Verwaltungsrecht

Berechnungsverfahren für die Besetzung von Ausschüssen des Stadtrates, Diskriminierung einer Partei oder Wählergruppe durch die Wahl des Berechnungsverfahrens

Aktenzeichen  B 9 E 20.1401

Datum:
4.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 31163
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GO Art. 33 Abs. 1 S. 1
GO Art. 33 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten über die Besetzung der Ausschüsse des Stadtrates der Antragsgegnerin.
Aufgrund der Kommunalwahl am 15. März 2020 hat sich für den aus insgesamt 30 ehrenamtlichen Stadträten bestehenden Stadtrat der Antragsgegnerin folgende Zusammensetzung ergeben:
Christlich Soziale Union in Bayern e. V. (CSU)
9 Sitze
30,00% der Sitze
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)
8 Sitze
26,67% der Sitze
Wählergemeinschaft … e. V. (WG*)
6 Sitze
20,00% der Sitze
Bündnis 90/Die Grünen (Grünen)
4 Sitze
13,33% der Sitze
Alternative für Deutschland (AfD)
2 Sitze
6,67% der Sitze
Freie Demokratische Partei (FDP)
1 Sitz
3,33% der Sitze
Die Antragsteller sind die beiden Stadträte der AfD.
Am 7. Mai 2020 fand die konstituierende Sitzung des Stadtrates der Antragsgegnerin statt. Unter TOP 7 wurde die Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts der Antragsgegnerin einstimmig beschlossen. Deren § 2 Abs. 1 lautet wie folgt:
„Der Stadtrat bestellt zur Mitwirkung bei der Erledigung seiner Aufgaben folgende ständige Ausschüsse:
a) den Haupt-, Verwaltungs-, Finanz- und Personalausschuss (Verwaltungsausschuss),
der sich zusammensetzt aus dem Oberbürgermeister als Vorsitzendem und 12 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern,
b) den Bau-, Umwelt-, Klima- und Grundstücksausschuss (Bauausschuss),
der sich zusammensetzt aus dem Oberbürgermeister als Vorsitzendem und 12 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern,
c) den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wirtschaftsfragen der sich zusammensetzt aus dem Oberbürgermeister als Vorsitzenden und 8 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern,
d) den Rechnungsprüfungsausschuss der sich zusammensetzt aus einem vom Stadtrat bestimmten ehrenamtlichen Stadtratsmitglied als Vorsitzendem und 3 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern; im Falle der Stimmengleichheit in der Vorberatung gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag,
e) den Werkausschuss für den Eigenbetrieb „Stadtwerke“ (Werkausschuss) der sich zusammensetzt aus dem Oberbürgermeister als Vorsitzendem und 8 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern,
f) den Betriebsausschuss für den Eigenbetrieb „Tourismus & Veranstaltungsservice“ (Betriebsausschuss T& V) der sich zusammensetzt aus dem Oberbürgermeister als Vorsitzendem und 8 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern,
g) den Sonderausschuss,
der sich aus den Mitgliedern des Verwaltungsausschusses gemäß Buchstabe a) zusammensetzt.“
Unter TOP 8 entschied der Stadtrat der Antragsgegnerin über das Verfahren zur Ausschussberechnung. Ausweislich der Niederschrift zur Sitzung des Stadtrates vom 7. Mai 2020 seien in den Vorabstimmungen von möglichen Berechnungsverfahren für die Ausschussbesetzung als Favoriten die Berechnungsverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers und d’Hondt vorgeschlagen worden. Ein Konsens zu einem Berechnungsverfahren sei nicht gefunden worden. Die Fraktionen der SPD, der Grünen und der AfD hätten das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers bevorzugt, während die CSU, WG* und FDP das Berechnungsverfahren nach d’Hondt favorisiert hätten. Für das Berechnungsverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers stimmten 13, dagegen 16 Mitglieder des Stadtrats, während umgekehrt für das d’Hondt’sche Verfahren 16 dafür und 13 Stadtratsmitglieder dagegen votierten. Zu diesem Abstimmungsergebnis äußerte der Antragsteller zu 1 ausweislich der Sitzungsniederschrift, dass das Verfahren nach d’Hondt kleinere Parteien benachteilige und die AfD rechtliche Mittel gegen diese Entscheidung ausschöpfen werde.
Der Stadtrat der Antragsgegnerin beschloss unter TOP 9 seine Geschäftsordnung. Für die Geschäftsordnung stimmten 27 und dagegen 2 Stadtratsmitglieder. In § 6 Abs. 1 ist darin Folgendes geregelt:
„In den Ausschüssen nach § 2 der Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts sind die den Stadtrat bildenden Fraktionen und Gruppen gemäß ihren Vorschlägen nach dem Verhältnis der Stärke vertreten (Art. 33 Abs. 1 GO). Die Sitze werden nach dem Verfahren d’Hondt verteilt. […] Haben Fraktionen, Gruppen oder Ausschussgemeinschaften den gleichen Anspruch auf einen Ausschusssitz, so entscheidet die größere Zahl der bei der Stadtratswahl auf die Wahlvorschläge der betroffenen Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen; Wird durch den Austritt oder Übertritt von Stadtratsmitgliedern das ursprüngliche Stärkenverhältnis der im Stadtrat vertretenen Fraktionen und Gruppen verändert, so sind diese Änderungen nach den Sätzen 2 bis 4 auszugleichen; haben danach Fraktionen, Gruppen oder Ausschussgemeinschaften den gleichen Anspruch auf einen Ausschusssitz, so entscheidet das Los. Das in Satz 2 festgelegte Verfahren ist ausgeschlossen, wenn die Sitzverteilung im Einzelfall zu einer Überaufrundung einer Fraktion, Gruppe oder Ausschussgemeinschaft zu Lasten einer anderen führt und diese Überaufrundung durch alternative Verfahren (Hare-Niemeyer oder Sainte-Laguë/Schepers) vermieden wird, ohne dass jene Verfahren zu einer Unterrepräsentation anderer Fraktionen, Gruppen oder Ausschussgemeinschaften in Bezug auf deren rechnerische Sitzanteile führen. Eine Überaufrundung im Sinne von Satz 7 liegt vor, wenn das Berechnungsverfahren bei einer Fraktion, Gruppe oder Ausschussgemeinschaft eine Aufrundung um mehr als 0,99 der dieser nach der strengen Proportionalberechnung zustehenden Anzahl der Ausschusssitze bewirkt oder bewirken kann […].“
Unter TOP 10 beschloss der Stadtrat der Antragsgegnerin die Besetzung seiner Ausschüsse entsprechend der Regelung in § 6 Abs. 1 seiner Geschäftsordnung. Dabei entfielen hinsichtlich der Ausschüsse mit zwölf Mitgliedern jeweils vier Sitze auf die CSU-Fraktion und die SPD-Fraktion (33,33% der Ausschusssitze), drei Sitze auf die WG*-Fraktion (25% der Ausschusssitze) und ein Sitz auf die Grünen (8,34%). In Ausschüssen mit acht ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern entfielen auf die CSU-Fraktion jeweils drei Sitze (37,5% der Ausschusssitze), auf die SPD-Fraktion und die WG*-Fraktion jeweils zwei Sitze (25% der Ausschusssitze) und auf die Grünen ein Sitz (12,5% der Ausschusssitze). Hinsichtlich des Rechnungsprüfungsausschusses entfielen zwei der vier Sitze auf die CSU-Fraktion (50% der Ausschusssitze) und jeweils ein Sitz auf die SPD-Fraktion und die WG*-Fraktion (25% der Ausschusssitze).
Die Antragsteller beantragten am 13. Oktober 2020 bei der Antragsgegnerin,
den getroffenen Beschluss zum Berechnungsverfahren der Ausschussbesetzung aufzuheben und stattdessen das Berechnungsverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers zu beschließen.
In der Stadtratssitzung vom 5. November 2020 stimmten zwei Personen für den Antrag und 25 Stadträte dagegen.
Mit Schriftsätzen vom 7. Dezember 2020, jeweiliger Eingang beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am 9. Dezember 2020, ließen die Antragsteller durch ihren Bevollmächtigten Klage erheben (Az.: B 9 K 20.1402) und ersuchten um Eilrechtsschutz. Sie beantragten durch ihren Bevollmächtigten:
I. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung dazu verpflichtet, bei der Wahl des Verteilungsverfahrens für die Ausschusssitze nicht das Verfahren nach d’Hondt, sondern das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers anzuwenden, hilfsweise auch nach einem anderen zulässigen Verteilungsverfahren die Ausschusssitze im Stadtrat … zu verteilen.
II. Es wird weiter beantragt, den Beschluss des Stadtrates der Antragsgegnerin vom 5. November 2020 Nr. … für rechtswidrig zu erklären und ihn deswegen einstweilen aufzuheben und den Stadtrat der Antragsgegnerin zu verpflichten, über die Ausschusssitzverteilung unter der Auffassung des Gerichts neu zu beschließen.
Zur Begründung führte der Bevollmächtigte der Antragsteller aus, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung bis zur Entscheidung in der Hauptsache notwendig sei, da bis zur Entscheidung in der Hauptsache noch viel Zeit vergehen werde und in dieser Zeit in den betroffenen Ausschüssen richtungsweisende Entscheidungen getroffen würden, insbesondere bezüglich des kommunalen Haushalts.
Die Ausschusssitzverteilung verletze die Antragsteller in ihren Rechten. Der Stadtrat der Antragsgegnerin habe in der konstituierenden Sitzung am 7. Mai 2020 als Berechnungsverfahren für die Ausschussbesetzung das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers mehrheitlich mit 16 zu 13 Stimmen abgelehnt und sich für das d’Hondt’sche Verfahren entschieden. Danach habe die AfD in keinem der bestehenden Ausschüsse einen Sitz erhalten. Nach dem Berechnungsverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers hätte die AfD jeweils einen Sitz in den Ausschüssen mit acht und zwölf Ausschusssitzen bekommen. Der Antrag der Antragsteller, der Stadtrat möge nochmals neu über das Berechnungsverfahren für die Ausschusssitzverteilung entscheiden und dabei das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers wählen, sei in der Stadtratssitzung vom 5. November 2020 mit 25 Gegenstimmen abgelehnt worden. Das derzeit gewählte Verfahren nach d’Hondt begünstige bekanntlich die größeren Fraktionen, während das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers den Vorgaben der spiegelbildlichen Abbildung nach den erzielten Wahlergebnissen weitaus besser und fairer entspreche. Die Antragsteller seien aus allen Ausschüssen ausgeschlossen. Dies entspreche nicht der Spiegelbildlichkeit. Zwar seien Stadträte in der Verfahrenswahl grundsätzlich frei, jedoch ende diese Wahlfreiheit dort, wo durch gezielte Absprachen schon im Vorfeld einer Konstituierung und bei der darauf folgenden Verfahrensauswahl kleinere Parteien und Gruppen aus den Ausschüssen ferngehalten würden. Ähnliches hätten bereits die Verwaltungsgerichte Bayreuth und Ansbach entschieden. Diese Entscheidungen seien auch im vorliegenden Fall anwendbar. Bereits in der Vorabstimmung zur konstituierenden Sitzung des Stadtrates sei – angeblich zur Bewahrung einer „bürgerlichen Mehrheit“ – auf die Anwendung des d’Hondt’schen Verfahrens für die Ausschussbesetzung hingewirkt und in der Folge dann mit der Mehrheit der Fraktionen CSU, WG* und FDP beschlossen worden. Schon die Verwendung bzw. Formulierung des Begriffes einer „bürgerlichen Mehrheit“ (somit in jedem Fall ohne die AfD) stelle eine eklatante Diskriminierung der gewählten Vertreter der AfD dar, sodass das gewählte Berechnungsverfahren unzulässig sei. Auch in der Verringerung der Ausschussgröße von 14 auf 12 sei eine Diskriminierung der AfD zu sehen.
Unter dem 17. Dezember 2020 beantragte die Antragsgegnerin:
Die Anträge werden abgelehnt.
Die Antragsgegnerin führte aus, dass die Wahl des Verfahrens der Ausschussverteilung des Stadtrats der Antragsgegnerin rechtmäßig sei und die Antragsteller nicht in ihren Rechten verletze. Hinsichtlich der Wahl der Verfahrensart zur Verteilung der Ausschusssitze sei der Stadtrat bzw. die Stadtratsmehrheit grundsätzlich frei in der Wahl der drei obergerichtlich anerkannten Verfahren, sofern es bei einem Verfahren nicht zu einer Überaufrundung komme. Dann sei auch die Spiegelbildlichkeit gewahrt, da grundsätzlich keines der drei Verfahren den Proporz genau abbilde. Bei keinem der besetzten Ausschüsse sei es zu einer Überaufrundung durch die Wahl des Verfahrens nach d’Hondt gekommen. Die Antragsteller hätten auch keine Gesichtspunkte glaubhaft gemacht, die dafür sprächen, dass die Wahl des Berechnungsverfahrens willkürlich, mit dem vorrangigen Ziel eine bestimmte Partei zu benachteiligen, erfolgt sei. Dass es eine Absprache hinsichtlich der „Bewahrung einer bürgerlichen Mehrheit“ überhaupt gegeben habe, werde bestritten. Zudem ziele eine solche, von Antragstellerseite lediglich behauptete Abrede schon nicht auf die vorrangige und unmittelbare Benachteiligung der Antragsteller ab. Es bleibe außerdem unklar, was mit dem Zitat, dass sich nicht in der Sitzungsniederschrift finde, gemeint sei. Eine mögliche Benachteiligung sei allenfalls mittelbarer Ausfluss einer Abrede, die vermutlich vorrangig dem Ziel gedient habe, dass auch die politischen Kräfte in den Ausschüssen mehrheitlich repräsentiert seien, die die meisten Stimmen in der Wahl erhalten hätten. Da die SPD die zweitmeisten Stimmen erreicht habe und somit wohl zur “bürgerlichen Mehrheit“ zu zählen wäre, diese jedoch in der Sitzung sogar gegen das Verfahren nach d’Hondt gestimmt habe, könne aus der in den Vorabstimmungen angeblich getroffenen Abreden zur Wahrung einer „bürgerlichen Mehrheit“ erst Recht nicht der Schluss gezogen werden, dass damit vom Stadtrat allein das Ziel verfolgt worden sei, die Antragsteller zu benachteiligen. Ein weiteres Indiz, welches gegen eine Benachteiligung der Antragsteller spreche, sei, dass diese bisher an allen Ausschusssitzungen als Zuhörer teilnehmen durften und ihnen auch Wortmeldungen nicht verweigert worden seien, obwohl die Ausschusssitzungen grundsätzlich nicht öffentlich seien. Die Antragseller von jeglicher Ausschussarbeit fernzuhalten, lasse sich zudem weder den Äußerungen der Vertreter der übrigen Fraktionen und Gruppierungen entnehmen, noch würden objektive Indizien auf eine solche Intention hindeuten. Somit könne dem Stadtrat der Antragsgegnerin vorliegend keine Willkür unterstellt werden.
