Verwaltungsrecht

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Aktenzeichen  Au 7 K 21.31122

Datum:
22.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 15364
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Über die Klage konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten mit der Ladung hierauf hingewiesen wurden (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Das Gericht kann durch die Einzelrichterin entscheiden, da ihr das Verfahren mit Kammerbeschluss vom 27. Januar 2022 zur Entscheidung übertragen wurde (§ 76 Abs. 1 AsylG).
Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 15. November 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
1. Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht als unzulässig abgewie sen, da der Kläger bereits ein Asylverfahren erfolglos abgeschlossen hat, und die Behörde zu Recht davon ausging, dass Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nicht vorliegen (§ 29 Abs. 1 Nr. 5, § 71 AsylG, § 51 Abs. 1 VwVfG). Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt das Gericht Bezug auf die Gründe des angefochtenen Bescheids (unter Nr. 1) folgt ihnen und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Ergänzend ist im Hinblick auf den maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) lediglich auszuführen, dass auch der Sachvortrag in der mündlichen Verhandlung nicht zu einem anderen Ergebnis führt. Der Kläger hat nunmehr vorgetragen, sein Problem sei, dass dieser Kult hinter ihm her sei, um Rache zu nehmen. Er wolle hierzu sagen, es sei nicht korrekt, dass der Bruder des Getöteten ein Voodoo-Priester gewesen sei. Der Mann sei Mitglied eines Geheimkults bzw. er sei sogar der Anführer dieses Geheimkults und der Geheimkult heißt „*“. Die Mitglieder dieses Kults seien nun immer noch hinter ihm her, um Rache zu nehmen. Sie hätten Rache für den Getöteten geschworen. Das sei das Schlimmste, was einem in Nigeria passieren könne, dass ein Kult geschworen hat, jemanden umzubringen. Sie müssten diesen Schwur umsetzen, egal wie lange es dauert. Und sie würden nicht nachlassen den Gesuchten aufzufinden. Diese Leute seien auch nicht so wählerisch in ihren Methoden, sie verwendeten Schusswaffen, Äxte, Messer, manchmal auch Säure, um ihre Opfer umzubringen. Die Familie des Getöteten sei so wütend, weil der Getötete fünf Kinder gehabt habe. Es sei nun niemand mehr da, der sich um die Kinder kümmern könnte. Deswegen sei die Familie immer noch hinter ihm her. Auch die Polizei in Nigeria suche ihn nach wie vor. Die Polizisten würden dafür bezahlt, dass sie den Fall weiterverfolgen und das Verfahren nicht einstellen. Die Familie des Opfers bezahle die Polizei, damit diese den Fall nicht abschließe. Es sei auch so, dass an dem Streit, durch den letztlich das Opfer zu Tode gekommen sei, insgesamt acht Leute beteiligt gewesen seien. Die Polizei habe damals einige festgenommen, andere, wie auch er selbst, hätten weglaufen können. Die Festgenommenen seien bis heute in Polizeigewahrsam. Der Fall könne erst abgeschlossen werden, wenn alle Beteiligten gefasst und verurteilt worden seien.
Es liegt insoweit allerdings keine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage vor, die eine Beurteilung zugunsten des Klägers möglich machen könnte (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG). Dafür genügt bereits ein schlüssiger Sachvortrag, der freilich nicht von vornherein nach jeder vertretbaren Betrachtung ungeeignet sein darf, zur Asylberechtigung zu verhelfen; es genügt mithin schon die Möglichkeit einer günstigeren Entscheidung aufgrund der geltend gemachten Wiederaufnahmegründe (BVerfG [Kammer], B.v. 3.3.2000 – 2 BvR 39/98 -, Rn. 32, juris). Ein relevanter Sachvortrag in diesem Sinne liegt hier jedoch nicht vor. Soweit die Erzählung überhaupt glaubhaft ist, wird jedenfalls nichts vorgetragen, was nicht bereits Gegenstand des früheren Asylverfahrens und auch des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 27. November 2020, M 12 K 17.47056, war, auch wenn nunmehr ein paar Abweichungen im Sachverhalt vorgetragen wurden (der Bruder des Getöteten war kein Voodoo-Priester, sondern Anführer eines Geheimkultes, an der Tat waren insgesamt acht Personen beteiligt, von denen einige noch immer im Gefängnis sitzen, auch im Rahmen der Beerdigung seines Bruders, die vor einiger Zeit stattgefunden habe, sei der Kläger bei seiner Familie durch Polizei und Kult-Mitglieder gesucht worden). Hierbei handelt es sich jedoch überwiegend nicht um wesentlich Neues, sondern um Steigerungen im Sachvortrag, die als solche bereits unglaubhaft sind. Auch den Zeitungsartikel aus der „IKA Weekly“ hat der Kläger bereits im Erstverfahren vorgelegt. Auch ändert der Vortrag, er sei erst vor kurzem zuhause wieder gesucht worden, nichts daran, dass dem Kläger zumindest eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne von § 3 e AsylG zur Verfügung stehen würde. Dem Kläger als im Wesentlichen gesunden, arbeitsfähigen jungen Mann ist es nach der Erkenntnislage (vgl. z.B. Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl – BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Nigeria, Gesamtaktualisierung am 12.4.2019, S. 46 f., S. 50) möglich (§ 3 e Abs. 1 Nr. 2 AsylG) und zumutbar, sich in einem anderen Landesteil niederzulassen, wo er keine Verfolgung zu befürchten hat (§ 3e Abs. 1 Nr. 1 AsylG).
2. Auch eine Abänderung der Feststellungen zum Vorliegen von Abschiebungsverbo ten gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG kommt nicht in Betracht. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt das Gericht auch insoweit Bezug auf die Gründe des angefochtenen Bescheids (unter Nr. 2) folgt ihnen und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Weiter wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen auf das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 27. November 2020, M 12 K 17.47056 (den Beteiligten bekannt), unter Rn. 32 ff. Auch im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) ergeben sich hierzu keine wesentlichen Änderungen.
a) Der Umstand, dass im Falle einer Aufenthaltsbeendigung die Lage eines Betroffe nen erheblich beeinträchtigt würde, reicht allein nicht aus, um einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen; anderes kann nur in besonderen Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen, wie zum Beispiel im Falle einer tödlichen Erkrankung in fortgeschrittenen Stadium, wenn im Zielstaat keine Unterstützung besteht (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – BVerwGE 146, 12-31, juris, Rn. 23ff m.w.N.). Im Hinblick auf die Bewertung eines Verstoßes gegen Art. 3 EMRK gelten dabei bei der Beurteilung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG die gleichen Voraussetzungen wie bei der Frage der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG wegen unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – a.a.O. – Rn. 22, 36).
Auch eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib und Leben (§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) für einen Betroffenen aufgrund allgemein für die Bevölkerung bestehender Gefahren, die über diese allgemein bestehenden Gefahren hinausgeht ist, nur im Ausnahmefall im Sinne eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen (BVerwG, U. v. 31.1.2013 – a.a.O. Rn. 38). Ein Ausländer kann im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die ihn im Abschiebezielstaat erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser allgemein bestehenden Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Denn nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Wann danach allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für die Betroffenen die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Betroffenen daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren (zum Ganzen BVerwG, U. v. 31.1.2013 a.a.O. Rn. 38).
b) Für derartige besondere Gefahren aufgrund schlechter humanitärer oder wirtschaft licher Verhältnisse ist auch im hier maßgeblichen Zeitpunkt nichts ersichtlich. Insbesondere kann im Falle des Klägers nicht davon ausgegangen werden, dass die schlechte wirtschaftliche Situation in Nigeria zu einem Abschiebungsverbot aufgrund schlechter humanitärer Verhältnisse führt, die im Ausnahmefall als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK qualifiziert werden könnten.
