Verwaltungsrecht

Einziehung eines Jagdscheins

Aktenzeichen  W 9 S 20.1037

Datum:
19.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 30431
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 5 Ziff. 3 , § 154 Abs. 1
BJagdG § 17, § 18
BayVwVfG Art. 52 S. 1 Var. 3
AWaffV § 13 Abs. 1
GKG § 52 Abs. 1,§ 53 Abs. 2 Nr. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner am 5. August 2020 erhobenen Klage (W 9 K 20.1036) gegen die Ungültigkeitserklärung und die Einziehung seines Jagdscheins.
1. Mit Bescheid vom 1. Juli 2020 erklärte das Landratsamt M. den dem Antragsteller am 3. Februar 2009 ausgestellten Jagdschein Nr. …9, zuletzt verlängert bis zum 31. März 2021, für ungültig (Ziffer 1 des verfahrensgegenständlichen Bescheids). Der Jagdschein Nr. …9 werde im Rahmen der Sicherstellung eingezogen. Der Antragsteller habe den Jagdschein Nr. …9 innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Bescheids an das Landratsamt zurückzugeben (Ziffer 2). Für die Ziffern 1 und 2 des Bescheids werde die sofortige Vollziehung angeordnet (Ziffer 3). Für den Fall, dass der Antragsteller seiner Verpflichtung aus Ziffer 2 nicht gerecht werde, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 100,00 EUR zur Zahlung fällig (Ziffer 4). Für die Wiedererteilung eines Jagdscheins werde eine Sperrfrist von fünf Jahren festgesetzt. Fristbeginn sei mit Rechtskraft des Bescheids (Ziffer 5). Die Waffenbesitzkarten des Antragstellers Nrn. …5 und …7 würden wiederrufen (Ziffer 6). Die Waffenbesitzkarten Nrn. …5 und …7 seien innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids an das Landratsamt zurückzugeben (Ziffer 7). Der Antragsteller werde verpflichtet, die in seinem Besitz befindlichen folgenden Waffen, eingetragen auf obigen Waffenbesitzkarten, sowie dazugehörige Munition innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids einem Berechtigten zu überlassen oder unbrauchbar zu machen. Ein Nachweis über das Überlassen oder die Unbrauchbarmachung sei dem Landratsamt innerhalb der genannten Frist vorzulegen. Im Folgenden wurden die Waffen einzeln aufgeführt (Ziffer 8). Die sofortige Vollziehung der Ziffern 7 und 8 werde angeordnet (Ziffer 9). Falls der Antragsteller seiner Verpflichtung aus Ziffer 7 des Bescheids zur Rückgabe der Waffenbesitzkarten nicht fristgemäß entspreche, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 100,00 EUR zur Zahlung fällig (Ziffer 10). Falls er seiner Verpflichtung aus Ziffer 8 nicht fristgemäß entspreche, würden die Waffen und die dazugehörige Munition sichergestellt und verwertet. Dem Antragsteller wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt (Ziffern 12 u. 13).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen in tatsächlicher Hinsicht ausgeführt, das Landratsamt habe am 21. Januar 2020 eine Aufbewahrungskontrolle bei dem Antragsteller durchgeführt, bei der Verstöße festgestellt worden seien. Auf einem Waffenschrank hätten senkrecht drei Patronen gestanden und damit außerhalb eines entsprechenden Aufbewahrungsbehältnisses. In der halbautomatischen Büchse, Hersteller Voere, Kaliber .22lr, S/N …3 habe ein mit fünf Patronen geladenes Magazin gesteckt. Die Waffe sei daher unterladen gewesen. Vor Erlass des Bescheids sei dem Antragsteller Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden.
In rechtlicher Hinsicht wurde bezüglich der hier maßgeblichen Ziffern 1 und 2 des Bescheids erläutert, die Behörde sei in den Fällen des § 17 Abs. 1 Bundesjagdgesetz (BJagdG) nach § 18 Satz 1 BJagdG verpflichtet, den Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen. Dies sei gegeben, wenn Tatsachen, welche die Versagung des Jagdscheins begründeten, erst nach Erteilung des Jagdscheins einträten oder der Behörde bekannt würden. Vorliegend fehle dem Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG, sodass auch der Jagdschein zu versagen sei. Hierfür verwies das Landratsamt auf die Umstände der Aufbewahrungskontrolle am 21. Januar 2020. Für die Rückforderung des Jagdscheins verwies die Behörde auf Art. 52 Satz 1 Var. 3 BayVwVfG. Die Rückforderung sei aus Gründen der Rechtssicherheit geeignet und erforderlich, um Irreführungen bei Kontrollen zu verhindern.
Laut Postzustellungsurkunde wurde der Bescheid am 6. Juli 2020 dem Antragsteller zugestellt.
2. Am 5. August 2020 erhob der Antragsteller Klage gegen den Bescheid des Landratsamts, die hinsichtlich der waffenrechtlichen Erlaubnis unter dem Aktenzeichen W 9 K 20.1038 und hinsichtlich der Einziehung des Jagdscheins unter dem Aktenzeichen W 9 K 20.1036 geführt wird. Gleichzeitig ließ er im hiesigen Verfahren beantragen,
die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dieser Anfechtungsklage gegen die Ziffern 1 und 2 des Bescheids vom 1. Juli 2020 anzuordnen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, man könne die Argumentation des Landratsamts, wonach der Antragsteller vor dem Hintergrund der Aufbewahrungskontrolle als unzuverlässig angesehen werde, nicht teilen. Es lägen keine groben Verstöße gegen das Waffengesetz vor. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund der Umstände des Kontrolltermins am 21. Januar 2020. Hiernach sei der Antragsteller an diesem Tag von der Krähenjagd zurückgekehrt und habe seine Waffe, um sich umzuziehen, auf den Schreibtisch neben den Waffentresor gelegt und seine Taschen auf die verschlossenen Waffenschränke entleert. Als es geläutet habe, habe er seine Jogginghose schnell übergezogen, seine Waffe weggeschlossen und sei zur Tür gegangen. Beim Klingeln der Haustür sei er davon ausgegangen, dass es die Post sei, und er habe seine Waffe anschließend noch reinigen wollen. Nach dem gegenüber dem Antragsteller wegen dieses Vorfalls ergangenen Bußgeldbescheid vom 4. Mai 2020 sei er davon ausgegangen, dass sich die Sache erledigt habe. Durch den verfahrensgegenständlichen Bescheid sei er gänzlich überrascht worden. Ihm seien vor über 30 Jahren die beiden Waffenbesitzkarten ausgestellt worden. In all den vergangenen Jahren sei bei ihm noch niemals etwas Negatives festgestellt worden. Ihm habe man keinerlei Verstöße gegen das Waffengesetz zur Last legen können. Seine Jagd habe er 33 Jahre unbeanstandet und problemlos ausgeübt. Durch die behördliche Entscheidung würde der Pachtvertrag für ihn ungültig und er könne sein Pachtvertragsverhältnis nicht mehr weiterführen. Das private Interesse des Antragstellers überwiege das öffentliche Interesse. Der Anordnung in Ziffer 8 habe der Antragsteller bereits Genüge getan und seine Waffen einem anerkannten Waffenhändler überlassen. Die behördliche Entscheidung sei mit dem allgemeinen Gerechtigkeitsempfinden unvereinbar.
Der Antragsgegner ist dem entgegengetreten und beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führte er aus, er verweise im Wesentlichen auf die Begründung im verfahrensgegenständlichen Bescheid. Die festgestellten Verstöße bei der Aufbewahrung stellten nach Beurteilung des Antragsgegners einen schwerwiegenden Verstoß dar. Es entspreche der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass auch ein einmaliger Verstoß gegen Aufbewahrungsvorschriften die Unzuverlässigkeit begründen könne. Das Ordnungswidrigkeitenverfahren stehe zudem neben dem vorliegenden Verfahren. Der Antragsteller habe daher nicht aus der Ahndung als Ordnungswidrigkeit darauf schließen können, dass er weiter nichts mehr zu befürchten habe.
4. Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die vorliegenden Behördenakten Bezug genommen. Die Verfahrensakten W 9 K 20.1036, W 9 K 20.1038 und W 9 S 20.1039 wurden beigezogen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Antrag, des anwaltlich vertretenen Antragstellers bezüglich Ziffern 1 und 2 des verfahrensgegenständlichen Bescheids, ist statthaft. Die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO ist der statthafte Rechtsbehelf. Ihr kommt wegen der Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO in Ziffer 3 keine aufschiebende Wirkung im Sinne von § 80 Abs. 1 VwGO zu.
2. Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO prüft das Gericht, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Im Übrigen trifft es eine eigene Abwägungsentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage bzw. des Widerspruchs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung des Antragstellers auszugehen ist. Jedenfalls hat das Gericht die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs bei seiner Entscheidung mit zu berücksichtigen, soweit diese sich bereits übersehen lassen (vgl. BVerfG, B.v. 24.2.2009 – 1 BvR 165/09 – NVwZ 2009, 581; BayVGH, B.v. 17.9.1987 – 26 CS 87.01144 – BayVBl. 1988, 369; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 68 und 73 ff.). Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vollkommen offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen.
2.1. Es bestehen keine Zweifel an der formellen Rechtmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs der Ziffern 1 und 2 des verfahrensgegenständlichen Bescheids. Insbesondere hat der Antragsgegner die Anordnung der sofortigen Vollziehung in ausreichender Weise gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO schriftlich begründet. Das Landratsamt M. hat im konkreten Einzelfall das besondere öffentliche Interesse, das ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig macht, begründet und ausgeführt, warum dieses gegenüber den Interessen des Antragstellers überwiegt. Die Begründung ist nicht nur formelhaft. Insbesondere hat das Landratsamt das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung damit begründet, dass nicht hingenommen werden könne, dass Personen im Besitz eines Jagdscheines blieben, deren Unzuverlässigkeit feststehe. Es müsse Missbrauch verhindert werden. Ob diese Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs in inhaltlicher Hinsicht zu überzeugen vermag, ist keine Frage der Begründungspflicht nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, sondern des Vollzugsinteresses.
2.2. Eine summarische Prüfung der Hauptsache, wie sie im Sofortverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderlich und ausreichend ist, ergibt vorliegend, dass die Klage gegen die Anordnungen unter Ziffern 1 und 2 des Bescheids des Landratsamts M. vom 1. Juli 2020 voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.
Soweit der Bescheid, gegen dessen formelle Rechtmäßigkeit keine Bedenken bestehen, im Antragsumfang einer summarischen Prüfung unterzogen wird, ist der Bescheid voraussichtlich materiell rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die Ungültigkeitserklärung und die Einziehung des Jagdscheins in Ziffern 1 und 2 des Bescheids ist § 18 Satz 1 BJagdG. Danach ist die Behörde in den Fällen des § 17 Abs. 1 BJagdG verpflichtet, den Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen, wenn Tatsachen, welche die Versagung des Jagdscheins begründen, erst nach Erteilung des Jagdscheins eintreten oder der Behörde, die den Jagdschein erteilt hat, bekannt werden. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die bei der Kontrolle am 21. Januar 2020 festgestellten Verstöße gegen die Aufbewahrungsvorschriften stellen eine nachträglich eingetretene Tatsache im Sinne des § 18 Satz 1 BJagdG dar. Diese begründen die Versagung des Jagdscheins wegen Unzuverlässigkeit im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 17 Abs. 3 Nr. 2 BJagdG.
Unter Bezugnahme auf die entsprechenden Vorschriften des Waffengesetzes, die trotz eines nicht völlig identischen Wortlauts – wie im verfahrensgegenständlichen Bescheid auch – entsprechend herangezogen werden können (vgl. VG Schleswig, B.v. 21.3.2018 – 7 B 39/18 – juris Rn. 38), ist Folgendes auszuführen: Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen und solche Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden. Sorgfältig im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG ist die Verwahrung von Waffen und Munition, wenn sich der Betroffene so verhält, dass fremde Rechtsgüter nicht verletzt werden. Art und Ausmaß der anzuwendenden Sorgfalt bestimmen sich nach den Anforderungen, die bei (objektiver) Betrachtung der Gefahrenlage ex ante an einen besonnenen und gewissenhaften Menschen in der konkreten Lage in der sozialen Rolle des Handelnden zu stellen sind (vgl. Heller/Soschinka, Waffenrecht, 3. Aufl. 2013, Rn. 758p). Die Gefährlichkeit von Schusswaffen erfordert einen entsprechend vorsichtigen Umgang mit ihnen, der alle Sicherungsmöglichkeiten ausnutzt und nicht nur die eigene Gefährdung, sondern auch die dritter Personen soweit wie irgend möglich ausschließt. Es muss zu erwarten sein, dass ein Betroffener seine Waffen sorgfältig, d.h. diebstahlsicher und vor dem Zugriff Unbefugter geschützt, aufbewahrt (vgl. Apel/Bushart, Waffenrecht, Band II: Waffengesetz, 3. Aufl. 2004, § 5 Rn. 15; Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 5 Rn. 11).
Waffen sind im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG nur dann sorgfältig verwahrt, wenn die Anforderungen des § 36 WaffG beachtet sind (vgl. BayVGH, B.v. 24.2.2016 – 21 ZB 15.1949 und B.v. 28.11.2013 – 21 CS 13.1758 – beide juris). Wer Waffen und/oder Munition besitzt, hat nach § 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass solche Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. Konkretisiert wird diese gesetzliche Regelung durch § 13 WaffV, der in der aktuellen Fassung in Absatz 1 ausdrücklich vorsieht, dass Waffen ungeladen aufzubewahren sind. Eine solche ausdrückliche Regelung bezüglich einer nur ungeladenen Aufbewahrung von Waffen wurde erst mit der Gesetzesänderung zum 6. Juli 2017 in § 13 AWaffV normiert. Hierbei handelt es sich jedoch lediglich um eine Klarstellung (vgl. BT-Drs. 18/11239, S. 56), die auch im Kontext der Neuregelung insgesamt zu sehen ist, bei der durch die Anhebung der Aufbewahrungsstandards die getrennte Aufbewahrung von Schusswaffen und Munition, die bislang bei der Verwendung bestimmter Sicherheitsbehältnisse als erforderlich angesehen wurde, aus Vereinfachungsgründen für entbehrlich gehalten wurde. Die Regelungen zur Aufbewahrung sollten damit insgesamt einfacher und anwendungsfreundlicher gestaltet werden. Das Risiko einer absichtslosen fehlerhaften Aufbewahrung von Schusswaffen und Munition, das in der Vergangenheit mehrfach zu Verstößen gegen das Waffengesetz und in der Folge Entziehung waffenrechtlicher Erlaubnisse wegen Zweifeln an der Zuverlässigkeit der Erlaubnisinhaber geführt habe, würde dadurch sinken (vgl. BT-Drs. 18/11239, S. 46). Gegen diese elementaren Vorgaben hat der Antragsteller durch die Aufbewahrung der unterladenen und damit waffenrechtlich geladenen Büchse verstoßen (vgl. VG München, B.v. 25.11.2019 – M 7 S 19.4360 – juris). Dabei ist es unerheblich, welcher Klasse der Waffenschrank des Antragsstellers zuzurechnen ist. Der oben beschriebene Grundsatz, der in § 13 Abs. 1 AWaffV seinen normativen Ausdruck gefunden hat und wonach Waffen nur ungeladen aufzubewahren sind, differenziert in keiner Weise nach der Sicherheitsklasse des Aufbewahrungsbehältnisses.
Hiergegen spricht nicht, dass der Antragsteller nach seinen Angaben über Jahrzehnte als Jäger aktiv war und Waffen besessen habe, ohne dass es zu irgendwelchen Verstößen gekommen sei. Nach der zu den Regelungen ergangenen Rechtsprechung kann schon ein einmaliger Verstoß gegen die in normierten Aufbewahrungspflichten die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigen (VG München, G.v. 9.4.2020 – M 7 K 19.5720 – juris; VG Saarlouis, U.v. 22.10.2019 – 1 K 859/18 – juris). Die Gefahren, die mit einer für Nichtberechtigte zugänglichen Verwahrung von Schusswaffen und Munition verbunden sind, bestehen nicht nur bei einer nicht sorgfältigen Verwahrung auf Dauer. Bereits eine nur äußerst kurzfristige Nachlässigkeit im Umgang mit Schusswaffen kann genügen, um diese Gegenstände in die Hände Nichtberechtigter gelangen zu lassen (vgl. VGH BW, B.v. 03.08.2011 – 1 S 1391/11 – juris Rn. 4 und 6, bestätigt u.a. durch BayVGH, B.v. 24.02.2016 – 21 ZB 15.1949 – juris Rn. 20; BayVGH, B.v. 27.7.2018 – 21 CS 17.2506 – juris; VG München, B.v. 25.11.2019 – M 7 S 19.4360 – juris). Es kommt dabei auch nicht darauf an, ob durch den Verstoß im Einzelfall eine konkrete Gefährdung der Allgemeinheit eingetreten ist. Jeder Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschriften berührt zugleich die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit, jedenfalls im Sinn einer abstrakten Gefährdung (vgl. BayVGH, a.a.O.). Dieser Rechtsprechung schließt sich das erkennende Gericht an. Die Kammer sieht diese Maßstäbe zwar als sehr streng, gleichzeitig aber auch als sachgerecht und erforderlich an, um die Allgemeinheit vor potenziellen Gefahren zu schützen und der Vorgabe gerecht zu werden, Waffenbesitz nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (vgl. BVerwG, B.v. 12.10.1998 – 1 B 245.97 – Buchholz 402.5 WaffG Nr. 83). In Anbetracht der nur sehr dünnen Kontrolldichte, in welcher es der Waffenbehörde möglich ist, Waffennachschauen bei Waffenbesitzern durchzuführen, müssen regelmäßig auch solche Sorgfaltsverstöße beachtlich sein, die auf den ersten Blick möglicherweise als gering eingestuft werden könnten. Andernfalls wäre eine wirkungsvolle Kontrolle einer sorgfältigen Handhabung und Verwahrung erlaubnispflichtiger Waffen praktisch nicht mehr vorstellbar, weil sonst immer der Einwand erhoben werden könnte, es habe ja nur eine „einmalige kleine Unachtsamkeit“ vorgelegen, die aber im Hinblick auf einen sonst immer beanstandungsfreien Waffenbesitz nicht ins Gewicht fallen dürfe. Letzteres soll aber im Waffenrecht gerade nicht der Fall sein, weil hier – anders als in weniger risikobehafteten Bereichen des Gefahrabwehrrechts – im Hinblick auf die Schutzpflicht des Staates für die Allgemeinheit regelmäßig keine „zweite Chance“ zu gewähren und eine erteilte Erlaubnis damit auch ohne vorherige Ermahnung zu widerrufen ist (vgl. VG Bayreuth, U.v. 28.5.2019 – B 1 K 17.257 – juris).
Es handelt sich vorliegend auch nicht um einen sogenannten Bagatellverstoß, bei dem trotz des präventiven Regelungskonzepts des Waffengesetzes die Prognose der Unzuverlässigkeit nicht gerechtfertigt wäre (vgl. hierzu VG Regensburg, U.v. 05.02.2019 – R 4 K 18.1798). Hierzu wiegt aus Sicht der Kammer die Aufbewahrung einer geladenen Waffe wegen des Verstoßes gegen eine zentrale Aufbewahrungsvorschrift zu schwer (vgl. auch BayVGH, B.v. 27.7.2018 – 21 CS 17.2506 – juris).
Gemeinsam mit dem weiteren Verstoß gegen § 36 Abs. 1 WaffG durch drei Patronen außerhalb eines entsprechenden Aufbewahrungsverhältnisses ist die Prognose der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des Antragstellers gerechtfertigt und wird voraussichtlich einer Überprüfung im Hauptsacheverfahren standhalten. Damit ist auch eine Unzuverlässigkeit im Sinne von § 17 Abs. 3 Nr. 2 BJagdG gegeben.
Ist nach dem zuvor Ausgeführten von der Rechtmäßigkeit der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins auszugehen, so erweist sich auch die Aufforderung zur unverzüglichen Abgabe des Jagdscheines in Ziffer 2 des Bescheids als rechtmäßig. Sie findet – soweit man dies nicht bereits durch § 18 Satz 1 BJagdG als gerechtfertigt ansieht – ihre Rechtsgrundlage in Art. 52 Satz 1 BayVwVfG.
Bezüglich weiterer Ziffern wurde die Anordnung bzw. die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung durch den anwaltlich vertretenen Antragsteller nicht begehrt.
3. Danach war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Das Gericht orientiert sich dabei an Nr. 20.3 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Danach beträgt der Streitwert im Hauptsachverfahren 8.000,00 EUR und war nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs um die Hälfte zu reduzieren, sodass sich vorliegend ein Streitwert von 4.000,00 EUR ergibt.


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