Aktenzeichen RO 4 S 22.28
Leitsatz
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 9.000,– EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen waffen- und jagdrechtliche Anordnungen, die das Landratsamt Amberg-Sulzbach (im Weiteren Landratsamt) ihm gegenüber mit Bescheid vom 17.12.2021 erlassen hat.
Dem Antragsteller wurden in den Jahren 2017 bis 2020 insgesamt fünf Waffenbesitzkarten, eine sprengstoffrechtliche Erlaubnis sowie ein Jagdschein erteilt.
Mit Email vom 16.12.2021 wurden dem Landratsamt durch das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration eine Erkenntnismitteilung des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz (BayLfV) vom 8.11.2021 nebst Behördenzeugnis des BayLfV vom 13.10.2021, jeweils zur Person des Antragstellers, übermittelt.
In dem Behördenzeugnis ist ausgeführt, dass aus Sicht des BayLfV bzgl. des Antragstellers konkrete Tatsachen vorlägen, die die Annahme der Verfolgung verfassungsfeindlicher und sicherheitsgefährdender Bestrebungen rechtfertigten. Dies ergebe sich aus dem tiefen Glauben des Antragstellers an Verschwörungstheorien in Kombination mit dessen gewaltbefürwortendem und -unterstützendem Verhalten. Es ließen sich Bezüge zu verschiedenen Beobachtungsobjekten und Verdachtsfällen des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) nachweisen. U.a. sei der Antragsteller Mitglied der vom BfV als Verdachtsfall beobachteten Vereinigung „…“ und unterstütze diese als Entscheidungsträger. Darüber hinaus sei er Mitglied in einer Chatgruppe, die im Rahmen eines Gefährdungssachverhalts des BfV bearbeitet werde.
Das BayLfV stützte seine Einschätzung im Wesentlichen auf Erkenntnisse aus einer Maßnahme nach Art. 19a Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG, Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes). Das Behördenzeugnis enthält hierzu auszugsweise Aufzeichnungen aus Juli, August und September 2020. Der Antragsteller äußerte sich danach am 4.8.2020 u.a. dahingehend, dass man bei einem „Feind“ auch „zwei, dreimal draufhalten“ könne (wörtlich: „Dann schießt halt dreimal …“) sowie am 16.8.2020 dahingehend, dass er „Panik“ habe, dass er „Leute totschlagen“ müsse. Die Gespräche waren akustisch nicht in Gänze verständlich. Weiter finden sich in dem Behördenzeugnis Aufzeichnungen zu Gesprächen über die staatlichen Corona-Maßnahmen; der Antragsteller verglich danach am 1.9.2020 u.a. die Corona-Pandemie mit dem Dritten Reich und führte hierzu aus, wie einfach es möglich sei, dem Volk seine Grundrechte zu entziehen. Ferner finden sich u.a. Aufzeichnungen zu Gesprächen und Äußerungen des Antragstellers zu seiner Mitgliedschaft und Betätigung im „… e.V.“. Auf den (weiteren) Inhalt des Behördenzeugnisses wird Bezug genommen.
Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration teilte mit o.g. Email vom 16.12.2021 weiter mit, dass auf Grundlage der Erkenntnisse des BayLfV anzunehmen sei, dass der Antragsteller die in seinem Besitz befindlichen Waffen oder Munition unmittelbar nach Bekanntwerden des drohenden Entzugs der Waffen missbräuchlich verwenden oder an einen Nichtberechtigten abgeben werde. Aufgrund bereits „morgen“ (17.12.2021, Anm. d. Gerichts) stattfindender Vollzugsmaßnahmen bei anderen Mitgliedern der durch das BfV beobachteten Chatgruppe drohe bereits zu diesem Zeitpunkt die unmittelbare Gefahr, dass der Antragsteller vom drohenden Entzug der Waffen erfahre, weshalb akuter Handlungsbedarf bestehe. Die vorliegenden Erkenntnisse rechtfertigten jedenfalls die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b Waffengesetz (WaffG).
Unter dem 17.12.2021 übermittelte das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration dem Landratsamt polizeiliche Erkenntnisse zum Antragsteller betreffend den Zeitraum 1998 bis 2021. In der Gesamtschau sei der Antragsteller im Hinblick auf Aggressionsdelikte, insbesondere durch Nötigung im Straßenverkehr und Straßenverkehrsgefährdungen sowie durch Bedrohung, gefährliche und einfache Körperverletzung, „BMTG (Cannabis)“, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Ladendiebstahl und Leistungserschleichung in Erscheinung getreten. Vermerkt sind u.a. für den 16.9.2005 eine vorsätzliche Körperverletzung sowie für den 23.9.2001 und 18.6.1999 jeweils gefährliche Körperverletzungen. Für den 31.10.2001 ist außerdem vermerkt, dass der Antragsteller im Rahmen einer Auseinandersetzung mit einer Schreckschusspistole in die Luft geschossen habe. Zu den Jahren 2013 bis 2016 finden sich vermehrt Eintragungen zu Gefährdungen des Straßenverkehrs sowie Nötigung im Straßenverkehr.
Mit Bescheid vom 17.12.2021 widerrief das Landratsamt die dem Antragsteller erteilten waffenrechtlichen Erlaubnisse (Waffenbesitzkarten, Nr. 1) und die ihm erteilte sprengstoffrechtliche Erlaubnis (Nr. 2), erklärte den dem Antragsteller erteilten Jagdschein für ungültig und ordnete dessen Einziehung an (Nr. 3). Ferner ordnete das Landratsamt in Nr. 4 des Bescheids an, dass dem Antragsteller der Besitz von Waffen und Munition, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedarf und der Erwerb solcher Waffen und Munition untersagt wird. In Klammern enthält die Anordnung in Nr. 4 den Zusatz: „Waffenverbot für erlaubnisfreie Waffen, erlaubnispflichtige Waffen und Munition“. Das Landratsamt ordnete weiter die sofortige Sicherstellung aller in Besitz des Antragstellers befindlicher Erlaubnisurkunden, Waffen, Munition sowie von Sprengstoff an (Nr. 5) und erklärte die getroffenen Anordnungen in Nr. 2 bis 5 für sofort vollziehbar (Nr. 6). Dem Antragsteller wurden die Kosten des Verfahrens in Höhe von 885,- EUR auferlegt (Nr. 7).
Am 20.12.2021 wurde die in Nr. 5 des Bescheids angeordnete sofortige Sicherstellung vollzogen. Dem Antragsteller sollte dabei der Bescheid ausgehändigt werden. Weil dieser die Annahme verweigerte, wurde ihm der Bescheid in der Folge am 23.12.2021 (postalisch) zugestellt.
Zur Begründung des Bescheids stützte sich das Landratsamt im Wesentlichen auf die Erkenntnisse des BayLfV sowie die polizeilichen Erkenntnisse über den Antragsteller. Die waffenrechtlichen Erlaubnisse seien nach § 45 Abs. 2 WaffG zu widerrufen. Der Antragsteller sei nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG waffenrechtlich unzuverlässig. Aus dem Behördenzeugnis (des BayLfV) gehe hervor, dass bei dem Antragsteller mit dem Einsatz von Waffen zu rechnen sei, sobald er von dem Waffenentziehungsverfahren gegen ihn erfahre. Ebenfalls aus dem Behördenzeugnis sowie den polizeilichen Erkenntnissen über den Antragsteller in der Vergangenheit ergäben sich seine erhöhte Aggressivität und Gewaltbereitschaft. Der Antragsteller sei öfter mit Aggressionsdelikten in Erscheinung getreten. Diese Gesichtspunkte rechtfertigten eine negative Prognose im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG. Der Antragsteller sei zudem auch nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b WaffG waffenrechtlich unzuverlässig, da er Mitglied der vom Bundesamt für Verfassungsschutz als Verdachtsfall beobachteten Vereinigung „…“ sei und diese als Entscheidungsträger unterstütze. Mangels Zuverlässigkeit seien nach § 34 Abs. 2 Satz 2 Sprengstoffgesetz (SprengG) auch die sprengstoffrechtliche Erlaubnis zu widerrufen sowie nach § 18 Bundesjagdgesetz (BJagdG) der Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen. Das Waffenverbot stütze sich ausgehend von der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des Antragstellers auf § 41 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. Sollten dem Antragsteller, wie grundsätzlich jedem volljährigen Bürger, Besitz und Erwerb erlaubnisfreier Waffen und Munition weiterhin gestattet sein, könnten Rechtsverstöße zum Nachteil Dritter nicht mit der gebotenen Sicherheit ausgeschlossen werden. Im Rahmen einer Ermessensausübung habe das persönliche Interesse des Antragstellers hinter dem öffentlichen Interesse zurückzutreten. Ein milderes Mittel sei nicht erkennbar, das Verbot sei nicht unverhältnismäßig. Die Sicherstellung nach Nr. 5 ergehe nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens auf Grundlage des § 46 Abs. 4 WaffG. Der in Nr. 1 angeordnete Widerruf sei nach § 45 Abs. 5 WaffG sofort vollziehbar. Für die Anordnungen in Nr. 2 bis 5 sei die sofortige Vollziehung angeordnet worden, da nur eine sofortige Unterbindung den gebotenen Schutz der Allgemeinheit gewährleisten könne. Von einer Anhörung vor Bescheidserlass sei auf Grundlage von Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) abgesehen worden. Aufgrund von „Kennverhältnissen“ sei eine gegenseitige Warnung der Protagonisten anzunehmen gewesen. Durch das Bekanntwerden des drohenden Waffenentzugs hätte die Gefahr der missbräuchlichen Verwendung der Waffen bestanden.
Gegen den Bescheid hat der Antragsteller am 31.12.2021 Klage erheben (RO 4 K 21.2554) und am 6.1.2022 um einstweiligen Rechtsschutz nachsuchen lassen. Der Antrag sei sowohl hinsichtlich der Anordnung in Nr. 1 als auch in Nr. 2 bis 5 zulässig. Die Behörde habe den Sachverhalt nicht ausreichend geklärt. Rechtliches Gehör sei dem Antragsteller nicht gewährt worden, so dass er vorab nichts habe klarstellen können. Offen sei, von wem die Behörde am 16.12.2021 ihre Kenntnisse erlangt habe. Die Aussagen, die bestritten würden, seien nur bruchstückhaft und größtenteils sinngemäß wiedergegeben worden. Die Behauptung, dass der Antragsteller mit „Aggressionsdelikten“ in Erscheinung getreten sei, sei äußerst vage. Durch Gewaltdelikte sei der Antragsteller nie aufgefallen. Tatsachen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b WaffG, § 8 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 8a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a SprengG lägen nicht vor. Der Antragsteller sei weder waffenrechtlich noch sprengstoffrechtlich noch jagdrechtlich negativ aufgefallen. Es hätte weiterer Sachverhaltsaufklärung durch die Behörde bedurft. Der Antragsteller sei nicht vorbestraft. Hinsichtlich eventueller Äußerungen des Antragstellers sei auf das Recht auf freie Meinungsäußerung, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) zu verweisen. Der … e.V. sei nicht verboten, so dass § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b WaffG noch nicht anwendbar sei. Der Bescheid sei außerdem auch hier vage, Unterstützungshandlungen des Antragstellers und deren eventuelle Verfassungswidrigkeit würden nicht benannt. Aus gleichen Gründen fehle es auch an Tatsachen für ein Waffenverbot. Dieses sei zudem ermessensfehlerhaft. Die Norm erfordere eine gesteigerte Anforderung im Sinne einer Erforderlichkeit. Eine echte Persönlichkeitsbeurteilung des Antragstellers habe nicht stattgefunden. Die von Nr. 41.3 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz (WaffVwV) genannten Voraussetzungen lägen beim Antragsteller nicht vor. Eventuelle Gedankenspiele zu zukünftigen ungewissen und abstrakten Gefahrensituationen seien nicht geeignet, zu Sanktionen zu gelangen. Art. 20 Abs. 4 GG formuliere für derart unwahrscheinliche Fälle sogar einen Rechtfertigungsgrund zum Schutz der verfassungsmäßigen Ordnung. Der Kläger würde durch das Waffenverbot diskriminiert und auf eine Stufe mit Gewaltverbrechern gestellt. Die Begründung des Sofortvollzugs sei rechtlich nicht haltbar. Sie stelle keinen kausalen Zusammenhang zu einem möglichen, zu befürchtenden Waffenmissbrauch des Antragstellers her. Die bloße Mitgliedschaft im Verein … e.V. reiche nicht aus, dieser sei auch nicht durch Gewalttätigkeiten aufgefallen. Der Ausgang der Klage erweise sich als offen, wenn nicht sogar erfolgreich. Eine vorzunehmende Abwägung gehe zu Gunsten des Antragstellers, da zu Unrecht von dessen waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit ausgegangen werde.
