Aktenzeichen Au 6 K 22.399, Au 6 K 22.408, Au 6 E 22.409
Leitsatz
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 1.250 Euro festgesetzt.
IV. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für die Klage- und für das Antragsverfahren wird abgelehnt.
Gründe
Der Antragsteller und Kläger (im Folgenden: Kläger) begehrt in zwei Klageverfahren eine ihm vom Antragsgegner und Beklagten (im Folgenden: Beklagter) versagte Beschäftigungserlaubnis (Au 6 K 22.399) und eine ebenfalls versagte Beschäftigungsduldung (Au 6 K 22.408) sowie im Antragsverfahren (Au 6 E 22.409) die vorläufige Untersagung seiner Abschiebung in die Türkei sowie für alle Verfahren Prozesskostenhilfe.
I.
Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts (VG Augsburg, U.v. 14.1.2019 – Au 6 K 17.33837 für den Kläger; VG Augsburg, U.v. 14.1.2019 – Au 6 K 17.33838 für die geschiedene Ehefrau und die beiden in der Türkei geborenen Kinder) reiste der am * geborene und nur durch Nüfus ausgewiesene Kläger mit Ehefrau und den in der Türkei geborene Kindern mit Reisepässen auf dem Luftweg aus der Türkei aus und am 19. November 2016 in die Bundesrepublik ein. Sie stellten hier einen Asylantrag, den das Bundesamt für die gesamte Familie mit Bescheid vom 4. Juli 2017 ablehnte. Die Klagen hiergegen blieben erfolglos (VG Augsburg, U.v. 14.1.2019 – Au 6 K 17.33837; VG Augsburg, U.v. 14.1.2019 – Au 6 K 17.33838; Rechtskraftmitteilung Behördenakte für den Kläger Bl. 200).
Ein weiteres Kind wurde am * in Deutschland geboren. Seine Geburt ist nach Aktenlage bislang nicht in der Türkei registriert und auch kein Reisepass für das Kind vom Kläger und der Kindesmutter beantragt und vorgelegt worden.
Der Kläger und seine Ehefrau trennten sich wegen von ihm verübter häuslicher Gewalt (AG, StrB.v. 20.11.2018, 60 Tagessätze zu 15 Euro wegen vorsätzlicher Körperverletzung, ebenda Bl. 193) und wurden geschieden; die Personensorge steht beiden Elternteilen gemeinsam zu; lediglich für die Teilbereiche des Aufenthaltsbestimmungsrechts, der Gesundheitsfürsorge und von Schul- bzw. Kindergartenangelegenheiten wurde sie der geschiedenen Ehefrau alleine übertragen (AG, B.v. 28.7.2020, ebenda Bl. 294 ff.).
Ein Asylfolgeverfahren des Klägers blieb erfolglos (Bundesamt, Bescheid vom 22.4.2020). Er wird mangels Reisepasses bis heute geduldet, da die Türkei derzeit keine Abschiebungen allein mit Nüfus ermöglicht.
Der erstmals am 27. Mai 2019 über seine und seiner Familie Passpflicht belehrte sowie mit Schreiben vom 7. Juli 2020 erneut zur Registrierung der Geburt seines jüngsten Kindes beim türkischen Generalkonsulat und zur Passbeschaffung für dieses aufgeforderte Kläger erhielt zwischenzeitlich vorübergehend die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit in einem von seiner in Deutschland lebenden Verwandtschaft geführten Imbiss, da er einen Termin beim türkischen Generalkonsulat am 22. Dezember 2020 angegeben hatte. Ein Reisepass für ihn und für das jüngste Kind liegt aber bis heute nicht vor.
Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten von 22. Dezember 2021 ließ der Kläger eine Beschäftigungserlaubnis als Küchenhilfe bei dem Imbiss beantragen, welche der Beklagte mit Bescheid vom 19. Januar 2022 versagte und zur Begründung ausführte, das zuständige Landesamt für Asyl und Rückführungen sei zur Passbeschaffung eingeschaltet worden und habe mitgeteilt, dem Kläger werde nun ein Heimreisedokument von den türkischen Behörden ausgestellt. Als lediglich geduldeter Ausländer unterliege der Kläger nach § 4a Abs. 4 AufenthG grundsätzlich einem Beschäftigungsverbot, wovon nach § 42 Abs. 2 Nr. 4 AufenthG i.V.m. § 32 BeschV ausnahmsweise durch Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis abgesehen werden könne. Im Fall des Klägers jedoch falle die Ermessensentscheidung zu seinen Lasten aus, auch wenn berücksichtigt werde, dass er durch eine Erwerbstätigkeit aus dem Bezug von Sozialleistungen falle und seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten könne. Er halte sich zwar auch seit längerem im Bundesgebiet auf und seine Identität sei durch die Vorlage des Nüfus geklärt. Doch sei er vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und habe daher keine längerfristige Bleibeperspektive im Bundesgebiet. Die Durchsetzung der Ausreisepflicht sei in absehbarer Zeit möglich und die gewünschte Beschäftigung sei keine qualifizierte Tätigkeit in einem Bereich des Arbeitsmarkts, wo ein Mangel an Arbeitskräften herrsche. Zudem sei er wegen Körperverletzung an seiner Frau verurteilt worden. Hinzu komme, dass erfolglosen Asylbewerbern auch aus allgemeinen migrationspolitischen Gründen keine Beschäftigung erlaubt werden solle, um ihrem Zuzug allein aus wirtschaftlichen Gründen entgegenzuwirken. Sein Lebensunterhalt sei auch aus Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz gesichert.