Die mangelnde Repräsentation der AfD in den Ausschüssen sei, wenn überhaupt, mittelbar aufgrund der mangels Überaufrundung zulässigen Wahl des Verfahrens nach d’Hondt erfolgt. Würde man die zulässige Wahl eines Verfahrens, welches die Mehrheit des Stadtrates bevorzuge, wegen der mittelbaren Benachteiligung anderer Parteien als unzulässig ansehen, würde hierdurch die Wahlfreiheit zwischen den drei zulässigen Verfahren von vornherein so eingeschränkt werden, dass zwingend immer das Verfahren gewählt werden müsse, welches dem Proporz insgesamt am nächsten komme. Dies sei jedoch in vielen Fällen nicht möglich.
Die angeführten Entscheidungen der Verwaltungsgerichte seien Einzelfallentscheidungen und aufgrund der unterschiedlichen Konstellationen nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar. Insbesondere Äußerungen von Stadtratsmitgliedern, die auf einen gezielten Ausschluss der AfD hindeuten würden, lägen nicht vor. In der Stadtratssitzung vom 5. November 2020 sei, mit Ausnahme der beiden Antragsteller, einstimmig entschieden worden, dass die Wahl des Ausschussverfahrens in der konstituierenden Sitzung nicht zu beanstanden sei. Auch diejenigen Stadtratsmitglieder, die primär für das d’Hondt’sche Verfahren gestimmt hätten, würden die demokratische Entscheidung, die in der konstituierenden Sitzung getroffen worden sei, respektieren und seien mit der Beibehaltung des gewählten Berechnungsverfahrens eingestanden.
Die Verkleinerung des Verwaltungs- und des Bauausschusses von 14 auf 12 Sitze sei entschieden worden, da sich nach der letzten Wahlperiode die Zahl von 14 Sitzen bei einem Gremium von 30 Stadträten als zu groß erweisen habe. Durch die Verringerung der Ausschusssitze sollten Kosten eingespart und die Effektivität der ohnehin nur vorberatenden Ausschüsse gesteigert werden. Zudem sei die Zahl von 12 Sitzen bei 30 Stadträten angemessen.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 23. Dezember 2020 wurden den Beteiligten die Beschlüsse des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. Dezember 2020 (Az.: 4 CE 20.2032) und vom 15. Dezember 2020 (Az.: 4 CE 20.2166) zur Gelegenheit zur Stellungnahme übermittelt.
Der Bevollmächtigte der Antragsteller replizierte unter dem 4. Januar 2021, dass vorliegend die Spiegelbildlichkeit nicht gewahrt sei, da die Antragsteller trotz des Erreichens von zwei Stadtratsmandaten in keinem einzigen Ausschuss vertreten seien. In der vorhergehenden Wahlperiode sei das Hare-Niemeyer-Verfahren angewandt worden. Anhaltspunkte für eine willkürliche Wahl des Berechnungsverfahrens, mit dem Ziel eine bestimmte Partei zu benachteiligen, seien nicht nur die Wahl des Berechnungsverfahrens an sich, sondern auch die zielgerichtete Verkleinerung der Zahl der Ausschusssitze in den großen und wichtigen Ausschüssen. Die dazu geführte Vorbesprechung, die ohne die Antragsteller stattgefunden habe, habe auf Einladung der CSU-Fraktion stattgefunden. Die SPD und WG* hätten daran teilgenommen. Inhaltlich sei es um den Erhalt der sogenannten „bürgerlichen Mehrheit“, d.h. den bewussten Ausschluss der Antragsteller aus den Ausschüssen, gegangen. Bereits die Nichtteilnahme der Antragsteller an dieser Vorbesprechung spreche dafür, dass das einzige Ziel dieser Vorabstimmung die bewusste Benachteiligung der Antragsteller gewesen sei. In allen Ausschüssen habe die CSU zusammen mit der WG* die Mehrheit der Stimmen. Ohne Stimmrecht im Ausschuss sei die Mitwirkung wirkungslos. Die reine Teilnahme als Zuhörer oder die Einräumung der Möglichkeit von Wortmeldungen sei nur eine leere Hülle. Zur Neuabstimmung am 5. November 2020 sei ergänzend noch mitzuteilen, dass sowohl der Bürgermeister als auch diverse Fraktionsvorsitzende in der Diskussion vor der Abstimmung über den Antrag der Antragsteller geäußert hätten, dass ein einmal getroffener Beschluss zur Ausschusssitzverteilung nicht abgeändert werden könne. Diese Mitteilung sei unzutreffend gewesen, da Teile der Geschäftsordnung jederzeit änderbar seien, wenn sie sich als rechtswidrig, ungeeignet oder benachteiligend herausstellen würden.
Mit Schriftsatz vom 12. Januar 2021 ergänzte die Antragsgegnerin, dass die Verkleinerung der Ausschussgrößen von 14 auf 12 Sitze erforderlich gewesen sei. Selbst bei nur 12 Sitzen seien immer noch 40% der Stadtratsmitglieder vertreten. Die Ausschüsse mit acht und vier Sitzen seien gleich groß geblieben. Aus Sicht der Stadtratsmehrheit, bestehend aus der CSU, WG* und FDP, hätten Gründe für die Wahl des d’Hondt’schen Berechnungsverfahrens bestanden. Durch das gewählte Verfahren sei es CSU, WG* und FDP möglich gewesen, sich in jedem Ausschuss die Mehrheit zu sichern. Dies sei für diese Parteien nach dem Wechsel an der Spitze der Verwaltung von einem CSUzu einem SPD-Oberbürgermeister wohl essentiell wichtig gewesen, um sich weiterhin den ihres Erachtens nach notwendigen Einfluss zu sichern. Bei der Wahl eines anderen Berechnungsverfahrens wären Pattsituationen in manchen Ausschüssen möglich gewesen. Die von den Antragstellern behauptete Abrede zur Wahrung der „bürgerlichen Mehrheit“ (CSU, WG* und FDP) sei, sofern es sie überhaupt gegeben habe, nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht zu beanstanden. Es hätten hierfür sachliche Gründe vorgelegen, denn diese Parteien würden die Mehrheit im Stadtrat bilden und oft gleiche Interessen verfolgen. Es sei daher legitim, dass sie sich auch in den Ausschüssen entsprechenden Einfluss sichern. Dies sei Teil des demokratischen Prozesses.
Die stattgefundene Vorbesprechung zwischen einzelnen Parteien sei üblich und nicht zu beanstanden. Dass alle Parteien, die gewählt worden seien, hieran teilnehmen müssten, sei nicht vorgeschrieben. Die Antragsteller hätten ihre Wünsche und Anregungen in der konstituierenden Sitzung kundtun können. Da die SPD, die entsprechend der Behauptung der Antragsteller an dieser Vorbesprechung teilgenommen habe, gegen das Verfahren nach d’Hondt gewesen sei, seien in dieser Vorbesprechung wohl entgegen der Behauptungen der Antragsteller auch keine unzulässigen Abreden zu Lasten der AfD getroffen worden. Im Übrigen sei eine solche Abrede nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden, da ein Zeugenbeweis hierfür nicht genüge.
Bezüglich des Beschlusses vom 5. November 2020 hätten sich auch die SPD und die Grünen dafür ausgesprochen das d’Hondt’sche Verfahren beizubehalten, da dies in der konstituierenden Sitzung im Rahmen einer demokratischen Entscheidung beschlossen worden sei. Die von den Antragstellern behaupteten Aussagen einzelner Fraktionsvorsitzender und des Oberbürgermeisters seien dem Unterzeichner, der in dieser Sitzung ebenfalls anwesend gewesen sei, nicht bekannt.
Hiergegen äußerte die Antragstellerseite mit Schriftsatz vom 29. Januar 2021, dass die Antragsteller ganz bewusst bei der Ausschusssitzverteilung nicht berücksichtigt worden seien. Die Verkleinerung einiger Ausschüsse sowie der Wechsel des Verteilungsverfahren hätten nur stattgefunden, damit die „bürgerliche Mehrheit“ gewahrt werde, was nicht mit demokratischen Grundprinzipien vereinbar sei. Auch die Antragsteller würden zur „bürgerlichen Mehrheit“ gehören. Tatsächlich sei die sogenannte „bürgerliche Mehrheit“ nur eine pseudo-bürgerliche Mehrheit, welche aus CSU, WG* und FDP bestehe. Alle anderen würden diesem Spektrum nicht zugerechnet werden, auch nicht die SPD und die Grünen. Die Wichtigkeit der Beteiligung an den beratenden und beschließenden Ausschüssen werde durch die aktuelle Pandemiesituation verdeutlicht. Derzeit werde eine Verkleinerung des Stadtrates nach den vom Innenministerium vorgegebenen Möglichkeiten diskutiert. Danach sei eine Halbierung der Zahl der Stadtratsmitglieder – wiederum nach den drei zulässigen Auswahlverfahren – möglich. Die Antragsteller hätten in einer Vorbesprechung Kritik hierzu geäußert, da in der Stadthalle genügend Platz sei, um notwendige Abstände zu wahren. Daraufhin sei, für den Fall, dass keine Verkleinerung stattfinde, angekündigt worden, dass nun im Ferienausschuss – Besetzung wie im Verwaltungsausschuss – die notwendigen Stadtratsbeschlüsse gefasst würden. Bereits hieraus ergebe sich die Notwenigkeit der Ausschussbeteiligung der Antragsteller. Wenn statt dem Stadtrat künftig der Ferienausschuss Entscheidungen treffe, würden die organschaftlichen Rechte der Antragsteller verloren gehen.
Zur kritisierten Vorbesprechung und zur erforderlichen Glaubhaftmachung sei auszuführen, dass die Antragsteller an der Vorbesprechung nicht teilgenommen hätten, sodass sie den Inhalt der Besprechung nicht eidesstattlich versichern könnten. Die Teilnehmer seien als Zeugen benannt worden. Die Glaubhaftmachung durch Zeugenbeweis sei statthaft.
Ergänzend wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist eröffnet. Der Antrag ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
1. Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben. Dazu zählen auch Innenrechtsstreitigkeiten zwischen Organen oder Organteilen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts um deren Befugnisse und damit insbesondere auch – wie hier – ein Kommunalverfassungsstreit um die Organbefugnisse eines Gemeinderates (vgl. Rennert in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Aufl. 2019, § 40 Rn. 15 m.w.N.).
2. Der Antrag ist zulässig.
a. Die Antragsteller sind als Mitglieder des Stadtrates der Antragsgegnerin entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt, da sie geltend machen können, möglicherweise in ihrem Recht aus Art. 33 Abs. 1 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO) auf Zuteilung von Ausschusssitzen entsprechend ihrer Stärke im gesamten Stadtrat (vgl. BayVGH, U.v. 26.11.1954 – 91 IV 54 -VGH n.F. 8, 5 ff.) verletzt zu sein.
b. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist auch im Hinblick auf § 123 Abs. 5 VwGO statthaft. In der Hauptsache ist eine allgemeine Leistungsklage statthaft, da die streitgegenständlichen Stadtratsbeschlüsse zur Besetzung der Ausschüsse mangels Außenwirkung keine Verwaltungsakte i. S. d. Art. 35 Satz 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) darstellen (vgl. Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: Juni 2019, Art. 33 GO Rn. 35 m.w.N.).
c. Den Antragstellern kann nicht im Hinblick darauf, dass sie ihren Antrag unter Ziffer 1 der Antragsschrift erst etwa sieben Monate nach der konstituierenden Sitzung des Stadtrates gestellt haben, ein Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden. Das Rechtsschutzbedürfnis ist ungeschriebene, aber allgemein anerkannte Voraussetzung für die Zulässigkeit einer jeden Inanspruchnahme des Gerichts. Unter ihm ist das Interesse eines Rechtsschutzsuchenden zu verstehen, zur Erreichung des begehrten Rechtsschutzes ein Gericht in Anspruch nehmen zu dürfen. Für eine unnötige oder gar missbräuchliche Ausübung von Klage- oder Antragsmöglichkeiten müssen die Gerichte nicht zur Verfügung stehen. Das Rechtsschutzbedürfnis ist letztlich Ausfluss des allgemeinen Verbots eines Missbrauchs prozessualer Rechte (vgl. Rennert in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Aufl. 2019, Vor §§ 40-53 Rn. 11; Ehlers in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 38. EL Januar 2020, Vorbemerkung § 40 Rn. 74 f.; jeweils m.w.N.). An einem Rechtsschutzbedürfnis fehlt es insbesondere dann, wenn ein Recht entgegen dem Grundsatz von Treu und Glauben verspätet geltend gemacht wird. Das Klage- bzw. Antragsrecht kann in solchen Fällen fehlen, weil es bereits verwirkt ist. Dies setzt aber einerseits voraus, dass der Berechtigte sein Klage- oder Antragsrecht lange Zeit nicht ausgeübt hat, weswegen der Prozessgegner darauf vertrauen durfte, dass ein gerichtliches Vorgehen nicht mehr erfolgen werde (Vertrauensgrundlage). Andererseits muss der Prozessgegner dieses Vertrauen tatsächlich gefasst haben (Vertrauenstatbestand) und sich entsprechend eingerichtet haben, sodass ihm durch die nunmehr rege Ausübung des Klage- bzw. Antragsrecht ein unzumutbarer Nachteil entstünde (Vertrauensbetätigung) (vgl. BVerwG, U.v. 7.2.1974 – III C 115.71 – BVerwGE 44, 339; B.v. 9.12.1992 – 6 P 16.91 – BVerwGE 91, 276; U.v. 9.12.1998 – 3 C 1.98 – BVerwGE 108, 93; BayVGH, U.v. 7.8.2001 – 8 A 01.40004 – juris Rn. 21). Eine Verwirkung kommt i. d. R. nur in Betracht, wenn keine Rechtsbehelfsfristen laufen (Ehlers in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 38. EL Januar 2020, Vorbemerkung § 40 Rn. 105 m.w.N.). Vorliegend ist zwar der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO nicht fristgebunden. Allerdings kann in der Zeitspanne von sieben Monaten zwischen der konstituierenden Sitzung des Stadtrates und der Antragstellung, in der bereits mehrfach Ausschusssitzungen stattfanden, schon im Hinblick auf die Gesamtdauer der Wahlperiode von 2020 bis 2026 und die in dieser Zeitspanne noch anstehenden Ausschusssitzungen kaum eine hinreichende Vertrauensgrundlage gesehen werden. Jedenfalls bestand aber für die Antragsgegnerin angesichts des vorangegangen Antrags-, Beschwerde- und Klageverfahrens zu einer möglichen Wiederholung der konstituierenden Sitzung aufgrund formeller Mängel (Az.: B 9 E 20.733, 4 CE 20.2271, B 9 K 20.734) und der Äußerungen der Antragsteller in der konstituierenden Sitzung, dass rechtlichen Schritte gegen die Wahl des Berechnungsverfahrens der Ausschusssitze ausgeschöpft werden, sowie des Antrags an die Antragsgegnerin auf Abänderung des Berechnungsverfahrens vom 13. Oktober 2020, keine Grundlage dafür, darauf zu vertrauen, dass die Antragsteller auf die gerichtliche Geltendmachung ihrer Rechte verzichten würden. Eine Verwirkung des Antragsrechts ist vor diesem Hintergrund nicht anzunehmen.
3. Der Antrag erweist sich jedoch insgesamt als unbegründet.
a. Richtige Antragsgegnerin ist hier die Stadt … als Rechtsträgerin des Stadtrates (vgl. BayVGH, B.v. 18.7.1989 – 4 CE 89.2120 – NVwZ-RR 1990, 99 m.w.N.).
b. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht, gegebenenfalls bereits vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt ein besonderes Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) im Interesse der Wahrung des behaupteten Rechts (Anordnungsanspruch) voraus. Beides ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2, § 294 der Zivilprozessordnung (ZPO). Maßgebend für die Beurteilung sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Das Gericht berücksichtigt bei seiner Entscheidung auch, dass in einem Organstreit eine Vorwegnahme der Hauptsache, wie sie mit der getroffenen einstweiligen Anordnung erfolgt, nur in seltenen Ausnahmefällen gerechtfertigt sein kann. In einem Organstreit ist im Gegensatz zum Außenrechtsstreit nicht über Individualrechte, sondern über innerorganisatorische Kompetenzen zu entscheiden. Diese sind den Antragstellern nicht um ihrer selbst willen, sondern im Interesse der Gemeinde zugewiesen und daher weder aus den Grundrechten herzuleiten, noch im Schutzbereich der Rechtsweggarantie (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG)) angesiedelt. Gemessen daran kommt es für den Anordnungsgrund in einem Organstreit nicht auf die subjektive Betroffenheit des jeweiligen Antragstellers, sondern darauf an, ob die einstweilige Anordnung im Interesse der Körperschaft objektiv notwendig bzw. – bei einer Vorwegnahme der Hauptsache – unabweisbar erscheint. Entscheidend für die Vorwegnahme der Hauptsache ist neben der Bedeutung der konkreten Angelegenheit für die Gemeinde vor allem der Rang des Rechtssatzes, dessen Verletzung durch die einstweilige Anordnung abgewendet werden soll (vgl. OVG NW, B.v. 20.7.1992 – 15 B 1643/92 – juris Rn. 42 ff. m.w.N.). Im vorliegenden Verfahren kommt jedoch jede mögliche Entscheidung faktisch einer Entscheidung in der Hauptsache gleich, da die Teilnahme an Ausschusssitzungen nicht nachholbar wäre und dort gefasste Beschlüsse zwar möglicherweise rechtswidrig, aber wohl trotzdem wirksam wären (vgl. Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: Juni 2019, Art. 33 GO Rn. 26 f., ebenso Mösbauer, KommunalPraxis BY 2001, 296). Daher ist ein besonders strenger Maßstab an die Glaubhaftmachung des Anspruchs der Antragsteller, mithin die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs in der Hauptsache, anzusetzen.
c. Die Antragsteller haben zwar einen Anordnungsgrund und damit die Eilbedürftigkeit der gerichtlichen Entscheidung glaubhaft i. S. d. § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO gemacht. Ein Anordnungsgrund ist gegeben, wenn die Voraussetzungen nach § 123 Abs. 1 VwGO für die einstweilige Anordnung vorliegen (Happ in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Aufl. 2019, § 123 Rn. 53), d.h. im Falle der Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, wenn die Regelung nötig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. Es stellt für die Antragsteller einen wesentlichen Nachteil dar, wenn sie bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache möglicherweise zu Unrecht gezwungen wären, auf einen ihnen zustehenden Sitz in den Ausschüssen des Stadtrates der Antragsgegnerin zu verzichten und so wesentliche kommunalpolitische Einflussmöglichkeiten verlieren würden. Dabei können die Antragsteller nicht lediglich darauf verwiesen werden, dass ihr Informationsdefizit, das gegebenenfalls aus der fehlenden Ausschussmitgliedschaft herrührt, auf andere Weise – Teilnahmerechte und Wortmeldungen – kompensiert werden könne. Maßgeblich sind vielmehr Mitwirkungsmöglichkeiten an der kommunalpolitischen Willensbildung, die rechtlich an die Mitgliedschaft in den jeweiligen Ausschüssen geknüpft sind.
d. Jedoch haben die Antragsteller keinen Anordnungsanspruch i. S. d. § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht.
aa. Nach Art. 33 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GO regelt der Gemeinderat die Zusammensetzung der Ausschüsse in seiner Geschäftsordnung; dabei hat er dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen. Sowohl die Entscheidung über die Bildung von Ausschüssen, ihre Größe (soweit nicht bereits gesetzlich geregelt) als auch das bei der Besetzung anzuwendende Verfahren sind Ausfluss der Organisationskompetenz des Gemeinderats als kollegialem Verwaltungsorgan der Selbstverwaltungskörperschaft. Begrenzt wird diese Autonomie aber durch Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO, der eine Berücksichtigung des Stärkeverhältnisses der im Gemeinderat vertretenen Parteien und Wählergruppen erfordert (vgl. BayVGH, U.v. 17.3.2004 – 4 BV 03.1159 – juris Rn. 13). Daraus folgt das Spiegelbildlichkeitsgebot, demzufolge jeder Ausschuss in seiner Zusammensetzung ein verkleinertes Abbild des Gemeinderates darstellen muss (vgl. grundlegend BayVGH, U.v. 26.11.1954 – 91 IV 54 -VGH n.F. 8, 5 ff.).
bb. Die Bestimmung der Ausschussgröße hat die notwendige Effektivität der Ausschussarbeit zu berücksichtigen. Ausschüsse als spezialisierte Unterorgane des Gemeinderats dienen der Beschleunigung der im Plenum vergleichsweise umständlichen Willensbildung, der darin liegende Entlastungseffekt nimmt jedoch mit zunehmender Ausschussgröße ab. Daher muss die Zahl der Sitze nicht zwingend so bemessen werden, dass selbst kleinste Fraktionen oder Gruppen in den Ausschüssen vertreten sind (vgl. BVerwG, U.v. 9.12.2009 – 8 C 17.08 – juris Rn. 29). Es obliegt vielmehr der kommunalpolitischen Einschätzung des Gemeinderats, bis zu welcher Größe eine zügige und sachgerechte Ausschussarbeit noch möglich erscheint (vgl. BVerfG, U.v. 13.2.2008 – 2 BvK 1/07 – BVerfGE 120, 82/121). Das Spiegelbildlichkeitsgebot wirkt dabei nur insoweit limitierend, als die Mitgliederzahl eines Ausschusses nicht so gering bemessen werden darf, dass ansehnlich große Fraktionen und Gruppen von vornherein von der Vertretung im Ausschuss ausgeschlossen werden; aus Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO folgt insoweit nur ein Verbot grober Verzerrungen (BayVGH, U.v. 17.3.2004 – 4 BV 03.1159 – juris Rn. 15 m.w.N.).
Hieran gemessen ergeben sich unter Berücksichtigung des weiten Organisationsermessens des Stadtrats keine rechtlichen Bedenken allein wegen der Größe der Ausschüsse des Stadtrats der Antragsgegnerin. Die in § 2 Abs. 1 Buchst. c) – f) der Satzung geregelten Ausschussgrößen (acht und vier Sitze) entsprechen den Größen der vorhergehenden Wahlperiode und werden von Antragstellerseite nicht beanstandet. Die Größe des Verwaltungsausschusses, des Bauausschusses und der Sonderausschüsse (geregelt in § 2 Abs. 1 Buchst. a), b) und g) der Satzung) wurde im Vergleich zur vergangenen Wahlperiode von 14 auf 12 Sitze reduziert. In der Niederschrift zur konstituierenden Sitzung vom 7. Mai 2020 findet sich für die Verkleinerung der Sitzzahl dieser Ausschüsse keine Begründung. Die Antragsgegnerin trug im hiesigen Verfahren vor, dass die Ausschussgrößen aufgrund der Erfahrungen der vorherigen Wahlperiode reduziert worden seien. Die Arbeit in den Ausschüssen habe durch die Verringerung der Ausschusssitze effektiver gestaltet und Kosten gespart werden sollen. Die Gewährleistung einer effektiven Arbeitsweise in den Ausschüssen sowie die Einsparung von Kosten sind legitime Gründe für die Verringerung der Ausschusssitze von 14 auf 12. Die neu geregelte Größe der Ausschüsse ist im Hinblick darauf, dass der Stadtrat aus 30 Stadtratsmitgliedern besteht, auch nicht auffallend klein gewählt, sodass eine Benachteiligung der Antragsteller allein durch die Ausschussgröße naheliegend wäre (zum Vergleich etwa VG Ansbach, B.v. 5.6.2020 – AN 4 E 20.973 zum Stadtrat der Stadt …, der aus 70 Mitgliedern besteht und in seiner Geschäftsordnung bestimmt hat, dass die Ausschüsse aus 14 Mitgliedern bestehen). Zudem hat die Antragstellerseite nichts vorgetragen oder glaubhaft gemacht, was für eine Verletzung von Rechten der Antragsteller allein aufgrund der gewählten Größe der Ausschüsse sprechen würde. Es wurde insbesondere nicht vorgetragen, dass die Größe der Ausschüsse in einer möglichen Vorbesprechung überhaupt Thema gewesen ist. Zudem haben die Antragsteller selbst für die erlassene Satzung und damit die Anzahl der Ausschusssitze gestimmt.
cc. Hinsichtlich der Wahl des Berechnungsverfahrens zur Verteilung der Ausschusssitze gilt: Eine gesetzliche Vorgabe eines bestimmten Verfahrens enthält die Gemeindeordnung (anders als etwa Art. 35 Abs. 2 des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes – GLKrWG) nicht. Daher hat der Gemeinderat insoweit grundsätzlich die Wahlmöglichkeit unter verschiedenen, den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Prinzips der repräsentativen Demokratie und des Gebots der Wahlgleichheit gerecht werdenden Berechnungsverfahren. Es entspricht dabei ständiger Rechtsprechung, dass die drei gebräuchlichen Verfahren nach d’Hondt, Sainte-Laguë/Schepers und Hare-Niemeyer dem Gebot der Wahlgleichheit nach Maßgabe des verbesserten Verhältniswahlrechts entsprechen und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind (vgl. BayVerfGH, E.v. 10.6.1994 – Vf. 11-VII-94 – VerfGH 47, 154/156; BayVGH, U.v. 17.3.2004 – 4 BV 03.1159 – juris Rn. 16; Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: Juni 2019, Art. 33 GO Rn. 17; Glaser in Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, 30. EL Februar 2020, Art. 33 Rn. 10 ff.; jeweils m.w.N.). Grundsätzlich ist damit auch eine Entscheidung eines Gemeinderates für das d’Hondt‘sche Höchstzahlverfahren nicht zu beanstanden (BayVGH, U.v. 8.5.1968 – 284 VI 67 – BayVBl 1968, 324; U.v. 5.3.1986 – 4 B 85 A.2589 – BayVBl 1986, 366; U.v. 17.3.2004 – 4 BV 03.1159 – juris Rn. 16).
Wegen der Unteilbarkeit von Menschen und Ausschusssitzen müssen die bei proporzgerechter Übertragung der Kräfteverhältnisse aus dem Plenum auf die (gewählte) Ausschussgröße (also der Anzahl der Gemeinderatssitze der Fraktion multipliziert mit der Gesamtzahl der Ausschusssitze geteilt durch die Gesamtzahl der Gemeinderatssitze) typischerweise auftretenden Teilungsreste (Dezimalbrüche) aufgelöst werden. Dazu stehen verschiedene mathematische Verfahren zur Verfügung: Entweder werden auf der Grundlage der strengen Proportionalberechnung im Anschluss an die Sitzvergabe nach ganzen Zahlen die restlichen Ausschusssitze im zweiten Schritt nach der Größe der Dezimalreste verteilt (so z.B. Hare-Niemeyer) oder es wird die Reihenfolge der Zugriffe auf die Ausschusssitze für die einzelnen Fraktionen über Rangmaßzahlen bzw. Höchstzahlen definiert (so d’Hondt mit fortlaufenden und Sainte-Laguë/Schepers nur mit ungeraden Höchstzahlen). Sobald bei der strengen Proportionalberechnung Dezimalzahlen auftreten und angesichts der sachgesetzlichen Forderung nach ganzzahligen Ergebnissen ein Rundungsbedarf besteht, können die verschiedenen Verfahren zu unterschiedlichen Resultaten führen. Tendenziell ist festzustellen, dass das d’Hondt’sche Verfahren eher größere Fraktionen bevorzugt, während das Restverteilungsverfahren eher die Minderheiten begünstigt und deren Beteiligung am demokratischen Prozess fördert (BayVGH, U.v. 17.3.2004 – 4 BV 03.1159 – juris Rn. 17 m.w.N.). Die insoweit geäußerte Kritik am d’Hondt’sche Verfahren (vgl. Rauber, NVwZ 2014, 626) ändert nichts an der für den Gemeinderat grundsätzlich bestehenden Wahlfreiheit. Es gibt weder einen Anspruch auf Anwendung eines bestimmten Zählverfahrens noch einen Billigkeitsgrundsatz dahingehend, dass Parteien oder Ausschussgemeinschaften durch die Wahl eines passenden Auswahlverfahrens so (über) repräsentiert werden müssten, dass auch sie einen Ausschusssitz erhalten können (BayVGH, B.v. 20.3.2017 – 4 ZB 16.1815 – juris Rn. 12 ff. m.w.N.). Solche Billigkeitserwägungen würden mangels einer eindeutigen Abgrenzbarkeit im Übrigen auch keinen brauchbaren Maßstab darstellen (BayVGH, U.v. 5.3.1986 – 4 B 85 A.2589 – BayVBl 1986, 366/367). Der Kommunalgesetzgeber hat, nachdem sich mit keinem der Verfahren eine exakte Spiegelbildlichkeit der Sitzverteilung erreichen lässt, ebenso wie der Verfassungsgeber darauf verzichtet, die örtlichen Volksvertretungen auf die Wahl des jeweils „bestmöglichen“ Verfahrens festzulegen. Erst recht besteht danach keine Verpflichtung, den kleinen Gruppen im Gemeinderat durch die Wahl eines sie besonders begünstigenden Auswahlverfahrens die Entsendung von Vertretern in die Ausschüsse zu ermöglichen (BayVGH, B.v. 7.8.2020 – 4 CE 20.1442 – Rn. 21 m.w.N.).
Eine Grenze der Zulässigkeit des d’Hondt’schen Verfahrens ist jedoch dann erreicht, wenn seine Anwendung im Ergebnis zu einer sogenannten Überaufrundung führt. Eine solche liegt dann vor, wenn bei einer Fraktion oder Wählergruppe das d’Hondt’sche Höchstzahlverfahren im Vergleich zu ihrem Sitzanteil nach einer streng mathematischen Proportionalität die nächst höhere ganze Zahl überschreiten würde, es also zu einer Aufrundung um mehr als 0,99 käme; eine derartige Überrepräsentation wäre mit dem Spiegelbildlichkeitsgebot nicht mehr vereinbar (BayVGH, U.v. 17.3.2004 – 4 BV 03.1159 – juris Rn. 19 ff.; vgl. dazu Anm. von Deubert, BayVBl 2004, 435 ff.). Eine mögliche Überaufrundung wurde weder von Antragstellerseite geltend gemacht, noch ist eine solche für das Gericht erkennbar.
Die in der Geschäftsordnung des Gemeinderats getroffenen Organisations- oder Verfahrensregelungen sind nach allgemeiner Auffassung willkürlich und daher unzulässig, wenn sie sich gegen eine bestimmte politische Gruppierung richten und das alleinige oder vorrangige Ziel verfolgen, deren Tätigkeit zu beeinträchtigen oder sie als unerwünschte politische Kraft auszuschalten (BayVGH, U.v. 16.2.2000 – 4 N 98.1341 – juris Rn. 32 m.w.N.; B.v. 12.10.2010 – 4 ZB 10.1246 – juris Rn. 6; HessVGH, B.v. 4.8.1983 – 2 TG 40/83 – NVwZ 1984, 54; OVG SH, U.v. 15.3.2006 – 2 LB 48/05 – juris Rn. 55 ff.). Ob eine solche vom Zweck der Geschäftsordnungsautonomie nicht mehr gedeckte diskriminierende Gestaltung des ratsinternen Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesses vorliegt, beurteilt sich nicht allein anhand der offiziellen Erklärungen jener Fraktionen und Wählergruppen, die sich mehrheitlich für die betreffenden Bestimmungen ausgesprochen haben. Von Bedeutung sind darüber hinaus die äußeren Umstände, die dem Erlass der Vorschriften zugrunde liegen, sowie die möglichen Sachgründe, die sich für das gewählte Regelungskonzept anführen lassen. Je stärker von einer bisher überwiegend akzeptierten Handhabung abgewichen wird und je gezielter die gewählte Verfahrensgestaltung auf einen bestimmten (Ausgrenzungs-)Effekt hin zugeschnitten erscheint, desto gewichtiger müssen die sachbezogenen Argumente sein, die das Vorgehen der Ratsmehrheit rechtfertigen (BayVGH, B.v. 7.8.2020 – 4 CE 20.1442 – Rn. 23; B.v. 7.12.2020 – 4 CE 20.3032 Rn. 28).
Hier ist nach Überzeugung der Kammer angesichts der zu berücksichtigen Umstände davon auszugehen, dass die Entscheidung für die Anwendung des d’Hondt’schen Verfahren nicht zu beanstanden ist, da ihr nachvollziehbare Gründe der Mehrheitsbildung und der Spiegelbildlichkeit zugrunde liegen. Der Beschluss des Stadtrats zur Wahl des Berechnungsverfahrens für die Ausschussbesetzung wurde mit 16 zu 13 Stimmen gefasst. Die Stadträte der Antragstellerin, der SPD und der Grünen waren, entsprechend der Niederschrift der Sitzung vom 7. Mai 2020, bereits in einer Vorabstimmung zur Beschlussfassung gegen das d’Hondt‘sche Verfahren, wohingegen die Stadtratsmitglieder der CSU, WG* und FDP dafür stimmten. Wie die Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung dargestellt hat, zielte die Änderung des Berechnungsverfahren zum d’Hondt’schen Verfahren darauf ab, die Mehrheit in den Ausschüssen für die – meist gleiche Interessen verfolgenden – Fraktionen bzw. Gruppierung der CSU, WG* und FDP zu sichern, nachdem der gewählte Oberbürgermeister nunmehr der SPD und nicht wie bisher der CSU angehört. Dass dieses Motiv nur vorgeschoben wäre und mit der getroffenen Regelung stattdessen das alleinige und vorrangige Ziel verfolgt worden wäre, die Tätigkeit der Gruppe der Antragsteller zu beeinträchtigen oder sie als unerwünschte politische Kraft auszuschalten, kann hier nicht angenommen werden.
Eine Vorfeldabsprache zwischen den Stadtratsmitgliedern ohne Beteiligung der Antragsteller haben diese nicht glaubhaft gemacht. Die Antragstellerseite behauptete lediglich, dass die CSU-Fraktion die SPD- und WG*-Fraktionen bereits vor der konstituierenden Sitzung zu einem Treffen eingeladen habe und hierbei über die Berechnungsverfahren für die Ausschusssitzverteilung diskutiert worden sei. Die Antragsgegnerseite bestreitet ein solches Treffen. Das Angebot bzw. die Anregung eines bloßen Zeugenbeweises – wie vorliegend erfolgt – genügt für eine Glaubhaftmachung im Sinne des § 920 Abs. 3 i. V. m. § 294 ZPO gerade nicht. Da im Rahmen des Eilrechtsschutzes durch Beschluss (§ 123 Abs. 4 VwGO) und im hiesigen Verfahren auch ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, kann die Vernehmung eines Zeugen auf Antrag der Antragsteller gerade nicht erfolgen (vgl. hierzu Prütting in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, § 294 ZPO Rn. 15). Die Antragsteller haben weder selbst eine eidesstaatliche Versicherung darüber abgegeben, woher und welche Informationen sie zur angeblich stattgefunden Absprache erhalten haben, noch vorgetragen, dass sie versucht hätten von den benannten Zeugen schriftliche Zeugenaussagen oder eine eidesstaatliche Versicherung zu erlangen.
Selbst wenn man den Vortrag der Antragsteller zugrunde legt und annimmt, dass es ein Vorfeldtreffen einiger Stadträte gegeben hat, so kann dennoch nicht von einer gezielten und gewollten Benachteiligung der Antragsteller durch die anschließende Wahl des d’Hondt’schen Berechnungsverfahrens ausgegangen werden. Dass die Antragsteller zu einem möglichen Vortreffen nicht eingeladen wurden, deutet nicht auf eine gezielte Diskriminierung der Antragsteller hin, da auch die Gruppierungen der Grünen und der FDP – nach Angaben der Antragstellerseite – nicht an dem Treffen teilnahmen. Einen weiteren äußeren Umstand für eine willkürliche Entscheidung zum Ausschussberechnungsverfahren sehen die Antragsteller darin, dass in der Vorbesprechung das d’Hondt’sche Berechnungsverfahren zur Ausschusssitzverteilung für die Bewahrung der „bürgerlichen Mehrheit“ vorgeschlagen wurde. Jedoch kann allein aus der Verwendung des Begriffs der „bürgerlichen Mehrheit“ nicht darauf geschlossen werden, dass das d’Hondt’sche Berechnungsverfahren gezielt zum Ausschluss der Antragsteller aus den Ausschüssen und gerade nicht dafür genutzt wurde, um die erzielten Stärkenverhältnisse im Stadtrat auch in den Ausschüssen widerzuspiegeln. Zum einen ist der Begriff der „bürgerlichen Mehrheit“ bzw. des „bürgerlichen Lagers“ ein offener und auslegungsbedürftiger Begriff, der mehreren Interpretationen zugänglich ist und deshalb politisch stark diskutiert wird. Eine klare Abgrenzung, welche Parteien hierzu zu zählen sind und welche nicht, ist objektiv nicht möglich. Was also genau mit der Verwendung dieses Begriffes gemeint war, bleibt offen. Falls „bürgerliche Mehrheit“ vorliegend als der Zusammenschluss der CSU-Fraktion, der WG*-Fraktion und der FDP-Gruppierung zu verstehen wäre, spricht gerade die positive Formulierung „der Bewahrung dieser Mehrheit“ dafür, dass Hauptmotive für die Wahl des d’Hondt’schen Berechnungsverfahrens die Mehrheitsbildung und Spiegelbildlichkeit gewesen sind. Eine Benachteiligung der Antragsteller war unter diesem Gesichtspunkt allenfalls die mittelbare Folge der Wahl des d’Hondt’schen Berechnungsverfahrens, nicht jedoch das alleinige oder vorrangige Ziel. Zum anderen wird aus dem Vortrag der Antragsteller nicht ersichtlich, wer den Begriff der „bürgerlichen Mehrheit“ bei der Vorbesprechung verwendet haben soll. Von einer Einzeläußerung kann jedoch nicht auf die maßgeblichen Beweggründe der Stadtratsmehrheit geschlossen werden. Dass alle 16 Stadträte, die sich für die Änderung des Berechnungsverfahrens ausgesprochen haben, sich diese Einzeläußerung zu eigen gemacht hätten, ist nicht ersichtlich. Die gewollte und gezielte Benachteiligung der Antragsteller müsste jedoch gerade maßgeblicher Beweggrund für die Stadtratsmehrheit sein, um eine Willkür annehmen zu können (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 7.12.2020 – 4 CE 20.2032 Rn. 30; B.v. 15.12.2020 – 4 CE 20.2166 – Rn. 27).
dd. Da bereits der in der konstituierenden Sitzung gefasst Beschluss über die Verwendung des d’Hondt’schen Berechnungsverfahrens zur Ausschussbesetzung rechtmäßig ist (vgl. obige Ausführungen), ist nicht ersichtlich, dass der Beschluss des Stadtrates vom 5. November 2020, der diese Entscheidung aufrechterhielt, inhaltlich zu beanstanden wäre. Dass die Stadtratsmitglieder bei der Beschlussfassung, aufgrund falscher Angaben zur Abänderbarkeit des am 7. Mai 2020 gefassten Beschlusses, einem Irrtum unterlägen wären, wurde nicht glaubhaft gemacht.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i. V. m. Nr. 1.5, 22.7 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


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