Der Antragsteller beantragt (wörtlich),
die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Nummern 2 bis 5 des Bescheids des Landratsamts Amberg-Sulzbach vom 17.12.2021 wiederherzustellen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung entspreche den Vorgaben des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Hinsichtlich der Anordnungen in Nr. 1, 2 und 5 des Bescheids sei sie ohnehin deklaratorisch, weil sich hier der Sofortvollzug bereits unmittelbar aus dem Gesetz ergebe. Im Falle einer Anhörung des Antragstellers zum beabsichtigten Bescheidserlass wäre mit einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen zu rechnen gewesen, weshalb eine Anhörung nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 BayVwVfG entbehrlich gewesen sei. Jedenfalls sei von einer nachträglichen Heilung auszugehen, weil sich der Antragsgegner mit den vom Antragsteller vorgebrachten Punkten inhaltlich substantiiert auseinandergesetzt habe. Der Antragsteller sei waffenrechtlich unzuverlässig. Seine Aussagen legten eine Beschäftigung mit der Reichsbürgerbewegung, wenn nicht sogar ein Gutheißen derselben nahe. Seine Aussagen enthielten demokratiefeindliche und umstürzlerische Parolen. Schon die in den Aussagen vom 4.8.2020 und 16.8.2020 erkennbare Bereitschaft, (Waffen-)Gewalt gegen „Feinde“ einzusetzen, rechtfertigten, auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Antragsteller in der Vergangenheit durch Körperverletzungsdelikte sowie ein Bedrohungsdelikt unter Einsatz einer Schreckschusspistole aufgefallen sei, die Annahme, dass der Antragsteller seine Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden, § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG, oder sie unberechtigten Personen überlassen, § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c WaffG, werde. Diese Annahme werde auch dadurch gestützt, dass der Antragsteller Anhänger von Verschwörungstheorien sei, sich im Krieg gegen ein Unrechtsregime, das Freiheitsrechte missachte, wähne und Mitglied der Vereinigung „…“ sei, bei der nach dem Verfassungsschutzbericht des BMI 2020 hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung festgestellt worden seien, die sich auf einen nicht unerheblichen Personenkreis innerhalb der Vereinigung bezögen. Beim Antragsteller rechtfertigten mithin die dokumentierten Äußerungen die Annahme, dass er jedenfalls seit 2020 Mitglied in einer Vereinigung sei, die Bestrebungen im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG verfolge oder verfolgt habe, § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b WaffG. Aufgrund der dokumentierten Wahrnehmung von Leitungsfunktionen bei „…“ habe der Antragsteller auch im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c WaffG eine verfassungsfeindliche Vereinigung unterstützt. Der Antragsteller sei aus diesen Gründen auch als sprengstoffsowie jagdrechtlich unzuverlässig anzusehen. Es sei eine Gesamtwürdigung des bisherigen Verhaltens des Antragstellers als Jagdscheinbewerber vorgenommen worden. Insbesondere die am 4.8.2020 getätigten Aussagen zeigten aber ein so großes Maß an Unverantwortlichkeit auf, dass wohl schon allein daraus die Unzuverlässigkeit geschlossen werden könne. Der Antragsteller habe hier geäußert, dass er Waffengewalt gegen „Feinde“ einsetzen wolle, sich vorstellen könne, in einer Nacht- und Nebelaktion „drei Sitzungen durchzuballern“, um dann ein Notstandsgesetz oder Ermächtigungsgesetz auf den Weg zu bringen und habe kundgegeben, ein in seinem Besitz befindliche Sturmgewehr an einen „anderen“ Standort verbracht zu haben. Aufgrund der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit hätten auch die Voraussetzungen für ein Waffenerwerbs- und Besitzverbot, § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WaffG, vorgelegen. Insbesondere aufgrund des Missbrauchs einer Schreckschusspistole durch den Antragsteller habe sich die Behörde im Rahmen ihrer Ermessensausübung für den Erlass des Verbots entschieden. Aufgrund der getätigten Äußerungen und der polizeilichen Erkenntnisse sei zu befürchten gewesen, dass der Antragsteller unmittelbar bei Bekanntwerden eines drohenden Waffenentzugs Waffen missbräuchlich verwenden werde, weshalb auf Grundlage des § 46 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 WaffG eine sofortige Sicherstellung angeordnet worden sei. Mit Blick auf das ergangene Waffenverbot hätten auch die Voraussetzungen des § 46 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 WaffG vorgelegen. Die sofortige Sicherstellung von Sprengstoff stütze sich auf § 32 Abs. 5 Satz 4 SprengG.
Der Antragsteller replizierte hierauf mit Schriftsatz vom 27.1.2022, dass die Rechtmäßigkeit der Telefon- und Internetüberwachung als schwerer Grundrechtseingriff in Art. 10 Abs. 1 Satz 1 GG infrage gestellt würde. Die vom Landratsamt angeführten Wortfetzen wolle der Antragsteller erklären. Der Passus „Aber für den normalen Einsatzbereich, sei`s alpin, sei`s an Land, …“ stamme aus einem Fachgespräch über Zieloptiken und den Unterschied zwischen jagdlichen und Luxusgläsern. Die Aussage „…Nein, wir lassen uns gar nichts mehr sagen, und genau deswegen sind wir am 29.08. in Berlin“ stamme nicht vom Antragsteller, er sei auch nicht in Berlin gewesen. Soweit der Antragsgegner darauf abgestellt habe, dass der Antragsteller am 23.7.2020 eine Sendung des „COMPACT TV“ angehört habe, sei auf Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG zu verweisen. Der frei zugängliche Youtube-Kanal existiere noch, das sog. Netzwerkdurchsetzungsgesetz vom 1.9.2017 habe hier keine Anwendung gefunden. Der bloße Medienkonsum lasse außerdem keine Rückschlüsse auf eine etwaige Gesinnung zu. Hinsichtlich der Mitgliedschaft des Antragstellers bei „…“ habe die Behörde schon nicht dargelegt, welcher Teil der Organisation betroffen sein solle. Es handele sich um eine internationale Organisation. Zudem sei die Einstufung von „…“ derzeit noch nicht abgeschlossen. Es laufe ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln unter dem Aktenzeichen 13 K 3116/21. Dort seien im Rahmen der Akteneinsicht von der Beklagtenseite 25.000 umfangreich geschwärzte Seiten vorgelegt worden. Die nicht geschwärzten Passagen griffen unreflektiert die Themen der Sensationspresse auf. Gleichwohl würden diese „Erkenntnisse“ nun als Tatsachen im Sinne des § 45 Abs. 2 WaffG, § 34 Abs. 2 Satz 1 SprengG oder § 17 Abs. 1 Nr. 2 BJagdG herangezogen. Der Antragsteller legte hierzu ein Schreiben zu einer Bewertung des „BAMAD“, gerichtet an „Präsident MAD“, vom 27.1.2020, das einen Aussteller nicht erkennen lässt, vor, wonach Hinweise auf einen konkreten Extremismusbezug nach Einvernehmen mit den anderen beteiligten Sicherheitsbehörden, „BfV, BKA und GBA“, nicht vorlägen und der Verein „… e.V.“ allenfalls als „merkwürdig“ bezeichnet werden könne. Der Antragsteller führt weiter aus, dass die von der Behörde angeführte Mitgliedschaft in einer Chatgruppe keine neuen Erkenntnisse bringe. Dass der Antragsteller mit dem … e.V. verbunden sei, sei schon bei Beantragung des Jagdscheins und erst recht bei dessen Verlängerung bekannt gewesen. Zu einem Missbrauch von Waffen sei es in der Folge nicht gekommen. Dies sei auch nicht zu befürchten. Klarzustellen sei, dass dem Antragsteller kein Sprengstoff genehmigt worden sei, sondern lediglich Treibladungspulver i.S.d. § 27 SprengG zur Herstellung von Munition. Die aktuellen Pulvermengen könnten durch die Behörde über das System jederzeit abgerufen werden. Zusammenfassend sei nicht zu erkennen, was der eigentliche Sachvortrag sein solle. Die Vorlage der neuen Unterlagen sei verspätet, sie böten aber ohnehin keinen brauchbaren Erkenntnisgewinn.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte mit den eingereichten Schriftsätzen Bezug genommen. Die Gerichtsakte im Verfahren RO 4 K 21.2554 sowie die in diesem Verfahren vorgelegte Behördenakte wurden zum Verfahren beigezogen.
II.
1. Der Antrag, den das Gericht dahingehend auslegt, dass der Antragsteller begehrt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage (RO 4 K 21.2554) hinsichtlich der Anordnungen in Nr. 2 und 5 des Bescheids vom 17.12.2021 anzuordnen und hinsichtlich der Anordnungen in Nr. 3 und 4 des Bescheids vom 17.12.2021 wiederherzustellen (dazu a)), ist zulässig (dazu b), jedoch unbegründet (dazu c)).
a) Nach Auslegung des Gerichts beantragt der Antragsteller vorliegend, die aufschiebende Wirkung seiner Klage hinsichtlich der Anordnungen in Nr. 2 und 5 des Bescheids vom 17.12.2021 anzuordnen, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 VwGO i.V.m. § 34 Abs. 5 SprengG bzw. § 46 Abs. 4 Satz 3 WaffG, und hinsichtlich der Anordnungen in Nr. 3 und 4 des Bescheids vom 17.12.2021 wiederherzustellen, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 VwGO.
Das Gericht legt dabei maßgeblich den in der Antragsschrift durch den anwaltlich vertretenen Antragsteller formulierten Antrag zu Grunde, der sich explizit auf die Anordnungen in Nr. 2 bis 5 des Bescheids vom 17.12.2021 beschränkt. Nach § 122 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 88 VwGO ist das Gericht zwar nicht an die Fassung der Anträge gebunden. Ist der Antrag – wie vorliegend – durch einen Rechtsanwalt formuliert, kommt der Antragsformulierung allerdings gesteigerte Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlich Gewollten zu (vgl. BVerwG, B.v. 12.3.2012 – 9 B 8/12 – BeckRS 2012, 48922, Rn. 6). Eine Abweichung vom Antragswortlaut kommt in solchen Fällen dann in Betracht, wenn die Klage- bzw. Antragsbegründung, die beigefügten Bescheide oder sonstige Umstände eindeutig erkennen lassen, dass das wirkliche Rechtsschutzziel von der Antragsfassung abweicht (vgl. BVerwG a.a.O, Rn. 6). Dies ist hier nicht der Fall. Der Antragsteller nimmt zur Antragsbegründung im Wesentlichen Bezug auf seine Ausführungen in der Klagebegründung, die sich insoweit zwar auch explizit mit dem Widerruf in Nr. 1 des Bescheids befassen. Der Klageantrag ist allerdings insoweit auch weiter gefasst, nämlich gegen den Bescheid vom 17.12.2021 insgesamt gerichtet. Zwar äußert der Antragsteller in der Antragsschrift die Rechtsansicht, dass die Voraussetzungen des § 80 Abs. 5 VwGO sowohl hinsichtlich Nr. 1 als auch Nr. 2 bis 5 des Bescheids vorlägen. Im Schriftsatz vom 27.1.2022 spricht der Antragsteller indes (nur) vom „Sofortvollzug der Ziffern 2-5“. Die außerhalb der Antragstellung liegenden Umstände, insbesondere die schriftsätzlichen Ausführungen des Antragstellers, lassen damit, auch vor dem Hintergrund des deutlich formulierten Antrags, ein vom Antrag abweichendes Rechtsschutzziel nicht eindeutig erkennen.
Ein Antrag auch hinsichtlich der Anordnung in Nr. 1 des Bescheids hätte aber in der Sache ebenfalls keinen Erfolg gehabt. Insoweit beanspruchen die untenstehenden Ausführungen ebenfalls Geltung.
b) Der Antrag ist zulässig, insbesondere liegt aus Sicht des Gerichts ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis auch insoweit vor, als sich der Antrag auf die sofortige Sicherstellung in Nr. 5 des Bescheids vom 17.12.2021 bezieht. Dem steht nicht entgegen, dass diese am 20.12.2021 vollzogen wurde. Die Sicherstellung kann rückgängig gemacht werden. Insoweit kann der Antragsteller prozessual über § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO auch die Aufhebung der Vollziehung erreichen (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 82 f.; Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80 Rn. 133).
c) Der zulässige Antrag hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Gemäß § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Klage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt allerdings nach § 80 Abs. 2 VwGO dann, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder die Behörde die sofortige Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten besonders anordnet. In diesen Fällen kann das Gericht nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch anordnen (wenn diese aufgrund Gesetzes ausgeschlossen ist) oder wiederherstellen (wenn eine Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vorliegt). Das Gericht trifft insoweit eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat dabei zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind vorrangig die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die gebotene summarische Prüfung, dass Rechtsbehelfe gegen den angefochtenen Bescheid keinen Erfolg versprechen, tritt das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung regelmäßig hinter das Vollziehungsinteresse zurück und der Antrag ist unbegründet. Erweist sich die erhobene Klage hingegen bei summarischer Prüfung als zulässig und begründet, dann besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheids und dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist stattzugeben. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht ausreichend absehbar, muss das Gericht die widerstreitenden Interessen im Einzelnen abwägen. Die Begründetheit eines Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann sich daneben auch daraus ergeben, dass die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtswidrig ist, weil sie den formellen Anforderungen nicht genügt.
Unter Heranziehung dieser Grundsätze hat der Antrag keinen Erfolg. Die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit genügt den formellen Anforderungen (dazu aa)). Bei summarischer Prüfung spricht zudem einiges dafür, dass die Klage keinen Erfolg haben wird, was das Gericht im Ergebnis dahinstehen lassen kann, weil auch im Falle eines weiteren Aufklärungsbedarfs und damit offenen Erfolgsaussichten das Interesse des Antragstellers hinter dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit zurückzutreten hat (dazu bb)). Dies gilt sowohl hinsichtlich des Widerrufs der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis (dazu (1)) und der Ungültigerklärung des Jagdscheins (dazu (2)) als auch hinsichtlich des Waffenverbots (dazu (3)) und der sofortigen Sicherstellung (dazu (4)).
aa) Die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit hinsichtlich Nr. 3 und 4 (die Anordnungen in Nr. 2 und 5 sind schon von Gesetzes wegen sofort vollziehbar) des Bescheids genügt den formellen Anforderungen. Insbesondere ist dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO Genüge getan. Diese Begründungspflicht verlangt von der zuständigen Behörde, das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit eines Bescheids unter Bezugnahme auf die Umstände des konkreten Einzelfalls darzustellen (BayVGH, B.v. 14.2.2002 – 19 ZS 01.2356 – NVwZ-RR 2002, 646). § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO hat unter anderem eine Warnfunktion für die handelnde Behörde. Damit soll sichergestellt werden, dass sich die Behörde des Ausnahmecharakters ihrer Anordnung bewusst wird und die konkret betroffenen Interessen sorgsam prüft und abwägt (BayVGH, B.v. 3.5.2018 – 20 CS 17.1797 – juris Rn. 2). Nichtssagende, formelhafte Wendungen reichen deshalb nicht aus. Allerdings genügt dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, dass die Behörde diese Interessenlage aufzeigt und deutlich macht, dass sie auch im vorliegenden Fall gegeben ist. Dies kommt insbesondere im Bereich des Sicherheitsrechts, zu dem auch der streitgegenständliche Bescheid gehört, in Betracht (BayVGH, B.v. 10.3.2008 – 11 CS 07.3453 – juris Rn. 16). Auf die inhaltliche Richtigkeit oder Tragfähigkeit der Begründung kommt es für die Frage ihrer formellen Rechtmäßigkeit nicht an (Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55).
Gemessen an diesen Maßstäben ist die vorliegend zu prüfende Begründung des Sofortvollzugs ausreichend. Der Antragsgegner hat sich in genügender Weise auf die hier widerstreitenden Interessen des betroffenen Antragstellers und das Vollzugsinteresse der Allgemeinheit bezogen und zu erkennen gegeben, dass er sich der Ausnahmesituation der sofortigen Vollziehbarkeit bewusst ist.
bb) Aus Sicht des Gerichts spricht unter Berücksichtigung der Umstände, wie sie sich nach derzeitigem Sachstand darstellen, vieles dafür, dass die Anordnungen im Bescheid vom 30.11.2021 rechtmäßig ergingen und die dagegen gerichtete Klage daher keine Aussicht auf Erfolg hat. Im Ergebnis kann das Gericht dies jedoch dahinstehen lassen, weil auch im Falle eines weiteren Aufklärungsbedarfs mit damit offenen Erfolgsaussichten eine Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers geht.
Soweit der Antragsteller in formeller Hinsicht sinngemäß die nicht erfolgte Anhörung rügt, vermag dies seinem Antrag nicht zum Erfolg verhelfen. Ein etwaiger Anhörungsmangel wäre (sofern entgegen der Ansicht des Antragsgegners noch nicht erfolgt) jedenfalls noch im Hauptsacheverfahren heilbar, Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG), so dass sich darauf die Prognose einer überwiegenden Erfolgsaussicht der Klage nicht stützen lässt (vgl. BayVGH, B. v. 6.7.2020 – 23 CS 20.383, juris Rn. 14 ff.; B. v. 31.1.2017 – 9 C 16.2022, juris Rn. 11).
In materiell-rechtlicher Hinsicht gilt Folgendes:
(1) Das Landratsamt hat den Widerruf der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis unter Bezugnahme auf die Ausführungen zum Widerruf der Waffenbesitzkarte auf eine mangelnde Zuverlässigkeit des Antragstellers gestützt, § 34 Abs. 2 Satz 1 SprengG i.V.m. §§ 8 Abs. 1 Nr. 1, 8a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b SprengG.
Nach § 34 Abs. 2 Satz 1 SprengG ist eine Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SprengG ist die Erlaubnis u.a. dann zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Dies ist nach § 8a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a SprengG dann der Fall, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass explosionsgefährliche Stoffe im Sinne des SprengG missbräuchlich oder leichtfertig verwendet werden. Nach § 8a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b SprengG besitzen zudem in der Regel Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in den letzten fünf Jahren Mitglied in einer Vereinigung waren, die Bestrebungen nach Buchst. a verfolgt oder verfolgt hat.
Die Regelungen des § 8a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a SprengG und § 8a Abs. 2 Nr. 3 SprengG decken sich inhaltlich mit denen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG und § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG, so dass die hierfür geltenden Maßstäbe ebenfalls Geltung beanspruchen (vgl. BayVGH, B.v. 25.3.1991 – 21 B 90.3491 – juris Ls.; VG München, B.v. 27.2.2018 – M 7 S 17.6126 – juris Rn. 33). Da die Gefahren, die von dem Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen ausgehen, ebenso schwerwiegend sind wie Gefahren im Umgang mit Waffen, die Allgemeinheit also in gleichem Maß gefährdet und schutzwürdig ist, können die Anforderungen an die Zuverlässigkeit im sprengstoffrechtlichen Sinne nicht geringer sein als an die Zuverlässigkeit im Waffenrecht, was sich auch aus der gesetzlichen Wertung durch die Gleichstellung der waffen- und sprengstoffrechtlichen Regelungen ergibt (vgl. BT-Drs. 19.15875, S. 41 zu § 8a Abs. 2 Nr. 3 SprengG; VG München, B.v. 21.2.2018 – M 7 S 17.3502 und M 7 S 17.4504 – juris Rn. 37 zu § 8a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c SprengG).
Das Gericht geht bei summarischer Prüfung davon aus, dass sich eine Unzuverlässigkeit des Antragstellers nicht schon aus der Vorschrift des § 8a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b SprengG ergibt.
Die Behörde hat hierzu ausgeführt, dass der Antragsteller Mitglied der vom BfV als Verdachtsfall beobachteten Vereinigung „…“ sei und diese als Entscheidungsträger unterstütze. Die Vereinigung „…“ stehe im Verdacht, verfassungsfeindliche Bestrebungen zu verfolgen. Im Verfassungsschutzbericht 2020 (Hrsg. Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat) ist hierzu ausgeführt, dass im Fall von „…“ hinreichend gewichtige Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung festgestellt worden seien, die sich auf einen nicht unerheblichen Personenkreis innerhalb der Vereinigung bezögen. Konkret hätten Anhaltspunkte für rechtsextremistisches Gedankengut, für die Mitwirkung von Rechtsextremisten innerhalb der Vereinigung bzw. für Verbindungen zu anderen rechtsextremistischen Bestrebungen festgestellt werden können. Weiterhin hätten bei einigen Mitgliedern Bestrebungen zur Beseitigung des staatlichen Gewaltmonopols erkannt werden können.
