Verwaltungsrecht

Ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher Rückkehrer kann in Afghanistan zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums führen

Aktenzeichen  W 1 K 16.30843

Datum:
12.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RL 2011/95/EU Art. 15b
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 7
AsylG AsylG § 3, § 3b Abs. 1, Abs. 2, § 4
EMRK EMRK Art. 3

 

Leitsatz

An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt. (redaktioneller Leitsatz)
Eine unmenschliche Behandlung ist die absichtliche, d.h. vorsätzliche Zufügung schwerer körperlicher oder seelischer Leiden, die im Hinblick auf Intensität und Dauer eine hinreichende Schwere aufweisen. (redaktioneller Leitsatz)
Trotz der schlechten Versorgungslage in Afghanistan ist nicht anzunehmen, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach einer Rückkehr in eine derartige extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Die Klage, über die auch in Abwesenheit eines Vertreters der Beklagten verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig, aber nicht begründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 27. Februar 2013 ist – soweit er noch Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist – einschließlich der darin enthaltenen Abschiebungsandrohung rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
I.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG.
Rechtsgrundlage der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist vorliegend § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylG. Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, soweit er keinen Ausschlusstatbestand nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG erfüllt. Ein Ausländer ist Flüchtling i. S. d. Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention – GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Nach § 77 Abs. 1 AsylG ist vorliegend das Asylgesetz in der ab 6. August 2016 geltenden Fassung, zuletzt geändert durch Art. 6 des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939 ff.), anzuwenden. Dieses Gesetz setzt in §§ 3 bis 3e AsylG – wie die Vorgängerregelungen in §§ 3 ff. AsylVfG – die Vorschriften der Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Amtsblatt Nr. L 337, S. 9) – Qualifikationsrichtlinie (QRL) im deutschen Recht um. Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK (BGBl 1952 II, S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylG muss die Verfolgung an eines der flüchtlingsrelevanten Merkmale anknüpfen, die in § 3b Abs. 1 AsylG näher beschrieben sind, wobei es nach § 3b Abs. 2 AsylG ausreicht, wenn der betreffenden Person das jeweilige Merkmal von ihren Verfolgern zugeschrieben wird. Nach § 3c AsylG kann eine solche Verfolgung nicht nur vom Staat, sondern auch von nicht-staatlichen Akteuren ausgehen.
Dies zugrunde gelegt hat der Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und Abs. 4 AsylG. Der Einzelrichter folgt insoweit gemäß § 77 Abs. 2 AsylG den Ausführungen der Beklagten im Bescheid des Bundesamtes vom 27. Februar 2013. Darüber hinaus ist Folgendes auszuführen:
1. Das Vorbringen des Klägers dahingehend, dass er während seiner Schulzeit von einer Gruppe von Taliban bedroht, geschlagen und aufgefordert worden sei, die Schule nicht mehr zu besuchen, ist ausgesprochen vage, unbestimmt und detailarm und kann dem Kläger bereits daher nicht als selbst erlebtes Ereignis geglaubt werden. Insbesondere nennt der Kläger keinerlei Zeitangaben, wann sich dieser Vorfall ereignet haben soll. Darüber hinaus hat der Kläger diesen Vorfall auch nur im Rahmen seiner Anhörung vor der Bundespolizei am 27. Februar 2012 sowie bei der Regierung von Mittelfranken am 7. März 2012 erwähnt, nicht jedoch bei der Anhörung zu seinen Fluchtgründen am 26. Juni 2012 vor dem Bundesamt und ebenso wenig in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht. Ein solches Aussageverhalten zeigt sehr deutlich, dass dieser Vorfall nicht die nach § 3 AsylG erforderliche begründete Furcht vor Verfolgung bei dem Kläger ausgelöst hat. Selbst wenn man jedoch – entgegen dieser Ausführungen – den erwähnten Vorfall als glaubhaft unterstellen wollte, so sprächen stichhaltige Gründe dagegen, dass der Kläger erneut von einer derartigen Verfolgung im Heimatland bedroht würde, da der Kläger mittlerweile 23 Jahre alt ist (nach eigenen Angaben jedoch mindestens 20 Jahre) und sich somit nicht mehr in einem Alter befindet, in dem noch ein Schulbesuch stattfinden würde. Da die vorgetragene Bedrohungslage jedoch untrennbar inhaltlich an den Schulbesuch anknüpft, erscheint eine nochmalige derartige Verfolgungshandlung ausgeschlossen.
