Verwaltungsrecht

Beschwerde, Wiedereinsetzung, Unterbringung, Genehmigung, Bedrohung, Vereinbarung, Sicherheitsdienst, Tod, Hinweis, Mitteilung, Pflegepersonal, Gefahr, Voraussetzungen, AG, gerichtliche Entscheidung, Antrag auf gerichtliche Entscheidung, richterliche Entscheidung

Aktenzeichen  701 XIV 3211/20 (L)

Datum:
1.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 47661
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

Die Beschwerde der Betroffenen vom 07.09.2020, auszulegen als Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die 5-Punkt-Fixierung vom 08.08.2020, wird zurückgewiesen.

Gründe

Die Betroffene rügt vorliegend eine ca. vierstündige Fünfpunktfixierung im kbo-I.-A.-Klinikum M. Ost vom 08.08.2020.
Die Betroffene wurde am 07.08.2020 mittags im kbo-I.-A.-Klinikum M. Ost aufgenommen. Hierbei zeigte sie sich zunächst freundlich und äußerte, gesund werden zu wollen. Der Verbleib im kbo-I.-A.-Klinikum M. Ost erfolgte daher zunächst freiwillig.
Am 08.08.2020 mittags wurde die Betroffene, ausweislich der Klinikdokumentation, zunehmend angespannt, bedrohlich und zeigte sich nicht auslenkbar. Sie bedrohte Pflegepersonal verbal und erhob die Hand gegen diese. Sie forderte das Pflegepersonal auf, sie von Station zu lassen, woraufhin der Betroffenen die Stationstüren zum Schutze des Stationsteams geöffnet wurden. Wenige Minuten später stand sie wieder vor der Türe, begann gegen die Stationstüre zu schlagen und war nicht auslenkbar. Mit Unterstützung vom Forensischen Sicherheitsdienst und dem Personal der Nachbarstation wurde die Betroffene wieder auf die Station zurückgebracht. Dabei bedrohte sie weiterhin verbal und umsichschlagend das Pflegepersonal mit dem Tod. Nach telefonischer Rücksprache mit dem ärztlichen B-Dienst wurde sie um 13.15 Uhr fünfpunktfixiert mittels Gurt auf Grundlage des § 34 StGB bei ggw. nicht anderweitig abwendbarer akuter Gefährdung. Es erfolgt 1:1 Überwachung. Als kurze Zeit später die bereitschaftsdiensthabende Ärztin erschien, bedrohte die Betroffene auch diese und gab an, „als Terroristin zurückkommen zu wollen“ sowie „das Personal zu töten“. Um 13:48 Uhr wurde die Mitteilung über die Fixierung an das AG München gefaxt und Unterbringung nach PsychKHG beantragt. Bei anhaltender verbalen Bedrohung in Fixierung verblieb es bei 5-Punkt-Fixierung auch um 14:46 Uhr und um 15:13 Uhr. Nach Toilettengang um 17:04 Uhr wurde die nun kooperative und ruhigere Betroffene entsprechend Vereinbarung mit dieser vorerst 3-Punkt-fixiert und um 18:55 Uhr entfixiert. Es erfolgte der Hinweis, dass auf Patientenverlangen die Fixierung gerichtlich überprüft werden kann.
Laut Angaben der Sachverständigen Dr. … im richterlichen Anhörungsprotokoll vom 10.08.2020 (ebenso Dr. … in der richterlichen Anhörung vom 17.09.2020) verblieb die Betroffene nach der Fixierung zunächst am 09.08.2020 wieder freiwillig in der Klinik. Nach erneuter Eskalation wurde die Betroffene aber vorläufig untergebracht durch die fachliche Leitung des Krankenhauses nach Art. 13 PsychKHG. Entsprechend erfolgte die richterliche Anhörung am 10.08.2020.
Die Beschwerde der Betroffenen ist als Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die 5-Punkt-Fixierung vom 08.08.2020 auszulegen. Zwar hatte sich die Betroffene zunächst gegen eine „5-Punkt-Fixierung vom 07.08.2020 auf den 08.08.2020“ gerichtet, da dies ihrer Wahrnehmung entsprach. Dass eine Fixierung in dem angegebenen Zeitraum tatsächlich nicht erfolgte, ändert an der Zulässigkeit des Antrags nichts, da die gegenständliche 5-Punkt-Fixierung am 08.08.2020 ohne weiteres bestimmbar war. Eine Wiedereinsetzung, wie mit Schreiben vom 26.09.2020 beantragt, ist daher nicht erforderlich.
Der Antrag ist zulässig, aber in der Sache unbegründet.
Es ist zutreffend, dass diese 5-Punkt-Fixierung weder richterlich angeordnet, noch richterlich genehmigt war. Es liegen jedoch die Voraussetzungen für diese Maßnahme nach Art. 29 Abs. 9 Satz 2 i.V.m. Abs. 8 Satz 2 bis 4 PsychKHG vor. Hiernach ist eine Fixierung ohne Genehmigung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist. Die Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen, es sei denn, es ist absehbar, dass die Fixierung vor der Erlangung einer richterlichen Entscheidung beendet sein und eine zeitnahe Wiederholung nicht erforderlich werden wird. Ist eine richterliche Entscheidung beantragt und die Maßnahme vor deren Erlangung beendet worden, so ist dies dem Gericht unverzüglich mitzuteilen.
Vorliegend wäre mit dem Aufschub der Fixierung eine konkrete Fremd- und Selbstgefahr verbunden gewesen. Ausweislich der Dokumentation der Klinik war die Betroffene massiv bedrohlich, verbal aggressiv und nicht auslenkbar. Auch die Betroffene selbst gab in ihrer richterlichen Anhörung am 17.09.2020 auf die Fixierung angesprochen an, dass sie wütend und richtig aggressiv war. Nach Angaben von Herrn Dr. … in der richterlichen Anhörung vom 17.09.2020 war eine 3-Punkt-Fixierung als milderes Mittel nicht ausreichend. Aus der Dokumentation der Klinik geht ebenfalls hervor, dass als Vorab-Maßnahme verbale Deeskalation und Öffnen der Stationstüre versucht wurde. Mit der Fixierung endete die Freiwilligkeit des Aufenthalts der Betroffenen; dem wurde durch den an das AG München gerichteten Antrag auf Unterbringung Rechnung getragen. Ebenso wurde die Fixierung dem AG München mitgeteilt. Eine nachträglich richterliche Genehmigung musste nicht mehr erfolgen, da die 5-Punkt-Fixierung vor Erlangung einer richterlichen Entscheidung bereits um 17:04 Uhr beendet war, Entfixierung aus der 3-Punkt-Fixierung erfolgte um 18:50 Uhr. Da es sich um eine erstmalige Fixierung der Betroffenen handelte und diese nunmehr kooperativ war, war auch nicht mit einer zeitnahen Wiederholung zu rechnen. Auch erfolgte der Hinweis, dass auf Patientenverlangen die Fixierung gerichtlich überprüft werden kann.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die 5-Punkt-Fixierung vom 08.08.2020 war daher unbegründet.


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