Verwaltungsrecht

Entziehung des akademischen Grades „Dr. med.“

Aktenzeichen  W 2 K 15.692

Datum:
29.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
Promotionsordnung für die medizinische Fakultät der J.-M.-Universität Würzburg vom 10. Juni 2011
BayVwVfG BayVwVfG Art. 48 Abs. 1
PromO PromO § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 3 Nr. 3, § 6 Abs. 1 S. 1, § 7 Abs. 2, § 11, § 16

 

Leitsatz

1 Die Entziehung eines Doktorgrades ist rechtmäßig, wenn darüber getäuscht wurde, dass eine selbstständige wissenschaftlich Arbeit vorliegt, obwohl die Arbeit in “Mitautorenschaft” mit dem Doktorvater erstellt wurde. Dies verstößt gegen die wissenschaftliche Redlichkeit und den Grundsatz der Chancengleichheit.  (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Einstufung einer solchen Täuschungshandlung als erheblich hält sich im Rahmen des Beurteilungsspielraumes der Hochschule. Auf Grund der Täuschung sind Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes bei der Ausübung des Rücknahmeermessens ausgeschlossen. Schließlich sind die Funktionsfähigkeit der Wissenschaft und das Renomee der Universität stärker zu gewichten als die beruflichen Belange des Betroffenen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Entscheidungsgründe:
1. Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2014 und der Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1.1 Für die Entziehung des Doktorgrades ist, worauf im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 7. Juli 2015 zutreffend hingewiesen wird, die Promotionsordnung für die Medizinische Fakultät der Universität Würzburg (PromO) vom 10. Juni 2011 und nicht die von der Beklagten zugrunde gelegte Promotionsordnung für die Medizinische Fakultät der Universität Würzburg vom 29. März 1983 (PromO a. F.) maßgeblich. Die Rechtmäßigkeit der Entziehung des Doktorgrades bestimmt sich mangels einer abweichenden Regelung nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids (BVerwG, U.v. 29.9.1982 – 8 C 138/81 – BVerwGE 66, 178/182; U.v. 28.7.1989 – 7 C 39/87 – BVerwGE 82, 260/261; VGH BW, U.v. 19.4.2000 – 9 S 2435/99 – KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19; VG Karlsruhe, U.v. 4.3.2013 – 7 K 3335/11 – VBlBW 2013, 429; VG Düsseldorf, U.v. 20.3.2014 – 15 K 2271/13 – ZUM 2014, 602; VG Regensburg, U.v. 31.7.2014 – RO 9 K 13.1442 – juris). Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids am 7. Juli 2015 befand sich die aufgrund der Art. 13 Abs. 1, Art. 64 Abs. 1 Satz 5 Bayerisches Hochschulgesetz (BayHSchG) i. d. F. d. Bek. vom 23. Mai 2006 (GVBl S. 245), zuletzt geändert durch § 1 Nr. 212 Verordnung zur Anpassung des Landesrechts an die geltende Geschäftsverteilung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286), erlassene Promotionsordnung für die Medizinische Fakultät der Universität Würzburg vom 10. Juni 2011 in Kraft. Die Übergangsbestimmung des § 16 Satz 1 PromO findet keine Anwendung. Danach werden Promotionsverfahren, in denen die Dissertation bereits abgegeben wurde, nach den Bestimmungen derjenigen Promotionsordnung durchgeführt, die zum Zeitpunkt der ersten Abgabe der Dissertation in Kraft war. Vorliegend war das Promotionsverfahren jedoch mit der Verleihung des Doktorgrades an den Kläger mit Urkunde vom 21. Januar 2003 vollständig abgeschlossen. Das Entziehungsverfahren, welches auf den „actus contrarius“ gerichtet ist, stellt ein hiervon unabhängiges Verfahren dar.
Für die Entziehung des Doktorgrades sind als Rechtsgrundlagen die § 11 Abs. 2, 5 PromO i. V. m. Art. 48 BayVwVfG heranzuziehen. Hat sich der Doktorand im Promotionsverfahren einer Täuschung schuldig gemacht und wird diese erst nach Aushändigung der Urkunde bekannt, so kann nachträglich die Doktorprüfung für nicht bestanden erklärt werden (§ 11 Abs. 2 PromO). Gemäß § 11 Abs. 5 PromO richtet sich die Entziehung des Doktorgrades nach Art. 69 BayHSchG. Diese Bestimmung regelt jedoch ausschließlich den Fall, dass sich der Inhaber eines akademischen Grades durch ein späteres Verhalten der Führung unwürdig erweist. Zugleich macht der Verweis des Art. 69 BayHSchG auf Art. 48 BayVwVfG deutlich, dass letztere Vorschrift für die Entziehung eines rechtswidrig erworbenen Doktorgrades Anwendung findet (VG Regensburg, U.v. 31.7.2014 – RO 9 K 13.1442 – juris; BayVGH, U.v. 4.4.2006 – 7 BV 05.388 – BayVBl. 2007, 281; Reich, BayHSchG, 5. Aufl. 2007, Art. 69 Rn. 1). Die Vorschrift des Art. 48 BayVwVfG genügt auch bei der Rücknahme einer Promotionsentscheidung dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes (BVerwG, B.v. 20.10.2006 – 6 B 67/06 – juris).
Die Wahl der unzutreffenden Rechtsgrundlage in Gestalt des § 11 Abs. 5 PromO a. F. durch die Beklagte steht der Rechtmäßigkeit der Entziehung des Doktorgrades nicht entgegen. Vorliegend sind sowohl nach der Promotionsordnung aus dem Jahr 1983 als auch nach der einschlägigen Promotionsordnung aus dem Jahr 2011 für die Entziehung des Doktorgrades die allgemeine Vorschrift des Art. 48 BayVwVfG und infolgedessen dieselben Ermessenserwägungen maßgeblich (vgl. BayVGH, B.v. 8.12.2008 – 7 ZB 08.1402 – juris; BVerwG, U.v. 19.8.1988 – 8 C 29/87 – BVerwGE 80, 96; VG Regensburg, U.v. 31.07.2014 – RO 9 K 13.1442 – juris). Nach der von der Beklagten herangezogenen Bestimmung des § 11 Abs. 5 PromO a. F. richtete sich die Entziehung des Doktorgrades „nach den gesetzlichen Bestimmungen (Art. 48 und 49 BayVwVfG).“ Dies ist unter Zugrundelegung der Nachfolgebestimmung in Gestalt des § 11 Abs. 5 PromO gleichermaßen der Fall. Zwar verweist § 11 Abs. 5 PromO im Gegensatz zur Vorgängernorm auf Art. 69 BayHSchG. Diese Bestimmung regelt jedoch ausschließlich den Fall der nachträglichen Unwürdigkeit und erklärt im Übrigen Art. 48 BayVwVfG für anwendbar. Darüber hinaus beinhalten sowohl § 6 Abs. 1 Satz 1 PromO a. F. als auch die Nachfolgebestimmung des § 6 Abs. 1 Satz 1 PromO die Vorgabe einer „selbstständigen“ Arbeit. Zudem sah bereits die Promotionsordnung aus dem Jahr 1983 in § 11 Abs. 2 die Möglichkeit vor, im Falle der Täuschung im Promotionsverfahren die Doktorprüfung nachträglich für Nichtbestanden zu erklären.
1.2 Der streitgegenständliche Bescheid ist formell rechtmäßig.
Der Promotionsausschuss der Medizinischen Fakultät der Beklagten war für die Entziehung des Doktorgrades zuständig. Gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 1 BayHSchG ist die Hochschulleitung für alle Angelegenheiten zuständig, für die im Bayerischen Hochschulgesetz oder in der Grundordnung nicht eine andere Zuständigkeit festgelegt ist. Für die Entziehung eines akademischen Grades ist gemäß Art. 69 Satz 2 BayHSchG diejenige Hochschule zuständig, die den Grad verliehen hat. Innerhalb der Hochschule richtet sich die Zuständigkeit nach der Promotionsordnung i. S.v. Art. 64 Abs. 1 Satz 5 BayHSchG. Vorliegend war der Promotionsausschuss, der sich aus den dem Fakultätsrat der Medizinischen Fakultät angehörenden Hochschullehrern und Hochschullehrerinnen zusammensetzt, für die Entziehung des Grades „Dr. med.“ zuständig (§§ 3, 11 Abs. 5 Satz 2 PromO).
Die Einleitung des Entziehungsverfahrens erfolgte durch den Beschluss des Promotionsausschusses in der Sitzung vom 3. Februar 2014. Dieser weist keine Verfahrensfehler auf. Der Promotionsausschuss war beschlussfähig. Die Beschlussfähigkeit setzt neben einer ordnungsgemäßen Ladung voraus, dass die Mehrheit der Mitglieder anwesend und stimmberechtigt ist (§ 3 Abs. 3 PromO). Eine ordnungsgemäße Ladung erfordert die Einhaltung einer Frist von acht Tagen; sie muss schriftlich oder per E-Mail unter Angabe der Tagesordnung an sämtliche Mitglieder ergehen (§ 3 Abs. 3 Satz 1 PromO). Diese Kriterien erfüllt die per E-Mail versandte Ladung vom 24. Januar 2014. Entsprechend der Niederschrift war auch die Mehrheit der Mitglieder des Promotionsausschusses anwesend. Die Entziehung des Doktorgrades des Klägers wurde in der Sitzung des Promotionsausschusses vom 2. Juni 2014 beschlossen. Dieser Beschluss ist ebenfalls verfahrensgemäß i. S. d. § 3 Abs. 3 PromO ergangen.
Die Anhörung des Klägers gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG erfolgte ordnungsgemäß. Dem Kläger wurde von der Beklagten mit Schreiben vom 27. Februar 2014 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
1.3 Der Bescheid vom 17. Juli 2014 und der Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2015 sind auch materiell rechtmäßig. Gemäß Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden (BVerwG, B.v. 20.10.2006 – 6 B 67.06 – juris). So verhält es sich hier. Die Verleihung des Doktorgrades an den Kläger war rechtswidrig. Die Promotionsschrift des Klägers stellt keine selbstständige wissenschaftliche Arbeit dar. Die Beklagte hat auch ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt.
1.3.1 Bei der Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts richtet sich die Beweislast nach den allgemeinen Grundsätzen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 48 Rn. 170). Vorliegend steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger zumindest den Zweitgutachter sowie die an der Durchführung des Promotionsverfahrens beteiligten Stellen (vgl. § 3 PromO a. F.) darüber täuschte, dass es sich bei seiner Arbeit nicht um eine selbstständige wissenschaftliche Leistung handelte, sondern diese vielmehr aus einer Kooperation (Mitautorenschaft) mit seinem Doktorvater hervorgegangen war.
Der in § 11 Abs. 2 PromO verwendete Begriff der „Täuschung“ ist als eine Bezugnahme auf den Betrugstatbestand des § 263 Strafgesetzbuch (StGB) zu erachten (vgl. VG Düsseldorf, U.v. 20.3.2014 – 15 K 2271/13 – ZUM 2014, 602; VG Regensburg, U.v. 31.7.2014 RO 9 K 13.1442 – juris). Erforderlich sind eine Täuschungshandlung, durch die ein Irrtum erregt wird, sowie ein Täuschungsvorsatz. Eine Täuschungshandlung liegt vor, wenn Textstellen der Promotionsschrift nicht vom Doktoranden selbst, sondern von einem anderen Autor herrühren und dies nicht ausreichend kenntlich gemacht wird (vgl. VG Düsseldorf, U.v. 20.3.2014 – 15 K 2271/13 – ZUM 2014, 602; VG Berlin, U.v. 15.4.2009 – 12 A 319.08 – juris; BayVGH, B.v. 19.8.2004 – 7 CE 04.2058 – juris). Hierzu zählt auch die unerlaubte Hilfe Dritter (Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 3. Aufl. 2007, Rn. 713). Die Anforderungen, die an den Nachweis der Eigenständigkeit wissenschaftlichen Arbeitens zu stellen sind, ergeben sich aus dem Gebot der wissenschaftlichen Redlichkeit und dem prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit gemäß Art. 3 Abs. 1 GG (VG Regensburg, U.v. 31.7.2014 – RO 9 K 13.1442 – juris). Der Grundsatz, dass „nur eine unter Offenlegung aller verwendeten Quellen und Hilfsmittel erbrachte wissenschaftliche Leistung den Anforderungen an eine eigenständige Dissertation genügt“ (VGH BW, B.v. 13.10.2008 – 9 S 494/08 – VBlBW 2009, 191), bzw. „die wörtliche oder sinngemäße Übernahme von Textpassagen aus fremden Werken ohne hinreichende Kennzeichnung gegen grundlegende Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens verstößt und die Annahme als Dissertation im Regelfall ausschließt“ (BayVGH, U.v. 4.4.2006 – 7 BV 05.388 – BayVBl 2007, 281), war bereits in § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 PromO a. F. niedergelegt. Danach musste die Dissertation selbstständig angefertigt, die benutzte Literatur und die sonstigen Hilfsmittel vollständig angegeben sowie wörtliche oder nahezu wörtliche Übernahmen aus dem Schrifttum kenntlich gemacht werden.
Vorliegend agierte der Kläger entgegen der von ihm gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 3 PromO a. F. mit Schreiben vom 16. August 2002 abgegebenen ehrenwörtlichen Erklärung, die Dissertation selbstständig angefertigt und keine anderen als die von ihm angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt zu haben. Sowohl die mit der Promotionsschrift des Klägers weitestgehend identische Handschrift von Prof. K. als auch die von der Fehlverhaltenskommission und Prof. W. gewonnen Erkenntnisse belegen (zumindest) eine Mitautorenschaft des Doktorvaters.