Es kann hier davon ausgegangen werden, dass der Kläger als auch nach eigenen Angaben im Wesentlichen gesunder, arbeitsfähiger junger Mann, der auch vor seiner Ausreise in der Lage war, seinen Lebensunterhalt zu sichern, auch nach Rückkehr dazu in der Lage sein wird. Insbesondere ist zur Überzeugung der Einzelrichterin davon auszugehen, dass der Kläger, der 12 Jahre zur Schule gegangen ist und in Nigeria als Zimmermann gearbeitet hat, der aber auch in Deutschland arbeitet, auch nach Rückkehr wieder eine Tätigkeit aufnehmen und eine Existenz aufbauen kann. Nach der derzeitigen Erkenntnislage ist davon auszugehen, dass auch in Nigeria die Möglichkeit, ökonomisch eigenständig alleine zu leben und auch mit oder ohne Hilfe Dritter zu überleben, gegeben ist (vgl. hierzu Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl – BFA – Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, a.a.O. S. 40, m.w.N.). Zudem hat der Kläger noch mehrere Familienangehörige in Nigeria. Es kann daher nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass er nach einer Rückkehr in existenzielle Not geraten wird, zumal Rückkehrer bei der freiwilligen Ausreise nach Nigeria auf die finanzielle Unterstützung etwa des REAG/GARP-Programms der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in Zusammenarbeit u. a. mit der Bundesregierung zählen können; des Weiteren werden für Nigeria zusätzliche Reintegrationsprogramme angeboten (vgl. die Nachweise im Internetauftritt: https://www.returningfromgermany.de/de/countries/nigeria; zuletzt abgerufen: 20. April 2022; zum Ganzen vgl. auch OVG NW, U.v. 22.6.2021 – 19 A 4386/19.A – juris Rn. 164 – 165).
c) Ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aus gesundheitlichen Gründen kommt offensichtlich nicht in Betracht. Ein krankheitsbedingtes zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kann vorliegen, wenn dem Ausländer im Abschiebezielstaat erhebliche Gesundheitsgefahren drohen. Dies ist nicht zuletzt dann anzunehmen, wenn ein Ausländer bereits in der Bundesrepublik Deutschland an einer Krankheit leidet, die sich im Falle der Rückkehr in sein Heimatland verschlimmert, weil sie im Abschiebezielstaat nicht hinreichend behandelt werden kann. Hierzu ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich, der Kläger ist im Wesentlichen gesund und trotz der vorgetragenen Verletzung an der Hand arbeitsfähig.
d) Auch aus der derzeitigen „Corona-Pandemie“ (Virusinfektion mit SARS-CoV-2), der die Bevölkerung weltweit ausgesetzt ist, ergibt sich nichts Anderes.
aa) Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aus Gründen gesund heitlicher Gefährdung kommt nicht in Betracht. Der Kläger gehört im Hinblick auf etwa drohende Gesundheitsgefahren keiner Risikogruppe an (wie z.B. Personen mit Lungenerkrankungen, alte Menschen usw.; vgl. hierzu die Informationen des Robert-Koch-Instituts unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogruppen.html;) und hatte inzwischen auch die Möglichkeit, sich impfen zu lassen.