2. Was die Probleme des Klägers mit seinem Vater angeht, der nach Angaben des Klägers drogensüchtig ist und ihn immer wieder geschlagen hat, so fehlt es diesbezüglich ersichtlich bereits an einem der Verfolgungsgründe nach § 3b AsylG, was einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausschließt.
3. Schließlich hat der Kläger vor dem Bundesamt in seiner Anhörung vom 26. Juni 2012 angegeben, dass sein Vater ihn aufgefordert habe, einem von dessen Freunden, der die Amerikaner mit Benzin beliefere, behilflich zu sein. Diese Arbeit, die der Kläger sodann nach einer Zeit der Überlegung durchgeführt habe, sei sehr gefährlich gewesen, da die Benzinlieferungskonvois immer wieder von den Taliban beschossen worden seien. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger dann darüber hinausgehend ausgeführt, dass er als Security-Mitarbeiter bei den amerikanischen Truppen angestellt gewesen sei. Seine Aufgabe sei es gewesen, gemeinsam mit anderen den Weg zwischen Herat über Kandahar nach Kabul von Taliban- Milizen zu säubern, bevor die Amerikaner diese Strecke benutzten. Diese Tätigkeit sei als solche sehr gefährlich gewesen, jedoch auch darüber hinaus, weil die Taliban immer darauf geschaut hätten, wer mit den Amerikanern zusammenarbeite. Aufgrund dieser Gefahr habe er in Afghanistan keine Zukunft mehr für sich gesehen.
Dieses Vorbringen kann dem Kläger nicht abgenommen werden. Der Kläger hat nämlich insofern seinen fluchtrelevanten Vortrag im Laufe des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens immer weiter gesteigert, ohne dass es hierfür nachvollziehbare sachliche Gründe gäbe, so dass das Gericht den Vortrag betreffend eine Zusammenarbeit mit den Amerikanern nicht als glaubhaft einstuft (vgl. etwa BVerwG, B.v. 23.5.1996 – 9 B 273/96 – juris). So hat der Kläger bei seiner Befragung vor der Bundespolizei am 27. Februar 2012 auf die Frage, was der Grund für seine Einreise nach Deutschland gewesen sei, eine Zusammenarbeit mit den Amerikanern mit keinem Wort erwähnt. Auch bei seinen weiteren Behördenkontakten mit der Regierung von Mittelfranken am 7. März 2012 sowie bei seiner vorbereitenden Anhörung beim Bundesamt am 3. April 2012 finden sich hierzu keinerlei Aussagen, so vor dem Bundesamt etwa nicht im Rahmen der dortigen Frage 19 an den Kläger, in der dieser zu den von ihm wahrgenommenen Tätigkeiten Stellung nimmt. Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt gemäß § 25 AsylG am 26. Juni 2012 erwähnte der Kläger zwar nunmehr – erstmals – eine Tätigkeit als Benzinlieferant für die Amerikaner, erwähnt jedoch wiederum mit keinem Wort, dass er wegen dieser Tätigkeit von den Taliban bedroht worden sei und dies den Grund für seine Ausreise dargestellt habe. Dies führt der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht aus und steigert seinen Vortrag auch hinsichtlich der Zusammenarbeit mit den amerikanischen Truppen nochmals dahingehend, dass er sogar bei den Amerikanern angestellt gewesen sein will und zu seinen Tätigkeiten auch gehört habe, eine große afghanische Straßenverbindung für die Amerikaner von Taliban zu „säubern“. Letzteres hat der Kläger vor dem Bundesamt wiederum nicht erwähnt. Das Gericht ist auch davon überzeugt, dass es keine nachvollziehbaren Gründe für diesen erheblich gesteigerten Sachvortrag des Klägers gibt. Dieser hat zwar auf einen diesbezüglichen Vorhalt des Gerichts in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass er zunächst Angst gehabt habe, darüber zu berichten, dass er im Rahmen seiner Tätigkeit für die Amerikaner auch Taliban getötet habe (um selbst nicht von diesen im Rahmen von Gefechten getötet zu werden). Daher habe er sich stets in seinen Aussagen vorsichtig verhalten. Auch wenn es grundsätzlich nachvollziehbar erscheinen mag, dass man im Land seiner Zuflucht nicht von vorneherein freimütig bekennen möchte, dass man – wenn auch wie vorliegend in Notwehr – Menschen getötet hat, so ist doch nicht erklärlich, warum der Kläger nicht zumindest sämtliche Tätigkeiten, die er im Herkunftsstaat ausgeübt hat und die die eigene Flucht ausgelöst haben sollen, so früh wie möglich im Laufe seines Asylverfahrens darlegt. Dass dies erst vor dem Bundesamt bezüglich der Benzinlieferungen und gar erst vor dem Verwaltungsgericht betreffend die Kampfaktionen gegen die Taliban als angeblicher Security- Mitarbeiter der Amerikaner geschehen ist, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, da gerade im vorliegenden Fall bereits vor der Bundespolizei oder auch der Regierung von Mittelfranken die Gelegenheit bestanden hätte, sich hierzu zu äußern. Was jedoch noch schwerer wiegt, ist die Tatsache, dass der Kläger selbst die Bedrohungen durch die Taliban, die diese aufgrund seiner Tätigkeit für die Amerikaner ihm gegenüber vorgenommen hätten, erst in der mündlichen Verhandlung erwähnt. Die vom Kläger vorgetragenen Ängste, eine Tötungshandlung zuzugeben, hätten einer früheren Schilderung dieser Bedrohungen ersichtlich nicht entgegengestanden. Es wäre zumindest zu erwarten gewesen, dass der Kläger auf diese Bedrohungen vor dem Bundesamt am 26. Juni 2012 hingewiesen hätte, nachdem er dort über die Benzinlieferungen für die Amerikaner berichtet hatte. Nach alledem ist das Gericht davon überzeugt, dass es sich insoweit bei der Tätigkeit des Klägers für die Amerikaner um ein gesteigertes, prozesstaktisches Vorbringen handelt, für das keine nachvollziehbaren Gründe existieren und das ihm aus diesem Grunde nicht geglaubt werden kann. Bestätigt wird dies etwa auch noch dadurch, dass der Kläger auf Vorhalt des Gerichts, warum er zu seiner Anstellung bei den Amerikanern vor dem Bundesamt nichts vorgetragen habe, erklärt hat, dass er dies dort schon so gesagt habe und der Dolmetscher dies möglicherweise nicht vollständig übersetzt habe. Dies ist ersichtlich nicht korrekt, nachdem sich im Anhörungsprotokoll keine derartige Aussage befindet, die klägerische Aussage in Gänze simultan rückübersetzt wurde und der Kläger zudem erklärt hat, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten mit dem Dolmetscher gegeben habe.
Darüber hinaus existieren zu diesem Aussagekomplex auch Widersprüche in den Angaben des Klägers, die nicht überzeugend aufgelöst werden können und daher nach Überzeugung des Gerichts einer Glaubhaftigkeit der Schilderungen ebenfalls entgegenstehen. So hat der Kläger vor dem Bundesamt am 26. Juni 2012 erklärt, sein Vater habe ihn aufgefordert, dass er einem von dessen Freunden helfen solle, die Amerikaner mit Benzin zu beliefern, da man dort mehr Geld als in anderen Tätigkeiten verdiene. Der Kläger habe dann ein paar Tage in der Moschee übernachtet, weil er nicht gewusst habe was er tun solle. Er habe dann diese sehr gefährliche Tätigkeit doch durchgeführt, verweist jedoch darauf, dass normale Menschen so etwas nicht tun würden. Es seien nur Asoziale oder Süchtige, die sich auf eine solche Tätigkeit einlassen würden. In der mündlichen Verhandlung dagegen hat der Kläger auf Nachfrage des Gerichts, wie er an die Tätigkeit bei den Amerikanern gekommen sei, ausgeführt, es handele sich um eine sehr gefährliche Tätigkeit, weshalb man dabei auch viel Geld verdiene. Aus diesem Grunde habe er sich dafür entschieden, diese Tätigkeit auszuüben. Einer seiner Freunde, der ebenfalls dort gearbeitet habe, habe ihn dann bei den Amerikanern vorgestellt. Diese beiden Versionen der Schilderung, in der der Kläger einmal durch seinen drogensüchtigen Vater zu der in Rede stehenden außerordentlich gefährlichen Tätigkeit gedrängt worden sein soll, und die, wonach er sich aus freien Stücken für die Tätigkeit entschieden habe, da man damit viel Geld verdiene, stehen sich diametral gegenüber und zeigen in ihrer Widersprüchlichkeit, dass dem Kläger insoweit nicht geglaubt werden kann.
Des Weiteren hat der Kläger vor dem Bundesamt am 26. Juni 2016 erklärt, er habe die Benzinlieferungen für die Amerikaner während der letzten fünf bis sechs Monate vor seiner Ausreise ausgeübt. Das Geld, das er dort verdient habe, habe ihm sein Vater abgenommen. Dann sei er jedoch die letzten beiden Monate vor seiner Ausreise nicht mehr nach Hause gegangen und habe dann auch kein verdientes Geld mehr abgegeben. In der mündlichen Verhandlung hingegen hat der Kläger auf Nachfrage des Gerichts zwar auch angegeben, dass er die Tätigkeit für die Amerikaner etwa sechs Monate lang vor seiner Ausreise ausgeübt habe, jedoch weiter erläutert, dass er während dieser gesamten Zeit nicht bei seiner Familie gewesen sei und nicht etwa nur während der letzten beiden Monate vor seiner Ausreise. Auch hierbei handelt es sich um einen nicht auflösbaren Widerspruch, welcher der Glaubhaftigkeit der Schilderungen des Klägers entgegensteht, zumal der Vater des Klägers diesem dann auch das verdiente Geld nicht abgenommen haben kann, wenn er während dieser Zeit gar nicht zu Hause gewesen ist.
Schließlich bleibt auch der Vortrag des Klägers zu der angeblichen Bedrohung durch die Taliban aufgrund der Zusammenarbeit mit den Amerikanern sehr unsubstantiiert und detailarm, was auch deshalb einer Glaubhaftigkeit entgegensteht. So trug der Kläger vor dem Verwaltungsgericht allein vor, Taliban, die tagsüber als Polizisten tätig gewesen seien und nachts für die Taliban, hätten ihn abends damit bedroht, dass sie ihn töten würden. Auf Aufforderung des Gerichts, dies zu konkretisieren, erklärte der Kläger nur, dass dies zwei bis drei Mal geschehen sei und er aufgefordert worden sei, nicht mehr für die Amerikaner zu arbeiten. Schließlich erscheint es auch in keiner Weise lebensnah, dass man von Seiten der Taliban den Kläger erst zwei oder drei Mal auffordert, seine Tätigkeit für die Amerikaner zu unterlassen, nachdem der Kläger nach eigenem Vortrag Anhänger der Taliban sogar getötet haben will. Das Gericht ist davon überzeugt, dass man an dem Kläger für seine Taten unmittelbar Rache genommen hätte, ohne dass man ihn mehrmals ohne Konsequenzen aufgefordert hätte, diese Tätigkeiten zu unterlassen.
