Verwaltungsrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis

Aktenzeichen  M 6 S 16.46

Datum:
15.3.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVG StVG § 3 Abs. 1
FeV FeV § 11 Abs. 8 S. 1, § 14 Abs. 1 S. 2, § 46 Abs. 1, Abs. 3

 

Leitsatz

Die im summarischen Verfahren erforderliche gerichtliche Überzeugung eines Drogenkonsums (hier: Ecstasy) wird nicht erschüttert, wenn der Antragsteller eine – zu einem von ihm gewählten Zeitpunkt abgegebene – negative Urinprobe einreicht. Auch ist der Vortrag, die Droge für einen Dritten aufbewahrt zu haben, “um sie der Vernichtung zuzuführen”, unglaubhaft, wenn dies gegenüber der Polizei nicht erklärt worden ist, die Droge in einer Zigarettenschachtel verwahrt wurde (anstatt sie einfach wegzuwerfen) und der Dritte auch im Prozess nicht benannt worden ist. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf EUR 2.500,- festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofort vollziehbare Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen B, L, M und S.
Am … März 2015 fand der Türsteher einer Diskothek beim Antragsteller in einer Zigarettenschachtel eine Kapsel. Gegenüber der Polizei gab er nachfolgend an, es handele sich um eine Kapsel MDMA und er bitte um eine milde Strafe. Von der Polizei würde der Inhalt der Kapsel einem Test unterzogen, der eine eindeutige Farbreaktion zeigte.
Deswegen forderte die Fahrerlaubnisbehörde der Antragsgegnerin den Antragsteller mit Schreiben vom … August 2015 auf der Grundlage des § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV (i. V. m. § 46 Abs. 3 FeV) auf, innerhalb von drei Monaten ein „ärztliches Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung“ zu folgender Frage vorzulegen: „Nimmt bzw. nahm die /der Untersuchte Amphetamine, andere Betäubungsmittel im Sinne des BtMG oder andere psychoaktiv wirkende Substanzen im Sinne des StVG ein, die die Fahreignung nach Anlage 4 FeV in Frage stellen?“.
Das Schreiben enthielt unter anderem die Hinweise, dass der Antragsteller die Fahrerlaubnisbehörde mit beiliegender Erklärung schriftlich darüber zu informieren habe, welche der für die Begutachtung in Frage kommenden Stellen er mit der Begutachtung beauftragt habe, und dass auf seine fehlende Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen und die Fahrerlaubnis entzogen werde, wenn er sich der Begutachtung verweigere oder das angeordnete Gutachten nicht innerhalb der Frist vorlege (§ 46 Abs. 3 i. V. m. § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV).
Der Bevollmächtigte des Antragstellers trug mit Schreiben vom … September 2015 unter anderem zunächst vor, dass dem Antragsteller gar nicht bekannt sei, was MDMA bedeute. Er sei davon ausgegangen, dass es sich um Amphetamin handeln würde. Ob dies tatsächlich so gewesen sei, sei ungeklärt. Ungeachtet dessen weise er darauf hin, dass ein Freund des Antragstellers – dem es schlecht gegangen sei – diesem die Kapsel kurzfristig zur Aufbewahrung übergeben habe, um sie der Vernichtung zuzuführen. Der Antragsteller konsumiere keine Betäubungsmittel und habe dies auch nie getan.
Am … November 2015 ging bei der Fahrerlaubnisbehörde eine „Befundmitteilung über eine Urinuntersuchung auf Betäubungsmittel und ausgewählte Medikamentenwirkstoffe“ der A. GmbH … (A.) vom … Oktober 2015 ein, die insgesamt negative Ergebnisse auswies. Als Entnahmedatum war der … Oktober 2015 angegeben. Der Probenahmetermin sei vom Antragsteller selbst gewählt worden. Hierzu teilte der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schreiben vom … November 2015 mit, dass der Antragsteller sich der geforderten Begutachtung bereits unterzogen habe. Ein weiterer Termin werde noch am … November 2015 stattfinden. Es werde deswegen gebeten, die Frist zur Vorlage des Gutachtens bis zum … Dezember 2015 zu verlängern. Die Fahrerlaubnisbehörde teilte mit Schreiben vom … November 2015 mit, dass eine Fristverlängerung nicht möglich sei, nachdem der Antragsteller bis dato keine amtlich anerkannte Begutachtungsstelle für Fahreignung benannt habe. Daher habe die Führerscheinakte nicht an eine solche versandt werden können. Ein Gutachten, das ohne Führerscheinakte bzw. von einer nicht amtlich anerkannten Begutachtungsstelle erstellt worden sei, werde nicht akzeptiert werden. Mit Schreiben vom … November 2015 erklärte der Bevollmächtigte des Antragstellers, dass in der Gutachtensaufforderung vom … August 2015 nicht die Rede davon gewesen sei, dass der Antragsteller eine amtlich anerkannte Begutachtungsstelle für Fahreignung benennen müsse. Er werde selbstverständlich kurzfristig ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle zur Vorlage bringen. Diesbezüglich sei gebeten worden, die Frist bis zum … Dezember 2015 zu verlängern. Es sei nicht rechtmäßig, die Frist nicht zu verlängern. Am … Dezember 2015 ging bei der Fahrerlaubnisbehörde eine weitere – im Ergebnis negative – Befundmitteilung der A. vom … November 2015 über eine Urinprobe am … November 2015 ein, wobei wieder angegeben wurde, dass der Antragsteller den Probenahmetermin selbst gewählt habe.