Zunächst ist die von Prof. K. angefertigte Handschrift (Bl. 23 d. Verwaltungsakte) bis auf minimale Abweichungen identisch mit der Dissertation des Klägers, was dieser im Übrigen nicht bestreitet. Zu diesem Ergebnis gelangte auch Prof. W. In seinem Schreiben an die Beklagte vom 9. September 2013 führte er aus (Bl. 53 d. Verwaltungsakte): „In den für den Abgleich verfügbaren Abschnitten der Dissertation besteht in allen überprüften Kategorien eine inhaltliche und formale Übereinstimmung zwischen der Druckfassung und der handschriftlichen Fassung in einem Maße, so dass man die zu vergleichenden Textfassungen als identisch werten muss. Die benannten inhaltlichen und formalen Abweichungen sind marginal. Eine Ausnahme ist das Literaturverzeichnis: Die Literaturliste der Druckfassung ist um ein Mehrfaches umfassender als die der Kopie der Handschrift […] Die Literatur, die beiden Listen gemeinsam ist, ist jedoch inhaltlich und formal identisch.“
Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht der Vortrag des Klägers, wonach er regelmäßig über einen Zeitraum von fast zwei Jahren nach Würzburg gefahren sei, um sich umfassend mit Prof. K. auszutauschen. Zwar gab auch Prof. K. gegenüber der Fehlverhaltenskommission am 23. März 2007 an, die auswärtigen Doktoranden seien für die Besprechungen der Entwürfe und Arbeitsergebnisse „nie weniger als 80 Doppeltage im Institut anwesend gewesen“ (Bl. 72 d. Gerichtsakte). Allerdings geht aus seinen Angaben zum Zustandekommen der Promotionsschriften gleichermaßen hervor, dass er als Mitautor der Dissertation des Klägers fungierte. Bereits in der am 1. Februar 2006 erfolgten Besprechung mit Mitgliedern der Medizinischen Fakultät versicherte Prof. K gemäß dem Protokoll (vgl. Bl. 40 d. Gerichtsakte), „dass die Doktoranden etwa 80% der Gesamtarbeit […] eigenständig durchführten und einen vollständigen Entwurf der Doktorarbeit erstellten. Seine Aufgabe bestehe dann darin, den Entwurf textlich und redaktionell zu bearbeiten und fachlich zu optimieren, so dass er zwanglos in das geplante publikatorische Gesamtwerk eingefügt werden könne.“ Eine derartige Vorgehensweise begründet eine Mitautorenschaft des Doktorvaters und steht gleichermaßen einer selbstständigen Leistung des betreffenden Doktoranden entgegen. Die von Prof. K. nachgeschobenen Beanstandungen des Protokolls dieser Besprechung führen zu keinem anderen Ergebnis. Vielmehr manifestierte er seine Aussage innerhalb der am 23. März 2007 erfolgten Anhörung vor der Fehlverhaltenskommission. Hierbei führte er aus (Bl. 46 d. Gerichtsakte): „[…] Diese Doktoranden hätten ihm die von ihnen jeweils geleistete Arbeit vorgestellt. Diese Arbeitsergebnisse seien dann in ein Protokoll übernommen worden, das auf diese Weise – je nachdem wie schnell der Doktorand oder die Doktorandin vorangekommen sei – sukzessive entstanden sei. Die jeweilige Problemstellung sei zuvor mit dem Doktoranden erörtert worden und die Durchführung der Ausarbeitung seien im Detail besprochen worden. Mit dem Doktoranden sei ein exakter Arbeitsplan abgesprochen worden. Die Arbeitsergebnisse selbst habe der Doktorand oder die Doktorandin vorformuliert und er, Prof. K., habe sie dann selbst protokolliert. Damit sei ein Achetyp vorhanden gewesen. Die Protokollierung habe in Klausur stattgefunden. Wort für Wort seien Vorformulierungen mit dem Doktoranden durchgegangen worden und das jeweilige Ergebnis von ihm, Prof. K., protokolliert worden. […] sei bei diesen Arbeiten eine exakte Niederschrift äußerst wichtig, und zwar bis aufs Komma, weshalb er selbst die Protokollierung geleistet habe. […] Die Vorformulierungen der Doktoranden seien von ihnen schriftlich fixiert gewesen und er habe kein Wort in das Protokoll übernommen, das nicht die Zustimmung des jeweiligen Doktoranden gefunden habe.“ Aus diesen Angaben geht hervor, dass die Promotionsleistung einer engen Zusammenarbeit („in Klausur“) zwischen Prof. K. und dem jeweiligen Doktoranden entsprang, was dem Erfordernis der Selbstständigkeit i. S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 PromO a. F. (nunmehr niedergelegt in Art. 64 Abs. 1 Satz 1 BayHSchG, § 6 Abs. 1 Satz 1 PromO) zuwiderläuft.
Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten hat die Fehlverhaltenskommission in ihrem Bericht vom 8. Juni 2007 gerade keine Feststellung dahingehend getroffen, dass eine selbstständige Erstellung der Promotionsschrift des Klägers vorliegt. Zunächst gelangte die Fehlverhaltenskommission in ihrem Bericht im Hinblick auf die Arbeitsweise von Prof. K. zu folgendem Ergebnis (Bl. 56 d. Gerichtsakte): „[…] kann zumindest davon ausgegangen werden, dass die Fassungen der fraglichen Dissertationen […] Wort für Wort zwischen dem Doktoranden und dem Doktorvater, Prof. K., abgestimmt und von ihm persönlich niedergeschrieben waren […]. Insbesondere die Bearbeitung der einzelnen Teile des Arzneimittel-Handbuchs ‚Die Würzburger Wundarznei‘ erscheint auf diesem Wege erfolgt zu sein. Nachweislich kann dies mit den Dissertationen […] belegt werden, insofern sie handschriftlich vollständig von Prof. K. von der ersten bis zur letzten Zeile per Hand geschrieben und wortidentisch mit diesem Text als gedruckte Dissertation veröffentlich worden sind.“ Hierbei nahm die Fehlerhaltenskommission unter anderem explizit auf die Promotionsschrift des Klägers Bezug (Bl. 56 d. Gerichtsakte). Zudem führte sie aus (Bl. 56 d. Gerichtsakte): „Legt man die von Prof. K. beschriebene Verfahrensweise zugrunde, so mag das inhaltliche Ergebnis der wissenschaftlichen Arbeit selbstständig erbracht sein, nicht aber die Art und Weise seiner (schriftlichen) Darstellung, denn insoweit haben Doktorand und Doktorvater den Text gemeinsam verfasst.“ Demzufolge wurden die von Prof. K. betreuten Dissertationen zur „Würzburger Wundarznei“ detailliert zwischen dem Doktoranden und dem Doktorvater abgestimmt und von Letzterem niedergeschrieben. Zudem hat der Kläger in seinem Widerspruchsschreiben vom 25. November 2014 ausgeführt, dass die „gedankliche Leistung und die Ergebnisse des Quellenstudiums ausschließlich ihm zuzurechnen seien“. Im Umkehrschluss bedeutet das, das Abfassen der Arbeit erledigten Kläger und Doktorvater gemeinsam. Ein derartiges Vorgehen läuft einer selbstständigen Anfertigung zuwider.
Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht, wie der Klägerbevollmächtigte meint, folgende von der Fehlverhaltenskommission getroffene Feststellung (B. 64 d. Gerichtsakte): „Die von Prof. K. beschriebene Art und Weise der Abfassung zahlreicher Dissertationen erfüllt dann nicht den Tatbestand einer bewussten oder grob fahrlässigen Falschangabe, wenn man der Argumentation folgt, dass die Prüfungsleistung dem einzelnen Doktoranden bzw. der einzelnen Doktorandin erkennbar als eigene Leistung zugerechnet werden kann, obwohl der Eigenleistungsanteil nur 80% betragen sollte.“ Denn es ist aufgrund der Erstellung der Promotionsschrift „in Klausur“ bereits nicht feststellbar, welchen Eigenleistungsanteil der jeweilige Doktorand tatsächlich erbracht hat und welche Komponenten der Arbeit auf der geistigen Urheberschaft von Prof. K. beruhen. Zudem betonte die Fehlverhaltenskommission (Bl. 57 d. Verwaltungsakte): „Die Ständige Kommission hat indessen erhebliche Zweifel, ob die Darstellung des Zustandekommens durch Prof. K. glaubwürdig ist.“
Das Gericht verkennt nicht, dass einem Doktorvater im Rahmen der Erstellung der Promotionsschrift eine Betreuungsfunktion zukommt, die einen regelmäßigen Austausch mit dem Doktoranden über das Fortkommen der Arbeit beinhaltet. Demgegenüber läuft es dem Kriterium der Selbstständigkeit i. S.v. Art. 64 Abs. 1 Satz 1 BayHSchG, § 6 Abs. 1 Satz 1 PromO zuwider, wenn der Beitrag des Doktorvaters über eine punktuelle (mündliche) Anleitung hinausgeht und erhebliche Komponenten der Promotionsschrift – wie vorliegend – seiner geistigen Leistung entspringen. Schließlich ist es bei der vorliegend gewählten Arbeitsweise der Erstellung der Promotionsschrift „in Klausur“ nicht möglich, den geistigen Urheber der einzelnen Passagen zu ergründen. Selbst die ausschließliche Zurechnung der gedanklichen Leistung und der Ergebnisse des Quellenstudiums an den Kläger ist ausgeschlossen. Auch die Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 3 PromO a. F. führt zu keinem anderen Ergebnis. Danach konnte eine von mehreren Autoren angefertigte Arbeit grundsätzlich nicht als Dissertation zugelassen werden, es sei denn, ausschließlich der Betreuer der Arbeit fungierte als Mitautor. Einer auf diese Bestimmung gestützten Zulässigkeit der Mitautorenschaft von Prof. K. steht bereits entgegen, dass diese nicht kenntlich gemacht wurde. Der Promotionsschrift des Klägers lässt sich nicht entnehmen, welche Passagen auf wessen geistige Leistung zurückzuführen sind. Vielmehr wird der Kläger vollumfänglich als geistiger Urheber der Arbeit angeführt. In seiner ehrenwörtlichen Erklärung vom 16. August 2002 gab der Kläger an, die Dissertation selbstständig verfasst zu haben.
