Verwaltungsrecht

DR Kongo, unzulässige Verpflichtungsklage, Rücknahmefiktion des Asylantrags, Abschiebungsverbote (verneint)

Aktenzeichen  Au 9 K 21.30619

Datum:
26.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 24407
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 113 Abs. 5 S. 1
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
AsylG § 33
AsylG § 32
AufenthG § 60 Abs. 5
AufenthG § 60 Abs. 7

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Der Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) konnte über die Klage des Klägers verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beteiligten an der mündlichen Verhandlung am 26. August 2021 teilgenommen haben. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten ausweislich der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Sowohl der Kläger als auch die Beklagte sind zur mündlichen Verhandlung am 26. August 2021 form- und fristgerecht geladen worden.
1. Die als Verpflichtungsklage (Versagungsgegenklage gem. § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) erhobene Klage auf Anerkennung des Klägers als Asylberechtigten (Art. 16a Grundgesetz – GG), auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß §§ 3 ff. AsylG bzw. auf Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG ist in diesem Umfang bereits unzulässig, da unstatthaft. Der erhobene und bis zuletzt aufrecht erhaltene Klageantrag geht ins Leere. Inhalt des mit der Klage angegriffenen Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge ist in Nr. 1, dass der Asylantrag als zurückgenommen gilt und das Asylverfahren eingestellt ist. Eine Sachprüfung, ob beim Kläger die Voraussetzungen des Art. 16a GG bzw. der §§ 3, 4 AsylG vorliegen, hat gerade nicht stattgefunden. Eine inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens des Klägers wurde ebenfalls nicht vorgenommen. In Bezug auf die in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids ausgesprochene Rechtsfolge, dass der Asylantrag des Klägers als zurückgenommen gilt und dessen Asylverfahren eingestellt wird, wäre damit ausschließlich eine Anfechtungsklage i.S.d. 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO zu erheben gewesen. Der gestellte Antrag auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Gewährung subsidiären Schutzes ist insoweit bereits unzulässig.
2. Ohne das es hierauf entscheidungserheblich ankäme, bliebe auch eine statthafte Anfechtungsklage gegen Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids des Bundesamts vom 10. Juni 2021 in der Sache ohne Erfolg.
Die auf § 32 AsylG gestützten Feststellung des Bundesamts über die Einstellung des Verfahrens ist rechtmäßig ergangen, da ein Fall der fiktiven Antragsrücknahme nach § 33 Abs. 1 AsylG gegeben ist. Nach der gesetzlichen Regelung des § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG greift die Vermutung des Nichtbetreibens des Verfahrens, weil der Kläger einer Aufforderung zur Anhörung gemäß § 25 AsylG nicht nachgekommen ist.
Gem. § 25 Abs. 4 Satz 4 AsylG sind Ausländer und sein Bevollmächtigter von dem Anhörungstermin unverzüglich zu informieren. Dabei genügt es nach der Rechtsprechung nur den Bevollmächtigten – wie hier – über den Anhörungstermin zu informieren. Gemäß §§ 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) kann sich die Behörde auch nur an den Bevollmächtigten wenden. Im streitgegenständlichen Verfahren hat der Bevollmächtigte des Klägers das Bundesamt überdies mit Schriftsatz vom 27. August 2020 (Behördenakte Bl. 124) ausdrücklich gebeten, die künftige Korrespondenz im Asylverfahren des Klägers über seine Kanzlei zu führen. Die Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 VwVfG gilt auch im Anwendungsbereich des § 25 Abs. 4 Satz 4 AsylG (Bergmann/Dienelt, 13. Auflage 2020, AsylG, § 25 Rn. 20). Auch scheint die Ladung nur über den Bevollmächtigten rechtlich nicht in Frage gestellte gängige Praxis zu sein (vgl. OVG MV, B.v. 18.5.2020 – 4 LB 7/17 – juris Rn. 23). Schließlich hat der Kläger auch die Vermutungsregelung des § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HS. 2 AsylG nicht hinreichend widerlegt. Die Vermutung gilt gem. § 33 Abs. 2 Satz 2 AsylG nur dann nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass ein Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Dass der Kläger einen derartigen Nachweis erbracht hätte, ist nicht ersichtlich. Zur mündlichen Verhandlung am 26. August 2021 ist der Kläger trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen.
Auch ist vorliegend der Vorschrift des § 33 Abs. 4 AsylG Genüge getan worden. Nach § 33 Abs. 4 AsylG ist der Ausländer auf die nach den Abs. 1 und 4 eintretenden Rechtsfolgen schriftlich und gegen Empfangsbestätigung hinzuweisen. Zur Frage in welcher Sprache dieser Hinweis zu erfolgen hat, enthält § 33 Abs. 4 AsylG keine Aussage. Dass die Belehrung vorliegend in deutscher Sprache erfolgt ist, ist unschädlich, da der Kläger vorliegend auch im asylrechtlichen Verfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge rechtsanwaltlich vertreten war. In einem solchen Fall reicht es aus, wenn die Hinweise auf die nach § 33 Abs. 1 und 3 AsylG eintretenden Rechtsfolgen dem Bevollmächtigten in deutscher Sprache gegen Empfangsbestätigung erteilt werden. Es bedarf insoweit weder einer Zustellung der Hinweise an den Ausländer persönlich noch einer Übersetzung in eine für diesen verständliche Sprache (vgl. BayVGH, B.v. 24.4.2018 – Z6 ZB 17.31593; OVG MV, B.v. 27.3.2017 – 1 LZ 92/17 – juris Rn. 14; VG Freiburg, B.v. 11.1.2018 – A 4 K 8989/17 – juris Rn. 11). Überdies ist darauf zu verweisen, dass dem Kläger ein Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 33 AsylG im Falle des Nichterscheinens zur persönlichen Anhörung in seiner Landessprache (Lingala) bereits am 7. Februar 2020 ausgehändigt worden ist (Behördenakte Bl. 50).
3. Soweit der Kläger mit seiner Klage höchst hilfsweise die Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG begehrt, ist seine Klage zwar zulässig, bleibt aber ebenfalls ohne Erfolg. Anhaltspunkte für das Vorliegen von Abschiebungsverboten sind nicht erkennbar. Dies gilt insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass der Kläger weder zur vom Bundesamt anberaumten persönlichen Anhörung noch zur mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht Augsburg am 26. August 2021 erschienen ist. Die mit Schriftsatz vom 21. Juni 2021 erhobene Klage wurde ebenfalls nicht begründet. Es ist daher unter keinem Umstand ersichtlich, dass nationale Abschiebungsverbote zu Gunsten des Klägers vorliegen.
4. Auch die Abschiebungsandrohung in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids des Bundesamts vom 10. Juni 2021 begegnet keinen rechtlichen Bedenken, so dass die Klage auch insoweit unbegründet ist. Der Kläger besitzt keinen Aufenthaltstitel (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG). Die Ausreisefrist beträgt gemäß § 38 Abs. 2 AsylG eine Woche, da der Asylantrag des Klägers aufgrund der Fiktion des § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG als zurückgenommen gilt.
5. Nach allem war die Klage des Klägers daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.


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