Verwaltungsrecht

Bewerbungsverfahrensanspruch im Rahmen einer Interessenausschreibung für die Ausbildung zum Fachlehrer

Aktenzeichen  3 CE 17.1834

Datum:
6.10.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG GG Art. 33 Abs. 2
VwGO VwGO § 123, § 146

 

Leitsatz

1. Aus einer Ausschreibung einer Stelle für die Ausbildung zum Fachlehrer ergibt sich kein Bewerbungsverfahrensanspruch für eine Stelle als bereits ausgebildeter Fachlehrer, sondern allenfalls – bei Erfüllung der Voraussetzungen – ein Anspruch auf Teilnahme an der Einstellungsprüfung. (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Bewerbungsverfahrensanspruch dahingehend, sämtliche Neueinstellungen zu unterlassen, bis der Antragsteller die fachlichen Voraussetzungen erfüllt, besteht nicht; dieser kann sich vielmehr für zukünftige Einstellungstermine erneut um Aufnahme in den Vorbereitungsdienst und Teilnahme an der Einstellungsprüfung bewerben. (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Bewerbung um eine Stelle als Fachlehrer bei der Antragsgegnerin ohne Erfüllung der hierfür erforderlichen Voraussetzungen im Wege der „Initiativbewerbung“ ist mangels Planstelle grundsätzlich nicht möglich. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 1 E 17.1211 2017-08-28 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- € festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag,
die Antragsgegnerin nach § 123 VwGO zu verpflichten, keine Neueinstellungen an der Berufsschule I im Bereich der E-Abteilung zu veranlassen, bis rechtskräftig über den Deutschtest des Antragstellers sowie über die Zulassung des Antragstellers zum Lehrversuch entschieden ist,
jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Zwar hat der Antragsteller in der Beschwerdebegründung ausdrücklich erklärt, dass sich sein Antrag nicht auf (vorläufige) Zulassung zum staatlichen Vorbereitungsdienst 2017/18 gemäß § 8 der Qualifikationsverordnung für Fachlehrerinnen und Fachlehrer verschiedener Ausbildungsrichtungen an beruflichen Schulen und an Landesfeuerwehrschulen – QualVFL – vom 21. April 1997 (GVBl. S. 154), zuletzt geändert durch § 1 Nr. 122 der Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286), richtet. Vielmehr soll der Antragsgegnerin untersagt werden, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Deutschtest und die Zulassung zum Lehrversuch des Antragstellers im Rahmen der Einstellungsprüfung für die Qualifikation zum Fachlehrer an beruflichen Schulen (§ 6 Abs. 2 Satz 1 QualVFL) anderweitige (Neu-) Einstellungen an der Berufsschule I im Bereich Elektro vorzunehmen, damit seine Bewerbung vom 28. November 2016 als Fachlehrer für den Berufsschulunterricht für Mechatroniker und Elektroniker für Betriebstechnik bzw. Energie- und Gebäudetechnik ordnungsgemäß berücksichtigt werden kann. Dieses Begehren richtet sich explizit an die Antragsgegnerin und nicht gegen den Freistaat Bayern, so dass insoweit deren Passivlegitimation gegeben ist.
Der Antragsteller hat jedoch auch mit der Beschwerde, bei deren Prüfung der Senat auf die innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgetragenen Gründe beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), keinen Anordnungsanspruch bezüglich dieses Begehrens glaubhaft gemacht. Ein Bewerbungsverfahrensanspruch gemäß Art. 33 Abs. 2 GG scheidet schon deshalb aus, weil die Antragsgegnerin keine freie und besetzbare Stelle für Fachlehrer in BesGr A 10 an der Berufsschule I für das Schuljahr 2017/2018 ausgeschrieben hat. Diese hat vielmehr lediglich ihren Bedarf für eine Stelle für Fachlehrer im Bereich Elektro dem Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (Staatsministerium) gemeldet, das diese Stelle im Rahmen der Ausbildung für die Qualifikation zur Fachlehrerin bzw. zum Fachlehrer an beruflichen Schulen auf seiner Internetseite ausgeschrieben hat. Die Ausbildung zur Fachlehrerin bzw. zum Fachlehrer an beruflichen Schulen erfolgt nach § 1 Abs. 1 Satz 2 QualVFL bedarfsbezogen. Dementsprechend melden die beruflichen Schulen ihren Bedarf dem Staatsministerium. Dieses