Hiergegen ließ der Kläger am 18. Februar 2022 Klage erheben (Au 6 K 22.399) und neben Prozesskostenhilfe beantragen,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 19. Januar 2022 zu verpflichten, dem Kläger die Beschäftigungserlaubnis zu erteilen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beklagte habe sein Ermessen fehlerhaft betätigt, denn dem Kläger sei die Familieneinheit mit seinen Kindern im Bundesgebiet zu wahren. Der Kläger könne sich auch auf Vertrauensschutz und die von der aktuellen Bundesregierung angedachten Bleiberechtsregelungen berufen.
Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten von 22. November 2021 ließ der Kläger eine Beschäftigungsduldung beantragen, welche der Beklagte mit Bescheid vom 24. Januar 2022 versagte und zur Begründung ausführte, der Kläger sei wegen Körperverletzung an seiner Frau verurteilt worden, sei am 27. Mai 2019, am 30. März 2020 und am 29. Juni 2021 erfolglos über seine Mitwirkungspflichten bei Vollziehbarkeit der Ausreise und die Verpflichtung zur Beschaffung eines gültigen türkischen Reisepasses belehrt worden. Ein Reisepass sei trotz mehrerer Vorsprachen bis heute nicht vorgelegt worden, weshalb nun ein Passersatzpapier-Beschaffungsverfahren eingeleitet worden sei und kurz vor dem Abschluss stehe. Dem Kläger sei zwar eine Beschäftigung als Küchenhilfe im Zeitraum zwischen dem 15. Juli 2020 bis 31. Dezember 2020 mit mehreren kurzen Unterbrechungen erlaubt gewesen. Eine Beschäftigungsduldung nach § 60d Abs. 1 AufenthG könne der Kläger aber nicht beanspruchen, auch wenn der Kläger an der Passbeschaffung zumindest teilweise mitgewirkt habe. Allerdings sei der seit über 12 Monaten geduldete Kläger nicht mindestens 18 Monate sozialversicherungspflichtig tätig gewesen in einer Weise, dass sein Lebensunterhalt nachweislich gesichert gewesen sei. Jedenfalls für die Zukunft sei der Lebensunterhalt prognostisch nicht gesichert, da die Voraussetzung für die Erteilung einer weiteren Beschäftigungserlaubnis und damit auch für eine Beschäftigungsduldung nicht gegeben sei. Ob der Kläger hinreichende mündliche deutsche Sprachkenntnisse habe, werde bezweifelt, da immer ein Übersetzter habe eingeschaltet werden müssen, weil der Kläger so gut wie kein Deutsch spreche. Die Verurteilung durch den Strafbefehl liege noch unterhalb der Bagatellgrenze und werde daher nicht berücksichtigt. Auch sonst stehe dem Kläger kein Anspruch auf Beschäftigungserlaubnis nach § 4a Abs. 4, § 42 Abs. 2 Nr. 4 AufenthG i.V.m.§ 32 BeschV zu, da im Fall des Klägers die Ermessensentscheidung zu seinen Lasten ausfalle. Bis heute habe er keinen Reisepass für sich vorgelegt, sich in Deutschland sprachlich und wirtschaftlich (über eine bloße Helfertätigkeit hinaus) nicht weiter integriert, halte sich zwar seit fünf Jahren aber nur gestattet oder geduldet im Bundesgebiet auf und habe keine langfristige Bleibeperspektive.
Hiergegen ließ der Kläger am 21. Februar 2022 Klage erheben (Au 6 K 22.408), einen Eilantrag stellen (Au 6 E 22.409) und neben Prozesskostenhilfe beantragen,
1. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 24. Januar 2022 zu verpflichten, dem Kläger die Beschäftigungsduldung zu erteilen;
2. den Beklagten anzuweisen, bis zur Entscheidung in der Hauptsache keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen einzuleiten.