Nach alledem steht dem Kläger kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG zu.
II.
Der Kläger hat darüber hinaus auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 AsylG.
1. Dem Kläger droht nach Überzeugung des Gerichts weder die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG noch droht ihm ein ernsthafter Schaden durch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG.
Der Begriff der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG ist im Gesetz nicht näher definiert. Da die zuletzt genannte Vorschrift der Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 (ABl. L 337, S. 9) – QRL – dient, ist dieser Begriff jedoch in Übereinstimmung mit dem entsprechenden Begriff in Art. 15b QRL auszulegen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) legt Art. 15b QRL wiederum in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg zu Art. 3 EMRK aus (z. B. EuGH, U.v. 17.2.2009 – Elgafaji, C – 465/07 – juris Rn. 28; ebenso BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris Rn. 22 ff. m. w. N.). Danach ist eine unmenschliche Behandlung die absichtliche, d. h. vorsätzliche Zufügung schwerer körperlicher oder seelischer Leiden (EGMR, U.v. 21.1.2011 – 30696/09 – ZAR 2011, 395, Rn. 220 m. w. N.; Jarass, Charta der Grundrechte, Art. 4 Rn. 9; Hailbronner, Ausländerrecht, § 4 AsylVfG Rn. 22 ff.), die im Hinblick auf Intensität und Dauer eine hinreichende Schwere aufweisen (EGMR, U.v. 11.7.2006 – Jalloh, 54810/00 – NJW 2006, 3117/3119 Rn. 67; Jarass a. a. O.; Hailbronner a. a. O.). Es muss zumindest eine erniedrigende Behandlung in der Form einer einen bestimmten Schweregrad erreichenden Demütigung oder Herabsetzung vorliegen. Diese ist dann gegeben, wenn bei dem Opfer Gefühle von Furcht, Todesangst und Minderwertigkeit verursacht werden, die geeignet sind, diese Person zu erniedrigen oder zu entwürdigen und möglicherweise ihren psychischen oder moralischen Widerstand zu brechen (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, § 4 AsylVfG Rn. 22 ff.). Eine Bestrafung oder Behandlung ist nur dann als unmenschlich oder erniedrigend anzusehen, wenn die mit ihr verbundenen Leiden oder Erniedrigungen über das in der Bestrafungsmethode enthaltene, unausweichliche Leidens- oder Erniedrigungselement hinausgehen, wie z. B. bei bestimmten Strafarten wie Prügelstrafe oder besonders harten Haftbedingungen (Hailbronner, a. a. O., Rn. 24, 25).
a) Dass dem Kläger insoweit keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung droht, ergibt sich bereits daraus, dass der Vortrag zu seinen Fluchtgründen betreffend seine Tätigkeit für die Amerikaner insgesamt unglaubhaft ist. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Gleiches gilt für den Vortrag der Bedrohung und die körperlichen Angriffe der Taliban während der Schulzeit des Klägers.
