Verwaltungsrecht

Eintritt der Fiktion für Mietwagengenehmigungen

Aktenzeichen  11 CE 20.561

Datum:
16.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 6747
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
PBefG § 9 Abs. 1 Nr. 5, § 12 Abs. 1, Abs. 2, § 15 Abs. 1
PBZugV § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, S.2
BayVwVfG Art. 3a, Art. 42a
VwGO § 146 Abs. 4

 

Leitsatz

Ein Antrag auf Genehmigung eines Gelegenheitsverkehrs mit Kraftfahrzeugen muss, damit er vollständig ist, die Angaben nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 PBefG sowie beizufügende Unterlagen enthalten, die ein Urteil über die Zuverlässigkeit des Antragstellers und die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Betriebs ermöglichen. Es reicht nicht aus, dass lediglich die für die Ausstellung der Genehmigungsurkunde nach § 17 Abs. 1 PBefG erforderlichen Angaben gemacht werden (vgl. BVerwG, BeckRS 2018, 37378 Rn. 23). (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 23 E 19.6255 2020-03-04 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Hinsichtlich des Hauptantrags wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Bezüglich des Hilfsantrags wird die Beschwerde verworfen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Antragstellerin durch den Eintritt der Genehmigungsfiktion fünf Mietwagengenehmigungen erteilt worden sind oder ob der Antragsgegner verpflichtet ist, entsprechende Genehmigungen zu erteilen.
Am 18. Juli 2019 beantragte die Antragstellerin beim Landratsamt F… (im Folgenden: Landratsamt) die Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr mit fünf näher bezeichneten Mietwagen. Sie legte dafür verschiedene Unterlagen vor und kündigte an, Unbedenklichkeitsbescheinigungen des Finanzamts F… und der Sozialversicherung nachzureichen. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung der Sozialversicherung werde aber erst nach Eingang des ersten Beitrags und damit erst nach Erteilung der Mietwagengenehmigung ausgestellt, da die Arbeitsverhältnisse erst mit der Erteilung der Genehmigung wirksam würden. Sie werde dann unverzüglich nachgereicht.
Mit Schreiben vom 4. Oktober 2019, zur Post gegeben am 7. Oktober 2019, nach Angaben der Antragstellerin bei ihr erst am 24. Oktober 2019 zugegangen, forderte das Landratsamt die Antragstellerin auf, die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts sowie mehrere Abschlussmitteilungen zu den Eintragungen im Schuldnerverzeichnis des als fachkundige Person benannten M… R…, den Büromietvertrag, den Arbeitsvertrag mit Herrn R…, Unbedenklichkeitsbescheinigungen aller Krankenkassen der Angestellten und ggf. der Minijobzentrale sowie Kopien der Personalausweise/Reisepässe der Geschäftsführerin der Antragstellerin und des Herrn R… vorzulegen. Das Landratsamt wies darauf hin, dass eine abschließende Entscheidung erst erfolgen könne, wenn die Unterlagen vollständig vorliegen würden und die Erstabnahme des Betriebssitzes erfolgt sei.
Mit Schreiben vom 9. November 2019, eingegangen am 11. November 2019, forderte die Antragstellerin das Landratsamt auf, binnen zwei Wochen den Eintritt der Genehmigungsfiktion zu bescheinigen und die Genehmigungsurkunden auszuhändigen. Die Unterlagen seien vollständig gewesen. Auf die mit Schreiben vom 4. Oktober 2019 angeforderten Unterlagen komme es nicht an. Die Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts sei zur Beurteilung der persönlichen Zuverlässigkeit nicht geeignet. Die Antragstellerin sei erst im Februar 2019 gegründet worden und habe mangels der erforderlichen Genehmigung den Betrieb bisher nicht aufnehmen können. Ein Verstoß gegen abgaberechtliche Pflichten habe zum Zeitpunkt der Genehmigung nicht eintreten können. Die Vorlage einer solchen Bescheinigung sei bloßer Formalismus. Mit E-Mail vom 4. August 2019 habe die Antragstellerin diese Bescheinigung aber auch vorgelegt. Die Vorlage von Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Krankenkassen sei nicht möglich, da noch keine wirksamen Arbeitsverträge vorliegen würden. Die Abschlussmitteilungen zu Eintragungen im Schuldnerverzeichnis des Herrn R… dürften nicht gefordert werden, da es auf seine finanzielle Leistungsfähigkeit nicht ankomme. Auch die übrigen Unterlagen seien zur Entscheidung über den Genehmigungsantrag nicht notwendig und seien deshalb auf der Internetseite des Landratsamts auch nicht aufgeführt.
Mit Schreiben vom 10. Dezember 2019 lehnte es das Landratsamt ab, den Eintritt der Genehmigungsfiktion zu bescheinigen und Genehmigungsurkunden auszuhändigen, da die Genehmigungsfiktion nicht eingetreten sei. Die Genehmigungsfrist sei nicht angelaufen, da der Antrag nicht vollständig gewesen sei. Es sei kein Arbeitsvertrag mit Herrn R… vorgelegt worden. Zudem sei dessen Zuverlässigkeit nicht gegeben, über die er als fachkundige Person aber ebenfalls verfügen müsse, da er Verantwortung trage. Auch die Unbedenklichkeitsbescheinigungen seien erforderlich. Es sei dem Landratsamt nicht bekannt, wann die Tätigkeit aufgenommen worden sei. Die E-Mail vom 4. August 2019 sei nicht angekommen und sei für rechtswirksame Erklärungen ohnehin nicht geeignet. Darauf werde in der Datenschutzerklärung des Landratsamts ausdrücklich hingewiesen. Die verzögerte Kenntnisnahme des Schreibens vom 4. Oktober 2019 führe nicht dazu, dass die Genehmigungsfiktion ausgelöst worden sei. Auch ein Büromietvertrag sei bisher nicht vorgelegt worden. Es sei daher beabsichtigt, den Antrag abzulehnen. Es werde Gelegenheit gegeben, dazu bis 31. Dezember 2019 Stellung zu nehmen. Mit Bescheid vom 4. Februar 2020, der Antragstellerin am 6. Februar 2020 zugestellt, lehnte das Landratsamt den Antrag ab. Am 3. März 2020 erhob die Antragstellerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 4. Februar 2020.
Den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz lehnte das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 4. März 2020 ab. Für den Hauptantrag auf Feststellung der Genehmigungsfiktion bestehe kein Anordnungsanspruch. Es sei keine Genehmigungsfiktion eingetreten, da der Antrag nicht vollständig gewesen sei. Dafür seien mindestens die im Gesetz geforderten Angaben zu machen und die notwendigen Unterlagen vorzulegen, um die Genehmigungsbehörde in die Lage zu versetzen, den Antrag zu prüfen. Dafür sei auch ein Nachweis zu führen, dass der Betriebsleiter tatsächlich mit der Führung der Geschäfte betraut sei. Daran fehle es hier. Darüber hinaus fehle der Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit, denn es sei keine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Sozialversicherungsträgers vorgelegt worden. Die Antragstellerin habe selbst angegeben, ab 1. Juli 2019 die Geschäfte aufzunehmen. Ihr Geschäftszweck sei auch nicht nur auf die Erbringung von Personenbeförderungsleistungen beschränkt. Die Vorlage von Unbedenklichkeitsbescheinigungen werde zwingend gefordert. Da die Behörde keinen Einblick in die innerbetrieblichen Verhältnisse habe, müsse ggf. die Unerbringlichkeit einer Unbedenklichkeitsbescheinigung glaubhaft gemacht werden. Dies sei hier nicht erfolgt. Der Hilfsantrag auf Erteilung einer vorläufigen Genehmigung bis zur Entscheidung in der Hauptsache sei gegenstandslos und damit unzulässig, da das Landratsamt den Genehmigungsantrag mittlerweile abgelehnt habe. Er hätte aber auch in der Sache keinen Erfolg haben können, denn die Antragstellerin erfülle die Genehmigungsvoraussetzungen nicht. Weder habe sie eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Sozialversicherungsträgers noch Unterlagen zur tatsächlichen Beschäftigung des Betriebsleiters vorgelegt. Im Übrigen stehe die vom Landratsamt im Bescheid vom 4. Februar 2020 angestellte Prognose zur Zuverlässigkeit des Betriebsleiters der Genehmigungsfähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit entgegen.
Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt. Die Antragstellerin beantragt nunmehr hilfsweise, den Antragsgegner zu verpflichten, ihr für die Dauer eines Jahres eine Genehmigung zur Ausübung des Mietwagenverkehrs zu erteilen. Sie macht geltend, die Genehmigungsfiktion sei eingetreten. Unterlagen, die zur Glaubhaftmachung eines Rechtsverhältnisses bezüglich der Bestellung des Betriebsleiters dienten, würden in § 12 Abs. 2 PBefG nicht gefordert. Auch in dem Antragsformular des Landratsamts seien nur Angaben über die für die Führung der Geschäfte bestellte Person zu machen und deren fachliche Eignung nachzuweisen. Ein Arbeitsvertrag bedürfe keiner Schriftform und könne jederzeit geändert werden. Er sei daher nicht geeignet, die Betrauung des Betriebsleiters mit der Führung der Geschäfte nachzuweisen. Bei dem Arbeitsvertrag handele es sich allenfalls um eine Verfahrensunterlage, deren Fehlen keinen Einfluss auf den Beginn der Fiktionsfrist hatte. Die Unbedenklichkeitsbescheinigungen müssten zwar grundsätzlich vorgelegt werden. Bei einem neu gegründeten Unternehmen, das seine Tätigkeit noch nicht aufgenommen habe, hätten sie aber keinerlei Aussagekraft. Sie seien vergleichbar mit einem Führungszeugnis für ein neugeborenes Kind. Die Antragstellerin habe ausgeführt, dass sie noch keine Angestellten habe. Soweit das Verwaltungsgericht nunmehr verlange, die Antragstellerin hätte dies glaubhaft machen müssen, stehe dies im Widerspruch zum Schreiben des Landratsamts vom 4. Oktober 2019, mit dem dies gerade nicht gefordert worden sei. Aus der Formulierung hinsichtlich der ggf. vorzulegenden Bestätigung der Minijobzentrale könne gefolgert werden, dass Bescheinigungen von Krankenkassen auch nur dann vorzulegen seien, wenn schon Beschäftigte vorhanden sind. Im Übrigen handele es sich dabei allenfalls um eine Verfahrensunterlage. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts sei rechtzeitig übersandt worden. Zumindest habe die Antragstellerin aber nunmehr einen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung. Die Geschäftsführerin der Antragstellerin habe mittels einer eidesstattlichen Versicherung bestätigt, dass zum jetzigen Zeitpunkt keine Arbeitnehmer beschäftigt seien und der vorgesehene Betriebsleiter nach Erteilung der Genehmigung die Betriebsleitung mit allen notwendigen Pflichten tatsächlich übernehmen werde. Anhaltspunkte für die Unzuverlässigkeit des zukünftigen Betriebsleiters bestünden nicht. Es würden weder ein schwerer Verstoß noch eine Vielzahl leichterer Verstöße vorliegen. Die privaten ungeordneten finanziellen Verhältnisse des Betriebsleiters spielten keine Rolle. Die zwei Bußgelder in Höhe von 250,- und 50,- Euro wegen jeweils eines Verstoßes gegen die Pflicht zur buchmäßigen Erfassung von Fahraufträgen und gegen die Rückkehrpflicht seien nicht gewichtig genug. Auch die Verurteilung zu 40 Tagessätzen könne kein Anhaltspunkt für Zweifel an seiner Zuverlässigkeit sein. Die Verurteilung habe keinerlei Bezug zur ausgeübten Tätigkeit als Betriebsleiter eines Mietwagenunternehmens. Ein Anordnungsgrund liege ebenfalls vor.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist mit ihrem Hauptantrag zulässig, aber unbegründet. Aus den im Beschwerdeverfahren diesbezüglich vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern oder aufzuheben wäre. Der Hilfsantrag ist unzulässig und daher nach § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO zu verwerfen.
1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile, Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
Anordnungsgrund und -anspruch sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Ist der Antrag auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, sind an die Glaubhaftmachung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch erhöhte Anforderungen zu stellen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt dann nur in Betracht, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und dem Antragsteller ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten.
2. Hinsichtlich des Hauptantrags ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Fiktionswirkung des § 15 Abs. 1 Satz 5 des Personenbeförderungsgesetzes vom 8. August 1990 (PBefG, BGBl I S. 1690), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. März 2020 (BGBl I S. 433), nicht eingetreten ist.
Die entgeltliche oder geschäftsmäßige Personenbeförderung mit Mietwagen im Gelegenheitsverkehr ist genehmigungspflichtig (§ 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, § 46 Abs. 2 Nr. 3, § 49 Abs. 4 PBefG. Beim Gelegenheitsverkehr mit Personenkraftwagen wird die Genehmigung erteilt für die Form des Gelegenheitsverkehrs und den Betrieb mit bestimmten Kraftfahrzeugen unter Angabe ihrer amtlichen Kennzeichen (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 PBefG). Die notwendigen Angaben für den Antrag beim Gelegenheitsverkehr mit Kraftfahrzeugen ergeben sich aus § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Nr. 4, Abs. 2 PBefG. Die Genehmigungsbehörde hat innerhalb von drei Monaten nach Eingang schriftlich über den Antrag zu entscheiden (§ 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 PBefG). Kann sie die Prüfung des Antrags in dieser Zeit nicht abschließen, ist die Frist vor ihrem Ablauf in einem dem Antragsteller oder den Antragstellern mitzuteilenden Zwischenbescheid um den Zeitraum zu verlängern, der notwendig ist, um die Prüfung abschließen zu können (§ 15 Abs. 1 Satz 3 PBefG). Die Fristverlängerung darf höchstens drei Monate betragen (§ 15 Abs. 1 Satz 4 PBefG). Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Frist versagt wird (§ 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG, Art. 42a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG). Die Frist für die Genehmigungsfiktion wird nur in Lauf gesetzt, wenn der Antrag hinreichend bestimmt ist (Art. 42a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG) und die Unterlagen vollständig sind (Art. 42a Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG). Auf Verlangen ist demjenigen, dem der Verwaltungsakt hätte bekannt gegeben werden müssen, der Eintritt der Genehmigungsfiktion schriftlich zu bescheinigen (Art. 42a Abs. 3 BayVwVfG).
Die Genehmigungsfiktion ist bei summarischer Prüfung nicht eingetreten, da der Antrag jedenfalls bis zum 11. November 2019 nicht vollständig war. Ein Antrag auf Genehmigung eines Gelegenheitsverkehrs mit Kraftfahrzeugen muss, damit er vollständig ist, die Angaben nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 PBefG enthalten. Es reicht nicht aus, dass lediglich die für die Ausstellung der Genehmigungsurkunde nach § 17 Abs. 1 PBefG erforderlichen Angaben gemacht werden (vgl. BVerwG, U.v. 8.11.2018 – 3 C 26.16 – BVerwGE 163, 321 Rn. 22). Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei § 12 Abs. 1 PBefG um eine „Soll“-Regelung handelt. Daraus ist zu entnehmen, dass diese Angaben regelmäßig zu fordern, nicht aber, dass sie grundsätzlich entbehrlich sind. Darüber hinaus bestimmt § 12 Abs. 2 PBefG, dass dem Antrag Unterlagen beizufügen sind, die ein Urteil über die Zuverlässigkeit des Antragstellers und die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Betriebs ermöglichen. Das zielt auf die subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen nach § 13 Abs. 1 PBefG. Um welche Unterlagen es sich dabei handelt, wird in der Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr etwa in Bezug auf die Unterlagen für die Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit (§ 2 der Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr vom 15.6.2000 [PBZugV, BGBl I S. 851], zuletzt geändert durch Verordnung vom 31.8.2015 [BGBl I S. 1474]) und der fachlichen Eignung (§ 3 PBZugV) konkretisiert; geregelt ist dort auch, wie aktuell die entsprechenden Nachweise sein müssen. Die Beibringung der dort aufgeführten Unterlagen ist daher für die Vollständigkeit des Genehmigungsantrags ebenfalls erforderlich (vgl. BVerwG, U.v. 8.11.2018 a.a.O. Rn. 23 ff.; OVG RhPf, B.v. 17.6.2019 – 7 B 10747/19 – GewArch 2019, 359 = juris Rn. 3; OVG MV, B. v. 30.1.2017 – 1 M 453/16 – NordÖR 2017, 257 f.; OVG Hamburg, B. v. 18.11.2010 – 3 Bs 206/10 – VRS 120, 213; HessVGH, U.v. 15.10.2002 – UE 2948/01 – juris Rn. 37; Fromm/Sellmann/Zuck, Personenbeförderungsrecht, 4. Auflage 2013, § 15 PBefG Rn. 2). Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PBZugV wird die finanzielle Leistungsfähigkeit durch die Vorlage von Bescheinigungen in Steuersachen des Finanzamtes sowie Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Gemeinde, der Träger der Sozialversicherung und der Berufsgenossenschaft nachgewiesen, wobei die Stichtage dieser Bescheinigungen zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht länger als drei Monate zurückliegen dürfen. Auch die Antragstellerin stellt mit ihrer Beschwerdebegründung nicht in Abrede, dass es sich bei diesen Bescheinigungen um notwendige Antragsunterlagen handelt, die zu einem vollständigen Antrag gehören.
Kann nicht abschließend geklärt werden, ob und wann notwendige Teile der Genehmigungsunterlagen bei der Genehmigungsbehörde vorgelegt worden sind, so geht dies zu Lasten desjenigen, der Rechte daraus ableitet, denn die Beweislast für den (rechtzeitigen) Eingang eines Antrags trägt regelmäßig der Antragsteller (vgl. BayVGH, B.v. 20.1.2012 – 14 ZB 11.1379 – juris Rn. 5).
Hier ist unklar, wann die Antragstellerin die nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PBZugV notwendige Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts vom 22. Juli 2019 vorgelegt hat. Gemäß den vorgelegten Behördenakten ist diese Unbedenklichkeitsbescheinigung erstmals mit Schreiben vom 9. November 2019, eingegangen per E-Mail am 11. November 2019, dem Landratsamt zugegangen. Erst zu diesem Zeitpunkt begann daher wohl die Frist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG zu laufen. Bis zur Zustellung des Ablehnungsbescheids am 6. Februar 2020 war die Frist von drei Monaten demnach noch nicht abgelaufen.
Dass die Antragstellerin die Unbedenklichkeitsbescheinigung dem Landratsamt schon vor dem 11. November 2019 vorgelegt hat, konnte sie demgegenüber nicht belegen. Der Nachweis des Zugangs von elektronischen Dokumenten ist in Art. 3a BayVwVfG nicht geregelt und bestimmt sich nach den allgemeinen Grundsätzen (vgl. Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 3a Rn. 44). Dem mit Schreiben vom 9. November 2019 übersandten Ausdruck der E-Mail vom 4. August 2019, 20:06 Uhr, kann weder entnommen werden, dass diese E-Mail tatsächlich an die E-Mail-Adresse …@… abgesandt worden ist noch dass eine Anlage beigefügt war. Darüber hinaus ist die E-Mail mit „Re: Antrag auf Mietwagengenehmigung“ überschrieben, obwohl sie nach den wiedergegebenen vorhergehenden E-Mails keine Antwort auf eine vom Landratsamt erhaltene E-Mail ist. Auch ein Nachweis in Form einer Empfangs- oder Lesebestätigung des Landratsamts ist nicht beigefügt (vgl. BGH, B.v. 17.7.2013 – I ZR 64/13 – juris Rn. 11). Die eidesstattliche Versicherung der Geschäftsführerin der Antragstellerin vom 16. März 2020, Herr R… habe die Unbedenklichkeitsbescheinigung am 4. August 2019 per E-Mail übersandt, es sei aber keine Mitteilung über eine erfolglose Zustellung (sog. „Mailer Daemon“) eingegangen, kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Damit ist nicht bewiesen, dass die E-Mail tatsächlich ordnungsgemäß angekommen ist, denn möglicherweise ist sie von einem Spamfilter des Landratsamts abgefangen worden. Darüber hinaus entspricht die erst mit Schreiben vom 9. November 2019 übersandte, am 22. Juli 2019 ausgestellte Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 2 PBZugV, da der Stichtag zum Zeitpunkt der Vorlage schon über drei Monate zurücklag.
Soweit die Antragstellerin ausführt, die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts sei nicht erforderlich gewesen, da sie erst im Jahr 2019 gegründet worden sei und den Geschäftsbetrieb zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht aufgenommen habe, führt dies zu keiner anderen Einschätzung. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PBZugV wird die finanzielle Leistungsfähigkeit durch Vorlage von Bescheinigungen in Steuersachen des Finanzamts nachgewiesen. Die Vorlage dieser Unterlage ist daher erforderlich. In der mit dem Genehmigungsantrag vorgelegten Gewerbeanmeldung war als Datum des Beginns der angemeldeten Tätigkeit, die sowohl Bewachungsdienstleistungen als auch die geschäftsmäßige Beförderung von Personen beinhaltet, der 1. Juli 2019 genannt. Das Landratsamt durfte daher davon ausgehen, dass dies den Tatsachen entspricht und bei Eingang der (unvollständigen) Antragsunterlagen am 18. Juli 2019 die Geschäftstätigkeit schon begonnen wurde. Im Übrigen hat das Finanzamt die Unbedenklichkeitsbescheinigung auch am 22. Juli 2019 ausgestellt.
Der Antrag war darüber hinaus auch deshalb nicht vollständig, weil die nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PBZugV zum Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit vorzulegenden Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Träger der Sozialversicherung nicht vorgelegt wurden. Zwar mag es zutreffen, dass solche Unbedenklichkeitsbescheinigungen von den Krankenkassen erst nach Eingang des ersten Beitrags ausgestellt werden. Es hätte aber der Antragstellerin oblegen, in Anbetracht der in der Gewerbeanmeldung angekündigten Aufnahme der Geschäftstätigkeit zum 1. Juli 2019 darzulegen und glaubhaft zu machen, dass weder für das Bewachungsgewerbe noch für die Personenbeförderung Beschäftigte vorhanden sind, so wie es mittlerweile durch die eidesstattliche Versicherung der Geschäftsführerin der Antragstellerin vom 16. März 2020 erfolgt ist.
Die Fragen, ob ein Arbeitsvertrag mit Herrn R… vorgelegt werden musste, damit der Antrag vollständig ist und die Frist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG zu laufen begann, wann das Schreiben des Landratsamts vom 4. Oktober 2019 bei der Antragstellerin eingegangen ist und ob die Abschlussmitteilungen zu den Eintragungen im Schuldnerverzeichnis bezüglich des Herrn R… zu Recht angefordert worden sind, bedürfen hier deshalb keiner Entscheidung.
3. Der Hilfsantrag ist unzulässig, da er in erster Instanz so nicht gestellt worden ist. Eine schon mit der Beschwerdebegründung erklärte Antragsänderung des unterlegenen Antragstellers ist im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO in der Regel unzulässig, weil sie dem Rechtsmittel die erforderliche Beschwer nimmt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 146 Rn. 25). Eine Beschwer ist grundsätzlich nur gegeben, wenn etwas versagt wird, was im erstinstanzlichen Verfahren zuletzt beantragt worden ist (Happ a.a.O. vor § 124 Rn. 25). Ob dies auch für eine Antragsänderung während des Beschwerdeverfahrens zu gelten hat, wenn der Anlass für die Antragsänderung erst während des Beschwerdeverfahrens hervorgetreten ist (vgl. zum Streitstand Happ a.a.O.; Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 146 Rn. 94; BayVGH, B.v. 3.3.2016 – 11 CE 16.219 – juris Rn. 17; OVG LSA, B.v. 21.5.2019 – 2 M 49/19 – juris), braucht hier nicht entschieden zu werden, denn der Grund für die Antragsänderung ist hier nicht nach Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung eingetreten, sondern schon zuvor mit Erlass des ablehnenden Bescheids vom 4. Februar 2020.
Darüber hinaus hat sich die Beschwerdebegründung mit der angefochtenen Entscheidung auseinanderzusetzen (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Daran fehlt es hier. Das Verwaltungsgericht hat den in erster Instanz gestellten Antrag als unzulässig angesehen, da das Begehren sich durch den Erlass des Bescheids vom 4. Februar 2020 erledigt habe. Nur hilfsweise wurde auch die Begründetheit geprüft. Die Beschwerdebegründung setzt sich aber weder mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts bezüglich der Unzulässigkeit des Antrags auseinander noch wird dargelegt, aus welchen Gründen es möglich sein sollte, diesen (unzulässigen) Antrag nunmehr aus Anlass des Beschwerdeverfahrens zu ändern. Das Beschwerdeverfahren dient grundsätzlich nicht dazu, eine Änderung in erster Instanz unzulässiger Anträge zu ermöglichen.
Im Übrigen könnte auf der Grundlage der veralteten Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts vom 22. Juli 2019 derzeit wohl auch keine Genehmigung erteilt werden. Der Erlass einer vorläufigen Regelung käme deshalb selbst bei Zulässigkeit des Hilfsantrags der Beschwerde schon aus diesem Grund nicht in Betracht.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1, 47.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage 2019, Anhang zu § 164 Rn. 14) unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats zur Bildung eines Streitwerts bei der Beantragung mehrerer Taxi- oder Mietwagengenehmigungen (vgl. BayVGH, B.v. 18.7.2018 – 11 ZB 18.924 – juris Rn. 19; U.v. 7.5.2018 – 11 B 18.12 – juris Rn. 50; B.v. 29.4.2019 – 11 CE 19.750 – juris Rn. 29).
5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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