bb) Es gibt derzeit auch keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass sich Wirtschaft und Versorgungslage der Bevölkerung trotz internationaler humanitärer Hilfe und lokaler Hilfsbereitschaft infolge der Pandemie derart verschlechtern, dass der Kläger nicht mehr in der Lage wäre, seinen Lebensunterhalt in Nigeria sicherzustellen und somit ein Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit den Bestimmungen der EMRK in Betracht kommt. Auch hierzu darf zunächst auf die Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 27. November 2020, M 12 K 17.47056, Bezug genommen werden. Aktuell ist auch eine Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse erkennbar. Nach einem Bericht der „GTAI Germany Trade & Invest“ (Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland für Außenwirtschaft und Standortmarketing) wurde das noch von der Wirtschaftskrise von 2014 bis 2016 gebeutelte Nigeria von der Coronakrise empfindlich getroffen. Gepaart mit dem Verfall der Ölpreise im 1. Quartal 2020 ließ die Pandemie Nigeria in die Rezession rutschen, die Pandemie und die fehlenden Einnahmen aus dem Ölsektor haben 2020 ein Loch in den Staatshaushalt gerissen, was die Aufnahme neuer Schulden notwendig machte. Auch 2021 wurden neue Schulden aufgenommen. Das Haushaltsdefizit für 2022 beträgt voraussichtlich 3,4 Prozent des BIP und überschreitet damit erneut leicht die gesetzliche Beschränkung, wonach das jährliche Defizit nicht mehr als 3 Prozent betragen darf. Die Staatsverschuldung wird nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) 2022 auf 36,9 Prozent des BIP ansteigen, mit weiter steigender Tendenz für die nächsten Jahre. Im Haushalt 2022 sollen im Vergleich zum Vorjahr erneut höhere Mittel für Infrastrukturprojekte bereitgestellt werden. Der Staat kann die im 30-Jahres-Infrastrukturplan anvisierten Investitionen von 30 Milliarden US-Dollar (US$) pro Jahr nicht alleine stemmen, weshalb die nigerianische Regierung den Privatsektor stärker einbinden möchte. Investiert wird derzeit unter anderem in den sozialen Wohnungsbau und die Transportinfrastruktur. Hier befinden sich eine Reihe von Projekten bereits in der Umsetzung. Der Bausektor und die Zementindustrie konnten von Investitionen im Jahr 2021 profitieren und um 3 bis 4 Prozent beziehungsweise 6 bis 7 Prozent wachsen. Die Privathaushalte spüren mit hoher Arbeitslosigkeit und hoher Inflationsrate weiterhin die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie und die zu geringe wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Der private Konsum konnte allerdings entgegen der Erwartungen von Analysten 2021 mit 2,7 Prozent wieder leicht zulegen. Künftig wird sich der Konsum mit Wachstumsraten von 1 bis 2 Prozent weiterhin auf niedrigen Niveau bewegen. Der Einzelhandel kämpft in Nigeria schon seit Längerem mit Herausforderungen. So hat die südafrikanische Shoprite-Kette ihr Engagement 2021 nach 15 Jahren in Nigeria beendet. Der Konsumgütermarkt bleibt aufgrund des Bevölkerungswachstums von durchschnittlich 2,5 Prozent jährlich aber mittel- und langfristig interessant. Nachdem der Außenhandel nach Ausbruch der Pandemie 2020 stark eingebrochen ist, konnte er 2021 wieder zulegen. Während sich die Importe mit einem Zuwachs von 1 Prozent auf etwa gleichbleibendem Niveau bewegten, konnte Nigeria seine Ausfuhren deutlich steigern. Im Jahr 2021 exportierte das Land rund 25 Prozent mehr als im Vorjahr. An das Niveau, das vor der Pandemie erreicht wurde, konnte allerdings noch nicht angeknüpft werden. Der EIU erwartet für die kommenden Jahre eine deutliche Steigerung der Exporte und ab 2022 wieder eine positive Handelsbilanz. (zum Ganzen vgl. GTAI, Nigerias Wirtschaft auf leichtem Erholungskurs, Bericht vom 21. Januar 2022 Nigerias Wirtschaft auf leichtem Erholungskurs | Wirtschaftsausblick | Nigeria (gtai.de)).
Hieraus lässt sich allerdings ersehen, dass auch in Nigeria für die Bevölkerung aus der Pandemie erhebliche Armutsrisiken erwachsen. Dass der Kläger in eine über diese allgemein für die Bevölkerung bestehenden Gefahren hinausgehende Gefahrensituation geraten würde, oder gar in eine Extremgefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG, lässt sich insgesamt hieraus aber nicht prognostizieren. Insbesondere darf auch darauf hingewiesen werden, dass die Familie nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung zum Teil auch Landwirtschaft betreibt, die allgemein in Nigeria dem größten Teil der Bevölkerung eine Subsistenzmöglichkeit bietet (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria – Lagebericht – vom 5.12.2020, Stand September 2020, Nr. V.1.1).
3. Die Klage war daher mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge abzuweisen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83 b AsylG.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.


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