Demnach spiegelte der Kläger durch das Unterlassen einer Kenntlichmachung der Mitautorenschaft von Prof. K. und der Abgabe der ehrenwörtlichen Erklärung vom 16. August 2002, wonach er die Arbeit selbstständig angefertigt und keine anderen als die von ihm angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe, den in das Promotionsverfahren involvierten Stellen vor, dass die Promotionsschrift ausschließlich auf seiner eigenständigen wissenschaftlichen Befähigung beruhe. Auf diese Weise rief er bei ihnen einen Irrtum über die geistige Urheberschaft hervor. Der Einwand des Klägers, wonach die Vorgehensweise von Prof. K. den Mitarbeitern des Instituts bekannt gewesen sei, führt zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen verkennt der Kläger, dass es sich um eine Vielzahl von Personen handelte, die in das Promotionsverfahren eingebunden gewesen waren. Dieser Personenkreis ging über die Mitarbeiter des Instituts für Geschichte der Medizin hinaus. So setzte sich der Promotionsausschuss aus den dem Fachbereichsrat der Medizinischen Fakultät angehörenden Hochschullehrern zusammen (§ 3 Abs. 1 PromO a. F.). Dementsprechend kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Arbeitsweise von Prof. K. allgemein bekannt war. Der Kläger hat auch keinen derartigen Nachweis erbracht. Der Umstand, dass zahlreiche weitere Dissertation unter der Ägide von Prof. K. gleichermaßen „in Klausur“ angefertigt und von Mitgliedern der Beklagten begutachtet wurden, lässt nicht auf eine allgemeine Kenntnis des Vorgehens von Prof. K. schließen. Denn es bestehen bereits keine hinreichenden Anhaltspunkte dahingehend, dass der jeweilige Zweitgutachter über die Arbeitsweise von Prof. K. und der damit einhergehenden mangelnden Selbstständigkeit des Doktoranden informiert war. Auch das Protokoll der Sitzung des Promotionsausschusses vom 2. Juni 2014 enthält die Feststellung (Bl. 96 d. Verwaltungsakte), dass „die Fakultät, insbesondere der Promotionsausschuss, aufgrund der räumlichen Distanz des Instituts für Geschichte der Medizin keine Kenntnis von dieser Vorgehensweise hatte“. Dem ist der Kläger nicht hinreichend entgegengetreten. Der bei den am Promotionsverfahren beteiligten Stellen hervorgerufene Irrtum war für die Verleihung des akademischen Grades „Dr. med.“ kausal. Der Kläger handelte auch mit Täuschungsvorsatz.
1.3.2 Dem Promotionsausschuss steht ein Beurteilungsspielraum im Hinblick auf die Erheblichkeit der Täuschungshandlung zu (VGH BW, U.v. 19.4.2000 – 9 S 2435/99 – KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19; VG Düsseldorf, U.v. 20.3.2014 – 15 K 2271/13 – ZUM 2014, 602; VG Regensburg, U.v. 31.7.2014 – RO 9 K 13.1442 – juris). Diesbezüglich ist die gerichtliche Kontrolle darauf beschränkt, ob ein Verstoß gegen das Willkürverbot oder sachfremde Erwägungen vorliegen (VGH BW, U.v. 19.4.2000 – 9 S 2435/99 – KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19; VG Düsseldorf, U.v. 20.3.2015 – 15 K 2271/13 – ZUM 2014, 602). Hierfür bestehen in Anbetracht des Ausmaßes der Mitautorenschaft des Doktorvaters keine Anhaltspunkte.