Das Vorliegen von Anhaltspunkten für Bestrebungen im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG genügt nach Wortlaut und Lesart des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b WaffG zur Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen aus Sicht des Gerichts nicht. Danach reicht zwar der tatsachenbegründete Verdacht einer Mitgliedschaft aus, das Verfolgen von Bestrebungen im Sinne der Vorschrift muss aber feststehen. Für ein solches Normverständnis sprechen auch Gesetzeshistorie und -begründung zu § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b WaffG bzw. § 8a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b SprengG. Nach der Gesetzesbegründung zu § 8a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b SprengG (Drittes Gesetz zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften, 3. WaffRÄndG vom 17.2.2020 – BGBl. I 2020, Nr. 7 19.2.2020, S 166) wollte der Gesetzgeber zwar hinsichtlich des Nachweises einer mitgliedschaftlichen Einbindung in die Vereinigung einen tatsachenbegründenden Verdacht explizit ausreichen lassen (sog. bereits risikovermeidender Ansatz, BT-Drs. 19/15875, S. 41 bzw. S. 36 zur entsprechenden waffenrechtlichen Regelung). Dafür, dass auch für den Nachweis verfassungsfeindlicher Bestrebungen ein solcher Verdacht ausreichen sollte, findet sich in der Gesetzesbegründung indes keine Stütze. Der Gesetzgeber hat hierzu an gesonderter Stelle (lediglich) ausgeführt, dass bei der Beurteilung, ob ein Verein verfassungsfeindliche Bestrebungen im Sinne der Vorschrift verfolgt, die Einschätzung der Verfassungsschutzämter eingeholt werden könne (BT-Drs. 19/15875, S. 41 bzw. S 36 zur entsprechenden waffenrechtlichen Regelung). In der Gesetzesbegründung zu § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG i.d.F.v. 17.10.2002 (Gesetz zur Neuregelung des Waffenrechts, WaffRNeuRegG vom 11.10.2002 – BGBl. I 2002, Nr. 73 16.10.2002, S. 3970) hatte der Gesetzgeber insoweit explizit ausgeführt, dass die Behörde Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen per Einzelanfrage „verifizieren“ könne (BT-Drs. 14/7758, S. 55). Angesichts des gleichlaufenden Schutzwecks von Waffen- und Sprengstoffgesetz zieht das Gericht diese Wertung mit heran. Dass sich hinsichtlich des Maßstabs zur Beurteilung bzw. zum Nachweis verfassungsfeindlicher Bestrebungen durch die Neufassung im Rahmen des 3. WaffRÄndG etwas geändert hätte, ist, wie dargelegt, nicht ersichtlich. Aus Sicht des Gerichts widerspricht ein solches Normverständnis auch nicht dem Schutzzweck der Norm im Sinne einer effektiven Gefahrenabwehr. Individuelle Betätigungen können insbesondere über § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG erfasst werden. Auch erachtet es das Gericht als möglich, tatsachenbegründete Verdachtsmomente im Rahmen der Prognose des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG in einer Gesamtschau mitheranzuziehen.
Aus Sicht des Gerichts spricht bei summarischer Prüfung jedoch einiges dafür, dass die Behörde zu Recht Tatsachen angenommen hat, die die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller Waffen oder Munition bzw. explosionsgefährliche Stoffe missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird und damit nicht mehr die erforderliche sprengstoffrechtliche Zuverlässigkeit besitzt, § 8a Abs. 1 Nr. 2 SprengG.
Die Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG bzw. § 8a Abs. 1 Nr. 2 SprengG setzt eine auf zutreffend ermittelte Tatsachen gestützte Prognose des zukünftig zu erwartenden Verhaltens des Betroffenen voraus (Gade, WaffG, 2. Aufl. 2018, § 5 Rn. 18). Es ist eine Bewertung aller Tatsachen vorzunehmen, die für die zutreffende zukunftsbezogene Beurteilung von Bedeutung sein können (BayVGH, B.v. 5.10.2020 – 24 BV 19.510 – juris Rn. 15). An die Prognose dürfen indes keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Denn das Zuverlässigkeitserfordernis dient dem Zweck, die mit jedem Waffenbesitz bzw. Besitz explosionsgefährlicher Stoffe verbundenen Risiken nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten das uneingeschränkte Vertrauen verdienen, dass sie mit Waffen und Munition bzw. explosionsgefährlichen Stoffen jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen werden (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.2014 – 6 C 30/13 – NJW 2015, 1127). Ein Restrisiko braucht folglich nicht hingenommen zu werden (BayVGH, B.v. 2.10.2013 – 21 CS 13.1564 – juris Rn. 10). Der Mangel der Zuverlässigkeit setzt nicht den Nachweis voraus, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Waffen und Munition bzw. explosionsgefährlichen Stoffen nicht verantwortungsbewusst umgehen wird (BayVGH, B.v. 5.10.2020 – 24 BV 19.510 – juris Rn. 15). Die behördliche Prognose der Unzuverlässigkeit ist in Anlegung dieses Maßstabs nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt wird, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass die in Rede stehende Person künftig Verhaltensweisen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG bzw.§ 8a Abs. 1 Nr. 2 SprengG begehen werde (vgl. BVerwG, U.v. 28.1.2015 – 6 C 1.14 – NJW 2015, 1594, 1596). Die Befürchtung eines missbräuchlichen oder leichtfertigen Umgangs können auch durch bestimmte Wesensmerkmale einer Person begründet werden (vgl. Gade, WaffG, 2. Aufl. 2018, § 5 Rn. 11).
Die Behörde hat sich vorliegend maßgeblich auf Erkenntnisse aus einer Observation durch das BayLfV nach Art. 19a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayVSG gestützt. Danach darf das Landesamt außerhalb des Schutzbereichs von Art. 13 GG und Art. 106 Abs. 3 der Verfassung eine Person durchgehend länger als 48 Stunden oder an mehr als drei Tagen innerhalb einer Woche verdeckt auch mit technischen Mitteln planmäßig beobachten, insbesondere das nicht öffentlich gesprochene Wort abhören und aufzeichnen, wenn dies zur Aufklärung von Bestrebungen oder Tätigkeiten mit erheblicher Bedeutung erforderlich ist. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Vorgaben der Norm nicht eingehalten worden wären, sind für das Gericht bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich. Der Antragsteller hat hierzu im Übrigen lediglich pauschal ausgeführt, dass die Rechtmäßigkeit als schwerer Grundrechtseingriff in Frage gestellt werden würde. Letztlich kann das Gericht die Frage dahinstehen lassen, da sich aus einem etwaigen Verstoß mit Blick auf die hier betroffenen hochrangigen Rechtsgüter jedenfalls ein Beweisverwertungsverbot nicht ergeben würde, so dass das Gericht für die Zwecke des Eilrechtsschutzverfahrens von einer Verwertbarkeit ausgeht.
Nach den Aufzeichnungen im Behördenzeugnis äußerte sich der Antragsteller am 16.8.2020 dahingehend, dass er „Panik“ habe, „Leute totschlagen“ zu müssen. Wortwahl, Diktion und Inhalt dieser Aussage nähren die Befürchtung einer erheblichen Gewaltbereitschaft und aggressiven Grundhaltung des Antragstellers und geben Anlass zu der Befürchtung einer Verletzung der Rechtsordnung durch den Antragsteller mit sich daraus ergebenden erheblichen Gefahren für Dritte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Einlassungen des Antragstellers im gerichtlichen Verfahren. Der Antragsteller hat sich darin zu besagter Äußerung nicht erklärt, obwohl die Behörde explizit auch auf diese abgestellt hat. Auch die am 4.8.2020 getätigte Äußerung des Antragstellers zu einem Waffeneinsatz nicht nur im Bereich der Jagd, sondern auch gegen einen „Feind“, bei dem man, anders als bei einem Tier, auch „zwei, dreimal draufhalten“ könne, trägt neben dem Inhalt der Aussage auch hinsichtlich Wortwahl und Diktion zu der Annahme einer nicht hinzunehmenden Einstellung des Antragstellers zum Waffengebrauch bei. Der Antragsteller hat sich auch zu dieser Äußerung im gerichtlichen Verfahren nicht erklärt oder deren inhaltliche Deutung seitens der Behörde in Abrede gestellt.