Der Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen und den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung vertiefte er die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid und bestätigte auf Anfrage, für das jüngste Kind des Klägers wie auch für ihn selbst lägen keine Reisepässe vor; die Geburt des jüngsten Kindes in der Bundesrepublik Deutschland sei auch noch nicht in der Türkei registriert. Die Ehefrau und die Kinder befänden sich im Asylfolgeverfahren und nach einer ablehnenden Sachentscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge im Klageverfahren.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf vorläufige Verfahrensduldung bis zur Entscheidung über seine Klage wegen der versagten Beschäftigungsduldung hat.
1. Der Antrag nach § 123 VwGO ist mangels Anordnungsanspruchs unbegründet, da der Abschiebung des Klägers keine rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse nach § 60a Abs. 2 AufenthG auf Grund seiner Klage entgegenstehen.
Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers vorübergehend auszusetzen, solange sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und dem Ausländer keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern (§ 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG).
Die Abschiebung des Klägers ist in diesem Sinne nach § 60a Abs. 2 AufenthG wegen seiner Passlosigkeit bis zum Vorliegen eines Passersatzpapiers ausgesetzt, aber weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen sonst unmöglich.
a) Der Kläger ist aufgrund der vollziehbaren Ablehnung seines Asylerstantrags und nach Ablauf der ihm durch das Bundesamt gesetzten Ausreisefrist vollziehbar ausreisepflichtig nach § 50 Abs. 1 i.V.m. § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG, weil er einen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG für den Aufenthalt im Bundesgebiet erforderlichen Aufenthaltstitel nicht besitzt.
b) Ein zielstaatbezogenes Abschiebungsverbot als rechtliches Abschiebungshindernis steht der Abschiebung des Klägers in die Türkei nicht entgegen. Das steht für den Beklagten und das Verwaltungsgericht nach § 42 AsylG bindend nach der o.g. Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge und ihrer Bestätigung durch das Verwaltungsgericht fest.
c) Ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis ist sonst nicht glaubhaft gemacht.
aa) Eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise ergibt sich nicht aus einem seiner et waigen Abschiebung entgegenstehenden Recht auf Privatleben nach Art. 8 EMRK.
Auch wenn der tatsächliche, zunächst nur gestattete und danach geduldete, aber nie erlaubte Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet den Schutzbereich des Art. 8 EMRK eröffnet, stellt die Durchsetzung seiner vollziehbaren Ausreisepflicht als Folge der staatlichen Zuwanderungssteuerung grundsätzlich eine gesetzlich vorgesehene Beschränkung zu einem der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele – hier der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit – dar. Daher konnte kein Vertrauen in einen schutzwürdigen tatsächlichen Aufenthalt oder gar in dessen Legalisierung durch künftige Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entstehen. Künftige Gesetzesnovellen sind zum jetzt entscheidungserheblichen Zeitpunkt irrelevant.
bb) Ob sich sonst eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise aus einem seiner Ab schiebung entgegenstehenden Recht auf Familienleben nach Art. 8 EMRK ergibt, ist irrelevant, da der Kläger derzeit aus einem anderen Grund geduldet ist.
cc) Der Kläger hat auch keinen Verfahrensduldungsanspruch nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG glaubhaft gemacht.
Hierbei kommt dem Kläger kein Anspruch auf eine Verfahrensduldung (zum Rechtsinstitut vgl. BVerwG, U.v. 18.12.2019 – 1 C 34.18 – juris Rn. 30) zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG mit der Ermöglichung seiner weiteren Anwesenheit im Bundesgebiet bis zur Entscheidung über eine Klage gegen die Versagung einer Beschäftigungsduldung zu. Der Gesetzgeber hat in Fallkonstellationen wie der vorliegenden dem öffentlichen Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers weit höheres Gewicht zugemessen als dessen Interesse, bis zum Abschluss eines Klageverfahrens im Bundesgebiet bleiben zu können.
Ein gegenläufiger Ausnahmefall ist hier nicht ersichtlich, insbesondere hat der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung der versagten Beschäftigungsduldung. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Begründung des Bescheids des Beklagten vom 24. Januar 2022 verwiesen (§ 117 Abs. 5 VwGO analog) und ausgeführt:
Erstens liegt ein Ausschlussgrund nach § 60d Abs. 1 Nr. 7 AufenthG vor, da der Kläger wegen von ihm verübter häuslicher Gewalt verurteilt ist (*, StrB.v. 20.11.2018, 60 Tagessätze zu 15 Euro wegen vorsätzlicher Körperverletzung, ebenda Bl. 193) und es sich nicht um eine nur von Ausländern begehbare, sondern um eine allgemeine Straftat nach § 223 Abs. 1 StGB handelt. Auf die Höhe des Strafmaßes kommt es – entgegen der Auffassung des Beklagten – bei der Beschäftigungsduldung entgegenstehenden allgemeinen vorsätzlichen Straftaten gerade nicht an (wie hier NdsOVG, B.v. 26.10.2021 – 8 LA 94/21 – juris Rn. 6 ff. m.w.N. u.a. auf BT-Drs. 19/8286 S. 17).
