Verwaltungsrecht

Corona-Pandemie (“5. Welle”)

Aktenzeichen  3 EN 118/22

Datum:
28.2.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Thüringer Oberverwaltungsgericht 3. Senat
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:OVGTH:2022:0228.3EN118.22.00
Normen:
§ 1 CoronaVInfSchV TH
§ 2 CoronaVInfSchV TH
§ 3 CoronaVInfSchV TH
§ 4 CoronaVInfSchV TH
§ 18 CoronaVInfSchV TH
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Spruchkörper:
undefined

Leitsatz

Juristischen Personen des Privatrechts fehlt es im Hinblick auf Bestimmungen zur Einhaltung des Mindestabstands, zur Verwendung einer qualifizierten Gesichtsmaske und zu Zugangsbeschränkungen im Freizeitbereich an der erforderlichen Antragsbefugnis.Bußgeldbescheide nach § 68 OWiG unterliegen auch in Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO nicht der Prüfungskompetenz des Oberverwaltungsgerichts.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Antragstellerin,
die §§ 1 Abs. 1; 3 Abs. 2 Satz 1 und 3; 4 Satz 1 Nr. 4; 5 Abs. 1 Satz 1; 5 Abs. 3 Nr. 6; 19 Abs. 2 Satz 3, 19 Abs. 3; 26c Abs. 1 Satz 1; 33 Abs. 3 Nr. 1, 2, 3, 21 sowie die §§ 2 Abs. 2 Nr. 13, 18 Abs. 2 Nr. 1 lit. d), e), Nr. 2a) aa) und bb), Abs. 3 Nr. 1, 2 b) der Thüringer Verordnung zur Regelung infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 vom 7. Februar 2022, die am 2. März 2022 außer Kraft treten soll, vorläufig als mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG, aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG, aus Art. 12 Abs. 1 GG, aus Art. 103 Abs. 2 GG und aus Art. 6 Abs. 1 GG für unvereinbar außer Vollzug zu setzen,
hat keinen Erfolg.
Er ist bereits unzulässig.
Der Antragstellerin fehlt die nach § 47 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – erforderliche Antragsbefugnis. Nach dieser Vorschrift kann den Antrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsverordnung oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung der Rechtsverletzung sind dabei die gleichen Anforderungen zu stellen wie an die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO. Dementsprechend ist es ausreichend, aber auch erforderlich, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem eigenen subjektiven Recht verletzt wird. Die Antragsbefugnis fehlt hingegen, wenn die Rechte des Antragstellers unter Zugrundelegung seines Vorbringens offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (vgl. jüngst BVerwG, Urteil vom 18. März 2021 – 7 CN 1.20 – juris Rn. 10 m. w. N.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Antragstellerin nicht antragsbefugt. Es ist weder nach ihrem Vortrag noch sonst ersichtlich, dass die Antragstellerin – eine juristische Person des Privatrechts – als mittelständisches Unternehmen im Bereich der Kunststofftechnik durch die von ihr angegriffenen Bestimmungen der §§ 1, 2, 3, 4, 18, 19, 26c und 33 der Thüringer-SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung – ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO – betreffend die Einhaltung des Mindestabstands, die Verwendung einer qualifizierten Gesichtsmaske und die Zugangsbeschränkungen im Freizeitbereich in ihren Rechten verletzt sein könnte. Angesichts der ausdrücklichen Definition der verantwortlichen Person in § 5 Abs. 2 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO als der im jeweiligen Betrieb oder der jeweiligen Einrichtung verantwortliche Funktionsträger wie z. B. Leiter, Betriebsinhaber, Geschäftsführer (vgl. die amtliche Begründung zu § 5 Abs. 2 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO, abrufbar unter https://www.tmasgff.de/covid-19/rechtsgrundlage) ist darüber hinaus eine Rechtsverletzung der Antragstellerin durch die in § 5 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO geregelte Verpflichtung der verantwortlichen natürlichen Person zum Erstellen, Vorhalten und Vorlegen eines Infektionsschutzkonzepts ausgeschlossen.
Soweit sich die Antragstellerin mit ihrem Antrag gegen die ordnungswidrigkeitsrechtlichen Bestimmungen des § 33 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO wendet, ist der Antrag zudem unstatthaft.
Das Oberverwaltungsgericht entscheidet auch in Normenkontrollverfahren nach § 47 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur „im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit“. Seiner Prüfung unterliegen demnach nur solche Bestimmungen, aus deren Anwendung sich Rechtsstreitigkeiten ergeben können, für die der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist (vgl. Beschluss des Senats vom 14. Juli 2020 – 3 EN 448/20 – juris Rn. 32 m. w. N.). Auf reine Bußgeldbestimmungen erstreckt sich die Prüfungskompetenz der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht, weil gegen die auf solche Normen gestützte Bußgeldbescheide nach § 68 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten – OWiG – allein die ordentlichen Gerichte angerufen werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Februar 2005 – 7 CN 6.04 – juris Rn. 14; Beschluss vom 27. Juli 1995 – 7 NB 1.95 – juris Rn. 21; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. Oktober 2021 – 13 B 1393/21 – juris Rn. 19 m. w. N.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes – GKG – Eine Halbierung des Wertes auf die Hälfte ist wegen der faktischen Vorwegnahme der Hauptsache nicht angezeigt.
Hinweis:Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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