Das Gericht verkennt bei seiner Bewertung nicht, dass bei der durchgeführten Observation Teile der Gespräche jeweils nicht verständlich und damit Zusammenhänge nicht immer klar waren. Angesichts der aus Sicht des Gerichts hinsichtlich Inhalt und Wortwahl aber doch eindeutigen Gesprächsanteile des Antragstellers, zu denen sich dieser im gerichtlichen Verfahren auch nicht erklärt hat, spricht bei summarischer Prüfung unter Berücksichtigung der Sachlage, wie sie sich nach derzeitigem Stand darstellt, vieles für eine Unzuverlässigkeit.
Für die Frage, ob sich die negative Prognose ergänzend auch auf die Mitgliedschaft bzw. Betätigung des Antragstellers in der Vereinigung „…“ stützen lässt, erachtet das Gericht – ggf. auch unter dem Aspekt des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a) aa) WaffG – vorliegend weitere Sachverhaltsaufklärung hinsichtlich der individuellen Betätigung und Rolle des Antragstellers innerhalb der Vereinigung zur Beurteilung rechtsextremistischer Bestrebungen als erforderlich, die einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss.
Soweit die Behörde zusätzlich auf eine „erhöhte Aggressivität und Gewaltbereitschaft“ des Antragstellers abgestellt und diese auf polizeiliche Erkenntnisse (Mitteilung polizeilicher Erkenntnisse des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration vom 17.12.2021) gestützt hat, sieht das Gericht ebenfalls weiteren Aufklärungsbedarf im Hauptsacheverfahren. Die Behörde hat hierzu in der Bescheidsbegründung lediglich pauschal auf die Erkenntnisse insgesamt abgestellt. Jedenfalls die Erkenntnisse zu Körperverletzungsdelikten sowie zu einer Bedrohung im Zusammenhang mit dem Waffengesetz, die die Behörde im gerichtlichen Verfahren schriftsätzlich besonders angeführt hat, beziehen sich auf Vorgänge, die über 16 und 20 Jahre zurückliegen. Augenscheinlich waren diese Erkenntnisse auch für die Behörde nicht hinderlich, waffen-, jagd- und sprengstoffrechtliche Erlaubnisse zu erteilen. Bei summarischer Prüfung hat das Gericht daher erhebliche Zweifel daran, dass diese (noch) geeignet sind, eine negative Prognose zu stützen. Dass die übrigen aufgelisteten (jüngeren) Erkenntnisse der Polizei, insbesondere zu Straßenverkehrsdelikten, auf eine erhöhte Aggressivität und Gewaltbereitschaft hindeuten, erachtet das Gericht nicht als von vornherein ausgeschlossen (vgl. auch Gade, WaffG, 2. Aufl. 2018, § 5 Rn. 11). Hierzu sind die jeweiligen Umstände aber weiter aufzuklären, dies gegebenenfalls unter Heranziehung der Erkenntnisse aus den jeweiligen Straf- und oder Verwaltungsverfahren, was ebenfalls einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss.
Auch hinsichtlich der Mitgliedschaft in einer Chatgruppe, die beim BfV im Rahmen eines Gefährdungssachverhalts bearbeitet werde, lassen die allgemein und pauschal gehaltenen Ausführungen im Behördenzeugnis, auf die die Behörde Bezug genommen hat, im einstweiligen Rechtsschutzverfahren keine Einschätzung zu, ob diese für eine negative waffen- bzw. sprengstoffrechtliche Zuverlässigkeitsprognose (mit-)herangezogen werden können. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung kann auch insofern nur in einem Hauptsacheverfahren durchgeführt werden.
Im Ergebnis kann das Gericht die Frage, ob die getätigten Aussagen des Antragstellers für sich genommen bei summarischer Prüfung bereits eine Unzuverlässigkeit begründen oder insoweit weitere Sachverhaltsaufklärung erforderlich ist, dahinstehen lassen, weil auch die im Falle offener Erfolgsaussichten vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers geht.
Die Vorschrift des § 34 Abs. 5 SprengG beseitigt bereits von Gesetzes wegen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage.
In Fällen der gesetzlichen Sofortvollzugsanordnung unterscheidet sich die Interessenabwägung von derjenigen, die in den Fällen einer behördlichen Anordnung stattfindet. Während im Anwendungsbereich von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bei der Interessenabwägung die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers für die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen bedeutsam wird, ist in Fällen der Nummern 1 bis 3 zu beachten, dass hier der Gesetzgeber einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Hat sich schon der Gesetzgeber für den Sofortvollzug entschieden, sind die Gerichte – neben der Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache – zu einer Einzelfallbetrachtung grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Umstände angehalten, die von den Beteiligten vorgetragen werden und die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung ausnahmsweise abzuweichen ist (BayVGH, B.v. 4.11.2019 – 21 CS 19.226 – juris Rn. 20; B.v. 6.6.2018 – 21 CS 18.658 – juris Rn. 27 jeweils unter Verweis auf BVerfG, B.v. 10.10.2003 – 1 BvR 2025/03 – juris Rn. 21 f.).
Der Antragsteller hat insoweit keine Gründe vorgetragen, die auf besondere, über die im Regelfall mit der Anordnung sofortiger Vollziehung verbundenen Umstände hingewiesen hätten, aufgrund derer eine Abwägung zugunsten seiner privaten Interessen ausfallen müsste. Der Widerruf der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis dient dem besonderen Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit an einem sicheren und zuverlässigen Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen und daher dem Schutz überragender Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit der Bevölkerung (vgl. BayVGH, B.v. 6.6.2018 – 21 CS 18.658 – juris Rn. 30). Gegenüber diesem gewichtigen öffentlichen Interesse hat das private Interesse an einer Aussetzung der Vollziehung weniger Gewicht. Das Gericht berücksichtigt dabei auch den Umstand, dass durch die Anordnungen der sofortigen Vollziehbarkeit keine irreversiblen Zustände geschaffen werden.
(2) Aufgrund der unter (1) ausgeführten Erwägungen spricht auch vieles dafür, dass die Behörde den Jagdschein zu Recht für ungültig erklärt und eingezogen hat (Nr. 3 des Bescheids vom 17.12.2021).
Nach § 18 Satz 1 BJagdG ist die Behörde, wenn Tatsachen, welche die Versagung des Jagdscheines begründen, erst nach Erteilung des Jagdscheines eintreten oder der Behörde, die den Jagdschein erteilt hat, bekanntwerden, in den Fällen des § 17 Abs. 1 BJagdG verpflichtet, den Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen. Nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 BJagdG ist der Jagdschein Personen zu versagen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie die erforderliche Zuverlässigkeit oder körperliche Eignung nicht besitzen. § 17 Abs. 3 BJagdG, der die erforderliche Zuverlässigkeit näher konkretisiert, stimmt mit der Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG überein, sodass die dort entwickelten Kriterien auch im Jagdrecht Gültigkeit haben (Tausch in Schuck, BJagdG, 2. Aufl. 2015, § 17 Rn. 52). Aus diesem Grund ist es auch unschädlich, dass die Behörde vorliegend als Rechtsgrundlage auf § 17 Abs. 1 Nr. 1 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG und nicht die (hierzu speziellere) gleichlautende Vorschrift des § 17 Abs. 3 Nr. 1 BJagdG abgestellt hat.
