Verwaltungsrecht

Einzelnoten und Gesamtnote dienstlicher Beurteilung

Aktenzeichen  B 5 K 16.103

Datum:
31.1.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 117 Abs. 5
BBG BBG § 21 S. 1
BLV BLV § 48, § 49

 

Leitsatz

1 Es ist zulässig, wenn die Vorbeurteilung nur herangezogen wird, um die exakte Einzel- bzw. Gesamtpunktzahl des Beamten festzulegen und so auch die Möglichkeit zu haben, individuelle „Verbesserungen“ honorieren zu können. (redaktioneller Leitsatz)
2 Es ist nicht erforderlich, dass sich die zusammenfassende Gesamtbeurteilung einer dienstlichen Beurteilung näher mit der Bildung der Gesamtnote auseinandersetzt, wenn sich die Gesamtnote bei verständiger Betrachtung bereits aus den Einzelnoten ergibt. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die dienstliche Beurteilung für den Beurteilungszeitraum 1. August 2010 bis 1. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. August 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat daher keinen Anspruch auf Aufhebung der Beurteilung und erneute Beurteilung durch die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO analog).
Dienstliche Beurteilungen sind – ihrem Wesen als persönlichkeitsbedingte Werturteile entsprechend – von den Verwaltungsgerichten nur eingeschränkt überprüfbar. Allein der Dienstherr bzw. der für ihn handelnde Vorgesetzte soll nach dem erkennbaren Sinn der Regelungen über die dienstliche Beurteilung ein persönliches Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der Beamte den ebenfalls grundsätzlich vom Dienstherrn zu bestimmenden fachlichen und persönlichen Anforderungen seines Amtes und seiner Laufbahn entspricht. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle ist aufgrund der dem Beurteilungsverfahren immanenten Beurteilungsermächtigung darauf beschränkt, zu überprüfen, ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Abfassung der dienstlichen Beurteilung erlassen hat, ist vom Gericht zudem zu prüfen, ob diese Richtlinien eingehalten sind und ob die Richtlinien mit den normativen Regelungen über die dienstliche Beurteilung im Einklang stehen (vgl. BVerfG, B.v. 5.9.2007 – 2 BvR 1855/07; BVerwG, U.v. 26.6.1980 – 2 C 8.78 – BVerwGE 60, 245; U.v. 21.3.2007 – 2 C 2.06 – juris Rn. 7).
Ausgehend von diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab bestehen an der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Beurteilung keine Zweifel. Nach der während der Rechtshängigkeit des hier vorliegenden Verfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht ergangenen Entscheidung (U.v. 17.9.2015 – 2 C 27/14) zog auch der Kläger selbst die Rechtmäßigkeit der im vorliegenden Verfahren angewandten Beurteilungsrichtlinien bzw. des angewandten Beurteilungsschemas nicht weiter in Zweifel. Streitig blieb jedoch weiter die Beurteilung der zwölf Einzelmerkmale (hierzu a) sowie die Begründung des abschließenden Gesamturteils (hierzu b).
a) Gegen die vorgenommene Bewertung der zwölf Einzelmerkmale bestehen keine Bedenken. In der Widerspruchsentscheidung vom 08.08.2013 hat sich die Beklagte mit den vom Kläger im Einzelnen erhoben Einwendungen auseinandergesetzt. Dabei hat die Beklagte auch im Einzelnen dargelegt, weshalb die Einwendungen des Klägers zu den jeweiligen Einzelmerkmalen nicht greifen, und die Bewertung der Einzelmerkmale ausreichend plausibilisiert. Auf die Widerspruchsentscheidung wird hier – auch hinsichtlich der Darstellung bezüglich der alleine maßgeblichen Einschätzung des Beurteilers und der insoweit nicht relevanten Selbsteinschätzung des Klägers – gemäß § 117 Abs. 5 VwGO Bezug genommen.
Dass der Beklagte bei der Bewertung der Einzelmerkmale von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen wäre, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet hätte, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften bzw. die angewandten Beurteilungsrichtlinien verstoßen hätte, konnte nicht festgestellt werden. Vielmehr ist die Kammer auf Grund der glaubhaften Aussagen der Zeugen … und … davon überzeugt, dass die Bewertung der Einzelmerkmale in einwandfreier Weise erfolgt ist.
Demnach wurde der Zeuge … als Berichterstatter aufgefordert einen Beurteilungsvorschlag zu erstellen. Da der Zeuge … nur für den letzten Teil des Beurteilungszeitraums (ab Mai 2012) Sachgebietsleiter und Vorgesetzter des Klägers war, holte er sich zu diesem Zweck auch Informationen vom vorherigen kommissarischen Sachgebietsleiter Herrn … ein. Weiter holte Herr … für seinen Beurteilungsvorschlag auch Informationen von Frau …, der unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers, ein. Schließlich legte er seinem Beurteilungsvorschlag auch eigene Erkenntnisse aus der Sachbearbeitung des Klägers, die er beispielsweise bei der Abgabe von Vorgängen an die Staatsanwaltschaft gewinnen konnte, zu Grunde.
Der Beurteilungsvorschlag des Zeugen … wurde dann in dem hierfür vorgesehenen Gremium erörtert und mit den Beurteilungsvorschlägen für die anderen zu beurteilenden Beamten der Vergleichsgruppe in Relation gesetzt und bewertet. Dieses Gremium bestand aus dem Beurteiler (dem Zeugen …*) und sämtlichen Berichterstattern. Zudem war auch Herr … als weiterer Berichterstatter bezüglich des Klägers anwesend, da Herr … erst seit einigen Monaten die Funktion des Sachgebietsleiters des Klägers inne hatte.
Auf der Grundlage der Beurteilungsvorschläge, der Gremiumsbesprechung sowie eigener Erkenntnisse, die er beispielsweise aus Gesprächen mit anderen Beamten und Besuchen vor Ort gewonnen hatte, erstellte der Zeuge … als zuständiger Beurteiler dann die streitgegenständliche Beurteilung.
Hierzu führte der Zeuge …glaubhaft aus, dass er lediglich die Leistungen und das Verhalten des Klägers während des Beurteilungszeitraums seiner Beurteilung zu Grunde legte. Die Vorbeurteilung mag hierbei für ihn die Rolle eines Bezugspunktes für die streitgegenständliche Beurteilung gehabt haben.
Auch letztere Verfahrensweise sieht die Kammer als zulässig und sachgerecht an, wenn der Vorbeurteilung, wie hier vorliegend, nur insoweit Bedeutung beigemessen wird, als sie nur herangezogen wird, um – nach erfolgter vergleichender Wertung der Leistungen eines Beamten mit der Vergleichsgruppe innerhalb eines Beurteilungszeitraums – die exakte Einzel- bzw. Gesamtpunktzahl des Beamten festzulegen und so auch die Möglichkeit zu haben, individuelle „Verbesserungen“ honorieren zu können.
b) Auch hinsichtlich der Begründung des Gesamturteils hat die Kammer keine durchgreifenden Bedenken, die zu einer Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Beurteilung insgesamt führen könnten.
Zwar differenzieren die Beurteilungsrichtlinien bei den Einzelmerkmalen in sechs Notenstufen von A bis F, während das Gesamturteil nur in fünf (Haupt-)Notenstufen anzugeben ist. Dabei ist aber ausweislich der textlichen Umschreibung der einzelnen Prädikate davon auszugehen, dass das schlechteste Prädikat auf der Gesamtnotenskala „erfüllt die Anforderungen nur teilweise oder nicht (3 bis 0 Punkte)“ im Vergleich zu den Prädikaten der Einzelnoten die dort möglichen Prädikate “E = im Vergleich geringer ausgeprägt„und “F = im Vergleich zu gering ausgeprägt„lediglich zusammenfasst. Damit entspricht die Note “C = im Vergleich eher stark ausgeprägt„auf der Einzelnotenskala – jedenfalls weitgehend – dem Prädikat “Stets erwartungsgemäß„auf der Gesamtnotenskala. Die Note “D = im Vergleich durchschnittlich ausgeprägt„auf der Einzelnotenskala entspricht – ebenfalls zumindest in etwa – dem Prädikat “Überwiegend erwartungsgemäß” auf der Gesamtnotenskala.
Der Kläger hatte bei den Einzelmerkmalen sieben Mal die Note C (drittbeste Note) und fünf Mal die Note D (viertbeste Note) erhalten. Damit drängt es sich auf, dass der Kläger auf der Gesamtnotenskala im Grenzbereich zwischen dem drittbesten und dem viertbesten Prädikat anzusiedeln war. Da die Einzelnoten der drittbesten Stufe im Vergleich zu denen der viertbesten Stufe mit 7 zu fünf leicht überwiegen und das drittbeste Prädikat der Gesamtnotenskala sich ohnehin in eine Bandbreite von neun bis sieben Punkten differenziert, konnte sich hieraus letztlich ein Gesamturteil von sieben Punkten (unterer Bereich des drittbesten Prädikats) ergeben.
Zur Frage der Anforderungen an die Begründung des abschließenden Gesamturteils einer aus mehreren Einzelmerkmalen bestehenden Beurteilung hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt: „Im Übrigen sind die Anforderungen an die Begründung für das Gesamturteil umso geringer, je einheitlicher das Leistungsbild bei den Einzelbewertungen ist. Gänzlich entbehrlich ist eine Begründung für das Gesamturteil nur dann, wenn im konkreten Fall eine andere Note nicht in Betracht kommt, weil sich die vergebene Note – vergleichbar einer Ermessensreduzierung auf Null – geradezu aufdrängt.“ (BVerwG, U.v. 15.9.2015 – 2 C 27/14 – Rn. 37 – zitiert nach Juris).
Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts war es nach Auffassung der Kammer daher nicht erforderlich, dass sich die zusammenfassende Gesamtbeurteilung in der streitgegenständlichen Beurteilung näher mit der Bildung der Gesamtnote auseinandersetzt, weil sich diese ohnehin bei verständiger Betrachtung der Beurteilung aus den Einzelnoten ergibt.
Damit kann auch die Frage dahinstehen, ob die hierzu nachträglich im Schriftsatz vom 13.05.2016 von der Beklagten gegebene Begründung noch nachgeschoben werden konnte und eine solche Begründung während des rechtshängigen Verwaltungsstreitverfahrens nachholbar ist.
2. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der Kläger als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO). Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO bedurfte es angesichts der – wenn überhaupt anfallenden – dann allenfalls geringen vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen der Beklagten nicht, zumal diese auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eventuell eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben