Verwaltungsrecht

Dienstpostenbesetzung im Polizeidienst, hier: zeitlicher Zusammenhang zwischen Auswahlentscheidung und Hebung/Beförderung

Aktenzeichen  3 BV 19.1619

Datum:
11.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 32732
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 Abs. 2
VwGO § 101 Abs. 2, § 132 Abs. 2, § 191
BayVwVfG Art. 35 S. 1, Art. 43 Abs. 2
BRRG § 127
BeamtStG § 54 Abs. 2
LlbG Art. 56 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Der Dienstherr hat bei einem Stellenauswahlverfahren ein in seiner Organisationsfreiheit begründetes Wahlrecht zwischen Umsetzung, Versetzung und Beförderung; entschließt er sich für ein Verfahren, an dem Beförderungs-, Um- und Versetzungsbewerber unterschiedslos teilnehmen, gilt das Prinzip der Bestenauslese. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Verknüpfung zwischen Dienstpostenvergabe und Beförderung als sog. „einaktiges Verfahren“ ist eine zulässige Figur des Beförderungsrechts (ebenso BVerwG BeckRS 2018, 41336), wenn neben der Transparenz dieses Verfahrens gegenüber dem möglicherweise interessierten Personenkreis auch der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Auswahlentscheidung über die Vergabe des Dienstpostens und der Beförderung gegeben ist. (Rn. 31 – 33) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 5 K 18.992 2019-07-16 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I.    Das Urteil des Verwaltungsgericht Bayreuth vom 16. Juli 2019 wird aufgehoben.      
II.    Der Beklagte wird verpflichtet, über die Bewerbung des Klägers vom 19. Februar 2018 auf die mit Dienstposten-/Stellenausschreibung Nr. 2 vom 1. Februar 2018, Ziff. 5.6 ausgeschriebene Stelle der Sachbearbeiterin/des Sachbearbeiters 3. QE – Verkehr – bei der PI Lichtenfels (A 9/11) im Bereich des Polizeipräsidiums Oberfranken unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.      
III.    Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen selbst.      
IV.    Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.     
V.    Die Revision wird nicht zugelassen. 

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten (Schriftsätze vom 20.10.2020) ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO), ist begründet.
Die Verpflichtungsklage (Bescheidungsklage) ist zulässig (1.) und auch begründet (2.). Es war daher wie tenoriert zu entscheiden. Die Auswahlentscheidung vom 14. März 2018, die Ablehnungsentscheidung vom 23. März 2018 (sog. Negativ- oder Konkurrentenmitteilung) und der Widerspruchsbescheid vom 29. August 2018 sind gegenstandslos (3.).
1. Die Klage ist als Verpflichtungsklage (Bescheidungsklage) zulässig. Dem Kläger fehlt weder die Klagebefugnis (a.) noch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis (b.).
1.1 Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass ein Beamter keinen Anspruch auf Übertragung eines bestimmten Dienstpostens hat. Für eine dahingehende Klage fehle es regelmäßig an der Klagebefugnis (BVerwG, U.v. 19.11.2015 – 2 A 6.13 – juris Ls. 1 und Rn. 16). Es kann offenbleiben, ob das Urteil, das vor dem Hintergrund einer Umsetzungskonkurrenz ergangen ist, auf den vorliegenden Fall einer Versetzungskonkurrenz übertragbar ist (BayVGH, B.v. 19.1.2018 – 3 ZB 17.442 – juris Rn. 5; verneinend: OVG NW, B.v. 9.9.2019 – 6 A 238/17 – juris Rn. 33), weil der Beklagte mit der Nr. 3.1 RBestPol sowohl Um- als auch Versetzungsbewerbern bei der Bayerischen Polizei einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung ihrer Bewerbung (vgl. BVerfG, B.v. 28.11.2007 – 2 BvR 1431/07 – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 20.3.2009 – 3 CE 08.3278 – juris Rn. 37) und damit eine materiell-rechtliche Rechtsposition eingeräumt hat.
1.2 Der Kläger fehlt es auch nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann bei einer Dienstpostenkonkurrenz zwischen Versetzungsbewerbern eine Stellenbesetzung jederzeit rückgängig gemacht werden, ohne dass dem der Grundsatz der Ämterstabilität entgegenstehen würde. Der streitbefangene Dienstposten kann jederzeit durch Versetzung oder Umsetzung des Beigeladenen wieder freigemacht werden. Der Beigeladene hat seinerseits keinen Anspruch auf ein bestimmtes Amt im konkret-funktionellen Sinn (BayVGH, B.v. 20.10.2017 – 3 CE 17.1991 – juris Rn. 7; B.v. 29.9.2015 – 3 CE 15.1604 – juris Rn. 18).
2. Die Verpflichtungsklage ist auch begründet.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (Burkholz in v. Roetteken/Rothländer, Beamtenstatusgesetz, Stand: Juni 2020, § 15 Rn 96).
Der Kläger hat Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seine Versetzungsbewerbung. Diesem Anspruch ist der Beklagte bislang nicht nachgekommen, weil er den Kläger ausweislich des Auswahlvermerks vom 14. März 2018 als Leistungsbewerber behandelt hat und diesbezüglich keinen „Ermessensspielraum“ erkennen konnte.
2.1 In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Dienstherr bei einer Stellenbesetzung zwischen Beförderungs-, Um- und Versetzungsbewerbern unterscheiden kann. Nur dann, wenn sich der Dienstherr für ein Auswahlverfahren entschließt, an dem Beförderungs-, Um- und Versetzungsbewerber unterschiedslos teilnehmen, legt er sich auf ein an den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG ausgerichtetes Auswahlverfahren (Prinzip der Bestenauslese) fest. Der Dienstherr hat ein in seiner Organisationsfreiheit begründetes Wahlrecht zwischen Umsetzung, Versetzung und Beförderung, dessen Ausübung im pflichtgemäßen Ermessen der für ihn handelnden Behörde steht (BVerwG, U.v. 25.11.2004 – 2 C 17.03 – juris Rn. 18). Welches „Modell“ der Dienstherr seiner Entscheidung über die Besetzung eines freien Dienstpostens zugrunde legt, hat er – gleichsam als „Organisationsgrundentscheidung“ – spätestens vor der Auswahlentscheidung festzulegen (stRspr, BVerwG, B.v. 27.5.2020 – 1 WB 18.19 – juris Rn. 27).
Der Beklagte hat in der streitgegenständlichen Stellenausschreibung vom 1. Februar 2018 darauf verwiesen, dass eine Auswahl entsprechend der Vorgaben der Bestellungsrichtlinien erfolgt. Damit hat der Beklagte auf Nr. 3 RBestPol in der damaligen Fassung Bezug genommen, wonach ämtergleiche Um- und Versetzungen – auch nach erfolgter Ausschreibung – vorrangig durchgeführt werden. Folglich hat der Beklagte mit der Bezugnahme auf die Richtlinien über die Bestellung auf Dienstposten des gehobenen und höheren Dienstes der bayerischen Polizei in der gegenständlichen Ausschreibung deutlich gemacht, dass er Umsetzungs- bzw. Versetzungsbewerber einerseits und Beförderungsbewerber andererseits nicht gleich behandeln will. Vielmehr ist mit Hinweis auf Nr. 3 RBestPol hinreichend klargestellt, dass Beamte, die bereits einen Dienstposten innehaben, der dem Wert des ausgeschriebenen Dienstpostens gleichwertig ist, nicht am Auswahlverfahren nach Nr. 2 RBestPol teilnehmen. Sie können jedoch auch nach erfolgter Ausschreibung dann vorrangig bestellt werden, wenn es besondere dienstliche Gründe erfordern oder zwingende persönliche Gründe vorliegen und Kosten dadurch nicht anfallen. In diesem Fall unterliegt die Auswahlentscheidung nur den Anforderungen an die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens und darf sich nicht als willkürlich darstellen (BVerfG, B.v. 28.11.2007 – 2 BvR 1431/07 – juris Rn. 11).
2.2 Wegen der vom Beklagten getroffenen Organisationsgrundentscheidung hätte somit vorrangig über die vom Kläger beantragte Versetzung (BayVGH, B.v. 19.1.2018 – 3 ZB 17.442 – juris Rn. 5) entschieden werden müssen. Kläger und Beigeladener sind Versetzungsbewerber (2.2.1). Das von dem Beklagten praktizierte Beförderungssystem des umlaufenden Hebungsverfahrens rechtfertigt es nicht, den Kläger als Beförderungsbewerber anzusehen (2.2.2). Das Hebungsverfahren genügt hier nicht den Anforderungen eines sog. „einaktigen Verfahrens“. Zwar ist das Verfahren transparent (2.2.2.1), aber es fehlt an dem erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Auswahlentscheidung und Hebung/Beförderung (2.2.2.2).
2.2.1 Bei der Frage, ob eine Beförderungs- oder Versetzungsbewerbung vorliegt, ist darauf abzustellen, ob die Besoldungsgruppe, die der Beamte innehat, innerhalb der Spannungsbreite des gebündelten Dienstpostens liegt. Ein seiner Wertigkeit nach drei Statusämtern zugeordnete Dienstposten ist für einen Beamten im niedrigen Statusamt kein höher bewerteter Dienstposten (BVerwG, U.v. 30.6.2011 – 2 C 19.10 – juris Rn. 30; VGH BW, B.v. 16.12.2019 – 4 S 2980/19 – juris Rn. 14). Davon geht auch Nr. 3.2 RBestPol aus. Sowohl der Kläger als auch der Beigeladene sind damit Versetzungsbewerber.
2.2.2 Etwas anderes gilt auch nicht vor dem Hintergrund der von dem Beklagten praktizierten Beförderungspraxis des umlaufenden Hebungsverfahrens (in Nordrhein-Westfalen: „fliegende Stellen“, vgl. VG Düsseldorf, B.v. 13.2.2019 – 13 L 3662/18 – juris Rn. 12), bei dem die Vergabe des Dienstpostens schon die Vorauswahl für eine konkret vorgesehene spätere Hebung und nachfolgende Beförderung ist und somit Dienstpostenbesetzung und Beförderung eine Einheit bilden.
Dieses sog. „einaktige Verfahren“ ist eine zulässige Figur des Beförderungsrechts (BVerwG, U.v. 13.12.2018 – 2 A 5.18 – juris Rn. 31; noch offen gelassen im B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1.13 – juris Rn. 13; vgl. BVerfG, B.v. 8.10.2007 – 2 BvR 1846/07 u.a. – juris Rn. 8), wobei im Hinblick auf die Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) zwei Voraussetzungen erfüllt sein müssen.
Zum einen muss die Verknüpfung zwischen Dienstpostenvergabe und Beförderung transparent sein; das heißt, dass der möglicherweise am Dienstposten und am Beförderungsamt interessierte Personenkreis weiß, dass mit der Vergabe des Dienstpostens zugleich auch – die laufbahnrechtliche Bewährung auf dem Dienstposten vorausgesetzt – über die Vergabe des Beförderungsamts entschieden wird. Eine solche Transparenz kann sich aus einem Hinweis in der Stellenausschreibung darauf ergeben, dass nach der laufbahnrechtlichen Bewährung die Beförderung vorgesehen ist. Im Falle einer allgemeinen behördlichen Praxis – ggf. beschränkt auf einzelne Bereiche oder Besoldungsgruppen – kann die Kenntnis einer solchen Verfahrensweise auch ohne entsprechenden Hinweis in der Ausschreibung vorausgesetzt werden.
Zum anderen ist ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Auswahlentscheidung über die Vergabe des Dienstpostens und der Beförderung erforderlich, um die Aktualität der dienstlichen Beurteilungen zu wahren und in der Zwischenzeit möglicherweise hinzukommende weitere Bewerber nicht ohne hinreichende Rechtfertigung vom Auswahlverfahren über das Beförderungsamt auszuschließen (BVerwG, U.v. 13.12.2018 a.a.O.; U.v. 11.2.2009 – 2 A 7.06 – juris Rn. 20; HessVGH, B.v. 31.3.2020 – 1 B 1751/19 – juris Rn. 33).
Die genannten Erwägungen der höchstrichterlichen Entscheidung vom 13. Dezember 2018 (a.a.O.) beanspruchen trotz des Zwischenschritts der erforderlichen Hebung des Dienstpostens Geltung auch für die vorliegende Streitigkeit. Ein qualifizierter Unterschied ist mit diesem Zwischenschritt nicht verbunden.
2.2.2.1 Die notwendige Transparenz ist gewahrt, da in der Ausschreibung darauf hingewiesen wurde, dass eine Hebung des Dienstpostens vorgesehen ist. Auch wurde (jedenfalls) dem Kläger mit Schreiben vom 9. Juli 2018 (Bl. 28 des Verfahrens 3 CE 18.1389) mitgeteilt, dass er rechtzeitig vor Hebung des streitgegenständlichen Dienstpostens des Beigeladenen informiert wird.
2.2.2.2 Allerdings fehlt es an dem höchstrichterlich geforderten „engen zeitlichen Zusammenhang“ zwischen Auswahlentscheidung und Hebung/Beförderung. Wo genau die zeitliche Zäsur liegt, hat das Bundesverwaltungsgericht nicht konkretisiert. Da das Erfordernis des engen zeitlichen Zusammenhangs der Aktualität dienstlicher Beurteilungen dienen soll, bietet sich an, auf den Beurteilungszeitraum für Regelbeurteilungen abzustellen, der nach Art. 56 Abs. 1 Satz 1 LlbG drei Jahre beträgt (BayVGH, B.v. 29.10.2014 – 3 CE 14.2073 – juris Rn. 25; vgl. auch BVerwG, B.v. 12.12.2017 – 2 VR 2.16 – juris Rn. 53). Danach waren hier die der Auswahlentscheidung zugrunde gelegten dienstlichen Beurteilungen bereits mit Ablauf des Monats Mai 2018 nicht mehr hinreichend aktuell und sozusagen „gesetzlich welk“ (Anm. Stuttmann, NVwZ 2019, 972/973) geworden. Die nunmehr für den Monat Mai 2023 prognostizierte Hebung der Stelle, auf der dann die sofortige Beförderung des Beigeladenen möglich sein dürfte, ist mit einem zeitlichen Abstand von mehr als fünf Jahren nicht mehr zeitnah im Sinne der vorzitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung. Eine Verwaltungspraxis, wonach ein ausgewählter Bewerber jahrelang auf dem Dienstposten verbleibt und sodann ohne weitere Auswahlentscheidung befördert werden soll, ist rechtswidrig (von der Weiden, jurisPR-BVerwG 11/2019 Anm. 4). Eine nach Hebung des Dienstpostens mögliche Beförderung darf in diesem Fall demnach erst nach einem erneuten Leistungsvergleich vorgenommen werden (BVerwG, U.v. 11.2.2009 – 2 A 7.06 – juris Rn. 20). Soweit die Richtlinien über die Bestellung auf Dienstposten des gehobenen und höheren Dienstes der bayerischen Polizei dazu im Widerspruch stehen, weil das von der bayerischen Polizei praktizierte Beförderungssystem des umlaufenden Hebungsverfahrens einen erneuten Leistungsvergleich als seiner Zielsetzung zuwiderlaufend ausschließen will (vgl. Schriftsatz der Landesanwaltschaft vom 17.12.2019, S. 9), sind sie unerheblich. Die Praxis, zur Bestimmung der zu hebenden Stelle später den leistungsstärksten Sachbearbeiter Verkehr abzufragen, reicht nicht aus, um das vorgesehene „einaktige Verfahren“ rechtfertigen zu können. Denn die Beschränkung auf diesen Personenkreis ist wegen des großen zeitlichen Abstands nicht möglich und lässt mögliche weitere Interessenten (wie z.B. die damaligen Mitbewerber) außer Betracht. Auch Nr. 4.3, 2. Absatz RBestPol ist im Lichte der hier zugrunde gelegten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu sehen. Eine „vorgesehene“ Bewertungsänderung im Sinne der Richtlinie kann nur akzeptiert werden, wenn eine Anhebung des fraglichen Dienstpostens hinreichend konkret ist und ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Auswahlentscheidung und Hebung/Beförderung besteht (so bereits VG Bayreuth, B.v. 19.9.2017 – B 5 E 17.622 – juris Rn. 27). Das ist hier, wie bereits ausgeführt, nicht der Fall.
2.3 Damit ist von einer Versetzungskonkurrenz auszugehen und mithin Nr. 3.1 RBestPol zu beachten. Diese Bestimmung ist als „Kann-Vorschrift“ und damit als Ermessensbestimmung ausgebildet. Weil das Polizeipräsidium Oberfranken bislang – ausgehend von dem unzutreffenden Verständnis einer Beförderungskonkurrenz – kein Ermessen ausgeübt hat, war der Beklagte zu verpflichten, über die Bewerbung des Klägers erneut zu entscheiden. Hierbei wird das Polizeipräsidium Oberfranken die sowohl vom Kläger als auch vom Beigeladenen vorgetragenen dringenden persönlichen Gründe zu würdigen haben. Die Frage, ob der Kläger chancenloser Beförderungsbewerber war, stellt sich hierbei nicht.
3. Die Auswahlentscheidung sowie die Negativ- und Konkurrentenmitteilungen (hier in Form des Schreibens vom 23.3.2018 und des Widerspruchsbescheids vom 29.8.2018) sind gegenstandslos (Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG analog). Sie erfüllen nicht die Voraussetzungen des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG. Die eigentliche Auswahlentscheidung ist ein Verwaltungsinternum [vgl. Schnellenbach, Konkurrenzen im öffentlichen Dienst, 2. Aufl. 2018, Anhang 3 Rn. 2 ff./7 unter Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16.09 – juris); VA-Qualität hingegen bejahend: Pietzcker/Marsch in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Jan. 2020, § 42 Abs. 1 Rn. 144a) ]. Die Mitteilung des Auswahlergebnisses an die Bewerber hat mangels Regelungswirkung keine Verwaltungsaktqualität (vgl. Schnellenbach a.a.O. Rn. 8; BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16.09 – juris Rn. 25: keine inhaltlich eigenständigen Entscheidungen; VGH BW, B.v. 26.3.2019 – 4 S 177/19 – juris Rn. 5). Daran ändert auch der Erlass des Widerspruchsbescheids nichts. Im Anwendungsbereich des § 54 Abs. 2 BeamtStG sind Vorverfahren auch gegen Nicht-Verwaltungsakte zulässig, sodass in diesen Fällen regelmäßig schon deshalb durch den Erlass eines Widerspruchsbescheids keine Umgestaltung der Rechtsnatur der angefochtenen Maßnahme erfolgt (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 35 Rn. 372).
Soweit der Kläger die Aufhebung der Konkurrentenmitteilung vom 23. März 2018 und des Widerspruchsbescheids vom 29. August 2018 beantragt hat, handelt es sich in der Sache um unselbständige Annexanträge, die die Klage nicht zu einer Verbindung von Anfechtungs- und Verpflichtungsklage machen (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 113 Rn. 40). Allein also, weil der Senat die „Anfechtungsannexe“ vorliegend nicht für erforderlich hält, ist damit kein teilweises Unterliegen des Klägers verbunden.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren nicht zu erstatten (§ 162 Abs. 3 VwGO), da dieser keinen Antrag gestellt und sich demnach auch keinem Prozessrisiko ausgesetzt hat.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2, § 191 VwGO und § 127 BRRG nicht erfüllt sind.
Beschluss
In Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 16. Juli 2019 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf jeweils 5.000 € festgesetzt (§ 63 Abs. 3 Satz 1, § 52 Abs. 2, § 47 GKG). Die Bewertung des Begehrens richtet sich nicht nach § 52 Abs. 6 Satz 4 i.V. m Satz 1 Nr. 1 GKG, sondern nach § 52 Abs. 2 GKG, weil der streitbefangene Dienstposten für den Antragsteller kein Beförderungsdienstposten ist (BayVGH, B.v. 8.7.2014 – 3 C 14.996 – juris Rn. 7; OVG NW, B.v. 10.9.2020 – 1 B 646/20 – juris Rn. 29 f.).


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