Verwaltungsrecht

Behördliche Festlegung der Lage und Größe der Freischankfläche einer Gaststätte

Aktenzeichen  22 CS 16.2370

Datum:
25.4.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
GewA – 2017, 312
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5, § 146 Abs. 4 S. 3, S. 6
GastG GastG § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 31
BayVwVfG BayVwVfG Art. 44 Abs. 1
BayGastV BayGastV § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1
GewO GewO § 15 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

1 Wegen der erheblichen Folgen, die die Rechtsordnung an die Festlegung der „Räume“ iSv § 3 Abs. 1 S. 1 GastG knüpft, auf die sich eine Gaststättenerlaubnis erstreckt, müssen sie örtlich genau bezeichnet und nach Lage, Einrichtung und Größe so beschrieben sein, dass eine Änderung sofort erkannt werden kann. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine Gaststättenerlaubnis, die im Rahmen der Aufzählung der Räume, auf die sie sich erstreckt, zwar einen „Wirtschaftsgarten“ erwähnt, dieser seiner Größe oder Ausgestaltung nach jedoch in keiner Weise – weder im Bescheid noch in Antragsunterlagen – näher spezifiziert wird, verschafft dem Gastwirt keine Berechtigung zum Betrieb einer Freischankfläche; die Erlaubnis leidet insoweit an einem besonders schweren und offenkundigen Fehler iSv Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3 Gerechtfertigt ist die Nichtigkeitsfolge allerdings nur, sofern sich der in der fehlenden Festlegung der Situierung, der Größe und der Sitzplatzkapazität einer Freischankfläche liegende Bestimmtheitsmangel nicht im Wege der Auslegung der Gaststättenerlaubnis beheben lässt. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 4 S 16.1543 2016-11-09 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller betreibt im Gebiet der Antragsgegnerin eine Gaststätte. Er wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen die sofortige Vollziehbarkeit eines Bescheids der Antragsgegnerin, durch den die Lage und die Größe einer Freischankfläche seiner Gaststätte sowie die dort maximal zulässige Zahl von Gastplätzen festgelegt wurden und der es ihm außerdem untersagt, darüber hinausgehende Flächen im Zusammenhang mit dem Betrieb seiner Gaststätte bis zur Erteilung einer baurechtlichen Genehmigung für diese Flächen zu nutzen.
1. Am 7. September 1995 erteilte die Antragsgegnerin einem früheren Betreiber dieses Lokals eine Gaststättenerlaubnis, die sich auf einen „Wirtschaftsgarten mit Theke mit 20 Tischen mit jeweils 4 Stühlen“ erstreckte. In dem Plan, auf den diese Gaststättenerlaubnis mit den Worten „anl. Plan ist Bestandteil dieses Bescheides“ Bezug nahm, ist der Wirtschaftsgarten unter Angabe seiner Länge und seiner Breite zeichnerisch eingetragen; er lag danach auf der Westseite des sich von Norden nach Süden erstreckenden Gaststättengebäudes. Die zeichnerisch umgrenzte Fläche enthält die Eintragung: „20 Tische á 4 Sitzplätze verteilt auf 220 m²“. Ebenfalls dargestellt ist in diesem Plan die Lage eines Außentresens.
Durch Bescheid vom 22. Juli 1998 erweiterte die Antragsgegnerin die Erlaubnis vom 7. September 1995 um „1 Ausschankhütte im Wirtschaftsgarten“ sowie um einige Nebenräume.
Am 10. Januar 2002 erteilte die Antragsgegnerin dem Adressaten der Bescheide vom 7. September 1995 und vom 22. Juli 1998 eine neue Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 GastG. Unter der Zwischenüberschrift „Die Erlaubnis gilt für folgende Räume bzw. Flächen“ führt die Nummer 2 des Bescheids vom 10. Januar 2002 „1 Wirtschaftsgarten mit Außentheke u. Ausschankhütte“ auf. Die Nummer 5 des Tenors dieses Bescheids enthält folgende Aussage: „Die Bescheide vom 07.09.1995 und 22.07.1998 werden durch diesen Bescheid ersetzt.“
Nachdem der Antragsteller am 20. Februar 2004 eine Gaststättenerlaubnis zur Fortführung des Lokals beantragt hatte, erteilte ihm die Antragsgegnerin am gleichen Tag eine vorläufige Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 GastG. Die Nummer 2 des Tenors des Bescheids vom 20. Februar 2004 trifft folgende Regelung: „Der Umfang der vorläufigen Erlaubnis erstreckt sich auf den Bescheid des letzten Erlaubnisinhabers vom 10.01.2002.“
Die dem Antragsteller am 10. März 2004 erteilte Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 GastG erwähnt unter der Nummer 2 des Tenors im Anschluss an die Zwischenüberschrift „Die Erlaubnis gilt für folgende Räume bzw. Flächen“ ebenfalls lediglich „1 Wirtschaftsgarten mit Außentheke u. Ausschankhütte“. Unter der Nummer 4 des Bescheidstenors wurde bestimmt, dass die Sperrzeit für die Freischankfläche täglich um 1.00 Uhr beginne und auf ihr Musikdarbietungen sowie der Betrieb von Außenlautsprechern nicht erlaubt seien.
2. Durch Bescheid vom 25. Juli 2016 änderte die Antragsgegnerin die Nummer 2 des Bescheids vom 10. März 2004 dahingehend ab, dass an die Stelle der bisherigen Wendung „1 Wirtschaftsgarten mit Außentheke u. Ausschankhütte“ die Formulierung „1 Freischankfläche nach Maßgabe des beil. Lageplans (rote Umrandung) mit maximal 80 Gastplätzen und 1 Außentheke und 1 Ausschankhütte mit Gasgrill auf der Freischankfläche“ trat (Nummer 1.a des Tenors des Bescheids vom 25.7.2016). Die Grundfläche der Freischankfläche wurde in diesem Bescheid auf ca. 220 m² festgesetzt.
Die Nummer 5 des Bescheidstenors enthält folgende Regelung:
„Die Nutzung der Fläche im Süden des Anwesens (siehe grün schraffierte Fläche im beiliegenden Lageplan) im Zusammenhang mit dem Betrieb der o. g. Gaststätte ist bis zum Vorliegen einer entsprechenden baurechtlichen Genehmigung verboten. Es ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fläche von Gästen nicht genutzt werden kann.“
Unter der Nummer 6 des Bescheidstenors verfügte die Antragsgegnerin:
„Die Nutzung der Fläche im Norden des Anwesens (siehe blau schraffierte Fläche im beiliegenden Lageplan) im Zusammenhang mit dem Betrieb der o. g. Gaststätte ist bis zum Vorliegen einer entsprechenden baurechtlichen Genehmigung verboten. Es ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fläche von Gästen nicht genutzt werden kann.“
In den Bescheidsgründen führte die Antragsgegnerin aus, die in der Erlaubnis vom 10. März 2004 eingetragene Freischankfläche sei hinsichtlich ihrer Lage, hinsichtlich ihres Umfangs und hinsichtlich der Gastplatzzahl nicht näher bestimmt gewesen. Dies habe zu Missverständnissen beim Antragsteller und bei Anwohnern geführt. Bei einem am 12. April 2016 durch die Antragsgegnerin eingenommenen Augenschein sei zudem festgestellt worden, dass an das Gaststättengebäude im Norden und im Süden Freischankflächen angebaut worden seien, für die weder eine baunoch eine gaststättenrechtliche Genehmigung vorliege.
3. Mit der am 10. August 2016 erhobenen Klage (Aktenzeichen des Verwaltungsgerichts: AN 4 K 16.01544) erstrebt der Antragsteller die Aufhebung des Bescheids vom 25. Juli 2016 in der Nummer 1.a sowie in den Nummern 4 bis 11. Gleichzeitig beantragte er, der Klage aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Das letztgenannte Rechtsschutzbegehren lehnte das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 9. November 2016 als zulässig, aber unbegründet ab, da sich der Antragsteller voraussichtlich nicht auf eine aus dem Bescheid vom 10. März 2004 resultierende Rechtsposition werde berufen können.
Mit der hiergegen eingelegten Beschwerde beantragt der Antragsteller:
1. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 9. November 2016 wird aufgehoben.
2. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Erlaubnisbescheid der Antragsgegnerin vom 25. Juli 2016 wird wiederhergestellt.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladenen beantragen jeweils (sinngemäß), 19
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die vom Verwaltungsgericht beigezogenen Unterlagen der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Beschwerdebegründung vom 8. Dezember 2016, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, zeigt die Notwendigkeit einer Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Beschlusses nicht auf.
Soweit die Bevollmächtigten des Antragstellers eingangs der Beschwerdebegrün-dung auf ihre Schriftsätze vom 10. August 2016 und vom 5. Oktober 2016 verweisen, hat der Inhalt dieser Schreiben im vorliegenden Zusammenhang außer Betracht zu bleiben, da sie noch nicht die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO erforderliche substantiierte Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts enthalten können (vgl. zur fehlenden Eignung pauschaler Bezugnahmen auf erstinstanzliches Vorbringen, den Anforderungen an eine Beschwerdebegründung in von § 146 Abs. 4 VwGO erfassten Fällen zu genügen, Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 146 Rn. 77 mit weiteren Nachweisen in der Fn. 153 sowie Rn. 79 mit weiteren Nachweisen in der Fn. 157).
1. Im Zentrum des Beschwerdevorbringens des Antragstellers steht die Behauptung, ihm sei durch den Bescheid vom 10. März 2004 der Betrieb eines Wirtschaftsgartens ohne Beschränkungen erlaubt worden. Wäre diesem Rechtsstandpunkt zu folgen, so könnten sowohl die in den Nummern 5 und 6 des Tenors des Bescheids vom 25. Juli 2016 enthaltenen, sich auf Teile des Betriebsgrundstücks beziehenden Nutzungsuntersagungen als auch die in der Nummer 1.a des Tenors dieses Bescheids vorgenommene Festlegung einer Freischankfläche im Umfang des dort bezeichneten und in der Anlage zu diesem Bescheid rot umrandeten Areals nur Bestand haben, wenn der letztgenannte Bescheid so verstanden werden kann, dass er die Rücknahme oder den Widerruf einer am 10. März 2004 erteilten, das gesamte Betriebsgrundstück umfassenden Erlaubnis für eine Freiluftgastronomie beinhaltet und die rechtlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme oder einen Widerruf vorliegen.
Indes stellt sich nach dem Erkenntnisstand im Beschwerdeverfahren die Frage, ob der Bescheid vom 25. Juli 2016 in dieser Weise ausgelegt werden kann und ob die Antragsgegnerin bejahendenfalls zu einer Teilrücknahme oder einem Teilwiderruf der Erlaubnis vom 10. März 2004 berechtigt war, gar nicht, da der Antragsteller bis zur Bekanntgabe des erstgenannten Bescheids nie über eine uneingeschränkte Erlaubnis für eine Freischankfläche verfügte. Eine solche wurde ihm durch die Nummer 1.a des Bescheids vom 25. Juli 2016 vielmehr entweder erstmals oder im selben Umfang wie bereits zuvor mit Erlaubnis vom 10. März 2004 erteilt, so dass sich die diesbezügliche Regelung als ausschließlich begünstigender Verwaltungsakt darstellt, der nicht in zulässiger Weise zum Gegenstand eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO gemacht werden kann. Belastende Wirkung entfalten demgegenüber die in den Nummern 5 und 6 des Bescheidstenors enthaltenen Nutzungsuntersagungen; sie begegnen – zumal im Licht der sich aus § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ergebenden Prüfungsbeschränkung – jedoch keinen Rechtmäßigkeitsbedenken.
Obwohl die dem Antragsteller am 10. März 2004 erteilte Gaststättenerlaubnis in ihrem verfügenden Teil davon sprach, sie gelte für einen „Wirtschaftsgarten mit Außentheke und Ausschankhütte“, und die Nummern 4.1 und 4.2 des Tenors jenes Bescheids weitere Regelungen in Bezug auf diese Freischankfläche trafen, erlangte der Antragsteller hierdurch keine Berechtigung zum uneingeschränkten Betrieb einer Freiluftgastronomie. Es spricht Einiges dafür, dass die vorbezeichneten Bescheidsteile wegen Missachtung elementarer Bestimmtheitserfordernisse gemäß Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG nichtig waren; zumindest können die Bescheide vom 10. Januar 2002 und 10. März 2004 nicht so verstanden werden, dass dem Antragsteller (bzw. seinem Vorgänger) die Bewirtschaftung des Außengeländes einschränkungslos gestattet wurde.
1.1. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GastG ist die Gaststättenerlaubnis u. a. für „bestimmte“ Räume zu erteilen. „Räume“ im Sinn dieser Bestimmung sind alle Flächen, auf denen ein Gaststättenbetrieb stattfinden soll; auch Gärten, Höfe und sonstige im Freien liegende Areale werden deshalb von dieser Vorschrift erfasst (Metzner, GastG, 6. Aufl. 2002, § 3 Rn. 65; Michel/Kienzle/Pauly, GastG, 14. Aufl. 2003, § 3 Rn. 22). Wegen der erheblichen Folgen, die die Rechtsordnung an die Festlegung der „Räume“ knüpft, auf die sich eine Gaststättenerlaubnis erstreckt, müssen sie örtlich genau bezeichnet und nach Lage, Einrichtung und Größe so beschrieben sein, dass eine Änderung sofort erkannt werden kann (Metzner, GastG, 6. Aufl. 2002, § 3 Rn. 67; Michel/ Kienzle/Pauly, GastG, 14. Aufl. 2003, § 3 Rn. 24). Bereits im Urteil vom 14. Februar 1990 (22 B 88.275 – BayVBl 1991, 148/149 f.) hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof deshalb festgehalten, dass eine Gaststättenerlaubnis, die im Rahmen der Aufzählung der Räume, auf die sie sich erstreckt, zwar einen „Wirtschaftsgarten“ erwähnt, dieser seiner Größe oder Ausgestaltung nach jedoch in keiner Weise – weder im Bescheid noch in Antragsunterlagen – näher spezifiziert wird, dem Gastwirt keine Berechtigung zum Betrieb einer Freischankfläche verschafft; die Erlaubnis leidet insoweit an einem besonders schweren und offenkundigen Fehler, der gemäß Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG die Nichtigkeit der sich auf den Wirtschaftsgarten beziehenden Aussage in der Erlaubnisurkunde nach sich zieht (ebenso Michel/Kienzle/Pauly, GastG, 14. Aufl. 2003, § 3 Rn. 25). Soweit das verwaltungsverfahrensrechtliche Schrifttum dieser Frage Aufmerksamkeit widmet, hat es sich der im Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Februar 1990 (a.a.O.) vertretenen Auffassung angeschlossen (vgl. Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 44 Rn. 116 und Fn. 353; Peuker in Knack/Henneke, VwVfG, 10. Aufl. 2014, § 44 Rn. 24 und Fn. 73; Leisner-Egensperger in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2014, Rn. 18; Kugele, VwVfG, 2014, § 44 Rn. 4).
Die Tatsache, dass im Bescheid vom 10. März 2004 eine Außentheke und eine Ausschankhütte erwähnt werden, die Antragsgegnerin ferner ausweislich der in diesen Bescheid aufgenommenen Nebenbestimmungen 4.1 und 4.2 erkennbar davon ausging, ein Teil der gewerblichen Betätigung des Antragstellers werde unter freiem Himmel stattfinden, vermögen die erforderliche genaue Bezeichnung der Lage und der Größe des Wirtschaftsgartens sowie die Festlegung der Zahl der Gäste, die dort im Höchstfall gleichzeitig bewirtet werden dürfen, aus den gleichen Gründen nicht zu ersetzen, im Hinblick auf die der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Urteil vom 14. Februar 1990 (22 B 88.275 – BayVBl 1991, 148/149) die in einem internen Schreiben der Erlaubnisbehörde enthaltene Aussage „Für Schönwetterlagen ist im Freien auch Sitzgelegenheit geboten“ nicht als ausreichend ansah, um von einer wirksamen Erstreckung der Gaststättenerlaubnis auf einen Wirtschaftsgarten ausgehen zu können. Dieses Ergebnis rechtfertigt sich vor allem aufgrund der Erwägung, dass derartige Hinweise den Umfang der außerhalb der geschlossenen Räume geplanten Bewirtung nicht erkennen lassen (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BayVGH, U.v. 14.2.1990 a.a.O. S. 149). Erst recht sind sie nicht geeignet, das Ausmaß einer solchen Betätigung in einer Weise verbindlich festzulegen, durch die der Umfang der gaststättenrechtlichen Befugnisse des Erlaubnisinhabers verbindlich festgelegt wird und die eine Beurteilung erlaubt, ob der Schutzanspruch Betroffener (insbesondere der Nachbarschaft) gewahrt wurde. Beides aber ist unverzichtbar, um bereits im Vorfeld der Erteilung der Gaststättenerlaubnis sicherzustellen, dass die geplante Freiluftgastronomie mit dem öffentlichen Interesse vereinbar ist, sie insbesondere keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorruft (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG). Gegen die Bestimmtheitsbedenken kann vorliegend auch nicht eingewandt werden, die Bezeichnung „Wirtschaftsgarten“ umfasse das gesamte Außengelände des Betriebsgrundstücks. Eine solche räumliche Ausdehnung kann bei einem „Wirtschaftsgarten“ schon begrifflich regelmäßig nicht angenommen werden.
Gerechtfertigt ist die Nichtigkeitsfolge allerdings nur, sofern sich der in der fehlenden Festlegung der Situierung, der Größe und der Sitzplatzkapazität einer Freischankfläche liegende Bestimmtheitsmangel nicht im Wege der Auslegung der Gaststättenerlaubnis beheben lässt. Hierbei ist freilich zu berücksichtigen, dass die Bezeichnung der Räume, auf die sich eine Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 GastG bezieht, wegen des Schriftformerfordernisses der Gaststättenerlaubnis (§ 2 Abs. 2 Satz 1 BayGastV) in der Erlaubnisurkunde zu erfolgen hat (Michel/Kienzle/Pauly, GastG, 14. Aufl. 2003, § 3 Rn. 25). Nimmt sie jedoch auf andere Schriftstücke Bezug und geht aus ihnen in einer dem Bestimmtheitserfordernis des § 3 Abs. 1 Satz 1 GastG genügenden Weise hervor, wo sich die Freischankfläche, die der Gastwirt betreiben will, befindet, welche Größe sie aufweist und wie viele Personen dort höchstens gleichzeitig bewirtet werden dürfen, so zieht das Fehlen diesbezüglicher Angaben in der Erlaubnisurkunde nicht die Nichtigkeit von Regelungen in einer Gaststättenerlaubnis nach sich, die einen Wirtschaftsgarten oder andere Formen der Freiluftgastronomie zum Gegenstand haben. Vermieden werden kann diese Rechtsfolge namentlich dann, wenn die Erlaubnisurkunde auf den gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BayGastV seinerseits in schriftlicher Form einzureichenden Antrag auf eine Gaststättenerlaubnis verweist und dieser Antrag oder ihm beigefügte Unterlagen ausreichende Angaben über Lage, Größe und Kapazität der Freischankfläche enthalten (Michel/Kienzle/Pauly, GastG, 14. Aufl. 2003, § 3 Rn. 25). Bereits im Urteil vom 14. Februar 1990 (22 B 88.275 – BayVBl 1991, 148/149) ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof deshalb der Frage nachgegangen, ob die auch damals in der Erlaubnisurkunde nicht enthaltenen, gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 GastG jedoch erforderlichen Aussagen über die Beschaffenheit des seinerzeit verfahrensgegenständlichen Wirtschaftsgartens dem An-trag auf Erteilung der Gaststättenerlaubnis entnommen werden konnten.
Der Befund, dass der Antragsteller am 10. März 2004 keine Erlaubnis für eine Freischankfläche erlangt hat, lässt sich durch einen Rückgriff auf in der Erlaubnisurkunde in Bezug genommene Schriftstücke ebenso wenig entkräften wie das in dem Rechtsstreit der Fall war, der dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Februar 1990 (a.a.O.) zugrunde lag. Der Bescheid vom 10. März 2004 nimmt in Abschnitt I seiner Gründe zwar auf den vom 20. Februar 2004 stammenden Antrag auf Erteilung einer Gaststättenerlaubnis Bezug. Unter der Nummer 6 des Antragsformulars, in der vom Erlaubnisbewerber u.a. Angaben über die Betriebsräume erbeten wurden, hat der Antragsteller lediglich eingetragen: „siehe Erl. v. 10.01.2002“. Er begehrte mithin eine Gaststättenerlaubnis in dem gleichen Umfang, in dem sie der bisherige Betreiber innehatte. Der Bescheid vom 10. Januar 2002 erwähnte jedoch ebenfalls nur „1 Wirtschaftsgarten mit Außentheke und Ausschankhütte“, ohne irgendwelche Festlegungen hinsichtlich der räumlichen Situierung, der Größe und der maximalen Gästezahl dieser Freischankfläche zu treffen. Gleiches gilt für die Nummern 4.1 und 4.2 jenes Bescheids, durch die der Beginn der Sperrzeit für die Freischankfläche festgesetzt und Musikdarbietungen sowie die Verwendung von Außenlautsprechern in Bezug auf diese Fläche verboten wurden.
1.2. Fraglich ist, ob die in der Gaststättenerlaubnis vom 10. Januar 2002 erwähnten Bescheide vom 7. September 1995 und vom 22. Juli 1998 als Hilfsmittel zur Konkretisierung der am 10. Januar 2002 getroffenen Regelungen hinsichtlich des Wirtschaftsgartens (und damit mittelbar auch der diesbezüglichen Aussagen im Bescheid vom 10.3.2004) dienen können, da mit dem Bescheid vom 10. Januar 2002 ausweislich der Bescheidsgründe die Konzessionierung des damaligen Betreibers des Lokals „aus Gründen der Rechtsklarheit“ durch eine Neuregelung ersetzt werden sollte. Der bei Erlass des Bescheids vom 10. Januar 2002 möglicherweise vorhandene behördliche Wille, nur die hinsichtlich der Innenräume unklare genehmigungsrechtliche Situation zu „bereinigen“, die Regelung aus dem Jahr 1995 hinsichtlich der Freiflächen aber unangetastet zu lassen, hat im Bescheid keinen Niederschlag gefunden. Gleichwohl auf den Bescheid vom 7. September 1995 zurück zu greifen, ließe sich angesichts des Schriftformerfordernisses (vgl. Michel/Kienzle/Pauly, GastG, 14. Aufl. 2003, § 3 Rn. 25) und der Bußgeldsanktion bei Verstößen gegen den Umfang der Erlaubnis (vgl. § 28 Abs. 1 Nr. 1 GastG) schwerlich mit dem Gebot der Rechtsklarheit vereinbaren.
Nur ergänzend ist deshalb anzumerken, dass sich am praktischen Ergebnis im vorliegenden Fall nichts ändern würde, wollte man gleichwohl einen Rekurs auf die Erlaubnis vom 7. September 1995 zur Bestimmung des Regelungsgehalts des Bescheids vom 10. März 2004 als möglich ansehen. Denn sie gestattete nur den Betrieb einer Freischankfläche im Umfang von 220 m² mit 20 Tischen zu je vier Sitzplätzen (d.h. für maximal 80 Personen) auf dem im Wesentlichen gleichen Teil des Betriebsgrundstücks wie dem, der in der Anlage zum Bescheid vom 25. Juli 2016 rot umrandet ist. Der letztgenannte Bescheid würde auf der Grundlage dieser – hilfsweisen – Auslegung lediglich eine gaststättenrechtliche Befugnis des Antragstellers für den Betrieb eines Wirtschaftsgartens in dem Umfang bestätigen, die ihm bereits seit der vorläufigen Gaststättenerlaubnis vom 20. Februar 2004 zustand. Kann die Nummer 1.a des Bescheids vom 25. Juli 2016 aber auch auf der Grundlage dieser Hilfserwägung nicht als ein den Antragsteller belastender Verwaltungsakt angesehen werden, hat es dabei sein Bewenden, dass insoweit für einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO kein Raum ist.
2. Die Notwendigkeit einer Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Beschlusses zeigt die Beschwerdebegründung auch insofern nicht auf, als die Untersagung einer Nutzung der in der Anlage zum Bescheid vom 25. Juli 2016 blau bzw. grün schraffierten Grundstücksteile inmitten steht. Da der Antragsteller über keine Gaststättenerlaubnis verfügt, die ihm eine gastronomische Betätigung auf diesen Flächen gestattet, finden diese Regelungen in § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO i.V.m. § 31 GastG die erforderliche Rechtsgrundlage. Das durch die erstgenannte Vorschrift eingeräumte Ermessen hat die Antragsgegnerin ausweislich der Ausführungen in Abschnitt II.5 der Bescheidsgründe ausgeübt. Sie hat dort insbesondere darauf verwiesen, dass zunächst in einem baurechtlichen Verfahren geprüft werden müsse, ob der Betrieb einer Freischankfläche auf diesen Grundstücksteilen mit nachbarlichen Belangen vereinbar ist. Die Beschwerdebegründung hält dem zum einen entgegen, die Antragsgegnerin habe die ungenehmigte Nutzung dieser Flächen zumindest seit dem 2. Juli 2013 geduldet; zum anderen sei der Antragsteller auf die Inanspruchnahme des gesamten Gaststättengrundstücks während der Sommermonate angewiesen, um seinen Betrieb aufrecht erhalten zu können.
Die Antragsgegnerin hat in ihrer Beschwerdeerwiderung hierzu angemerkt, sie habe, als sie am 2. Juli 2013 eine vor allem im Süden des Gaststättengrundstücks deutlich vergrößerte Freischankfläche festgestellt habe, deren Umfang zunächst geduldet, um unbillige Härten für den Antragsteller zu vermeiden und ihm die Möglichkeit zu eröffnen, z.B. durch Auflassung der ungenehmigten Freischankfläche im Süden und – nach erfolgter Genehmigung – Schaffung einer solchen Fläche im Norden des Gaststättengebäudes eine Kompensation zu erlangen. Der Antragsteller habe daraufhin im Norden eine Freischankfläche errichtet, ohne hierfür einen Bauantrag zu stellen und die Antragsgegnerin darüber auch nur zu unterrichten. Die von ihm zugesagte Reduzierung der Nutzung der Fläche im Süden habe nicht stattgefunden.
Diese Darstellung ist nicht nur deshalb glaubhaft, weil der Antragsteller ihr im weiteren Fortgang des Verfahrens nicht entgegengetreten ist. Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 9. März 2017 hat er vielmehr ausgeführt, er benötige weit mehr als 80 Gastplätze im Freien, „um wirtschaftlich über die Runden zu kommen“. Gleichzeitig hat er eine Aufstellung vorgelegt, aus der sich ergibt, dass er zwischen dem 6. Mai 2017 und dem 20. September 2017 in seinem Lokal 23 Veranstaltungen durchzuführen plant, die nach seinem ausdrücklichem Bekunden bei schönem Wetter „auch außen“ stattfinden sollen; die Zahl der insoweit erwarteten Gäste schwankt danach zwischen ca. 100 und ca. 500.
Es ist vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der erheblichen Immissionsbelastung, der sich die Beigeladenen als Anwohner der Gaststätte des Antragstellers seit Jahren ausgesetzt sehen (ihre Eingaben und die sich auf die Emissionen des Lokals des Antragstellers beziehenden Wahrnehmungen der Antragsgegnerin und der Landespolizei füllen – allein bezogen auf die Zeit seit dem zweiten Quartal 2013 – einen Ordner mit mehr als 500 Blatt), interessengerecht, wenn sich die Antragsgegnerin zu keiner weiteren Duldung der unerlaubten Teile der Außengastronomie des Antragstellers mehr bereitfindet. Seine wirtschaftlichen Belange haben gegenüber dem Schutzbedürfnis der Beigeladenen und dem Geltungsanspruch der Rechtsordnung umso mehr zurückzustehen, als die in den Nummern 5 und 6 des Bescheidstenors ausgesprochenen Nutzungsuntersagungen wegen der darin enthaltenen auflösenden Bedingungen ohne weiteres mit der Erteilung einer sich auf die jeweilige Fläche beziehenden Baugenehmigung erlöschen, obwohl der Antragsteller auch nach dem etwaigen Ergehen einer solchen Baugenehmigung noch einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis bedarf, um die in der Anlage zum Bescheid vom 25. Juli 2016 blau bzw. grün schraffierten Bereiche seines Betriebsgrundstücks als Wirtschaftsgarten rechtmäßig nutzen zu dürfen. U. a. angesichts des Wohlwollens, das er auch insofern seitens der Antragsgegnerin erfahren hat, ist für eine Bevorzugung seiner Belange gegenüber dem Schutzbedürfnis der Beigeladenen im Rahmen der gerichtlichen Interessenabwägung kein Raum mehr.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht im Sinn der letztgenannten Bestimmung der Billigkeit, die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären und sie dem unterlegenen Antragsteller aufzuerlegen, da die Beigeladenen auch in diesem Rechtszug einen Sachantrag gestellt haben und sie damit ihrerseits ein Kostenrisiko eingegangen sind. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.


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