Ansonsten ging bei der Fahrerlaubnisbehörde weder eine „Erklärung zur Begutachtung der Fahreignung“ mit der Nennung einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung noch ein ärztliches Gutachten einer solchen Stelle ein.
Deswegen entzog die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller mit Bescheid vom … Dezember 2015 die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen aller Klassen (Nr. 1 des Bescheids), ordnete die unverzügliche, spätestens innerhalb einer Woche ab Zustellung des Bescheids, Abgabe des Führerscheins an (Nr. 2), drohte für den Fall der nicht fristgerechten Abgabe ein Zwangsgeld über a… EUR an (Nr. 3) und ordnete in Nr. 4 des Bescheids die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 an. Unter den Nrn. 5 und 6 erfolgten Festsetzungen zu den Kosten des Verwaltungsverfahrens.
Die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz – StVG – und § 46 Abs. 1 Fahrerlaubnisverordnung – FeV – wurde im Wesentlichen mit der Nichtvorlage des nach § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV geforderten ärztlichen Gutachtens begründet, § 46 Abs. 3 i. V. m. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV, worauf der Antragsteller hingewiesen worden sei, § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nrn. 1 und 2 in Nr. 4 des Bescheids wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Antragsteller an der Ausräumung der wegen des Besitzes ein Kapsel Amphetamin entstandenen Zweifel an seiner Fahreignung nicht mitgewirkt habe. Die Zweifel müssten daher als bestätigt gelten. Die Gefahren für Leben, Gesundheit und Eigentum der übrigen Verkehrsteilnehmer durch die weitere Teilnahme des Antragstellers am Straßenverkehr könnten und dürften nicht hingenommen werden.
Mit Schriftsatz vom … Januar 2016, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am … Januar 2016, erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers für diesen Klage (M 6 K 16.45) und beantragte, den Bescheid der Antragsgegnerin vom … Dezember 2015 aufzuheben sowie
„per Eilantrag die sofortige Vollziehung des Bescheids gemäß Ziff. 4“.
Es sei völlig offen, ob es sich um eine Amphetamin-Kapsel gehandelt habe. Der Antragsteller wisse hierüber nichts, da ihm die Kapsel nur kurzfristig zur Aufbewahrung übergeben worden sei. Es sei von der Polizei nur eine Farbreaktion getestet worden. Ein Wirkstoff-Gutachten sei nicht erholt worden. Es stehe daher keineswegs fest, dass der Antragsteller am … März 2015 im Besitz eines Betäubungsmittels gewesen sei. Daher sei auch die Aufforderung der Antragsgegnerin, ein Gutachten beizubringen, rechtswidrig. Die Ergebnisse der Urin-Untersuchungen beim A. in A. rechtfertigten die Zweifel gegen die Fahrtauglichkeit des Antragstellers nicht.
Am … Januar 2016 gab der Antragsteller seinen Führerschein bei der Polizei ab. Dieser wurde nach Aktenlage vernichtet.
Die Antragsgegnerin legte mit Schriftsatz vom … Februar 2016, bei Gericht eingegangen am … März 2016, ihre Akte vor und beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Sie wies insbesondere darauf hin, dass der Antragsteller in der Beschuldigtenvernehmung angegeben habe, es habe sich um Amphetamin gehandelt. Er habe seine Aussage unterschriftlich bestätigt. Weshalb ihm nicht – wie jetzt vorgetragen – bekannt gewesen sein soll, was MDMA bedeute, obwohl er diesen Begriff gegenüber der Polizei ausdrücklich verwendet habe, sei nicht nachvollziehbar. Dass er diese Kapsel angeblich nur kurzfristig zur Aufbewahrung besessen habe sei nicht belegt und stelle eine Schutzbehauptung dar. Er habe in der Beschuldigtenvernehmung bewusst die Verantwortung für sein Handeln übernommen und um eine „milde Strafe“ gebeten. Die Illegalität seines Handelns sei ihm also bewusst gewesen. Hätte er – wie nachträglich vorgetragen – die Kapsel nur aus Gefälligkeit gegenüber einem Freund aufbewahrt, hätte der dies unmittelbar bei Auffinden oder Sicherstellung des Betäubungsmittels geltend machen können. Das habe er nicht getan. Vielmehr belegten seine Reaktionen und seine Angaben einen beabsichtigten Drogenbesitz, der – mangels Vorliegens von Tatsachen oder anderen Erkenntnissen, die Hinweise auf ein beabsichtigtes Dealen gegeben hätte – einen späteren Drogenkonsum zum Ziel gehabt habe.
Mit Beschluss vom … März 2016 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers trat dem Schriftsatz der Antragsgegnerin vom … Februar 2016 mit Schriftsatz vom … März 2016 nochmals mit dem Hinweis entgegen, das die Kapsel nicht auf ihren Wirkstoffgehalt überprüft worden sei, weswegen davon auszugehen sei, dass der Antragsteller keine Drogen im Besitz gehabt habe. Die Urinuntersuchungen seien für den Antragsteller offensichtlich positiv ausgefallen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird ergänzend auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und im Verfahren M 6 K 16.45 sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – ist zulässig, jedoch unbegründet und daher ohne Erfolg.
1. Der Antrag vom … Januar 2016, „per Eilantrag die sofortige Vollziehung des Bescheids gemäß Ziff. 4“ aufzuheben, ist gem. § 88 VwGO zunächst dahin auszulegen, dass der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage vom … Januar 2016 gegen die in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids vom … Dezember 2015 enthaltene Entziehung seiner Fahrerlaubnis aller Klassen begehrt. Des Weiteren ist der gestellte Antrag dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller außerdem die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der in Nr. 2 des Bescheids enthaltenen, fristmäßig konkretisierten, Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins (§ 47 Abs. 1 Satz 2 Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV -; BayVGH, B. v. 22.9.2015 – 11 CS 15.1447 – juris) begehrt.
2. Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung in Nr. 4 des Bescheids vom … Dezember 2015 genügt den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
Nach dieser Vorschrift ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Dabei hat die Behörde unter Würdigung des jeweiligen Einzelfalls darzulegen, warum sie abweichend vom Regelfall der aufschiebenden Wirkung, die Widerspruch und Klage grundsätzlich zukommt, die sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes angeordnet hat. An den Inhalt der Begründung sind dabei allerdings keine zu hohen Anforderungen zu stellen (Schmidt in: Eyermann, VwGO – Verwaltungsgerichtsordnung, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 43).
Dem genügt die ersichtlich auf den vorliegenden Einzelfall abstellende Begründung auf den Seiten 5 und 6 im Bescheid. Die Fahrerlaubnisbehörde hat dargelegt, warum sie konkret im Fall des Antragstellers im Interesse der Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs die sofortige Vollziehung anordnet.
3. Hinsichtlich der in Nr. 4 des streitgegenständlichen Bescheids angeordneten sofortigen Vollziehung war die aufschiebende Wirkung der Klage bezüglich der Nrn. 1 und 2 nicht wiederherzustellen.
3.1 Gemäß § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch, wenn die Behörde nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet hat.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessensabwägung.
3.2 Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall war der Antrag abzulehnen, weil sich die in Nr. 1 des Bescheids vom … Dezember 2015 enthaltene Entziehung der Fahrerlaubnis aller Klassen des Antragstellers nach der hier gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung als rechtmäßig darstellt und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt, so dass die hiergegen erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
3.2.1 Dabei ist zunächst anzumerken, dass maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage vorliegend wegen der unmittelbaren Klageerhebung der der Zustellung des streitgegenständlichen Bescheids vom … Dezember 2015 an den Bevollmächtigten des Antragstellers am … Dezember 2015 ist (BayVGH, B. v. 4.12.2012 – 11 ZB 12.2667 – juris). Im Falle einer Widerspruchseinlegung hätte der Antragsteller das geforderte Gutachten noch in einem Widerspruchsverfahren nachreichen können. Dieser Möglichkeit hat er sich mit seiner unmittelbaren Klageerhebung begeben.
3.2.2 Mit dieser Maßgabe nimmt die erkennende Kammer zunächst vollumfänglich Bezug auf die ausführlichen Gründe des Bescheids vom … Dezember 2015 und macht sich diese zur Begründung der vorliegenden Entscheidung zu Eigen (§ 117 Abs. 5 VwGO). Die Antragsgegnerin hat sowohl die den Bescheid tragenden Rechtsgrundlagen zutreffend angegeben als auch im Ergebnis richtig festgestellt, dass dem Antragsteller die Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV mangels Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu entziehen war, weil er das mit Schreiben vom … August 2015 angeforderte ärztliche Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle (womit – ohne weiteres erkennbar – ein ärztliches Gutachten eines Arztes in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 [zur FeV] erfüllt, gemeint war; § 14 Abs. 1 Satz 2 und 1 i. V. m. § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 FeV) nicht bis zum Ablauf der dafür gesetzten Frist vorgelegt hat. Die Antragsgegnerin erachtete die Gutachtensaufforderung auf der Grundlage des § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV zu Recht als rechtmäßig. Die Gutachtensfrage war rechtlich nicht zu beanstanden und die Frist zur Vorlage war ausreichend lang bemessen. Sie hat auch das ihr nach § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV zustehende Ermessen angesichts der ausführlichen Darstellung der Abwägung der wechselseitigen Interessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Ein hinreichender Grund zur Nichtvorlage des Gutachtens bestand nicht. Daher konnte und musste die Antragsgegnerin nach § 46 Abs. 3 i. V. m. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV von der Nichteignung des Antragstellers ausgehen, worauf in der Gutachtensaufforderung auch hingewiesen worden war, § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV.
3.3 Das Vorbringen des Antragstellers führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung.
3.3.1 Dass es sich bei dem Inhalt der beim Antragsteller am … März 2015 aufgefundenen Kapsel tatsächlich um MDMA (als sog. „Partydroge“ umgangssprachlich oft auch als „Ecstasy“ bezeichnet), chemisch strukturell zur Gruppe der Amphetamine gehörend, gehandelt hat, steht im vorliegenden summarischen Verfahren zur Überzeugung der erkennenden Kammer aufgrund der eigenen Einlassungen des Antragstellers gegenüber der Polizei fest, die durch den von der Polizei nach Aktenlage durchgeführten positiven Farbreaktionstest untermauert wurden. Demgegenüber ist es unschädlich, dass damals von der Polizei – vermutlich aus Gründen der Verhältnismäßigkeit angesichts der sonst entstandenen Kosten – kein zusätzliches Wirkstoffgutachten eingeholt worden war.
3.3.2 Es erscheint der erkennenden Kammer dagegen unwahrscheinlich, dass der Antragsteller die Kapsel für einen Dritten aufbewahrt haben soll, „um sie der Vernichtung zuzuführen“. Denn zum einen hätte der Antragsteller diese – nachträglich von seinem Bevollmächtigten vorgetragene – Einlassung bereits bei der Polizei machen können. Und zum anderen hätte es genügt, die Kapsel „zur Vernichtung“ schlicht wegzuwerfen, anstatt sie in einer Zigarettenschachtel zu verstecken. Schließlich ist diese dritte Person bis heute nicht namentlich benannt worden, um diesen Vortrag ggf. verifizieren zu können. Allein das würde den Anlass für die Gutachtensaufforderung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV jedoch auch nicht entfallen lassen haben, denn dafür ist der widerrechtliche Besitz ausreichend, der beim Antragsteller unbestreitbar vorlag, unabhängig von der Frage, welche Personen die Kapsel zuvor bereits widerrechtlich besessen haben mögen.
3.3.3 Die Befundmitteilungen der A. GmbH vom … Oktober 2015 und … November 2015 vermögen das geforderte Gutachten nicht ersetzen. Es handelt sich bei der A. GmbH zwar um ein für forensische Zwecke akkreditiertes Labor, aber eben um keine amtlich anerkannte Begutachtungsstelle für Fahreignung. Dort wurden auch reine Laboruntersuchungen aufgrund zweier Urinproben des Antragstellers durchgeführt, nicht etwa ein ärztliches Gutachten erstellt. Eine Haaruntersuchung hinsichtlich weiter zurückliegender Zeiträume fand überhaupt nicht statt und die Urinproben fanden zudem an Tagen statt, die nicht von der A. GmbH für den Antragsteller unvorhersehbar bestimmt worden wären, sondern die der Antragsteller sich selbst gewählt hatte.
3.3.4 Daher müssen die persönlichen Interessen des Antragstellers – auch solche beruflicher Art – hinter den Interessen der Allgemeinheit – hier insbesondere an der Sicherheit des Straßenverkehrs – zurücktreten.
3.4 Da somit die sofortige Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis der summarischen gerichtlichen Überprüfung standhält, verbleibt es auch bei der in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltenen Verpflichtung, den Führerschein abzuliefern. Diese – im Bescheid hinsichtlich der Frist konkretisierte – Verpflichtung ergibt sich aus § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i. V. m. § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 2 FeV.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
5. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes – GKG – i. V. m. den Empfehlungen in den Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, Anh. § 164 Rn. 14).


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