b) Was die Probleme des Klägers mit seinem Vater angeht, insbesondere dass dieser angegeben hat, von seinem Vater des Öfteren geschlagen worden zu sein, so stellt dies bereits keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG dar. Vorliegend ist dem Verhalten des Vaters bereits nicht die erforderliche Komponente der Demütigung oder Herabsetzung zu entnehmen. Es handelt sich vielmehr um kriminelles Unrecht in Form entsprechender Körperverletzungstaten, die der Vater – offensichtlich infolge seiner Drogensucht – gegenüber dem Kläger ausgeübt hat. Eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. d. Art. 3 EMRK kann hierin noch nicht erblickt werden, zumal der Kläger die Schläge durch seinen Vater vor dem Verwaltungsgericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung gar nicht mehr erwähnt hat und auch bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 26. Juni 2012 diese nur auf Nachfrage des Anhörenden zu weiteren Fluchtgründen genannt wurden, so dass davon auszugehen ist, dass der Kläger selbst diesen keine Bedeutung i. S.e. unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung beimisst. Denn andernfalls wäre zu erwarten gewesen, dass der Kläger im Rahmen der Schilderung seiner Fluchtgründe in der mündlichen Verhandlung erneut hierzu Stellung genommen hätte. Zudem erscheint der Vater des Klägers nicht als Verfolgungsakteur i. S. d. § 4 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 3c Nr. 3 AsylG, da nach Auffassung des Gerichts davon auszugehen ist, dass der afghanische Staat i. S. d. § 3d AsylG willens und in der Lage ist, Schutz vor kriminellem Unrecht durch Körperverletzungshandlungen zu gewährleisten. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch, dass der Kläger offensichtlich bislang wegen des Verhaltens seines Vaters zu keiner Zeit die Polizei informiert und dessen Handlungen zur Anzeige gebracht hat. Schließlich bestünde für den Kläger aufgrund der Verhaltensweisen seines Vaters jedoch auch die Möglichkeit internen Schutzes nach § 4 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 3e AsylG. Nach dieser Vorschrift wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Die Möglichkeit internen Schutzes besteht für den Kläger vorliegend insbesondere bei seinem in der Stadt Herat wohnenden Onkel, bei dem er sich eigenen Angaben zufolge bereits früher während seiner Schulzeit etwa ein Jahr lang aufgrund der Probleme mit seinem Vater aufgehalten hat. Das Gericht geht davon aus, dass der Kläger auch bei jetziger Rückkehr bei diesem Onkel unterkommen könnte und dort auch vor den Übergriffen seines Vaters sicher wäre, wie dies früher bereits der Fall gewesen ist. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung nichts vorgetragen, was einer Aufnahme bei diesem Onkel entgegenstünde. Der Kläger kann auch sicher und legal in die Stadt Herat gelangen, etwa auf dem Luftweg über den dort befindlichen Flughafen. Zudem kann vernünftigerweise erwartet werden, dass sich der Kläger dort niederlässt. Insbesondere ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger durch eigene Arbeit und notfalls durch Zuwendungen von Seiten des Onkels oder seiner 12 in Afghanistan lebenden Tanten das zum Lebensunterhalt Notwendige erlangen kann (vgl. zu den diesbezüglichen Voraussetzungen: BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – juris; OVG Münster, B.v. 6.6.2016 – 13 A 1882/15.A – juris). Bei dem Kläger handelt es sich um einen gesunden jungen Mann, der eigenen – und in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigten – Angaben zufolge auch bereits während seiner Schulzeit Erwerbstätigkeiten ausgeübt hat, u. a. bei einem Goldschmied bzw. in einem Schmuckladen sowie in einer Apotheke. Trotz der in Afghanistan schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse und hoher Arbeitslosigkeit wird es dem Kläger, der immerhin acht Jahre lang die Schule besucht hat, möglich sein, sich ein kleines Einkommen zu verdienen. Darüber hinaus stünden ihm zudem dessen Onkel oder seine 12 Tanten zur Überzeugung des Gerichts – zumindest in Notlagen – unterstützend zur Seite, nachdem es in der afghanischen Gesellschaft allgemein üblich ist, dass man sich innerfamiliär in Notsituationen gegenseitig Hilfe angedeihen lässt. Gegenteiliges hat der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen. Internen Schutz könnte der Kläger darüber hinaus aber auch in der Hauptstadt Kabul erlangen, da er dort ebenso sicher vor Verfolgung durch seinen Vater wäre, sicher und legal dorthin reisen kann und auch an diesem Ort vernünftigerweise von ihm erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Dies gilt insbesondere unter Einbeziehung der erwähnten Unterstützungsmöglichkeiten durch seinen Onkel sowie die Familien seiner insgesamt 12 Tanten.
2. Dem Kläger droht auch keine individuelle und konkrete Gefahr eines ernsthaften Schadens im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG aufgrund der Sicherheitslage in seiner Herkunftsregion, der Provinz Herat. Diese gehört – unabhängig von der Frage, ob dort ein bewaffneter innerstaatlicher Konflikt vorliegt – zu den Regionen, die im Vergleich mit anderen Landesteilen relativ sicher sind (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 6.11.2015, S. 4). Die obergerichtliche Rechtsprechung geht auf Grundlage der verfügbaren Erkenntnismittel davon aus, dass afghanische Staatsangehörige bei einer Rückkehr in die Provinz Herat nach derzeitiger Sicherheitslage im Allgemeinen keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib und Leben nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgesetzt sind (vgl. BayVGH, U.v. 21.11.2014 – 13a B 14.30107 – juris; OVG Lüneburg, B.v. 12.1.2015 – 9 LA 184/13 – juris; HessVGH, U.v. 4.9.2014 – 8 A 2434/11.A – juris). Das Gericht schließt sich dieser Einschätzung an. Auch aus den aktuellsten Erkenntnismitteln ergibt sich trotz der sich verschlechternden Sicherheitslage in Afghanistan keine derart hohe Gefahrendichte, dass praktisch jede Zivilperson schon alleine aufgrund ihrer Anwesenheit in der Provinz Herat einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt wäre (vgl. etwa UNAMA Report v. 14.2.2016, u. a. S. 8). Individuelle gefahrerhöhende Umstände sind bei dem Kläger nicht erkennbar; die vorgetragene Zusammenarbeit mit den amerikanischen Truppen hat das Gericht insoweit als nicht glaubhaft eingestuft (s.o.). Eine ernsthafte individuelle Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts hat der Kläger in gleicher Weise auch nicht in der Hauptstadt Kabul zu befürchten, falls er dort internen Schutz suchen sollte (siehe oben; vgl. hierzu BayVGH, B.v. 20.8.2015 – 13a ZB 15.30062; B.v. 30.7.2015 – 13a ZB 15.30031; OVG Lüneburg, B.v. 12.1.2015 – 9 LA 184/13 – jeweils in juris).
III.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG.
1. Ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG kommt nicht in Betracht, da dem Kläger bereits keine gegen Art. 3 EMRK oder ein anderes Grundrecht nach der EMRK verstoßende Behandlung droht. Hinsichtlich der vom Kläger vorgetragenen – und insoweit unter den vorgetragenen Fluchtgründen allein glaubhaften – Körperverletzungshandlungen durch seinen Vater kann auf die Ausführungen zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG verwiesen werden. Die allgemeine Versorgungslage in Afghanistan stellt ebenso keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. d. Art. 3 EMRK dar. Zwar können schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat in besonderen Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen. In Afghanistan ist die Lage für alleinstehende männliche arbeitsfähige afghanische Staatsangehörige jedoch nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne Weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – NVwZ 2013, 1167; BayVGH, U.v. 12.2.2015 – 13a B 14.30309 – juris). Besondere Umstände, die vorliegend eine andere Beurteilung gebieten würden, hat der Kläger nicht vorgetragen. Derartige Umstände sind auch nicht anderweitig ersichtlich.
2. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt ebenfalls nicht vor. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG sind die Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde anordnen, dass die Abschiebung für längstens sechs Monate ausgesetzt wird, was vorliegend nicht der Fall ist.
Dem Kläger droht auch aufgrund der unzureichenden Versorgungslage in Afghanistan keine extreme Gefahr infolge einer Verdichtung der allgemeinen Gefahrenlage, die zu einem Abschiebungsverbot im Sinne der verfassungskonformen Auslegung des § 60 Abs. 7 AufenthG führen könnte. Wann allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den betroffenen Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Die Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Das Erfordernis des unmittelbaren – zeitlichen – Zusammenhangs zwischen Abschiebung und drohender Rechtsgutverletzung setzt zudem für die Annahme einer extremen Gefahrensituation wegen der allgemeinen Versorgungslage voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann (BayVGH, U.v. 12.2.2015 – 13a B 14.30309 – juris Rn. 16; Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. A. 2016, § 60 AufenthG Rn. 54). Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssten. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert würde (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2010 – 10 C 10.09 – BVerwGE 137, 226).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowie weiterer Oberverwaltungsgerichte ergibt sich aus den Erkenntnismitteln zu Afghanistan derzeit nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach einer Rückkehr in eine derartige extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. Zwar ist die Versorgungslage in Afghanistan schlecht, jedoch ist im Wege einer Gesamtgefahrenschau nicht anzunehmen, dass bei einer Rückführung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen würde oder alsbald schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären. Der Betroffene wäre selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren (st.Rspr., z. B. BayVGH, B. v. 15.6.2016 – 13a ZB 16.30083 – juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 12.2.2015 – 13a B 14.30309 – juris Rn. 17 m. w. N..; B.v. 30.9.2015 – 13a ZB 15.30063 – juris; OVG NW, U.v. 3.3.2016 – 13 A 1828/09.A – juris Rn. 73 m. w. N.; SächsOVG, B.v. 21.10.2015 – 1 A 144/15.A – juris; NdsOVG, U.v. 20.7.2015 – 9 LB 320/14 – juris).
Das Gericht schließt sich für das vorliegende Verfahren dieser Rechtsprechung an. Auch aus den aktuellen Erkenntnismitteln lässt sich darüber hinaus nichts Gegenteiliges herleiten (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 6.11.2015, S. 23 f.; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update – Die aktuelle Sicherheitslage, vom 13.09.2015, S. 20 ff.).
Damit fehlt es an der für eine verfassungskonforme Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger alsbald existenzbedrohenden Mangellagen in Afghanistan ausgesetzt wäre. Der Kläger hat in Afghanistan acht Jahre lang die Schule besucht und kann nach eigenen Angaben gut lesen und schreiben. Damit verfügt er über einen Bildungsstand, mit dem er gegenüber den vielen Analphabeten in Afghanistan im Vorteil ist. Darüber hinaus hat er bis zu seiner Ausreise bereits verschiedene Hilfsarbeiten in Afghanistan ausgeübt, so etwa auf dem Basar, beim Goldschmied oder in einer Apotheke. Der Kläger hat somit bereits gezeigt und bewiesen, dass er flexibel auf die widrigen Umstände zu reagieren in der Lage ist und eine Vielzahl von Tätigkeiten ausüben kann, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Aufgrund seiner in Europa erworbenen Erfahrungen und Sprachkenntnisse hätte er darüber hinaus wohl auch gute Chancen, höherwertige Tätigkeiten zu finden. Mit diesen Erfahrungen und Kenntnissen ist davon auszugehen, dass der Kläger selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt im Falle einer zwangsweisen Rückkehr nach Afghanistan in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten, etwa in Kabul oder Herat, wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen. Das entspricht auch der Auffassung des UNHCR, wonach bei alleinstehenden leistungsfähigen Männern eine Ausnahme vom Erfordernis der externen Unterstützung in Betracht komme (UNHCR Richtlinien vom 19.4.2016, S. 9). Im Übrigen verfügt der Kläger noch über familiäre Verbindungen in Afghanistan. Selbst wenn der Kläger aufgrund der geschilderten Probleme mit seinem Vater keine Unterstützung oder Aufnahme durch seine Kernfamilie erfahren sollte, so leben in Afghanistan doch noch ein Onkel mütterlicherseits, bei dem der Kläger bereits ein Jahr gelebt hat, sowie insgesamt 12 Tanten von mütterlicher und väterlicher Seite. Es ist nicht ersichtlich, dass die genannten Verwandten den Kläger – zumindest im Falle einer Notlage – nicht aufnehmen oder zumindest unterstützen würden.
Schließlich bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschließlich der Zielstaatsbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG keine Bedenken.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83b AsylG.


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