Die Rücknahmeentscheidung weist weder in Bezug auf den Ausgangs- noch auf den Widerspruchsbescheid Ermessensfehler auf (§ 114 VwGO). Die Beklagte hat ihr Entschließungs- und Auswahlermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Auf Vertrauensschutz kann sich der Kläger nicht berufen. Zwar müssen auch bei einem rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt i. S. d. Art. 48 Abs. 3 BayVwVfG, der keine Geld- oder Sachleistungen gewährt, innerhalb der Ermessensausübung Vertrauensschutzgesichtspunkte berücksichtigt werden (BVerwG, B.v. 20.10.2006 – 6 B 67.06 – juris). Allerdings ist eine Berufung auf Vertrauensschutz ausgeschlossen, wenn eine arglistige Täuschung vorliegt. Eine Arglist besteht, wenn die vorsätzliche Irreführung eine Einwirkung auf den behördlichen Erklärungswillen bezweckt (OVG Hamburg, B.v. 28.8.2001 – 3 Bs 102/01 – NVwZ 2002, 885). Dies ist bei der auf einer Täuschung beruhenden Verleihung des Doktorgrades der Fall (BVerwG, U.v. 19.4.2000 – 9 S 2435/99 – KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19; BayVGH, B.v. 5.2.2016 – 7 ZB 15.1073 – juris; VGH BW, B.v. 13.10.2008 – 9 S 494/08 – VBlBW 2009, 191; VG Karlsruhe, U.v. 4.3.2013 – 7 K 3335/11 – VBlBW 2013, 429; VG Frankfurt a.M., U.v. 23.7.2007 – 12 E 2262/05 – juris; Reich, BayHSchG, 5. Aufl. 2007, Art. 69 Rn. 1). Darüber hinaus begründet der Umstand, dass der Zweitgutachter sowie weitere an dem Promotionsverfahren beteiligte Stellen die Mitautorenschaft von Prof. K. nicht bemerkten, keinen Vertrauensschutz dahingehend, die „elementaren Grundlagen wissenschaftlicher Arbeitstechniken missachten zu dürfen“ (vgl. BayVGH, U.v. 4.4.2006 – 7 BV 05.3888 – BayVBl 2007, 281; VG Karlsruhe, U.v. 4.3.2013 – 7 K 3335/11 – VBlBW 2013, 429; VG Regensburg, U.v. 31.7.2014 – RO 9 K 13.1442 – juris).
Bei der Entziehung eines Doktorgrades haben in den Abwägungsvorgang die damit einhergehenden beruflichen Beeinträchtigungen Eingang zu finden (BVerwG, B.v. 20.10.2006 – 6 B 67/06 – juris). Der Promotionsausschuss hat ausweislich der Niederschrift der Sitzung vom 2. Juni 2014 eine Abwägung der widerstreitenden Interessen in Gestalt der zu erwartenden Nachteile für den Kläger und dem öffentlichen Interesse an der Entziehung getätigt. Es ist nicht zu beanstanden, dass er dem Schutz der wissenschaftlichen Lauterkeit und der Wahrung des Renommees der Medizinischen Fakultät ein größeres Gewicht beimaß als den von Art. 12 Abs. 1 GG erfassten beruflichen Interessen des Klägers (vgl. BVerwG, B.v. 20.10.2006 – 6 B 67/06 – juris; BayVGH, U.v. 4.4.2006 – 7 BV 05.388 – BayVBl 2007, 281; VG Frankfurt a.M., U.v. 23.5.2007 – 12 E 2262/05 – juris; VG Düsseldorf, U.v. 20.3.2014 – 15 K 2271/13 – ZUM 2014, 602). Schließlich stellt die Funktionsfähigkeit der Wissenschaft ein „überragend wichtiges und verfassungsrechtlich in dem objektiven Regelungsgehalt des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verankertes Gemeinschaftsgut dar“ (BVerwG, U.v. 31.7.2013 – 6 C 912 – BVerwGE 147, 292). Hingegen musste der Umstand, dass der Zweitgutachter innerhalb des Promotionsverfahrens die Täuschung nicht registriert hatte, nicht in die Abwägung einfließen (BayVGH, U.v. 4.4.2006 – 7 BV 05.388 – BayVBl. 2007, 281; VG Regensburg, U.v. 31.7.2014 – RO 9 K 13.1442 – juris). In Anbetracht des Umfangs der Mitautorenschaft musste der Promotionsausschuss auch keine Nachbesserung der Arbeit als gegenüber der Entziehung milderes Mittel in Betracht ziehen (hierzu VG Karlsruhe, U.v. 4.3.2013 – 7 K 3335/11 – juris). Eine Nachbesserung ist allenfalls bei Bagatellvergehen zu erwägen. Dies geht u. a. aus § 7 Abs. 2 PromO hervor, wonach ein Gutachter dem Promovenden die Dissertation zum Zwecke der Umarbeitung zurückgeben kann, wenn er sie „im Ganzen für befriedigend, jedoch in einigen nicht maßgeblichen Einzelheiten für verbesserungswürdig“ hält. Bei einer Mitautorenschaft des Doktorvaters war eine Nachbesserung ausgeschlossen.
Der Einwand des Klägerbevollmächtigten, wonach die Beklagte die aus ihrer Sphäre stammende Pflichtverletzung durch ihr Mitglied Prof. K. innerhalb der Ermessensausübung bei der Bewertung und Gewichtung der Protokollierung als eigenen Verursachungsbeitrag zugunsten des Klägers hätte berücksichtigten müssen, geht fehl. Zunächst ist dem Protokoll der Sitzung des Promotionsausschusses am 2. Juni 2014 zu entnehmen, dass sich das Gremium mit der Vorgehensweise von Prof. K. befasste. Des Weiteren ist in dem Sitzungsprotokoll niedergelegt, dass „die Fakultät, insbesondere der Promotionsausschuss, aufgrund der räumlichen Distanz des Instituts für Geschichte der Medizin keine Kenntnis“ von der Vorgehensweise von Prof. K. hatte. Damit befasste sich der Promotionsausschuss durchaus mit dem Fehlverhalten von Prof. K., gelangte jedoch zu der Feststellung, dass dessen Pflichtverletzung der Beklagten nicht zugerechnet werden könne. Diese Einschätzung ist nicht zu beanstanden. Schließlich bestehen – wie zuvor erläutert – keine Anhaltspunkte dahingehend, dass sämtliche an dem Promotionsverfahren beteiligten Stellen Kenntnis über die Arbeitsweise von Prof. K. besaßen.
1.3.3 Die Rücknahmemöglichkeit war auch nicht verfristet, wie der Kläger meint. Gemäß Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG ist die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes nur innerhalb eines Jahres seit der Kenntniserlangung der Behörde von den die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen zulässig. Allerdings findet diese Jahresfrist gemäß Art. 48 Abs. 4 Satz 2 BayVwVfG i. V. m. Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BayVwVfG keine Anwendung, wenn der Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt wurde (vgl. VGH BW, B.v. 13.10.2008 – 9 S 494/08 – VBlBW 2009, 191; U.v. 19.4.2000 – 9 S 2435/99 KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19; VG Karlsruhe, U.v. 4.3.2013 – 7 K 3335/11 – VBlBW 2013, 429; VG Frankfurt a.M., U.v. 23.5.2007 – 12 E 2262/05 – juris; VG Düsseldorf, U.v. 20.3.2014 – 15 K 2271/13 – ZUM 2014, 602; VG Regensburg, U.v. 31.7.2014 – RO 9 K 13.1442 – juris). So verhält es sich hier. Der Kläger hat die Verleihung des akademischen Grades „Dr. med.“ durch eine bewusste Täuschung über die selbstständige Erstellung der Promotionsschrift erwirkt, was ein arglistiges Vorgehen darstellt (vgl. BayVGH, B.v. 5.2.2016 – 7 ZB 15.1073 – juris).
Eine Verwirkung der Rücknahmemöglichkeit kommt ebenfalls nicht in Betracht. Das Rechtsinstitut der Verwirkung entspringt dem Grundsatz von Treu und Glauben. Es besagt, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden darf, wenn seit der Möglichkeit seiner Geltendmachung ein längerer Zeitraum vergangen ist und besondere Umstände bestehen, die die verspätete Geltendmachung treuwidrig erscheinen lassen (BVerwG, U.v. 23.5.1975 – IV C 73.73 – BVerwGE 48, 247; U.v. 15.5.1985 – 3 C 86/82 – BVerwGE 69, 237). Das Gericht verkennt nicht, dass zwischen dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung der Beklagten von der dem Entzug des Titels „Dr. med.“ zugrunde liegenden Tatsachen und der tatsächlichen Durchführung des Entziehungsverfahrens gegenüber dem Kläger ein Zeitraum von mehreren Jahren lag. Schließlich geht aus dem Protokoll über die Sitzung der Fehlverhaltenskommission vom 8. Dezember 2006 hervor, dass bereits zu diesem Zeitpunkt eine Anhörung des Klägers zum bisherigen Sachstand beabsichtigt war. Gleichwohl fehlt es hier aufgrund der Täuschung über die Selbstständigkeit der Anfertigung der Arbeit bereits an einem schutzwürdigen Vertrauen des Klägers in ein Unterlassen der Entziehung des Doktorgrades (vgl. VG Köln, U.v. 6.12.2012 – 6 K 2684/12; VG Düsseldorf, U.v. 20.3.2014 – 15 K 2271/13). Dementsprechend steht auch die Behauptung des Klägers, wonach er aufgrund des beträchtlichen vergangenen Zeitraums ihn entlastende Unterlagen entsorgt habe, der Entziehung seines Titels nicht entgegen. Die Aufbewahrung der seiner Promotionsschrift zugrundeliegenden Materialien unterliegt ausschließlich seinem Verantwortungsbereich.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben