beanstanden. Die dem Antragsteller vorsorglich gewährte Frist zur freiwilligen Ausreise innerhalb von acht Tagen nach seiner Haftentlassung ist angemessen und ausreichend zur Regelung der persönlichen Angelegenheiten. Auch der Vortrag, der Antragsteller habe keinen gültigen Pass, ändert hieran nichts. Nach Auskunft des Antragsgegners wurde für den Antragsteller ein sog. Laissez-passer augestellt, das die Rückführung nach Bosnien-Herzegowina ermöglicht.
c) Eine inhaltliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Ziffer V. des Bescheids unterbleibt im vorliegenden Eilverfahren.
Die mit dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO flankierte Anfechtungsklage ist bereits nicht der richtige Rechtsbehelf für ein Vorgehen gegen diese Anordnung. Nach der jüngsten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, U. v. 12.7.2016 – 10 BV 14.1818 – juris m. w. N.) wäre eine Verkürzung der von der Behörde verfügten Dauer der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot nur mit der Verpflichtungsklage zu erreichen.
Auch eine Umdeutung, § 140 BGB analog, des gestellten Antrags verhilft dem Angriff nicht zum Erfolg. Für einen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist im vorliegenden Eilverfahren kein Anordnungsgrund erkennbar, es fehlt an einer Eilbedürftigkeit dieser Entscheidung. Eine eventuelle Verkürzung der Frist kann auch aus Bosnien-Herzegowina heraus beantragt werden. Eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Frist bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, die Festsetzung des Streitwerts auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 8.2 und 1.7.2 Streitwertkatalog.
2. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe bleibt erfolglos. Nach Auslegung, §§ 133, 157 BGB analog, wurde Prozesskostenhilfe vorliegend nicht nur im Hauptsacheverfahren, sondern auch in der vorliegenden Eilsache beantragt. Eine Verbesserung der Vermögensverhältnisse o.Ä. wurde seit der Antragstellung am 2. Oktober 2015 im Verfahren M 9 K 15.4416 nicht vorgetragen.
Nach § 166 VwGO i. V. m. §§ 114ff. ZPO erhält ein Beteiligter, der die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussichten einer Klage i. S. v. § 114 ZPO sind dann gegeben, wenn der von dem Beteiligten vertretene Rechtsstandpunkt zumindest vertretbar erscheint und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit einer Beweisführung besteht. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Erfolg gewiss ist. Es genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, die bereits gegeben ist, wenn ein Obsiegen ebenso gewiss ist wie ein Unterliegen, der Erfolg bei summarischer Prüfung mithin offen ist (BayVGH, B. v. 30.9.2008 – 19 C 08.1758 – juris).
Gemessen an diesen Vorgaben besteht für die Rechtsverfolgung des Antragstellers bzw. des Klägers keine hinreichende Erfolgsaussicht. Nach oben erfolgter summarischer Prüfung erweist sich die Klage zwar als zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid vom … September 2015 ist nach summarischer Prüfung rechtmäßig.


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