Verwaltungsrecht

Der Senegal ist ein sicherer Herkunftsstaat

Aktenzeichen  M 2 S 16.31991

Datum:
24.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 3, § 4, § 36 Abs. 4 S. 1
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
VwGO VwGO § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

Der Senegal ist ein sicherer Herkunftsstaat. Bei einer Gefahr für Leib und Leben durch nichtstaatliche Dritte kann auf die Hilfe durch die zuständigen Behörden im Senegal verwiesen werden. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der 1981 geborene Antragsteller ist senegalesischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am 3. Januar 2016 nach Deutschland ein und beantragte hier am 12. Mai 2016 Asyl. Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) am 25. Mai 2016 gab er im Wesentlichen an, er sei im Januar 2015 mit einem für 12 Tage geltenden Visum nach Frankreich gereist und anschließend in den Senegal zurückgekehrt. Er habe als Kfz-Mechaniker eine eigene Werkstatt betrieben. Obwohl er nicht homosexuell sei, sei aus ihm unbekannten Gründen das Gerücht aufgekommen, dass er mit Homosexuellen verkehre. Deshalb sei er von Unbekannten massiv bedroht worden, sein Auto sei beschädigt worden und seine Werkstatt sei in Brand gesetzt worden, wobei seine Sachen und auch zwei Kundenfahrzeuge zerstört worden seien. Er habe sich wegen der Bedrohungen nicht an die Polizei gewendet, weil dies keinen Sinn gemacht hätte. Er sei schon vor seiner Reise nach Frankreich bedroht worden, aber damals sei es noch nicht so schlimm gewesen wie nach seiner Rückkehr in den Senegal. Er habe sich nicht an einem anderen Ort im Senegal niedergelassen, weil er auch dort wegen der verbrannten Kundenfahrzeuge Probleme mit den Kunden und der Justiz bekommen hätte. Er habe dann zunächst in Mali als Kfz-Mechaniker gearbeitet und sei dann auf Vorschlag eines Bekannten über Burkina Faso, Niger und Libyen nach Italien gereist.
Mit Bescheid des BAMF vom 26. Juli 2016 wurde der Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1.) und der Antrag auf Asylanerkennung (Ziffer 2.) jeweils als offensichtlich unbegründet, der Antrag auf subsidiären Schutz (Ziffer 3.) als unbegründet abgelehnt; es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4.) und der Antragsteller wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls würde er nach Senegal oder in einen anderen Staat, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei, abgeschoben (Ziffer 5.). In Ziffer 6. des Bescheids wurde ein Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet, in Ziffer 7. des Bescheids wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Zur Begründung wurde in dem Bescheid im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen offensichtlich, die Voraussetzungen für subsidiären Schutz lägen nicht vor. Der Antragsteller stamme aus einem sicheren Herkunftsstaat. Es werde vermutet, dass er nicht verfolgt werde, solange er nicht Tatsachen vortrage, die die Annahme begründen, dass er entgegen dieser Vermutung verfolgt werde. Der Antragsteller habe nichts glaubhaft vorgetragen, was zu der Überzeugung gelangen ließe, dass entgegen der Einschätzung zur Lage in seinem Herkunftsstaat in seinem Fall die Voraussetzungen für die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ernsthaften Schadens erfüllt seien. Der Antragsteller mache keine staatliche Verfolgung geltend. Soweit der Antragsteller wirtschaftliche Gründe wegen des angeblichen Schadensersatzes für die zerstörten Kundenfahrzeuge geltend mache, sei dies asylrechtlich unbeachtlich; die straf- und zivilrechtliche Aufklärung der angeblichen Brandstiftung und deren Folgen seien Angelegenheit der senegalesischen Polizei- und Justizbehörden. Soweit der Antragsteller eine Verfolgung durch private Dritte geltend mache, hätte er – seinen Vortrag als wahr unterstellt – bei der senegalesischen Polizei um Schutz nachsuchen müssen; es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der senegalesische Staat nicht schutzbereit oder schutzwillig sei. Auch müsse er sich auf landesinternen Schutz verweisen lassen. Der Bescheid wurde mit Schreiben vom 28. Juli 2016 zugestellt.
Am 4. August 2016 ließ der Antragsteller Klage erheben (Az. M 2 K 16.31989) und zugleich beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung wurde unter anderem geltend gemacht, das Bundesamt habe sich mit der Frage der Verfolgung wegen Homosexualität im Senegal nicht ausreichend auseinandergesetzt. Dem Kläger würden im Senegal politische Folgen im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG drohen, Homosexuelle seien eine soziale Gruppe im Sinne dieser Vorschrift.
Die Antragsgegnerin äußerte sich – abgesehen von der Aktenvorlage – nicht.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligen und der Einzelheiten im Übrigen wird auf die Akten des Hauptsache- und Eilverfahrens sowie die vorgelegte Bundesamtsakte verwiesen.
II.
Der Antragsteller möchte mit seinem Antrag erreichen, dass die kraft Gesetzes (§ 75 AsylG) ausgeschlossene aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Entscheidungen des BAMF im streitgegenständlichen Bescheid nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO i. V. m. § 36 Abs. 3 AsylG angeordnet wird.
Der Antrag ist zulässig, aber nicht begründet.
Die seitens der Antragsgegnerin beabsichtigte umgehende Beendigung des Aufenthalts der Antragstellerseite im Bundesgebiet stützt sich auf die Annahme des BAMF, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter sowie die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich (vgl. §§ 29 a, 30 AsylG) nicht vorliegen und dass auch die Voraussetzungen für die Gewährung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) nicht vorliegen. An der Rechtmäßigkeit der hierzu durch das BAMF getroffenen ablehnenden Entscheidungen einschließlich des Offensichtlichkeitsurteils bestehen keine ernstlichen Zweifel, § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG. Dem Antragsteller droht offensichtlich weder im Hinblick auf die allgemeine Situation im Senegal noch aufgrund besonderer individueller Umstände oder der von ihm vorgetragenen Fluchtgründe im Fall seiner Rückkehr eine asylerhebliche Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung im Sinne der § 3 ff., § 4 AsylG. Der Einzelrichter teilt die Begründung des BAMF im streitgegenständlichen Bescheid, auf die verwiesen wird, § 77 Abs. 2 AsylG. Die Angaben des Antragstellers, die konstruiert wirken und wenig glaubhaft sind, begründen auch bei Wahrunterstellung keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des BAMF. Soweit in der Klage- und Antragsbegründung ausgeführt wird, das BAMF habe sich nicht ausreichend mit der Frage der Verfolgung Homosexueller im Senegal auseinandergesetzt, verkennt, dass der Antragsteller nach seinen Angaben nicht homosexuell ist und lediglich von Unbekannten bezichtigt wurde, dieser sozialen Gruppe anzugehören. Den Bescheidsgründen wird auch darin gefolgt, dass der Antragsteller nicht glaubhaft dargelegt hat, warum er sich nicht an einem anderen, weiter entfernten Ort im Senegal niedergelassen habe. Der Vorwurf des Antragstellers, die angefochtene Entscheidung habe unbeachtet gelassen, dass der Antragsteller mehrfach seinen Lebensmittelpunkt verlegt habe, trifft nicht zu; vielmehr hat er bei seiner Anhörung nur einen vor dem Brand erfolgten Ortswechsel innerhalb Senegals behauptet und auf die entsprechende Frage ausweichend geantwortet, er hätte an einem entfernteren Ort wegen seiner verbrannten Sachen und der verbrannten Kundenfahrzeuge (voraussichtlich) noch mehr Probleme bekommen.
Auch hinsichtlich der nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG erfolgten Ablehnung nationaler Abschiebungsverbote, insbesondere auch der Ablehnung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Hinblick auf die humanitären, sozialen und wirtschaftlichen Lebensbedingungen im Senegal, bestehen seitens des Gerichts keine, erst recht keine ernstlichen Bedenken.
Der (gerichtskostenfreie, § 83 b AsylG) Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.


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