Zweitens ist nicht nachgewiesen, dass der Kläger in den letzten zwölf Monaten seiner Erwerbstätigkeit seinen Lebensunterhalt sichern konnte, auch wenn er – wie der Beklagte ermittelt hat – in dieser Zeit jedenfalls keine Sozialhilfe bezogen hat.
Drittens ist nicht nachgewiesen, dass der Kläger über hinreichende mündliche Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. Ein Sprachnachweis der Stufe A 2 nach § 2 Abs. 10 AufenthG ist den Akten nicht zu entnehmen und der Beklagte konnte sich mit ihm bis zuletzt nicht ohne Sprachmittler verständigen.
Ob der Kläger viertens die Gewähr dafür bietet, in Zukunft seinen Lebensunterhalt aus Erwerbstätigkeit zu sichern, obwohl ihm keine Beschäftigungserlaubnis mehr erteilt werden kann, wie der Beklagte meint, kann dem Hauptsacheverfahren anheimgestellt bleiben.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffern 1.5 und 8.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
III.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für die Klage- und das Antragsverfahren ist abzulehnen, weil den Klagen und dem Antrag die hinreichenden Erfolgsaussichten fehlen.
Gemäß § 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht ist etwa dann gegeben, wenn schwierige Rechtsfragen zu entscheiden sind, die im Hauptsacheverfahren geklärt werden müssen. Auch wenn eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Mittellosen ausgehen wird, ist vorab Prozesskostenhilfe zu gewähren (vgl. BVerfG, B.v. 14.4.2003 – 1 BvR 1998/02 – NJW 2003, 2976). Insgesamt dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Verfahrens nicht überspannt werden, eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Erfolges genügt (Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 166 Rn. 26). Die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist im Verfahren ohne Vertretungszwang immer geboten, wenn es in einem Rechtsstreit um nicht einfach zu überschauende Tat- und Rechtsfragen geht (Eyermann, a.a.O., Rn. 38).
Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife voraussichtlich keinen Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis (Au 6 K 22.399) oder einer Beschäftigungsduldung (Au 6 K 22.408) oder auf vorläufige Verfahrensduldung für die Klage hierzu im Antragsverfahren (Au 6 E 22.409).
1. Die Klage auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis (Au 6 K 22.399) ist voraus sichtlich unbegründet, da dem Kläger kein Anspruch auf Erteilung zusteht (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Der Beklagte hat den mit Schreiben vom 22. Dezember 2021 gestellten Antrag voraussichtlich zutreffend mit Bescheid vom 19. Januar 2022 abgelehnt, sein Ermessen rechtmäßig betätigt und zutreffend eine Ermessensreduzierung auf Null zu Gunsten des Klägers verneint sowie ein gegenläufiges Überwiegen migrationspolitischer Belange für seine absehbare Aufenthaltsbeendigung erkannt:
Wie im Bescheid ausgeführt (§ 117 Abs. 5 VwGO), ist der Kläger seit drei Jahren vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und hat keine längerfristige Bleibeperspektive im Bundesgebiet. Die Durchsetzung der Ausreisepflicht ist nach Erhalt des Passersatzpapiers in absehbarer Zeit möglich. Hinzu kommt, dass der Kläger seit drei Jahren seiner Passpflicht nicht nachkommt und sich passlos und damit strafbar im Bundesgebiet aufhält (§ 3 i.V.m. § 95 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG), was zugleich ein Ausweisungsinteresse begründet (§ 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG). Ebenso wenig hat er mit seiner Ehefrau zusammen die Geburt seines jüngsten Kindes in Deutschland durch die Türkei registrieren lassen. Zudem ist er wegen Körperverletzung an seiner Frau verurteilt worden. Bereits diese schwerwiegenden öffentlichen Belange sprechen gegen seine weitere Bleibeperspektive in Deutschland und damit gegen eine Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis. Auch aus § 61 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. AsylG ergibt sich für ihn nichts Günstigeres, da die Entscheidung auch dort im Ermessen der Behörde steht und die soeben aufgeführten öffentlichen Belange seiner Beschäftigung entgegenstehen.
2. Die Klage auf Erteilung einer Beschäftigungsduldung (Au 6 K 22.408) ist voraus sichtlich unbegründet, da dem Kläger kein Anspruch auf Erteilung zusteht (§ 113 Abs. 5 VwGO). Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter II. verwiesen.
3. Aus den unter II. ausgeführten Gründen ist der Eilantrag voraussichtlich erfolglos.
4. Auf die Mittellosigkeit des Klägers und die vorgelegte Erklärung über die persönli chen und wirtschaftlichen Verhältnisse kommt es daher nicht mehr an.