Nach diesen Vorschriften besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden. Insoweit beanspruchen die unter (1) gemachten Ausführungen entsprechende Geltung.
Im Ergebnis kann das Gericht auch insoweit dahinstehen lassen, ob die getätigten Äußerungen für sich genommen bei summarischer Prüfung eine Unzuverlässigkeit begründen oder auch insofern aufgrund eines weiteren Aufklärungsbedarfs von offenen Erfolgsaussichten auszugehen ist. Denn auch eine in diesem Fall vorzunehmende Interessenabwägung geht zu Lasten des Antragstellers.
Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Der Gesetzgeber hat die jagdrechtlichen Regelungen an die strikten Zuverlässigkeitsregelungen des Waffenrechts angeglichen. Auch wenn der Gesetzgeber dies nicht zum Anlass genommen hat, eine dem § 45 Abs. 5 WaffG vergleichbare Regelung in das Bundesjagdgesetz aufzunehmen, so ergibt sich daraus gleichwohl die gesetzgeberische Wertung, dass weder hinsichtlich der Entscheidung nach § 18 Satz 1 BJagdG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG noch hinsichtlich der diesbezüglichen Anordnung des Sofortvollzugs nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO eine andere Sichtweise angebracht oder eine andere Entscheidung zu treffen wäre als im Rahmen der waffenrechtlichen Entscheidungen (vgl. BayVGH, B.v. 4.11.2019 – 21 CS 19.226 – juris Rn. 25). Insoweit hat auch hier die gesetzgeberische Wertung des § 45 Abs. 5 WaffG im Sinne eines gesetzlichen Sofortvollzugs mit den unter (1) aufgeführten Grundsätzen Berücksichtigung zu finden. Ein das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit überwiegendes privates Interesse hat der Antragsteller nicht dargelegt. Auch hierzu beanspruchen die Ausführungen unter (1) ebenfalls Geltung.
(3) Gleiches gilt hinsichtlich des ergangenen Waffenverbots für erlaubnisfreie Waffen und Munition (Nr. 4 des Bescheids vom 17.12.2021).
Aufgrund der Ausführungen in der Bescheidsbegründung legt das Gericht die Anordnung in Nr. 4 des Bescheids trotz des Klammerzusatzes im Bescheidstenor, der auch von erlaubnispflichtigen Waffen und Munition spricht, dahingehend aus, dass sich das Waffenverbot nur auf erlaubnisfreie Waffen und Munition erstrecken sollte. Die Begründung der Behörde im Bescheid ist insoweit eindeutig.
Die Behörde hat sich darin auf § 41 Abs. 1 Nr. 2 WaffG gestützt. Danach kann die zuständige Behörde jemandem den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedarf, und den Erwerb solcher Waffen oder Munition u.a. dann untersagen, wenn Tatsachen bekannt werden, die die Annahme rechtfertigen, dass dem rechtmäßigen Besitzer oder Erwerbswilligen die erforderliche Zuverlässigkeit fehlt.
Hinsichtlich der Frage, ob dem Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit fehlt, beanspruchen erneut die obigen Ausführungen unter (1) Geltung.
Hinsichtlich der Ermessensentscheidung der Behörde sind bei summarischer Prüfung keine gemäß § 114 VwGO der gerichtlichen Prüfung unterliegende Ermessensfehler erkennbar. Namentlich hat die Behörde zutreffend erkannt, dass ihr vorliegend ein Ermessen zukam. Dass sie einzelne Punkte zu Unrecht in ihre Erwägungen eingestellt oder hieraus ausgeschieden oder aber einzelne Belange fehlgewichtet hätte, ist nicht erkennbar.
Das Gericht kann auch hier im Ergebnis dahinstehen lassen, ob die summarische Prüfung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Erfolglosigkeit der Klage ergibt oder aufgrund eines weiteren Aufklärungsbedarfs von offenen Erfolgsaussichten auszugehen ist, da die in diesem Fall vorzunehmende Interessenabwägung auch hier zu Lasten des Antragstellers geht. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass auch mit erlaubnisfreien Waffen und erlaubnisfreier Munition erhebliche Schäden zugefügt werden können und damit auch die Anordnung in Nr. 4 dem Schutz hochrangiger Rechtsgüter dient. Private Interessen, die das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit überwiegen würden, hat der Antragsteller nicht dargelegt. Das Gericht berücksichtigt auch hier den Umstand, dass irreversible Zustände durch die sofortige Vollziehbarkeit des Verbots nicht entstehen.
(4) Vorstehendes gilt auch für die Anordnung der sofortigen Sicherstellung nach § 46 Abs. 4 Satz 1 WaffG (Nr. 5 des Bescheids vom 17.12.2021).
Danach kann die zuständige Behörde Erlaubnisurkunden sowie die in den Absätzen 2 und 3 bezeichneten Waffen oder Munition sofort sicherstellen in Fällen eines vollziehbaren Verbots nach § 41 Abs. 1 oder 2 (Nr. 1) oder soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Waffen oder Munition missbräuchlich verwendet oder von einem Nichtberechtigten erworben werden sollen (Nr. 2).
Die Behörde hat vorliegend ein Waffenverbot nach § 41 Abs. 1 WaffG erlassen und dessen sofortige Vollziehbarkeit angeordnet. Ferner hat es auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 46 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 WaffG bejaht. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen unter (1) Bezug genommen.
Gemäß § 114 VwGO der gerichtlichen Prüfung unterliegende Ermessensfehler der Behörde sind bei summarischer Prüfung nicht erkennbar. Namentlich hat die Behörde zutreffend erkannt, dass ihr vorliegend ein Ermessen zukam. Dass sie einzelne Punkte zu Unrecht in ihre Erwägungen eingestellt oder hieraus ausgeschieden oder aber einzelne Belange fehlgewichtet hätte, ist nicht erkennbar.
Dahinstehen lassen kann das Gericht auch hier erneut die Frage, ob es mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Erfolglosigkeit der Klage annimmt oder aufgrund eines weiteren Aufklärungsbedarfs von offenen Erfolgsaussichten ausgeht. Die in letzterem Fall vorzunehmende Interessenabwägung geht zu Lasten des Antragstellers. Die Vorschrift des § 46 Abs. 4 Satz 3 WaffG beseitigt hier bereits von Gesetzes wegen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage. Dementsprechend beanspruchen die Ausführungen zur Interessenabwägung unter (1) entsprechende Geltung. Besondere, über das Sofortvollzugsinteresse hinausgehende private Interessen hat der Antragsteller nicht geltend gemacht. Irreversible Zustände werden durch den Sofortvollzug nicht geschaffen.
2. Die gerichtliche Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Der festgesetzte Streitwert ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG unter Berücksichtigung von Nr. 1.5 und 20.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Danach sind hinsichtlich der Ungültigerklärung des Jagdscheins 4.000,- EUR sowie hinsichtlich des Waffenverbots und des Widerrufs der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis jeweils der halbe Auffangwert (2 x 2.500,- EUR) zu berücksichtigen. Die sofortige Sicherstellung findet als Nebenanordnung keine gesonderte Berücksichtigung.