schreibt gemäß Nr. 1 der Bekanntmachung vom 17. Juni 2016 VI.2-BS9032-7a.60905 – Einstellungsprüfung für die Qualifikation zur Fachlehrerin bzw. zum Fachlehrer an beruflichen Schulen in Bayern (KWMBeibl S. 165) – die aufgrund der gemeldeten Bedarfe zu besetzenden freien Stellen an beruflichen Schulen auf seiner Homepage aus, auf die sich Interessenten für eine Ausbildung zum Fachlehrer bewerben können. Nach Nr. 2 der Bekanntmachung ist die Bewerbung nur an einer Schule möglich. Dies bedeutet jedoch nicht, dass dort freie und besetzbare Stellen vorhanden wären, um die sich Interessenten bewerben könnten. Vielmehr entscheidet der Schulträger im Rahmen seiner Organisationsgewalt, ob, wann und ggf. wie er eine Stelle besetzen will. Dies ergibt sich auch aus Nr. 4.4 der Bekanntmachung sowie Nr. 6 des Merkblatts des Staatsministeriums zur Ausbildung für das Lehramt der Fachlehrer für Gewerblich-technische Berufe an beruflichen Schulen in Bayern vom 1. März 2016, wonach auch bei Bestehen der Einstellungsbzw. der Qualifikationsprüfung kein Anspruch auf Übernahme in den Vorbereitungsbzw. auf Einstellung in den Schuldienst besteht. Die einer Stellenbesetzung vorgelagerten Fragen, ob und ggf. wie viele Stellen mit welcher Wertigkeit geschaffen werden, unterfallen der Organisationsgewalt des Dienstherrn. Deren Ausübung wird dabei nicht durch subjektive Rechtspositionen des Bewerbers aus Art. 33 Abs. 2 GG eingeschränkt. Daraus folgt, dass es allein dem Dienstherrn obliegt, darüber zu entscheiden, ob und ggf. wann er welche Stellen vorhält sowie ob und ggf. wann er diese endgültig besetzt (BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 2 C 27.15 – juris Rn. 35).
Aus der Ausschreibung einer Stelle für die Ausbildung zum Fachlehrer ergibt sich deshalb kein Bewerbungsverfahrensanspruch für eine Stelle als Fachlehrer, sondern allenfalls – bei Erfüllung der Voraussetzungen – ein Anspruch auf Teilnahme an der Einstellungsprüfung. Doch auch wenn man der Ausschreibung eine an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende „Vorwirkung“ hinsichtlich der späteren endgültigen Besetzung der Stelle beimessen wollte, hätte der Antrag keinen Erfolg. Ein Bewerbungsverfahrensanspruch wäre bereits erloschen, so dass die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz nicht mehr in Betracht käme. Nach Mitteilung der Antragsgegnerin vom 22. August 2017 wurde der Mitbewerber des Antragstellers um eine Ausbildung zum Fachlehrer bei der Berufsschule I, Herr M., zwischenzeitlich aufgrund der von ihm in der Einstellungsprüfung erzielten Note zum Vorbereitungsdienst zugelassen. Für die gegenteilige Behauptung des Antragstellers ist kein Anhaltspunkt ersichtlich. Der Bewerbungsverfahrensanspruch erlischt, wenn die Stelle besetzt wurde. Damit ist das Bewerbungsverfahren beendet (BayVGH, B.v. 22.12.2016 – 6 CE 16.2303 – juris Rn. 13). Darüber hinaus erlischt der Bewerbungsverfahrensanspruch auch, wenn – wie hier mit Ablauf des 12. September 2017 – der Einstellungstermin bereits vergangen ist (BayVGH a.a.O. Rn. 16). Dies war vorliegend schon bei der Einlegung der Beschwerde am 12. September 2017 der Fall. Ein Anspruch darauf, sämtliche Neueinstellungen zu unterlassen, bis der Antragsteller die Voraussetzungen nach § 6 QualVFL erfüllt, besteht nicht. Dieser kann sich vielmehr für den Einstellungstermin September 2018 erneut um Aufnahme in den Vorbereitungsdienst und Teilnahme an der Einstellungsprüfung bewerben. Eine Bewerbung um eine Stelle als Fachlehrer bei der Antragsgegnerin ohne Erfüllung der hierfür erforderlichen Voraussetzungen im Wege der „Initiativbewerbung“ ist hingegen nicht möglich. Daran ändert auch nichts, dass die Antragsgegnerin – wie von 2012 bis 2015 den Antragsteller – auch Lehrkräfte beschäftigt, die über keine Fachlehrerausbildung verfügen. Im Übrigen fehlte es auch insoweit an einer freien und besetzbaren Planstelle.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 VwGO (wie Vorinstanz).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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